Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222205/30/Bm/Ba

Linz, 10.09.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn M B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P, Mag. H L, M, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20.3.2008, GZ 0107768/2007, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 28.8.2008,  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.    

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 i.d.g.F. iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991 i.d.g.F.

zu  II.: § 66 Abs.1  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 20.3.2008, GZ 0107768/2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 700 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 107 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z 35 iVm § 114 Abs.1 Gewerbeordnung 1994, §§ 8 Abs.1 und 2 Oö. Jugendschutzgesetz verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Der Beschuldigte, Herr M B, geboren am  hat als gewerberechtlicher Ge­schäftsführer der Gewerbeinhaberin und Betreiberin V B R welche zum Tat­zeitpunkt das Lokal „S" im Standort  L, H betrieben hat und somit als nach § 370 GewO Verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretung zu ver­antworten:

Im Zuge einer Kontrolle durch das Stadtpolizeikommando Linz, PI Landhaus am 16.03.2007 um 03:40 Uhr wurde die Jugendliche M l, geb.  vor dem Haus H al­koholisiert angetroffen. Ein durchgeführter Alkotest ergab einen Wert von 0,71 mg/l Atemluft. Bei der anschließend durchgeführten Einvernahme gab l an, dass sie sich 16.03.2007, ca. 23.00 Uhr im Lokal "S", H aufhielt. Sie bestellte an der Bar insgesamt 2 "Red-Red" (Red Bull mit Vodka - gebranntes alkoholisches Getränk in Form eines Mischgetränkes) bei einer Kellnerin und wurde von ihr weder über ihr Alter befragt, noch wurde von ihr ein Ausweis verlangt. Sie bekam anstandslos die beiden Getränke von der Kellnerin verabreicht. Gem. § 114 Abs.1 dürfen weder Gewerbetreibende noch die in Betrieb beschäftigte Personen an Jugendliche Getränke ausschenken, wenn diesen Jugendlichen nach den landesgesetzlichen Ju­gendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Gem. § 8 Abs. 1 OÖ. Jugend­schutzgesetz ist es Jugendlichen ab dem 16. Lebensjahr verboten gebrannte alkoholische Getränke, auch in Form von Mischgetränken zu erwerben und zu konsumieren. Abs. 2 leg. cit. normiert, dass an Jugendlichen keine alkoholischen Getränke, welche sie im Sinne des Abs.1 nicht erwer­ben dürfen, nicht abgegeben werden dürfen.

Es wurden daher am 16.03.2007, ca. 23.00 Uhr durch Beschäftigte im gegenständlichen Lokal "S", L, H insgesamt zwei "Red-Red" (Red Bull mit Vodka - gebranntes alko­holisches Getränk in Form eines Mischgetränkes) an die Jugendliche M l, geb. , in verbotenerweise ausgeschenkt."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die belangte Behörde die Tatzeit bzw. den Zeitpunkt der Anhaltung der Jugendlichen I unrichtig festgestellt habe. Der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses entspreche sohin nicht den Kriterien im Sinne des § 44a VStG. Dazu komme, dass die Behörde den Tatzeitpunkt mit ca. 23.00 Uhr festgestellt habe, jedoch auch diese Annäherung nicht den gesetzlichen Erfordernissen entspreche, als nach der Judikatur des VwGH unmissverständlich klargestellt sein müsse, welche Tat als erwiesen angenommen werde. Der Spruch ist demnach so hinreichend zu konkretisieren, dass über den Inhalt dessen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht werde, kein Zweifel bestehen könne.

 

Der Akt enthalte darüber hinaus keinerlei konkretes Beweisergebnis zum Zeitpunkt der Konsumation, als die Zeugin von der erkennenden Behörde nicht einvernommen worden sei und die Behörde keinerlei Möglichkeit gehabt habe, eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung vorzunehmen. Bei der Würdigung des Beweises habe die Behörde ja die Glaubwürdigkeit der Zeugin anhand ihrer Verhaltensweisen abzuwägen, was ihr gegenständlich unmöglich gewesen sei. Die Einvernahme vor der Polizei könne diesbezüglich nicht hinreichen, als die Zeugin hier angesichts der Tatsache, dass sie hier auch Beschuldigte war, nicht unter Wahrheitspflicht gestanden habe. Darüber hinaus ist der Spruch auch dahingehend nicht ausreichend konkretisiert, dass dem Berufungswerber ja nicht vorgeworfen werde, selbst an die Zeugin I Alkohol ausgeschenkt zu haben, sondern ihm offenbar vorgeworfen werde, er habe seine Verantwortlichkeit nicht ausreichend wahrgenommen. Die Behörde hätte dieses Faktum konkretisiert darstellen müssen und hätte dem Berufungswerber etwa vorwerfen müssen, er habe keine ausreichenden Kontrollmechanismen vorgesehen. Tatsächlich stelle die Behörde in ihrem Spruch nicht dar, was dem Berufungswerber in concreto vorgeworfen werde. Vielmehr führe die Behörde lediglich aus, die Beschäftigten im Lokal hätten Getränke in verbotener Weise ausgeschenkt. Im Sinne der genannten Bestimmungen habe die Behörde nicht nur allfällige gesetzliche Bestimmungen zu zitieren, sondern müsse in concreto ausführen, was sie dem Beschuldigten nunmehr vorwerfe, um diesem zu ermöglichen, sein angebliches Delikt zu begreifen bzw. dieses auch wirksam bekämpfen zu können. Dies sei jedoch vorliegend nicht geschehen. Die Berufungsbehörde müsste daher nunmehr zur Konkretisierung des Sachverhaltes eine Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat durch richtige Feststellung der Tatzeit vornehmen, was ihr gemäß § 66 Abs.4 AVG jedoch verboten sei. Die Behörde habe darüber hinaus die vom Berufungswerber gestellten Beweisanträge samt und sonders übergangen. Zunächst habe der Berufungswerber die Einholung eines Amtssachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Lebensmittelchemie beantragt. Auf Seite 4 des Straferkenntnisses führe die Behörde in Überschreitung ihrer Kompetenz aus, es handle sich bei rotem Vodka um ein gebranntes alkoholisches Getränkt. Demgegenüber sei jedoch anzuführen, dass allein die Tatsache, dass im Rahmen des Ansatzes eines Likörs ein gebranntes alkoholisches Getränk verwandt werde, nicht resultiere, dass das Ergebnis, welches nach einer chemischen Reaktion entstehe, noch ein gebranntes alkoholisches Getränk im Sinne des Gesetzes handle. Vielmehr sei bereits in der Stellungnahme ausführlich ausgeführt, dass ein solches Red-Red nur mehr einen äußerst geringen Alkoholanteil habe. Dies sogar weniger als ein Bier. Die Behörde hätte bei Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens zu einem günstigeren Ergebnis für den Beschuldigten kommen können und liege daher ein wesentlicher Stoffsammelmangel insofern vor, als sie den Sachverhalt unzulässig vorgreifend beweisgewürdigt habe.

 

Dazu komme, dass die Behörde aus rechtlicher Sicht auch den Sinn und Zweck des § 1 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz zu beachten habe, nach welchem es Jugendlichen verboten sei, gebrannte alkoholische Getränke zu konsumieren und zu erwerben. Zweck dieser Bestimmung sei es natürlich zu verhindern, dass Jugendliche gebrannte alkoholische Getränke in reiner Form zu sich nehmen, wobei in diesem Zusammenhang es natürlich relevant sei, dass ein gebranntes alkoholisches Getränk bei Beimischung eines antialkoholischen Getränks nach wie vor einen Alkoholgehalt von zumindest 20 % aufweise. Der Gesetzgeber ziele mit dieser Bestimmung im Wesentlichen auf sogenannte Alko-Pops ab. Ein Red-Red enthalte aber nur mehr 4 % Vol. Alkohol und daher könne eine Subsumtion unter die Bestimmung des § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz keinesfalls mehr erfolgen.

 

Dazu komme, dass die Behörde die Zeugin I nicht einmal einvernommen habe, sondern lediglich eine Anzeige der PI Landhaus vorliege.

 

Darüber hinaus habe die Behörde die Strafe wesentlich zu hoch bemessen.

 

Es werden daher die Anträge gestellt, es möge der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben werden und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung gebracht werden.

 

In eventu möge der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen werden.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.8.2008, zu welcher der Berufungswerber und sein ausgewiesener Rechtsvertreter sowie der Vertreter der belangten Behörde erschienen sind. Vernommen wurde die Zeugin M I unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht.

 

4.1. In der mündlichen Verhandlung wurde vom Berufungswerber ausgeführt, dass er zum Tatzeitpunkt gewerberechtlicher Geschäftsführer des Lokals "S" im Standort  L, H, war. Zum Tatzeitpunkt waren im Lokal S zwei Kellner beschäftigt, die auch auf die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen hingewiesen wurden.

 

Die Zeugin I sagte in der mündlichen Verhandlung aus, dass sie am 16.3.2007 um ca. 23.00 Uhr das Lokal S besucht hat. Nach Betreten des Lokals hat eine Freundin der Zeugin für diese an der Bar ein Bier bestellt und zum Tisch mitgebracht. Ob sie auch einen Red-Red getrunken habe, wisse sie nicht mehr, glaube allerdings eher nicht.

Die Zeugin weicht zwar damit von ihrer vor der Polizei am 17.3.2007 getätigten Aussage ab, durch ihre durchaus schlüssige Schilderung des Verlaufes der Vernehmung, scheint es für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Aussage vor der Polizei auf einem Missverständnis beruht.  

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 114 GewO 1994 dürfen Gewerbetreibende weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Ein Hinweis auf dieses Verbot ist anzubringen.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und von alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten.

 

Gemäß § 367 Z 35 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen den Bestimmungen des § 114 Alkohol ausschenkt.

 

Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens konnte der Vorwurf, am 16.3.2007 sei durch Beschäftigte im Lokal "S",  L, H, insgesamt zwei Red-Red (Red Bull mit Vodka – gebranntes alkoholisches Getränk in Form eines Mischgetränkes) an die Jugendliche M I in verbotener Weise ausgeschenkt worden, nicht erhärtet werden, weshalb das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen war.

 

Zu II.:

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum