Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281067/5/Kl/RSt

Linz, 29.08.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn K F, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. Jänner 2008, Ge96-53-2007, gegen das Strafausmaß wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Strafausspruch mit der Maßgabe bestätigt, dass je Arbeitnehmer eine Geldstrafe von 700 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 36 Stunden, gemäß jeweils § 130 Abs.5 Einleitungssatz ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007 verhängt wird.

 

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen, das sind insgesamt 280 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. Jänner 2008, , Ge96-53-2007, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.5 Z2 iVm § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F K GmbH mit dem Sitz in Arnreit, die u.a. das "Spenglergewerbe verbunden mit Kupferschmiede" im Standort A besitzt, zu verantworten hat, dass am 6.12.2007 auf der Baustelle: B Fa. P, P, die Arbeitnehmer, Herr S T, geb.     und Herr Z W, geb.    , unmittelbar am Dachsaum des Flachdaches (> 20°) des Bürozubaues bei einer Absturzhöhe von ca. 6 – 8 m mit der Herstellung der Attikaverblechung beschäftigt waren, wobei beide Arbeitnehmer nicht mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt waren.

 

Es waren auch keine geeigneten Schutzeinrichtungen (wie z.B. Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden), die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, vorhanden.

 

2. Dagegen hat der Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und die verhängte Geldstrafe bekämpft. Es wurde ausgeführt, dass die zu entrichtende Geldstrafe als überhöht bezeichnet werde und daher ersucht werde, die verhängte Strafe zu mildern.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Daraus ist ersichtlich und vom Bw nicht bestritten, dass gegen ihn zum Tatzeitpunkt zwei einschlägige rechtskräftige Vorstrafen bestehen, wovon eine im Berufungsverfahren getilgt ist. Eine rechtskräftige einschlägige Verwaltungsvorstrafe ist aufrecht. Dem Bw wurden mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.12.2007 geschätzte persönliche Verhältnisse wie folgt vorgeworfen: Monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keine Sorgepflichten, kein Vermögen.

 

Von einer Berufungsverhandlung konnte abgesehen werden, weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, dem festgestellten Sachverhalt in der Berufung nichts entgegengesetzt wurde und im Übrigen von keiner Partei eine mündliche Verhandlung beantragt wurde (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

§ 118 ASchG ist eine Bestimmung des 9. Abschnittes dieses Gesetzes.

 

Da der Schuldspruch durch die Berufung unbekämpft geblieben ist, ist dieser in Rechtskraft erwachsen und war darüber nicht mehr zu entscheiden.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB Erkenntnis vom 26.7.2002, Zl. 2002/02/0037-6 mit weiteren Nachweisen) hinzuweisen, dass mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten. Wird trotz der namentlichen Nennung der beschäftigten Arbeitnehmer der Beschuldigte lediglich einer Verwaltungsübertretung für schuldig befunden, hat die Behörde dadurch gegen das in § 22 VStG normierte Kommulationsgebot verstoßen.

 

Entsprechend dieser Judikatur war – wie auch in der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 11. Dezember 2007 beantragt – eine Geldstrafe von jeweils 700 Euro je Arbeitnehmer auszusprechen und dies im Spruch entsprechend richtig zu stellen. Da das Gesamtausmaß der von der Behörde erster Instanz verhängten Geldstrafe nicht überschritten wird, wird der Bw in keinen Rechten durch diesen Ausspruch verletzt. Gleiches gilt auch für die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe, welche ebenfalls je Delikt und daher je Arbeitnehmer mit 36 Stunden festgesetzt wird.

 

Die verhängte Strafhöhe ist jedoch gerechtfertigt und konnte der Berufung nicht Folge gegeben werden.

 

5.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auf den Unrechtsgehalt der Tat, nämlich auf die Gefährdung der als Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer, welche im besonderen Maße schützenswert sind, hingewiesen. Sie hat auch darauf Bedacht genommen, dass keine nachteiligen Folgen eingetreten sind. Sie hat als Verschulden zumindest Fahrlässigkeit zugrunde gelegt. Im Grunde der vorliegenden Vorstrafen ist sie vom erhöhten Strafsatz für den Wiederholungsfall ausgegangen. Mildernde Umstände lagen nicht vor. Die persönlichen Verhältnisse wurden wie mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vorgeworfen zugrunde gelegt.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art. 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Im Sinn der zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat daher die belangte Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen in gesetzmäßiger Weise Gebrauch gemacht und konnte eine Ermessensüberschreitung nicht festgestellt werden. Es sind die Ausführungen der belangten Behörde grundsätzlich der Entscheidung zugrunde zu legen. Ergänzend wird gerade auf den Unrechtsgehalt der angelasteten Verwaltungsübertretungen hingewiesen, wonach gerade durch die Vorschriften der Bauarbeiterschutzverordnung eine Gesundheitsbeeinträchtigung bzw. Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers hintan gehalten werden soll. Durch die Nichteinhaltung der diesbezüglichen Bestimmungen wird genau dieser Schutzzweck verfehlt, weshalb der Nichteinhaltung insbesondere im Hinblick auf die doch erhebliche Absturzgefahr von 6 – 8 m Höhe ein besonderer Unrechtsgehalt zukommt. Schon im Sinne des Unrechtsgehaltes der Übertretungen kann daher mit noch niedrigeren Strafen, wie sie vom Beschuldigten gefordert wurden, nicht das Auslangen gefunden werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Normen des Arbeitnehmerschutzes zwingend sind und daher von der Parteiendisposition ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber wollte nämlich vermeiden, dass regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehende Arbeitnehmer ihre gesundheitlichen Interessen aus wirtschaftlichen Gründen außer Acht lassen. Die verhängte Geldstrafe je Arbeitnehmer beträgt im Übrigen nicht einmal fünf Prozent des gesetzlichen Höchstrahmens im Wiederholungsfalle und ist daher dem Unrechtsgehalt der Tat durchaus angemessen. Auch waren die verhängten Geldstrafen schuldangemessen, insbesondere da der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren nicht glaubhaft machte, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch wurden vom Bw keine geänderten Umstände hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse bekannt gegeben, weshalb auch die von der Behörde zugrunde gelegte Schätzung aufrecht zu erhalten ist. Auch kamen keine Milderungsgründe hervor und wurden solche auch vom Beschuldigten nicht geltend gemacht. Die je Arbeitnehmer verhängte Geldstrafe, welche im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt, ist daher tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bws angepasst. Sie ist auch geeignet, den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

 

Gleiche Erwägungen gelten auch für die Ersatzfreiheitsstrafe und war diese auch gemäß § 16 VStG verhältnismäßig angepasst festzusetzen.

 

Da Milderungsgründe nicht vorgebracht wurden und nicht vorliegen, war eine wesentliche Voraussetzung für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht gegeben. Auch war Geringfügigkeit des Verschuldens nicht gegeben, weil Geringfügigkeit nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann anzunehmen ist, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Dies war nicht der Fall. Es war daher auch nicht gemäß § 21 VStG von der Strafe abzusehen.

 

6. Weil mit der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates das Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von weiteren 20 % der verhängten Geldstrafen gemäß § 64 VStG zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung:

Kumulationsprinzip, Angriff auf Gesundheit des Arbeitnehmers stellt je Arbeitnehmer ein Delikt dar; keine Gesamtstrafe

 

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