Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163117/15/Ki/Ps

Linz, 11.09.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn Ing. K S, K, W, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G G, S, V, vom 25. März 2008, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 19. März 2008, Zl. 2-S-14.645/07/L, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 10. September 2008 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 19. März 2008, Zl. 2-S-14.645/07/L, wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 26. Juli 2007 um 14.10 Uhr in Steinbach an der Steyr, auf der Ternberger Landesstraße Nr. 1328, Höhe Strkm. 2,250, Fahrtrichtung Ternberg, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen  bei ungenügender Sicht vor einer unübersichtlichen Kurve zwei mehrspurige Kraftfahrzeuge links überholt, weil er sein Fahrzeug erst in der Mitte der unübersichtlichen Rechtskurve wieder auf dem Fahrstreifen für seine Fahrtrichtung einordnen konnte. Er habe dadurch § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Überdies wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 25. März 2008 Berufung erhoben und beantragt, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden möge. Bemängelt wurde im Wesentlichen, dass die Behörde erster Instanz für die Beurteilung des Sachverhaltes weder konkrete Angaben hinsichtlich Geschwindigkeit des überholenden und des überholten Fahrzeuges, Wegstrecke des Überholvorganges, Sichtweite etc. erhoben hat, um ein Verschulden des Kraftfahrzeuglenkers beurteilen zu können. Das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz leide daher an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 10. April 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bundespolizeidirektion Wels eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verbunden mit einem Augenschein an Ort und Stelle am 10. September 2008. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters sowie ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Wels teil. Als Zeuge wurde der Meldungsleger, GI M G, einvernommen. Weiters wurde der verkehrstechnische Amtsachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung Dipl.-HTL-Ing. R H beigezogen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Dem vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Polizeiinspektion T vom 28. Juli 2007 zugrunde. Der Meldungsleger führte darin aus, dass der Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen  in Fahrtrichtung Ternberg unmittelbar vor einer starken Rechtskurve sowohl einen Pkw (Anzeiger) sowie eine davor fahrende Zugmaschine mit Ladewagen überholte und sich erst wieder mitten in der angeführten Rechtskurve einordnen konnte. Als Tatort wurde Strkm. 2,250 der Ternberger Landesstraße (L1328) bezeichnet.

 

Über Aufforderung der im Hinblick auf den Tatort zunächst örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (§ 103 Abs.2 KFG 1967) hat der Berufungswerber zugestanden, dass er das Kraftfahrzeug zum Vorfallszeitpunkt gelenkt hat. Zugleich hat er jedoch die ihm vorgehaltene Verwaltungsübertretung zurückgewiesen.

 

Mit Schreiben vom 27. August 2007, Zl. VerkR96-12982-2007-Wf, hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems den Akt gemäß § 29a VStG an die dem Wohnsitz nach zuständige Behörde (Bundespolizeidirektion Wels) abgetreten, welche nach Durchführung diverser Ermittlungen das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen hat.

 

Im Zuge der mit einem Augenschein verbundenen mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle bezeichnete der als Zeuge einvernommene Meldungsleger jene Stelle, an welcher der Berufungswerber den Überholvorgang begonnen haben soll bzw. auch jene Stelle, an welcher dieser Vorgang gegebenenfalls wiederum beendet wurde. Eine Vermessung durch den beigezogenen verkehrstechnischen Amtsachverständigen hat ergeben, dass der Überholvorgang somit nicht auf Höhe des Strkm. 2,250 sondern bereits vorher, nämlich auf Höhe des Strkm. 2,069 erfolgte. Es handelt sich dort zwar ebenfalls um eine unübersichtliche Kurve, diese ist jedoch nicht in jenem Bereich situiert, welcher letztlich als Tatort bezeichnet wurde.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen sowie als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung, welche mit einem Augenschein an Ort und Stelle verbunden war. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken, die zeugenschaftliche Aussage des Meldungslegers der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw. sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, dass der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass im vorliegenden Falle der Tatort sowohl in der Anzeige, wie vom Meldungsleger letztlich bestätigt wurde, als auch im angefochtenen Straferkenntnis nicht richtig bezeichnet worden ist. Vorgeworfen wurde eine Übertretung auf Höhe Strkm. 2,250, tatsächlich erfolgte jedoch der Überholvorgang bereits im Bereich einer anderen unübersichtlichen Kurve, nämlich auf Höhe Strkm. 2,069. In der konkreten Situation kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte in seinen Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt wurde bzw. kann auch eine Doppelbestrafung zumindest potentiell nicht ausgeschlossen werden. In Anbetracht dieses Umstandes liegt hinsichtlich des Tatortes ein qualifizierter Spruchmangel vor bzw. entspricht der Spruch des Straferkenntnisses nicht den Kriterien des § 44a Z1 VStG.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Wie unter Punkt 3.1. dargelegt wurde, wurde im Straferkenntnis bzw. im Verwaltungsstrafverfahren der Tatort nicht richtig bezeichnet und es ist eine Korrektur im Berufungsverfahren nicht mehr möglich, da mittlerweile hinsichtlich dieses wesentlichen Tatbestandsmerkmales Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) eingetreten ist. Es liegt somit ein Umstand vor, welcher eine konkrete Verfolgung ausschließt. Aus diesem Grunde konnte der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Alfred Kisch

 

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