Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163453/5/Bi/Se

Linz, 16.09.2008

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn V P, L, vertreten durch RA Dr. H V, L, vom 1. August 2008 gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Grieskirchen vom 14. Juli 2008, VerkR96-2483-2008, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Strafnorm auf § 99 Abs.2a StVO 1960 berichtigt wird, und die Geldstrafe auf 218 Euro herabgesetzt wird. 

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 21,80 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: §§ 66 Abs.4 und 62 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 42 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 220 Euro (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am Sonn­tag, 17. Februar 2008, um 13.05 Uhr im Gemeindegebiet von Kematen am Inn­bach, Bezirk Grieskirchen, Oö, auf der Innkreisautobahn A8 auf Höhe Strkm 24.550 in Fahrtrichtung Wels/Graz das Sattelzugfahrzeug     (SK) mit dem Sattelanhänger     (SK) mit einem höchsten zulässigen Ge­samt­­gewicht von mehr als 7,5 t gelenkt bzw verwendet habe, obwohl an Sams­tagen von 15 bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzliche Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahr­zeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zuläss­igen Gesamt­gewicht von mehr als 7,5 t verboten sei und das verwendete Fahr­zeug bzw die durch die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Aus­nahme gefallen sei, zumal der Transport von raffiniertem Kokosnussöl nicht unter leicht verderbliche Lebensmittel falle, zumal raffiniertes Kokosnussöl von seiner Beständigkeit her kein leicht verderbliches Lebensmittel sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 22 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, seine fristgerecht eingebrachte Stellung­­nahme vom 13. Juni 2008 sei nicht berücksichtigt worden, was einen Verfahrensfehler darstelle. Aufgrund eines vorliegenden unaufschiebbaren Trans­port­auf­trages habe er am Vorfallstag raffiniertes Kokosöl mit dem von ihm zu len­ken­den Lkw befördert. Kokosöl sei bei einer Temperatur von über 50 Grad (60 Grad) zu transportieren, weil es aufgrund seiner physikalischen Beschaffen­heit bei einer Temperatur darunter zu erstarren beginne. Während des Transportes müsse daher der Tank an die Heizung des Fahrzeuges angeschlossen sein, zumal  diese nur bei laufendem Motor funktioniere. Auch aus dem CMR-Dokument sei ersichtlich, dass der Transport bei 60 Grad durchzuführen sei. Es sei daher nicht möglich, einen Transport zu unterbrechen, weil sonst das Kokosöl unbrauchbar werde. Der Transport sei daher unter die Ausnahmebestimmung gefallen und er habe sich nicht rechtswidrig verhalten. Beantragt wird Bescheidaufhebung und Ausfolgung der vorläufig eingehobenen Sicherheitsleistung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der bis dahin unbescholtene Lenker des genannten Sattel­kraft­fahrzeuges am Sonntag, dem 17. Februar 2008, um 13.05 Uhr bei der Kon­troll­stelle Kematen/I. vom Meldungsleger RI M G angehalten wurde, wo­bei festgestellt wurde, dass er raffiniertes Kokosöl geladen hatte. Vom Lenker wurde laut Anzeige wegen offenbarer Unmöglichkeit bzw Erschwerung der Straf­verfolgung eine Sicherheitsleistung von 220 Euro eingehoben.

Nach Vollmachtsbekanntgabe durch den Rechtsvertreter des Bw erfolgte die Zustellung der Strafverfügung vom 23. April 2008 an diesen und wurde frist­gerecht Einspruch erhoben mit den gleichen Argumenten wie in der nun­mehrigen Berufung.

Dem Rechtsvertreter wurde daraufhin das Erkenntnis des UVS Oö. vom 24. Oktober 2004, VwSen-161480/2/Sch/Sp, zur Kenntnis gebracht, laut dem, wie aus einer der Entscheidung zugrundeliegenden Stellungnahme der Lebensmittel­aufsicht der Landessanitätsdirektion, H W, vom 4. April 2006 her­vor­geht, raffiniertes gehärtetes Kokosöl 32 von seiner Beständigkeit her kein leicht verderbliches Lebensmittel sei: Für den Transport sei nur wichtig, dass das Produkt in flüssiger Form beim Kunden ablieferbar sei, da sonst Komplikationen bei der Entladung entstünden, die sich aber nicht auf die Genusstauglichkeit des Produktes auswirkten.         

Der  Rechtsvertreter hat dazu in der Stellungnahme vom 30. Juni 2008 geltend gemacht, er habe den Transport, wie aus dem CMR-Dokument ersichtlich, mit einer Temperatur über 50 Grad (60 Grad) durchgeführt, weil er andernfalls ver­antworten hätte müssen, dass das von ihm transportierte Kokosöl unbrauch­bar werde. Er habe nicht rechtswidrig gehandelt und ersuche um Rückaushän­digung der vorläufig eingehobenen Sicherheitsleistung.

Das Schreiben ist laut Eingangsstempel am 1. Juli 2008 bei der Erstinstanz eingelangt, sodass es bei der Erlassung des Straferkenntnisses dort vorlag. Trotz­dem hat der Rechtsvertreter eingewendet, seine fristgerecht erhobene Stellung­nahme sei nicht berücksichtigt worden – dafür findet sich aber aus dem Akten­inhalt kein Anhaltspunkt.

Der Rechtsvertreter hat in der Berufung inhaltlich gleich vorgebracht. Ihm wurde daher mit Schreiben des UVS vom 26. August 2008 die Stellungnahme der Lebensmittelaufsicht nochmals zur Kenntnis gebracht, zu bedenken gegeben, dass verfestigtes Kokosöl, das nicht mit Luft in Kontakt kommt, nicht ranzig werden kann und daher kein Grund besteht, einen Transport entgegen dem Wochenendfahrverbot durchzuführen, weil Kokosöl allein wegen der beim Abla­den zu beachtenden Temperaturen nicht unter den Begriff "leicht verderbliches Lebensmittel" fällt.

Der Rechtsverteter hat in seiner Stellungnahme vom 12. September 2008 darge­legt, die Ausführungen des SV enthielten keine Äußerung dazu, wie sich die Fahrtunterbrechung bzw der damit verbundene ständige Wechsel zwischen flüssigem und festem Zustand und eine lange Transportdauer auf die Konsistenz und Genusstauglichkeit des Produktes auswirke. Im Übrigen sei die Beförderung von Lebensmitteln in Tanks in kürzester Zeit durchzuführen und das Produkt beim Empfänger in solcher Qualität abzuliefern, wie vom Absender übernommen und das sei bei längerer Fahrtunterbrechung nicht gewährleistet. Deshalb habe eine Ausnahme vom Wochenendfahrverbot vorgelegen, sodass neuerlich Verfahrenseinstellng beantragt werde, in eventu Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG, jedenfalls Aushändigung der eingehobenen Sicherheitsleistung.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 42 Abs.2 StVO 1960 ist an Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonn­­tagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr das Befahren von Straßen ua mit Sattelkraftfahrzeu­gen mit einem höchsten zulässigen Gesamt­gewicht von mehr als 7,5 t verboten. Davon ausgenommen sind gemäß Abs.3 ua Fahrten, die ausschließlich der Beförderung von Milch oder anderen leicht ver­derb­lichen Lebensmitteln dienen. Gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer aufgrund des § 42 erlassenen Fahr­verbotsverordnung verstößt. Die Bestimmung  des § 99 Abs.2b StVO kommt im ggst Fall aufgrund der Tatzeit nicht zum Tragen.

 

Raffiniertes Kokosöl ist kein leicht verderbliches Lebensmittel im Sinne dieser Bestimmung, weil die vom Bw eingewandten Temperatur-Argumente nur auf das Abladen und den dafür erforderlichen flüssigen Zustand des Kokosöls zutreffen können. Die Gefahr der nachteiligen Änderung der qualitativen Beschaffenheit bzw der Genusstauglichkeit des Kokosöls durch das Abstellen des Sattelkraftfahr­zeuges für die Dauer des Wochenendfahrverbotes besteht auf der Grundlage der oben zitierten schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des SV der Lebens­mitte­­l­aufsicht vom 4. April 2006 nicht. Die Bean­standung des Bw erfolgte während des gesetzlich bestimmten Zeit­raumes des Wochenendfahrverbotes, nämlich am Sonntag, 17. Februar 2008, um 13.05 Uhr. Der Bw hat zwar  geltend gemacht, er müsse das Kokosöl jedenfalls mit über 50 Grad trans­portieren und könne deshalb auch für die Dauer des Wochenendfahrverbotes den Motor nicht abstellen, um die damit gekoppelte Heizung nicht zu unterbrechen, hat jedoch der fachlich fundierten und schlüssig begründeten Stellungnahme des SV der Lebensmittelaufsicht keine schlüssigen gegenteiligen Argumente entge­genzu­setzen vermocht. Eine (über)lange Transportdauer kann durch entsprech­ende Organi­sation verhindert werden, die eine Fahrtunterbrechung am Woch­en­ende berücksichtigt. Abgesehen davon wurde die Herkunft des Kokosöls und die tatsächliche Länge des Transportweges vom Bw nie dargelegt. Von einem ständigen Wechsel zwischen Aggregatzuständen des Öls kann keine Rede sein und ein bloßes Festwerden während des Abstellens des Sattelkraftfahrzeuges hat der SV als harmlos beschrieben. Der Bw hat auch das in der Stellungnahme vom 30. Juni 2008 angeführte CMR-Dokument, das ihn angeblich zum "Warmhalten" verpflichtet, nie vorgelegt. Damit ist er den Ausführungen des SV nicht auf gleicher sachlicher Ebene entgegengetreten.

Der Bw hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand – mit Maßgabe der gemäß § 62 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG berichtigten Strafnorm, die in der Straf­verfügung ebenso wie in der Begründung des angefochtene Straferkennt­nisses richtig zitiert und angewendet wurde – erfüllt und, da ihm die Glaubhaft­machung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsüber­tretung zu verantworten.

Von geringfügigem Verschulden im Sinne des § 20 VStG ist insofern keine Rede, als eine entsprechende Anfrage des Lenkers vor Fahrtantritt am Sonntag Klarheit geschaffen hätte. Die Unbeschol­ten­heit allein bewirkt nicht ein beträchtliches Überwiegen des Milderungs­grundes im Sinne des § 21 VStG.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2a StVO von 218 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit von 48 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Während im ggst Fall die Ersatzfreiheitsstrafe wesentlich unterschritten wurde, liegt die Geld­strafe geringfügig über der gesetzliche Mindeststrafe, wobei der Bw im Bezirk Gries­kirchen verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, was seitens der Erst­instanz zutreffend als mildernder Umstand gewertet wurde. Trotzdem besteht schon wegen des Fehlens von straferschwerenden Umständen kein sachlicher Grund, die gesetzliche Mindestgeldstrafe von 218 Euro zu überschrei­ten. Der Bw vermochte der Schätzung seiner finanziellen Verhältnisse durch die Erstinstanz nichts entgegenzusetzen (1.200 Euro netto monatlich, kein Vermö­gen, keine Sor­ge­­pflichten). Die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe in Form der gesetzlich vor­gesehenen Mindest­strafe ist gemäß § 19 VStG angemessen.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

                                          

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Beilagen

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Kohosiel beim leicht verderblichen Lebensmittel – Strafherabsetzung auf gesetzliche Mindeststrafe

 

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