Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521955/4/Bi/Se VwSen-521987/2/Bi/Se

Linz, 22.09.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufungen des Herrn T R, M, vertreten durch RA Dr. J P, M, 1) vom 31. Jänner 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 15. Jänner 2008, VerkR21-45-2008/BR (= VwSen-521955), wegen Entziehung der Lenkberech­tigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts, von einem allfälligen ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, Anordnung der Beibringung eines amtsärzt­lichen Gutachtens samt verkehrspsychologischer Stellungnahme und Aberkenn­ung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung dagegen, und 2) vom 4. Juni 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 19. Mai 2008, VerkR21-45-2008/BR (= VwSen-521987), wegen Entziehung der Lenkberechtigung unter Festsetzung eines Zeitraumes der Verkehrsunzuver­lässigkeit bis 19. Dezember 2009 sowie Tatzeitberichtigung auf 7.04 Uhr, Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker unter Feststellung der Verlängerung der Probezeit um ein weiteres Jahr, Anordnung der Beibringung eines amtsärzt­lichen Gutachtens samt verkehrspsychologischer Stellungnahme und Aberkenn­ung der aufschie­benden Wirkung einer Berufung dagegen, zu Recht erkannt:

 

Im Punkt 1) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Im Punkt 2) wird der Berufung insofern teilweise Folge gegeben, als die Entziehungsdauer auf 15 Monate, gerechnet ab 19. Jänner 2008,  herab­gesetzt wird.

   

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben zu 1) angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z9, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 3 und 32 FSG die von der BH Braunau/Inn am 7. August 2007, GZ07/314288, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 5 Monaten, gerechnet ab Bescheid­zustell­ung, entzogen und ihm für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht, von einem (allfälligen) ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt und ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vier­rädrige Leicht­kraft­fahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen. Gemäß § 29 Abs.3 FSG wurde die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins, soweit er nicht vor­läufig abgenommen worden sei, angeordnet. Weiters wurde er gemäß § 24 Abs.3 FSG iVm § 17 Abs.1 FSG-GV aufgefordert, ein von einem Amtsarzt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen erstelltes Gut­achten innerhalb der Entziehungsdauer beizubringen und sich einer verkehrs­psycho­logischen Untersuchung bei einer ermächtigten Stelle zu unter­ziehen, wobei er darauf hingewiesen wurde, dass die Entziehung nicht vor Befolgung der Anordnungen ende. Einer ev. Berufung gegen den Bescheid wurde die aufschie­bende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug gemäß § 64 Abs.2 AVG aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 23. Jänner 2008.

 

Mit dem oben zu 2) angeführten Bescheid wurde dem Bw gemäß §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z2 und Abs.3 Z6 lit.a, 24 Abs.1 Z1 und 25 Abs.1 und 3 FSG die Lenk­berechtigung für die Klasse B für die Dauer von 18 Monaten, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen Abnahme, das war am 19. Jänner 2008, entzogen. Weiteres wurde festgehalten, dass in die Entziehungsdauer die mit Bescheid vom 15. Jänner 2008 ausgesprochene siebenmonatige (gemeint wohl: fünfmonatige) Entziehung nicht eingerechnet werde, dh beide Entziehungszeiträume aufzu­addieren seien, sodass nach dem der­zei­tigen Stand bei Erfüllung der vorge­schriebenen Maßnahmen die Verkehrsun­zuverlässigkeit bis einschließlich 19. Dezember 2009 bestehe. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe sich heraus­gestellt, dass die Tatzeit im Mandatsbe­scheid durch einen Schreibfehler mit 5.40 Uhr angegeben worden sei; der Tatzeitpunkt werde auf den tat­sächlichen Zeit­punkt der Verweigerung 7.04 Uhr berichtigt. Weiters wurde dem Bw gemäß § 24 Abs.3 FSG die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker auferlegt, wobei darauf hinge­wiesen wurde, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anord­nung ende und dass sich gemäß § 4 FSG mit der Anordnung der Nachschulung die Probezeit um ein weiteres Jahr verlängere; sei die Probe­zeit bereits abgelaufen, beginne sie mit Anordnung der Nachschulung für ein Jahr neu zu laufen; die Ausstellung eines neuen Führerscheins sei daher not­wendig. Weiters wurde der Bw gemäß § 24 Abs.3 FSG iVm § 17 Abs.1 Z2 FSG-GV aufge­fordert, ein von einem Amtsarzt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eig­nung zum Lenken von Kraftfahrzeugen erstelltes Gut­achten innerhalb der Ent­ziehungs­dauer beizubringen und sich zuvor einer verkehrs­psycho­logischen Untersu­chung bei einer hiezu ermächtigten Stelle zu unter­ziehen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Entziehung nicht vor Befolgung der Anordnungen ende. Die aufschie­bende Wirkung einer all­fälligen Berufung gegen den Bescheid wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen.

 

2. Gegen beide Bescheide wenden sich die vom Bw fristgerecht eingebrachten Beru­fungen, die seitens der Erstinstanz jeweils ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wur­den, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Bw macht zu 1) im Wesentlichen geltend, die Straftat nach § 83 StGB am 21. Jänner 2007 habe mit dem Lenken eines Kfz nichts zu tun, sondern die habe er bei einer Party begangen. Er verstehe den Zusammenhang mit seiner Ver­kehrs­­zu­­ver­lässigkeit nicht und dass die Erstinstanz annehme, dass er bei der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr (welche?) Straftaten begehen werde, was bislang auch noch nie der Fall gewesen sei. Er habe auch noch nie rücksichts­loses Verhalten beim Lenken von Kraftfahrzeugen an den Tag gelegt und  meine, dass er nicht ver­kehrs­unzuverlässig sei. Die Straftat liege nun auch schon mehr als ein Jahr zurück. Überdies sei nur ein wiederholtes Vergehen nach § 83 StGB ein Entzieh­ungsgrund, es liege aber nur die Straftat vom 21. Jänner 2007 zugrunde, also ein Vergehen. Den Entziehungsbescheid vom 27. Juni 2006 noch einmal dafür heranzuziehen, sei unzulässig. Zum Beginn der Entziehungsmaß­nahme müsse die Verkehrsunzu­verlässigkeit im übrigen noch mindestens drei Monate andau­ern, was hier eine zumindest 13monatige Verkehrsunzuverlässig­keit zur Folge hätte. Auch wenn die Erstinstanz von der Straftat vom 21. Jänner 2007 nach Ablauf der Entziehungs­dauer bei Wiederausfolgung des Führer­scheins am 2. Februar 2007 noch nichts gewusst habe, ändere dies nichts am Grundsatz der Einheitlichkeit des Entzieh­ungs­­verfahrens. Die PI M sei auch am 21. Jänner 2007 in Kennt­nis von der Entziehungsmaßnahme und dem Ende der Ent­ziehungsdauer in 12 Tagen und der Relevanz für die Verkehrszu­verlässigkeit iSd § 7 Abs.3 Z9 FSG gewesen und habe die Erstinstanz nicht infor­miert. Bei der Ausfolgung des Führer­scheins am 2. Februar 2007 habe die Erst­instanz seine Verkehrszu­verlässig­keit festgestellt, weshalb nicht nachträglich neue Entzie­hungs­­maßnah­men gesetzt werden könnten. Außerdem liege nur eine einzige Tat nach § 83 StGB vor. Insgesamt wäre unberechtigt die Annahme einer 17mona­tigen Ver­kehrs­unzuver­lässig­keit die Folge und eine Anordnung von Maßnahmen betreffend die gesundheitliche Eignung bei der Entziehung wegen Verkehrsun­zuverlässig­keit. Beantragt wird Bescheidaufhebung in allen Punkten. Laut Akten­ver­merk des Vertreters der Erstinstanz vom 21. Mai 2008 wartete dieser auf Betreiben des Rechtsvertreters des Bw mit der Berufungsvorlage an den UVS zu, weil dieser eine Zurückziehung der Berufung in Aussicht gestellt habe; die Berufung langte am 29. Mai 2008 beim UVS ein.

 

Zu 2) wird in der Berufung inhaltlich zum Vorfall vom 21. Jänner 2007 wie in der Berufung zu 1) vom 31. Jänner 2008 ausgeführt und auf entsprechende Judika­tur des UVS Salzburg verwiesen. Zur Alkotestverweigerung vom 19. Jänner 2008 macht der Bw geltend, es sei unbestritten, dass er um 5.40 Uhr dieses Tages als Lenker des Pkw XX im Stadtgebiet B angehalten und zum Alko­test aufgefordert worden sei. Dem Alkotest habe er zugestimmt und sei mit sei­nem Beifahrer R M, dessen Zeugeneinvernahme er (wie auch im Ver­waltungsstrafverfahren) beantrage, im Polizei­­fahrzeug zur PI B gefahren. Er habe im Zeitraum von 130 Minuten bis zur Ausstellung der Abnahmebeschei­nigung mehrmals gebeten, eine Zigarette rauchen zu dürfen, und habe um 7.04 Uhr tatsächlich eine solche geraucht, worauf der Polizist sofort erklärt habe, er habe den Alkotest verweigert. Der Polizist sei berechtigt gewesen, ihn zum Alko­test aufzufordern, aber eine Alko­test­ver­weigerung liege nicht vor. Er habe zigmal gefragt, was denn nun mit dem Alkotest los sei, und habe zur Antwort be­kommen, er müsse warten. Er habe mehrmals gebeten, rauchen zu dürfen, wo­rauf ihm dasselbe gesagt worden sei. Nach 84 Minuten sei es ihm zu dumm geworden und er habe geraucht; allenfalls hätte der Test dann nach weiteren 15 Minuten durchgeführt werden können. Er habe den Eindruck, dass der Beamte es regelrecht darauf angelegt habe, ihn so lange hinzuhalten, bis er seiner Anord­nung zuwiderhandle. Dieser habe die Ver­weigerung sofort ausgesprochen, als er die Zigarette angezündet gehabt habe, das halte er für unfair. Der Polizist hätte ihn auffordern müssen, die Zigarette auszudämpfen und umgehend den Alkotest durchzuführen, allenfalls nach 15 Minuten Wartezeit nach dem einen Zug beim An­zün­den; jedoch beeinträchtige ein solcher Zug das Alkomatergebnis ohnehin nicht, was ein messtechnischer Sach­ver­ständiger bei der mündlichen Verhand­lung nachweisen könne, was er bean­trage. Die Zumutbarkeitsschwelle habe der Beamte deutlich überschritten, sodass eine Verweigerung nicht gegeben sei. Er habe die Zigarette nicht etwa angesteckt, als der Beamte etwa gesagt hätte, der Test werde nun durchgeführt – dann hätte er ohnehin gewusst, dass er gleich nach der Amtshandlung rauchen könne. Erst um 7.50 Uhr sei die Amtshandlung beendet worden; zwischen 7.04 Uhr und 7.50 Uhr hätte zigmal ein Alkotest durch­geführt werden können, was der Beamte aber offenbar nicht für notwendig gehalten habe.

Zur vorgeworfenen Schwarz­­fahrt um 8.12 Uhr sei zu sagen, dass er nicht der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei. Er habe seine Eltern gebeten, ihn abzu­holen, und sei nur Insasse gewesen. Dazu beantragt er die Zeugeneinvernahmen seiner Eltern und des Beifahrers. Die hintere Kennzeichentafel sei auch schon um 5.40 Uhr mit Klebe­band sichtbar in der Heckscheibe befestigt gewesen, weil die Kenn­zeichenhal­terung defekt gewesen sei.

Die 18monatige Entziehungsdauer sei insofern zu lang, als die Erstinstanz zu Unrecht ausgesprochen habe, die irrtümlich mit 7 Monaten benannte, tatsächlich 5 Monate betragende Entziehungsdauer sei (richtig wohl: nicht) einzubeziehen. Beim früheren angeblichen Alkoholdelikt handle es sich um eine Übertretung nach § 99 Abs.1b StVO, für die ein Einmonatsentzug ausgesprochen worden sei – 18 Monate seien daher zu lang. Als angemessen beantragt wurden 8 Monate, zumal die Körperverlet­zungs­delikte hier nicht einschlägig seien.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten der Erstinstanz sowie im Hinblick auf den im Punkt 2) genann­ten Bescheid Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsver­handlung im diesem zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren (Straferkenn­tnis der BH B vom 23. Juni 2008, VerkR96-688-2008-Wid, wegen Über­tretungen nach §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO, §§ 37 Abs.1 und Abs.3 Z2 iVm 39 Abs.5 FSG, §§ 36 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG, §§ 52 lit.a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO) am 24. Juli und am 5. September 2008.

 

Aus dem vorgelegten Verfahrensakt der Erstinstanz VerkR21-45-2008/BR (= VwSen-521955) geht hervor, dass der am 3. Juli 1987 geborene, dh damals nicht einmal noch 20 Jahre alte Bw mit Urteil des Bezirksgerichtes B vom 27. März 2007, 1 U, wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB in zwei Fällen schuldig erkannt wurde, am 21. Jänner 2007 in Moosbach nachstehenden Personen Faustschläge gegen das Gesicht versetzt und diese dadurch am Körper verletzt zu haben, nämlich 1. G.K., der hierdurch eine Schädel­prellung erlitt, und 2. S.U., der eine Schwellung am Jochbein und Schmer­­zen am Kiefer erlitt. Der Bw wurde zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 Wochen verurteilt. Laut Urteilsbegründung schlug der Bw in erheblich alko­ho­li­siertem Zustand bei einer Party in Moosbach auf die ihm bis dahin völlig frem­den Geschädigten in äußerst aggressiver Weise ein, als er fälschlich meinte, G.K. habe seine Mutter beleidigt, und ihm sofort mehrere Faust­schläge in die rechte Gesichtshälfte versetzte. Nachdem sich dieser bei An­wesenden erkundigt hatte, wer der Bw überhaupt sei, versteckte er sich hinter der Bar und verstän­digte dann, weil der Bw weiterhin aggressiv gewesen sei, seinen Vater, der ihn  ab­holen sollte. Der Bw stänkerte inzwischen den ihm ebenfalls völlig unbe­kannten S.U. an, schlug ihm zweimal mit der Faust in die linke Gesichtshälfte und for­derte ihn auf, hinauszukommen und "das Ganze drau­ßen zu regeln". Nachdem G.K.s Vater mit dem Auto gekommen war, liefen dieser und S.U. hinaus und stiegen ein, worauf der Bw versuchte G.K. aus dem Auto zu zerren und ihn erneut mehrfach mit der Faust gegen das Gesicht schlug. Er versuchte auch S.U. aus dem Auto zu ziehen, was ihm aber nicht gelang. Als das Auto abgefahren war, ging der Bw auf einen Anwesenden los und ruinierte dessen Hose und Handy.

Bei der Strafzumessung wurde berücksichtigt, dass der Bw Schadenswieder­gutmachung betreffend den dritten Vorfall geleistet hatte, aber zwei Personen in außerordentlich aggressiver Weise verletzt hatte und bereits zwei einschlägige Abstrafungen aufweist. Da der Bw bereits 10mal wegen Körperverletzungs­delikten angezeigt worden sei, sei es trotz seines Alters von noch nicht einmal 20 Jahren unumgänglich, ihm nunmehr durch die Verhängung einer Freiheitsstrafe vor Augen zu halten, dass ein derartiges Verhalten völlig inakzeptabel sei.

Mit Urteil des Landesgerichtes R vom 6. August 2007, 22 Bls, wurde der Berufung gegen die Strafe keine Folge gegeben, obwohl die Begehung der strafbaren Handlungen vor Vollendung des 21. Lebensjahres mildernd sei. Betont wurde aber zusätzlich erschwerend, dass der Bw "kurz nach der Haupt­verhandlung vom 4. Dezember 2006 zu 21 Hv, in der er des Ver­brechens der versuchten Vergewaltigung als Beitragstäter nach den §§ 15, 201 Abs.1, 12, 3. Fall StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachge­sehenen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, während des anhängigen Rechts­mittelver­fahrens wiederum seinen Aggressionen freien Lauf ließ und zwei Mal das Ver­ge­hen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB begangen hat". Eine bedingte Strafnachsicht war daher spezialpräventiv auszuschließen; "nur durch eine tat­säch­liche Verbüßung der kurzen Freiheitsstrafe kann vielleicht noch eine Gesinn­ungsänderung herbeigeführt werden."

 

Hinsichtlich des Vorfalls vom 19. Jänner 2008 (= VwSen-521987) wurde im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens vom Bw Berufung gegen das wegen Übertretungen der StVO 1960, des FSG und des KFG 1967 ergangene Straf­erkenntnis der Erstinstanz vom 23. Juni 2008, VerkR96-688-2008-Wid, erhoben, über die seitens des UVS zu entscheiden war. Mit Erkenntnis des UVS vom 11. September 2008, VwSen-163330/21/Bi/Se, wurde der Bw nach Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung einer Verwal­tungsüber­tretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 schuldig erkannt, weil er am 19. Jänner 2008, 5.40 Uhr, in B,   den Pkw    in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zu­stand gelenkt und sich nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht am 19. Jänner2008, 7.04 Uhr, in der Polizeiinspektion B, geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Zugrundegelegt wurde, dass der Bw unbestritten um 5.40 Uhr nach dem Konsum von Alkohol den genannten Pkw bis zum Kreisverkehr S Straße – L H-weg (AGIP-Tankstelle) gelenkt hat und dort vom Meldungsleger (Ml) zum Alkotest aufgefordert wurde, der in der PI B statt­finden sollte. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens befanden sich je­den­falls zwischen 6.30 Uhr und 7.04 Uhr der Bw, der Ml und der Zeuge R M (RM) in der PI B im Raum, in dem der Alkomat stand, und versuchte der Bw zunächst, den Ml, der seine auf der Straße ausgesprochene Aufforderung zum Alkotest wiederholt hatte, zu überzeugen, dass er in Anbetracht des Umstandes, dass der Bw zwei Drogenhändler an die Polizei ausgeliefert hatte, von einem Alko­­test Abstand nehmen möge, was aber nicht der Fall war. Sodann fragte der Bw mehrmals, ob er eine Zigarette rauchen dürfe, was der Ml an die Durch­führung eines Alkotests knüpfte, worauf der Bw den Ml bedrängte, rauchen zu dürfen, worauf er vom Ml dezidiert die Antwort erhielt, er müsse vorher einen Alkotest machen und, wenn er sich die Zigarette anzünde, werde dies als Verwei­gerung des Alkotests gewertet. Beweiswürdigend gelangte der UVS zur Ansicht, dass der Zeuge RM, der keine Lenkberechtigung besitzt und Rauchen nicht in Zusammenhang mit dem Alkotest bringen konnte, während der Wartezeit – beide warteten auf eine getrennte Einvernahme durch Beamte der Suchtgiftgruppe, zu der der Ml nicht gehört, und die dann zwischen 7.04 und 7.50 Uhr stattfand – zumal er auch in die Amtshandlung mit dem Bw nicht involviert war, nicht ständig zuhörte und durch das Schreiben von SMS an seine Freundin abgelenkt war. RM bestätigte, dass der Bw bei seinem Ansinnen, rauchen zu dürfen, vom Ml aufgefordert worden sei, zu warten, worauf er schließlich eine Zigarette heraus­nahm und in den Mund steckte, ohne sie anzu­zünden, worauf der Ml ihn erneut darauf hinwies, das sei eine Verweigerung des Alkotests mit den Konse­quenzen wie bei Annahme einer Alkoholisierung über 1,6 Promille. Unmittelbare Anstalten, einen Alkotest auf der Stelle durchzu­führen, machte der Ml aber nicht, obwohl das im Raum befindliche Atemluftalkohol­untersuchungs­gerät jederzeit in Betriebsbereitschaft versetzt werden hätte können. Schließlich erklärte der Bw nach glaubwürdiger Schilderung des Zeugen RM, er wolle nicht mehr warten, und zündete sich um 7.04 Uhr die Zigarette an, die ihm der Ml sofort aus dem Mund nahm, ausdämpfte und erklärte, er werte dieses Verhalten als Alkotestver­weigerung. Auf die spätere Frage des Bw nach der Durchführung eines Alkotests erklärte der Ml, die Amtshandlung sei abge­schlossen und nahm dem Bw den Führerschein vorläufig ab, wobei er die Bescheinigung gemäß § 39 VStG nach den Einvernahmen beider durch die Suchtgiftgruppe um 7.50 Uhr ausstellte.

Im Hinblick auf die Tatvorwürfe, der Bw habe um 8.12 Uhr des 19. Jänner 2008 den Pkw XX trotz vorläufig abgenommenen Führerscheins und mit über­höhter Geschwindigkeit vom Kreisverkehr Simbacher Straße kommend am     an der PI B vorbei in Richtung Bahnhof gelenkt, wobei auch keine Kennzeichentafeln am Pkw angebracht gewesen seien, wurde das Strafer­kenntnis der Erstinstanz in den Punkten 2), 3) und 4) behoben und das Verwal­tungs­straf­verfahren aufgrund des Beweisergebnisses, dass der Pkw von der inzwischen verständigten Mutter des Bw gelenkt wurde, eingestellt. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß § 83 StGB begangen hat.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genom­men und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 11. September 2008, VwSen-163330/21/Bi/Se, wurde der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960, begangen am 19. Jänner 2008, 7.04 Uhr, bei der PI Braunau/Inn, schuldig gesprochen. Er hat damit zweifelsohne eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG gesetzt, für die gemäß § 26 Abs.2 FSG die Lenkberechtigung für mindestens vier Monate zu entziehen ist.

 

Dass der Bw allein am 21. Jänner 2007 zwei strafbare Handlungen gemäß § 83 StGB begangen hat, steht seit der Rechtskraft des oben zitierten Urteils unzwei­fel­haft fest. Im Hinblick auf den Begriff "wiederholt" sind die Berufungsargu­mente daher entbehrlich. Seitens des UVS ist festzuhalten, dass die Aggressivität des Bw (hier auch noch in Verbindung mit Alkoholkonsum) gerade­zu erschreck­end ist und eine Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs.3 Z9 FSG auch ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges gegeben ist.

Im Hinblick auf § 7 Abs.3 Z9 FSG war somit ebenfalls vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache und damit von Verkehrsunzuverlässigkeit auszugehen. Die Erstinstanz brachte dem Bw mit Schreiben vom 16. Februar 2007 die Strafan­zeige der PI M betreffend den Vorfall von 21. Jänner 2007 zur Kenntnis, belehrte ihn bezüglich Verkehrsunzuverlässigkeit bei Begehung der­artiger Straftaten und setzte das Verfahren gemäß § 38 AVG bis zur Entschei­dung des zuständigen Gerichtes aus. Eine Benachrichtigung vom Vorliegen eines (noch nicht rechts­kräftigen) Urteils durch das BG B erfolgte mit Schrei­ben vom 22. Mai 2007 und am 15. Oktober 2007 langte das Urteil des LG R vom 6. August 2007 bei der Erstinstanz ein. Daraufhin erging nach Stellung­nahme des Bw vom 15. November 2007 der nunmehr angefochten Bescheid (Entziehungsdauer gerechnet ab Bescheidzustellung am 23. Jänner 2008).

Zur Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG zu berücksichtigen, dass dem Bw zum einen bereits vom 1. August 2006 bis 1. Februar 2007, dh für sechs Monate die Lenkberechtigung im Grunde des § 7 Abs.3 Z9 FSG entzogen worden war, wobei vom Bw nunmehr am 21. Jänner 2007, also innerhalb der Entziehungszeit, eine neuerliche bestimmte Tat­sache durch Begehung zweier weiterer Körperverletzungsdelikte gemäß § 83 StGB gesetzt wurde, die auch aufgrund ihrer auffälligen Aggressivität in die Wertung miteinzubeziehen waren. Im Punkt 1) war jedoch spruchgemäß zu ent­scheiden.

 

Im Hinblick auf die am 19. Jänner 2008 gesetzte bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG ist zu sagen, dass dem Bw wegen Alkohol bereits von 6. Juli 2007 bis 6. August 2007 die Lenkberechtigung entzogen worden war, sodass mit der Mindest­entziehungsdauer von vier Monaten das Auslangen nicht mehr zu finden war. Zu werten ist dabei aber der Wegfall der zunächst von der Erstinstanz berück­sichtigten bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG, zumal der Bw um 19. Jänner 2008, 8.12 Uhr, nach vorläufiger Abnahme des Führerscheins den genannten Pkw nicht selbst gelenkt hat.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen mangelnder Verkehrszu­verlässigkeit stellt nicht primär eine Strafe dar, sondern eine Maß­nahme zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer (vgl VwGH 30.5.2001, 2001/11/0081, mit Hinweis auf 24.8.1999, 99/11/0166).

Der UVS hält die nunmehr reduzierte Entziehungsdauer von (insgesamt) 15 Monaten noch für ausreichend, allerdings im Sinne einer Prognose, wann der Bw seine Verkehrs­zuverlässigkeit wieder erlangt haben wird, im Sinne des VwGH-Erkenntnisses vom 23.10.2001, 2001/11/0295, für gebo­ten und unabding­bar. Im Fall der Be­geh­ung zweier Alkoholdelikte innerhalb eines Zeitraumes von einem halben Jahr ist eine Entziehungsdauer von 12 Monaten nicht als unange­messen hoch anzu­sehen (vgl VwGH 22.1.2002, 2001/11/0401), zumal Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvor­schriften gehören und daher die Ver­werf­lichkeit der Wieder­holung solcher Delikte besonders ins Gewicht fällt. Zusätzlich waren die (ebenfalls wiederholt began­genen) beiden Körperver­letzungs­delikte vom 21. Jänner 2007, die sich durch gegen ihm völlig fremden Personen gerichtete massive und erschreckende Aggressi­vität des Bw unter Alkohol­einfluss "auszeich­nen" und die sogar trotz des Alters des Bw mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Wochen geahndet wurden, mit einer Entziehungsdauer von drei Monaten zusätzlich in die Wertung einzubeziehen, auch wenn seit Tatbegehung nunmehr 20 Monate vergan­gen sind. Die dem Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2005, 2004/11/0081, zugrundeliegen­den Über­legungen treffen hier daher gerade nicht zu.

 

Da maßgebliches Kriterium für die ggst Anordnung eines Lenkverbotes gemäß § 32 FSG bzw der Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führer­schein in Österreich Gebrauch zu machen, die Ver­kehrs­­unzuverlässigkeit ist, war die ausgesprochene Entziehungs­dauer auch darauf zu beziehen.

 

Da die gemäß § 24 Abs.3 FSG vorgesehenen Konsequenzen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 nicht disponibel sind, war auch diesbezüglich spruchgemäß zu entscheiden, wobei auch die Anordnung einer verkehrspsycho­logischen Untersuchung nicht den vom Bw unter Hinweis auf die Judikatur des Salzburger UVS gerügten Zweck verfolgt, sondern im § 23 Abs.4 FSG zwingend vorgesehen ist.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung aus­schließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

In den gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von zweimal 13,20 Euro = 26,40 Euro angefallen.

 

   

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

VwSen-521987: Herabsetzung der Entziehungsdauer 18 -> 15 Monate

VwSen-521955: Aufhebung, weil neuen Entziehung -> Einheitlichkeit des Verfahrens

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum