Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522080/2/Bi/Se

Linz, 22.09.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau M P, Teichweg L, vom 9. September 2008 gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 25. August 2008, VerkR20-1133-2002-Hof, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Aberkennung des Rechtes, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

    Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochten Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 3 FSG die von der BH Rohrbach am 25. März 2004, VerkR20-1133-2002, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung man­gels Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen und gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzüg­liche Ablieferung des Führerscheins bei der BH Rohrbach oder bei der PI Lembach iM angeordnet. Gemäß § 30 Abs.1 iVm 32 Abs.1 Z1 FSG wurde das Recht aber­kannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung, die nicht von einem EWR-Staat ausgestellt wurde, auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, und ausgesprochen, dass eine von einem EWR-Staat ausgestellte Lenkberechtigung für die genannte Ent­zieh­ungs­dauer entzogen werde. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 27. August 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie erhebe gegen das Strafausmaß (gemeint wohl: die Dauer der Entziehung) Berufung. Sie sei strafeinsichtig und recht­mäßig verurteilt, habe jedoch vom Gericht die Chance erhalten, ohne Frei­heits­strafe mit Probezeit und Unterstützung ihrer Bewährungshelferin ihr Leben wieder ordentlich und rechtmäßig zu führen. Sie sei arbeitssuchend und durch das AMS seit 11.8.2008 in einem Projekt für Arbeitssuche und Qualifizierung bei I M Rohrbach. Sie habe ab Mitte September gute Aussichten auf einen fixen Arbeitsplatz in Haslach, auch um ihren Zahlungen (Schulden, Strafen) nachkommen zu können. Den Führerschein habe sie am 9.9.2008 abgegeben. Der Entzug auf sechs Monate stelle eine erhebliche Härte dar, weil ein Erreichen ihres Arbeitsplatzes mit öffentlichen Verkehrsmitteln, speziell im Winter, nicht un­mittel­bar gegeben sei.  Sie ersuche daher um Verminderung auf drei Monate.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ergibt sich, dass die Bw mit (rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Juni 2008, Zl., wegen des Verbrechens des teils versuch­ten, teils vollende­ten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach  den §§ 146, 147 Abs.2, 148 1. Fall, 15 Abs.1 StGB schuldig erkannt und nach dem 1. Straf­satz des § 148 StGB zu einer Freiheits­strafe von sechs Monaten verurteilt wurde, die gemäß § 43 Abs.1 StGB unter Bestimmung einer Probe­zeit von drei Jahren bedingt nach­gesehen wurde. Ihr wird zur Last gelegt,

I. in A und anderen Orten Oberösterreichs teil­weise in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Zweitbe­straften FB, teilweise allein mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, folgende Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ihre Zahlungsfähigkeit und –willigkeit, zu nachbeschrie­benen Handlungen verleitet zu haben, wodurch diese Personen bzw Firmen in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurden, wobei die Bw und FB die Taten in der Absicht begangen haben, sich durch ihre wieder­kehrende Begehung eine fort­laufende Einnahmequelle zu verschaffen, und zwar:

1) am 17.9.2007 KG zur Ausfolgung eines Schweißgerätes im Wert von 1.350 €;

2) am 18.9.2007 KG zur Ausfolgung eines Schweißgerätes samt Zubehör im Wert von 1.689,60 €,;

3) am 20.9.2007 KG zur Ausfolgung eines Schweißgerätes samt Zubehör im Wert von 1.590 €;

4) am 21.9.2007 FW von der Fa.K zur Ausfolgung eines Schweißgerätes und einer Schutzgasflasche im Wert von 1.576,06 €;

5) am 28.9.2007 FE von der Fa.MA GmbH zur Ausfolgung von zwei gefüllten Gasflaschen im Wert von 117,60 €;

6) am 26.9.2007 CE zur Ausfolgung eines Schweißgerätes samt Zubehör und Werkzeug im Wert von 1.555 €;

7) am 27.9.2007 CE zur Ausfolgung einer Motorsäge Marke "Stihl" im Wert von 700 €;

8) am 24.8.2007 EH von der Fa.ECS-T zur Ausfolgung einer Waschmaschine Marke "Siemens" im Wert von 749 €;

9) am 24.8.2007 JP zur Ausfolgung eines Fernsehers Marke "Panasonic" im Wert von 469 €;

10) am 25.8.2007 JP zur Ausfolgung eines Fernsehers Marke "Panasonic" im Wert von 314,40 €;

11) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende September 2007 RT von der Fa.L-M GmbH & Co KG zur Ausfolgung eines Schweißgerätes, wobei es jedoch beim Versuch blieb.

II. allein am 2.10.2007 WR zur Ausfolgung von zwei Stück Motorsägen im Wert von 518 €.

Die Bw wurde zur ungeteilten Hand und allein zur Zahlung von Schadenersatz­beträgen an genannte Privatbeteiligten verurteilt. Bei der Strafzumessung waren mildernd das Geständnis, die Unbescholtenheit, die Einwirkung eines Dritten und die teilweise Schadensgutmachung, erschwerend die mehrfache Überschreitung der 1. Wertgrenze. Bewährungshilfe wurde angeordnet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) an­ge­­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraft­fahr­zeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z10 FSG zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 102, 131, 142, 143 StGB begangen hat.

 

Der Umstand, dass Betrugshandlungen (§§ 146, 147, 148 StGB) nicht in § 7 Abs.3 Z10 FSG dezidiert aufscheinen, ist insofern nicht entscheidend, als nach der Rechtsprechung des VwGH derartige in Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen begangene strafbare Handlungen jedenfalls bei mehrfacher Begehung und hoher Schadenssumme sehr wohl die Verkehrszuverlässigkeit ausschließen können (vgl E 24.4.2001, 99/11/0197: Versicherungsbetrug durch unwahre Unfallberichte; 14.12.1999, 99/11/0124: Nichtbezahlung von Reparaturkosten, betrügerische Autoverkäufe).

Aus der Systematik des § 7 Abs.3 und 4 FSG ergibt sich aber eine vom Gesetz­geber gewollte eingeschränkte Relevanz von Vermögensdelikten für die Beurteil­ung der Verkehrszuverlässigkeit; daher hat der VwGH die Relevanz von Betrugs­delikten ohne besonders engem Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen grundsätz­lich verneint und zwar selbst bei Betrügereien mit einer großen Zahl von Geschä­digten und hohen Schadenssummen. Ein abstrakt möglicher äußerer Zusam­men­hang zwischen der Be­geh­ung von strafbaren Handlungen unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges allein genügt zur Rechtfertigung der Annahme mangelnder Verkehrszuverlässig­keit nicht. Im ggst Fall wurde der Abtransport der Schweiß- und Elektro­geräte durch eine entsprechende Mobilität der Täterin, nämlich durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges, sicher erleichtert, jedoch trifft diese Überlegung auf sämt­liche Betrugs- und Täuschungshandlungen, ja beinahe sämtliche Vermögens­delikte in größerem Ausmaß zu, was letztlich dazu führen würde, dass Vermö­gens­delikte mit einer größeren Zahl von Geschädigten oder einen größeren Scha­dens­­summe schlechthin für die Annahme der Verkehrsunzu­verlässigkeit einer Person von Relevanz wären; das ist aber nach der Judikatur des VwGH gerade nicht der Fall (vgl E 24.4.2001, 99/11/0218: Geld­fäl­schung).

 

Die wenn auch gewerbsmäßig begangenen Betrugshandlungen der Bw stehen in keinem direkten engen Zusammenhang mit der Verwendung eines Kraftfahr­zeuges – allein der Abtransport schwerer Gegenstände mit einem Kraftfahrzeug begründet einen solchen nicht – sodass schon die Annahme des Vorliegens einer bestimmten Tatsache fraglich ist. Abgesehen davon liegt die zuletzt begangen Tat (2.10.2007) innerhalb eines Tatzeitraumes von zweieinhalb Monaten 11 Monate zurück, wurde die Bw von ihrem (damaligen) Lebensgefährten maß­geblich nachteilig beeinflusst und überdies die gesamte Freiheitsstrafe auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, sodass die Bw wohl als verkehrszuverlässig anzusehen ist – was aber nichts daran zu ändern vermag, dass die von ihr zu verantwortenden Handlungen äußerst verwerflich sind.

Aus all diesen Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Betrugshandlungen nicht im engen Zusammenhang mit der Verwendung von KFZ ≠  bestätigte Tatsache -> Aufhebung

 

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