Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281055/26/Kl/RSt

Linz, 29.09.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des A für B, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. November 2007, Ge96-12-2007, wegen Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn Mag. M G, vertreten durch W/K & Partner Rechtsanwälte GmbH, L, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 10. September 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:

 

"Herr Mag. M G hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ der G H G & M GmbH mit dem Sitz in H, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass – wie durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten im Zuge einer Überprüfung festgestellt wurde – am 24.8.2006 auf der Baustelle in G,

A) die im Bau- und Zimmermeisterbetrieb der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer

1. M K und

2. H F

mit Arbeiten auf dem Flachdach des Stiegenhauses zur Herstellung der Folienabdichtung beschäftigt waren wobei von dem Dach (Dachkante oberhalb des Heinganges) Absturzgefahr über eine Höhe von ca. 8 m bestand, die Dachneigung ca. 2° betrug und keinerlei Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen (tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen oder Umwehrungen [Geländer] an den Absturzkanten), Abgrenzungen (stabile Abgrenzungen durch Brustwehren aus Holz, Metallrohr, gespannten Seilen oder Ketten) oder Schutzeinrichtungen (zum Auffangen abstürzender Personen und Materialien wie Fanggerüste oder Auffangnetze, Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden) vorhanden sein müssen;

B) die im Bau- und Zimmermeisterbetrieb der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer

1. M K und

2. H F

als Zugang auf das Dach eine Leiter von der Decke über dem Obergeschoß (Terrasse) benützten, wobei die Leiter auf dem straßenseitigen Teil der Decke aufgestellt war und von der straßenseitigen Deckenkante Absturzgefahr über eine Höhe von ca. 6 m auf die Kellerdecke bestand und keinerlei Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren, obwohl bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen oder Umwehrungen [Geländer] an den Absturzkanten), Abgrenzungen (stabile Abgrenzungen durch Brustwehren aus Holz, Metallrohr, gespannten Seilen oder Ketten) oder Schutzeinrichtungen (zum Auffangen abstürzender Personen und Materialien wie Fanggerüste oder Auffangnetze, Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden) vorhanden sein müssen;

C) die im Bau- und Zimmermeisterbetrieb der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer

1. M K und

2. H F

auf der Decke über dem Obergeschoß Arbeiten verrichteten, wobei sich in dieser Decke die Öffnung für die (noch zu montierende) Stiege mit einem Restquerschnitt von ca. 1 x 2 m befand, durch diese Öffnung Absturzgefahr über eine Höhe von ca. 6 m bis ins Erdgeschoß bzw. bis zur Kellerstiege bestand und diese Öffnung weder tragsicher und unverschiebbar abgedeckt war noch dort sonst geeignete Maßnahmen gegen Absturz getroffen wurden, obwohl bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen oder Umwehrungen [Geländer] an den Absturzkanten), Abgrenzungen (stabile Abgrenzungen durch Brustwehren aus Holz, Metallrohr, gespannten Seilen oder Ketten) oder Schutzeinrichtungen (zum Auffangen abstürzender Personen und Materialien wie Fanggerüste oder Auffangnetze, Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden) vorhanden sein müssen;

D) die im Bau- und Zimmermeisterbetrieb der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer

1. M K,

2. H F,

3. W M und

4. H Z

als Zugang in das Objekt die Terrassentür im Erdgeschoß benützten, wobei von der Terrasse (Decke über dem Kellergeschoß) bei der straßenseitigen Deckenkante oberhalb der Garageneinfahrt Absturzgefahr über eine Höhe von ca. 3 m auf das angrenzende Gelände bestand und in diesem Bereich keinerlei Absturzsicherungen oder Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht waren, obwohl bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen oder Umwehrungen [Geländer] an den Absturzkanten), Abgrenzungen (stabile Abgrenzungen durch Brustwehren aus Holz, Metallrohr, gespannten Seilen oder Ketten) oder Schutzeinrichtungen (zum Auffangen abstürzender Personen und Materialien wie Fanggerüste oder Auffangnetze, Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden) vorhanden sein müssen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu A 1. und 2.: Jeweils § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl Nr. 340/1994 idgF (BauV)

Zu B 1. und 2.: Jeweils § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl Nr. 340/1994 idgF (BauV)

Zu C 1. und 2.: Jeweils § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl Nr. 340/1994 idgF (BauV)

Zu D 1. bis 4.: Jeweils § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl Nr. 340/1994 idgf (BauV)

alle in Verbindung mit § 118 Abs.3 und § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl Nr. 450/1994 idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie jeweils gemäß § 130 Abs.5 Einleitung ASchG

eine Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von:

Zu A 1. und 2.: jeweils 400 Euro

Zu A 1. und 2.: jeweils 18 Stunden

Zu B 1. und 2.: jeweils 300 Euro

Zu B 1. und 2.: jeweils 13 Stunden

Zu C 1. und 2.: jeweils 300 Euro

Zu C 1. und 2.: jeweils 13 Stunden

Zu D 1. bis 4.: jeweils 200 Euro

Zu D 1. bis 4.: jeweils 9 Stunden

 

Weiters haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10 % der verhängten Strafen, das sind insgesamt 280 Euro, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag beläuft sich somit auf 3.080 Euro."

 

 

II. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. November 2007, Ge96-12-2007, wurde von der Fortführung des über Strafantrag des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 28. August 2006 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. März 2007, Ge96-12-2007 eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichenr der G H G und M GmbH mit dem Sitz in H, Herrn Mag. M G, wegen des Verdachtes der Verwaltungsübertretungen nach §§ 87 Abs.2 bzw. 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) in Verbindung mit §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) wegen der im Spruch näher konkretisierten Tatverhalten gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG abgesehen und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

 

Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen gegen Herrn Ing. F G in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft das Strafverfahren eingeleitet und mit Straferkenntnis vom 16.4.2007, Ge96-47-2007, abgeschlossen hat, welches mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 6.11.2007, VwSen-280996/38/Kl/Pe bestätigt wurde. Im Falle der G H G & M GmbH wird die kaufmännische Geschäftsführung von Herrn Mag. M G und die technische Geschäftsführung von Herrn Ing. F G wahrgenommen. Die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen hat der Geschäftsführer Herr Ing. F G zu verantworten, sodass Herr Mag. M G die ihm mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.9.2006 bzw. mit dem Schreiben vom 28.3.2007 angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten Berufung eingebracht und die Aufhebung des Bescheides und Entscheidung im Sinne der Anzeige beantragt. Es wurde festgehalten, dass dem Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten keine Gelegenheit gegeben wurde, zu der seitens der erstinstanzlichen Strafbehörde geplanten Einstellung des Strafverfahrens Stellung zu nehmen. Weiters wurde in der Begründung dargelegt, dass gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist, wer zur Vertretung nach außen berufen ist, wobei gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes alle außenvertretungsbefugten Organe heranzuziehen sind. Sie haften kumulativ. Eine bloße interne Verteilung von Geschäftsaufgaben befreit die Organe nicht von deren verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortung bzw. Haftung. Auf die Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn Ing. F G im Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Ge96-47-2006, sowie des Oö. Verwaltungssenates zu VwSen-280996/38/Kl/Pe, wurde hingewiesen und diese als Bestandteil der Berufung erklärt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

In Wahrung des Parteiengehörs wurde der Beschuldigte am Verfahren beteiligt und brachte dieser in einer Stellungnahme vom 20.12.2007 vor, dass den Beschuldigten auf Basis des festgestellten Sachverhaltes kein persönliches Verschulden an der Nichteinhaltung der in Rede stehenden Vorschriften treffe. Das Verfahren sei nicht deshalb eingestellt worden, weil keine grundsätzliche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten neben seinem Bruder vorliege sondern mangels einem subjektiven Verschulden des Beschuldigten. Im Unternehmen würden regelmäßig intensive sicherheitstechnische Schulungen stattfinden und auch regelmäßig entsprechende Weisungen seitens des Beschuldigten selbst erfolgen. Gerade in sicherheitstechnischen Belangen würden nur überdurchschnittlich erfahrene und verlässliche Mitarbeiter eingesetzt, welche ihrerseits durch den Projektleiter, den Beschuldigten und dessen Bruder persönlich kontrolliert werden. Im gegenständlichen Fall sei für die Überwachung und Kontrolle der Baustelle nach interner Vereinbarung der Bruder des Beschuldigten, Herr Ing. F G, zuständig gewesen, welcher vor dem Einsatz auf der Baustelle die zu treffenden Vorkehrungen mit dem Polier M und dem Projektleiter E durchbesprochen habe. Es seien die Sicherheitsvorkehrungen durchgegangen und seitens des Bruders des Beschuldigten angeordnet worden. Der Bruder des Beschuldigten sei am 22.8.2006 persönlich auf der betreffenden Baustelle gewesen und habe mit dem Polier M die Bergung der beschädigten Teile und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sowie die Punkte laut Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 10.8.2006 nochmals durchbesprochen. Der Beschuldigte sei in laufendem persönlichen bzw. telefonischen Kontakt mit seinem Bruder gestanden und habe sich vergewissern können, dass dieser die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften auf der betreffenden Baustelle wie gewohnt sorgfältig und gewissenhaft kontrollieren werde. Es sei abgesprochen gewesen, dass sein Bruder spätestens am 24.8.2006 neuerlich persönlich auf der Baustelle anwesend sein werde. Auch habe der Beschuldigte gewusst, dass an der betreffenden Baustelle ein äußerst zuverlässiger und erfahrener Polier tätig sei, der darüber hinaus die Anweisung und jederzeit die Möglichkeit hätte, per Telefon über wichtige Fragen oder erforderliche Maßnahmen Rücksprache zu halten. Es seien unvorhersehbare Umstände wie die Terminverschiebung der Gerüstung, die bevorstehende Schlechtwetterlage sowie mangelnde Rücksprache des zuständigen aber sonst äußerst verlässlichen Poliers mit der Firmenleitung eingetroffen und Ursache, dass bei der Inspektion des Arbeitsinspektorates nicht schon allen gesetzlichen Vorschriften entsprochen worden sei. Es werde daher auf das Vorbringen des Bruders Ing. F G im Parallelverfahren der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Ge96-47-2006 bzw. des Unabhängigen Verwaltungssenates zu VwSen-280996/38/Kl verwiesen. Es sei aufgrund der Größe des Betriebes erforderlich, projektbezogen die entsprechenden Aufgaben aufzuteilen und erfolge jedoch eine seit vielen Jahren bestens eingespielte wechselseitige Kontrolle, sodass auch bei gewissenhafter Einschätzung der Situation vor Ort an der Baustelle ein Gesetzesverstoß nicht vorhersehbar war. Es wurde daher beantragt den Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in den erstbehördlichen Verwaltungsstrafakt zu Ge96-12-2007 und zu Ge96-47-2006 (betreffend Ing. F G), die darin befindlichen Fotos und Schriftsätze, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. September 2008, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Es hat das berufende Arbeitsinspektorat, der Beschuldigte und sein Rechtsvertreter daran teilgenommen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen Ing. F G, W M und Markus E geladen und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Am 24.8.2006 wurden auf der Baustelle in G, durch die G H G & M GmbH mit dem Sitz in H, die im Spruch näher konkretisierten Arbeiten durch die namentlich angeführten Arbeitnehmer durchgeführt, wobei die umschriebene Absturzgefahr vorgelegen ist, ohne dass die genannten Arbeitnehmer gegen Absturz gesichert waren.

 

Der Sachverhalt wurde vom Bw weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren bestritten, sondern auf das rechtskräftig durchgeführte Strafverfahren gegen seinen Bruder als handelsrechtlichen Geschäftsführer der G H G & M GmbH zu VwSen-280996/38/Kl/Pe, hingewiesen, welche Entscheidung auch durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. Juni 2008, Zl. 2007/02/0373-5, bestätigt wurde.

 

Aufgrund des Firmenbuchauszuges und der Angaben des Bws steht weiters fest, dass der Berufungswerber ebenfalls handelsrechtlicher Geschäftsführer der G H G & M GmbH ist und dies auch zum Tatzeitpunkt am 24.8.2006 war. Die Geschäftsführung ist unter den beiden handelsrechtlichen Geschäftsführern, nämlich dem Beschuldigten und seinem Bruder, so aufgeteilt, dass der Beschuldigte hauptsächlich für kaufmännische Angelegenheiten zuständig ist, sein Bruder für die technischen Angelegenheiten, also die Produktion und auch die Baustellen. Lediglich jene Häuser, für die der Bw den Verkauf abgeschlossen hat, betreut der Bw und stellt den Kontakt zum Bauherrn her. Hinsichtlich solcher Baustellen hat er auch die Oberaufsicht über die Baustelle. Für alle übrigen Baustellen hat der Bruder die Baustellenoberaufsicht. Lediglich im Fall von Abwesenheiten wie Urlaub oder Krankheit übernimmt der jeweils andere Geschäftsführer auch die Baustellenkoordination und Aufsicht. Die Aufteilung der Baustellen ist im Baustellenplan und Personaleinsatzplan ersichtlich, woraus jeweils der Bauherr, der zuständige Projektleiter und der zur Betreuung zuständige Geschäftsführer hervorgeht. Dieser Personaleinsatzplan liegt sowohl in der Firma als auch auf der Baustelle auf und hat auch der betreffende Polier auf der Baustelle diesen Plan. Konkret auf der Baustelle ist der Polier für die Abläufe zuständig und auch erster Ansprechpartner. Dies war für die konkrete Baustelle der Polier W M. Weiters ist auf jeder Baustelle ein Projektleiter eingesetzt, welcher die Arbeit des Poliers überwacht und die Koordination übernimmt. Hinsichtlich der vom Bw betreuten Baustellen ist der Projektleiter auch Ansprechpartner. Dies war im konkrete Fall der Projektleiter M E. Dieser hat aber zu einem späteren Zeitpunkt von einem Kollegen die Baustelle übernommen und war auch an den Vortagen des Tattages nicht auf der Baustelle. Es war laut Planeinteilung vorgesehen, dass diese Baustelle eine Baustelle des Bruders des Berufungswerbers war und hat der Bruder des Berufungswerbers am 22.8.2006 eine Baustellenbesprechung mit dem Polier durchgeführt. Da am 21.8.2006 auf der Baustelle Aufräumarbeiten durchgeführt wurden, wurde die vorgesehene Gerüstfirma nochmals weggeschickt und sollte diese am 23.8.2006 kommen. Diese verspätete sich und traf erst am Tattag, nämlich den 24.8.2006 ein, wobei bereits mit den im Tatvorwurf umschriebenen Arbeiten begonnen wurde. Die Arbeitnehmer hätten sich nicht anseilen können, da die Gurte am Vortag am Abend zur Kontrolle in die Firma mitgenommen worden sind. Die Anschlagpunkte werden vor Ort vom Polier bestimmt.

 

Der jeweils für die Baustelle zuständige Geschäftsführer kommt öfters auf die Baustelle und kontrolliert die Baustelle. Dies auch hinsichtlich Sicherheitsmaßnahmen. Am 23. und 24.8.2006 vor der Kontrolle war weder jemand von der Geschäftsführung noch der Projektleiter auf der Baustelle.

 

Nach Größe der Baustelle kommt der Bruder des Bws fünf bis sechsmal an der Baustelle vorbei. Sicherheitseinrichtungen werden grundsätzlich nach Baufortschritt von den Projektleitern organisiert und mit dem Polier besprochen. Im gegenständlichen Fall hat der Polier die Sicherheitseinrichtungen bestimmt. Sind keine Gerüste vorhanden und möglich, so besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich bei vorhandenen Balken bei den Fertigteilen anzuhängen, wobei die Anschlagpunkte vom Polier vor Ort bestimmt werden. Im gegenständlichen Fall waren am 24.8.2006 aber Sicherheitsgeschirre nicht auf der Baustelle vorhanden. Die Arbeitnehmer werden grundsätzlich auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen vom Polier und dem Projektleiter sowie auch von der Firmenleitung kontrolliert und bei Nichteinhaltung ermahnt. Eine konkrete Kontrolle zu den angeführten Tagen fand auf der Baustelle nicht statt. Weiters gibt es im Unternehmen auch Schulungen, bei welchen die Projektleiter, die Poliere und die Geschäftsleitung teilnehmen. Auch wird die Arbeitsmedizin- und Sicherheitsfachkraft beigezogen. Für die Durchführung des Gelernten auf der Baustelle ist der Polier verantwortlich. Die Planung für den Gerüsteinsatz erfolgt durch den Projektleiter, im gegenständlichen Fall allerdings war dieser mit der Gerüstung nicht befasst. Sind zwischenzeitig Sicherheitsmaßnahmen notwendig, muss sich der Polier melden. Zum konkreten Zeitpunkt gab es allerdings eine Rücksprache des Poliers mit der Geschäftsleitung oder dem Bauleiter nicht.

 

Der Berufungswerber führt auch im Berufungsverfahren an, zum Feststellungszeitpunkt auf 14-tägigem Urlaub gewesen zu sein, sodass auch in dieser Hinsicht sein Bruder Ing. F G konkret für die Baustelle in dieser Zeit verantwortlich war und abgesprochen war, dass er sich um die Baustelle kümmere. Auch hatte der Bw in der Urlaubswoche mit dem Bruder Kontakt gehabt, wobei kurz geschildert wurde, was ab dem 21.8.2006 geschehen solle, nämlich wegräumen von beschädigten Teilen und in weiterer Folge der Aufbau des Neubaues. Einzelheiten über die Einsätze der Arbeitnehmer, konkrete Arbeiten bzw. konkrete Maßnahmen wurden aber nicht besprochen. Da es sich um eine vom Bruder des Bws betreute Baustelle handelte, vertraute der Bw auf die Fachkompetenz seines Bruders und war auch persönlich nie auf dieser Baustelle. Über Sicherheitsvorkehrungen wurde nicht gesprochen.

 

4.2. Dies ist aufgrund der Aussagen des Bws sowie der einvernommenen Zeugen erwiesen. Diese schilderten die Situation ohne Widersprüche und im Einklang. Es war für jedermann klar, dass die gegenständliche Baustelle von Herrn Ing. F G betreut wird und dieser sich daher auch um die Sicherheitsvorkehrungen und die Aufsicht kümmert. Der Bw war daher nach der internen Aufgabenaufteilung für diese Baustelle nicht zuständig und kam daher auch selbst nie auf diese Baustelle. Dass er über die Baustelle grundsätzlich informiert war, war nur im Zuge des Baufortschrittes der Fall, nicht jedoch hinsichtlich der einzelnen Sicherheitseinrichtungen. Es bestand daher auch seitens der Verantwortlichen der Baustelle kein Kontakt zum Bw.

 

4.3. Mit Schreiben des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 10.8.2006 wurde die G H G & M GmbH auf das Erfordernis der Absicherung bei Absturzgefahr hingewiesen (Punkt 1).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Ein verantwortlicher Beauftragter wurde dem Arbeitsinspektorat nicht namhaft gemacht und wurde vom Bw selbst ausgeführt, dass kein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist, weil dies die Geschäftsführung selber macht. Es hat daher die Verwaltungsübertretung der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer und nach außen vertretungsbefugtes Organ der genannten GesmbH verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Wenn hingegen sich der Bw darauf beruft, dass für die gegenständliche Baustelle sein Bruder als zweiter bestellter handelsrechtlicher Geschäftsführer verantwortlich war und auf das diesbezügliche Strafverfahren verweist, so ist ihm die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach jeden der zur Vertretung nach außen Berufenen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trifft (VwGH vom 14.12.1994, 94/03/0138). Eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung ist irrelevant (VwGH vom 5.9.1977, 97/02/0235, vom 5.9.2002, 98/02/0220, vom 14.9.2001, 2000/02/0281 und vom 8.9.2004, 2002/03/0307). Es ist daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bws grundsätzlich gegeben.

 

5.2. Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV sind bei Absturz­gefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrich­tun­gen (§ 10) anzubringen.

 

Gemäß § 7 Abs.2 BauV liegt Absturzgefahr vor:

 

1. Bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen…, bei Öffnungen, in Geschossdecken, wie Installationsöffnungen oder in Dächern, wie Lichtkuppeln oder Sheddachöffnungen,

 

…4. an sonstigen Arbeitsstätten, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

 

Gemäß § 87 Abs.2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem neunten Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Im Grunde des erwiesenen und vom Bw auch bestätigten Sachverhaltes ist der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen erfüllt und hat der Bw gemäß § 9 Abs.1 VStG die Verwaltungsübertretungen als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G H G & M GmbH zu verantworten. Weil sich die jeweiligen Verwaltungsübertretungen gegen mehrere namentlich genannte Arbeitnehmer richten, war hinsichtlich jedes Arbeitnehmers von einer gesonderten Übertretung gemäß dem in § 22 VStG geregelten Kumulationsprinzip auszugehen.

 

5.3. Der Bw macht mangelndes Verschulden geltend, weil sein Bruder als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Baustelle zuständig ist und die Kontrolle der Baustelle übernommen hat, er selber aber für die kaufmännischen Belange im Unternehmen zuständig ist, er  zum Tatzeitpunkt auf Urlaub gewesen ist und aber informativen Kontakt mit seinem Bruder über die Baustelle gehabt hätte.

 

Diesem Vorbringen ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, dass nicht jedes Vorstandsmitglied darauf vertrauen kann, dass die jeweils anderen Mitglieder ihre sich nach der internen Aufteilung ergebenden Pflichten ordnungsgemäß wahrnehmen. Richtig ist, dass jede der mehreren jeweils zur Vertretung nach außen berufenen physischen Personen die Verantwortung nur insoweit trifft, als ihr ein Verschulden zur Last fällt. Der Bw hätte im Sinn des § 5 Abs.1 VStG ein entsprechendes Vorbringen im Verfahren zu erstatten gehabt, dass ihn an den verfahrensgegenständlichen Übertretungen kein Verschulden trifft (VwGH vom 8.9.2004, 2002/03/0307). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.6.1996, 96/97/097, dargelegt, dass ein Vorstandsmitglied gerade dann, wenn das nach der internen Geschäftsverteilung im Vorstand für die Einhaltung der Vorschriften zuständige Vorstandsmitglied den zum Anlass der Bestrafung genommenen Missstand trotz entsprechender Mahnungen und Erinnerungen durch die zuständige Behörde durch vier Jahre hindurch nicht abstellt, zu einer Kontrolle dieses anderen Vorstandsmitgliedes verpflichtet ist. Der bloße Rückzug auf eine interne Unzuständigkeit ohne jegliches weiteres Vorbringen stellt ein zur Entlastung im Sinn des § 5 Abs.1 VStG untaugliches Argument dar. Insbesondere sprach der VwGH aus, dass Auswahl und Überwachung auch zwischen Ehegatten, die juristisch geschult sind, erforderlich ist (VwGH zB 10.12.1996, 96/04/0154, 0155). Auch hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass durch die Schaffung der Aufsicht durch zwei "Oberbauleiter" oder durch die wöchentliche Bauleiterbesprechung und allfällige Stichproben kein wirksames Kontrollsystem eingerichtet wird.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. "Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmer­schutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war".

Im Sinne dieser Judikatur reicht es daher nicht aus, dass der Bruder des Bws als anderer handelsrechtlicher Geschäftsführer für die gegenständliche Baustelle eingeteilt ist und die Baustellenüberwachung und Kontrolle hinsichtlich der Sicherheitsbestimmungen vornimmt und der Bw als zweiter handelsrechtlicher Geschäftsführer eine Kontrolle dieser Baustelle überhaupt nicht vornimmt. Es reicht auch nicht aus, dass der Bw – im Grunde eines bereits voraus gegangenen Arbeitsunfalles – sich lediglich über den weiteren Verlauf der Baustelle, nämlich das Abtragen der zerstörten Bauteile und den Aufbau des Neubaues generell erkundigt, nicht aber über entsprechende Sicherheitsvorkehrungen bzw. im Hinblick auf den vorausgegangenen Vorfall sogar hinsichtlich Verbesserungen der Sicherheitseinrichtungen bzw. verbesserte und verstärkte Kontrolle dieser Baustelle und der darauf befindlichen Arbeitnehmer. Es geht sowohl aus den Aussagen der Zeugen als auch aus der Aussage des Bws hervor, dass über Sicherheitsvorkehrungen mit dem Bw für die konkrete gegenständliche Baustelle nicht gesprochen wurde und er über diese nicht informiert war. Wenn gleich auch eine arbeitsteilige Vorgangsweise grundsätzlich zulässig ist, hätte aber im Sinne der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der sich einer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entlastende Bw entsprechende Kontrollmaßnahmen gegenüber seinem Bruder als zuständigen handelsrechtlichen Geschäftsführer für die konkrete Baustelle durchführen müssen, nämlich konkret auch hinsichtlich der auszuführenden Sicherheitsmaßnahmen bzw. der weiteren Vorgehensweise auf der Baustelle in sicherheitstechnischer Hinsicht. An diesbezüglichen Kontakten mangelte es. Weiters mangelte es aber auch konkret an der erforderlichen lückenlosen Kontrolle durch den beauftragten Bruder des Bws. Dies hat das bereits durchgeführte und rechtskräftige Strafverfahren gegen den Bruder gezeigt. Es war daher ein lückenloses Kontrollnetz nicht nachgewiesen und daher der Bw von dem ihm treffenden Verschulden gemäß § 5 Abs.1 VStG nicht entlastet. Es muss daher zumindest von Fahrlässigkeit ausgegangen werden.

 

Schließlich ist auch ins Treffen zu führen, dass unmittelbar vor dem Tatzeitpunkt eine Ermahnung und ein Aufforderungsschreiben des Arbeitsinspektorates vom 10.8.2006 hinsichtlich Sicherheitsmaßnahmen für die konkrete Baustelle ergangen ist und diese Aufforderung sowohl vom Bruder des Bws als auch vom Bw ignoriert wurde.

 

Schließlich fehlen Darlegungen von Maßnahmen, wie vorzugehen ist, wenn Arbeiten besser vorangehen als der vorgefertigte Zeitplan bzw. wie vorzugehen ist, wenn die vorgesehene Gerüstung tatsächlich noch nicht auf der Baustelle vorhanden ist bzw. montiert ist. Solche Anordnungen fehlen sowohl hinsichtlich des für die Baustelle zuständigen Geschäftsführers als auch hinsichtlich des Bws. Es war daher auch das Verschulden des Bws gegeben.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Hinsichtlich des Unrechtsgehaltes der Verwaltungsübertretungen ist insbesondere auf die Verletzung des Schutzzweckes der Norm, nämlich die Hintanhaltung der Gefährdung und Beeinträchtigung der Gesundheit der Arbeitnehmer hinzuweisen. Insbesondere war dabei auch die nicht unbeträchtliche Absturzhöhe anzuführen. Als Milderungsgrund kann die Unbescholtenheit gewertet werden. Vormerkungen scheinen nicht auf. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse werden ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro sowie Sorgepflichten für die Gattin und drei Kinder gemäß den Angaben des Bws zugrundegelegt. Weiters sind Firmenanteile als Vermögenswerte zu berücksichtigen. Im Hinblick darauf, dass in erster Linie der Bruder des Bws nach der internen Geschäftsaufteilung und auch der persönlichen Ausbildung grundsätzlich verantwortlich für die Baustelle ist und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse konnte das vom Arbeitsinspektorat beantragte Strafausmaß je Verwaltungsübertretung erheblich herabgesetzt werden und war mit den nunmehr verhängten Geldstrafen vorzugehen. Diese sind aber in Anbetracht der angeführten Verhältnisse nicht überhöht und sollen den Bw dazu bewegen, in Hinkunft auch selbst Maßnahmen zu setzen und eine Kontrolle durchzuführen. Die verhängten Geldstrafen waren aber darüber hinaus aufgrund der teilweise hohen Absturzhöhen und der damit verbundenen besonderen Gefährdung der Arbeitnehmer erforderlich. Die jeweils verhängten Geldstrafen liegen aber im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bzw. in Nähe der vorgesehenen Mindeststrafe. Sie sind tat- und schuldangemessen. Entsprechend waren auch die Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG zu bemessen.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war nicht festzustellen und daher von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht Gebrauch zu machen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, weil das Tatverhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war daher auch nicht von einem Absehen der Strafe gemäß § 21 VStG auszugehen.

 

6. Gemäß § 64 VStG war daher mit dem Schuld- und Strafausspruch auch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 280 Euro, festzusetzen.

 

Weil mit dem Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates ein Straferkenntnis nicht bestätigt wurde, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß §§ 64 und 65 VStG nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Überwachungsverschulden, Arbeitsteilung, Kontrollsystem

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum