Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251785/2/WEI/Ga

Linz, 18.09.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der A K, T, gegen das Strafer­kenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 7. April 2008, Zl. SV 96-2-2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis wurde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben als Dienstgeberin, den nach dem ASVG in der Krankenversicherung Pflichtversicherten Herrn J K, vom 07.01.2008 bis zur Kontrolle am 09.01.2008 um 09:00 Uhr als Z beim Z in R i.I., auf dem E P beschäftigt, ohne ihn vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden."

 

Dadurch habe sie eine Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs 1 iVm § 111 Abs 1 Z 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG (BGBl Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 31/2007) begangen, weshalb sie gemäß § 111 Abs 2 ASVG mit Geldstrafe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 56 Stunden) zu bestrafen gewesen sei.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 11. April 2008 mittels RSb-Brief im Wege der Ersatzzustellung zugegangenen ist, richtet sich die rechtzeitige, von der belangten Behörde am 16. April 2008 niederschriftlich aufgenommene Berufung, welche wie folgt lautet:

 

"Ich erhebe Berufung gegen das Straferkenntnis der BH-Ried i.I. vom 07.04.2008, SV96-2-2008. Als Begründung führe ich an, dass J K am 07., 08. und 09. Jänner 2008 wegen meines Krankenstandes in der T unentgeltlich ausgeholfen hat.

 

Da der Krankenstand länger andauerte, habe ich J K am 09. Jänner 2008 zur Sozialversicherung angemeldet. Er hat dann rund 1 Monat ausgeholfen. Es hat sich in der Zeit vom 7. bis 9. Jänner 2008 um einen Gefälligkeitsdienst meines Schwagers gehandelt.

 

Ich beantrage daher die Einstellung des Verfahrens."

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aus formalrechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Z 1 ASVG idF BGBl I Nr. 31/2007 handelt u.A. ordnungswidrig, wer als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Nach dem § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte und in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 111 Abs 2 Satz 1 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs 1 als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetz 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigem Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind (Satz 2).

 

Nach § 27 Abs 1 VStG ist jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

4.2. Für das gesamte Bundesland Oberösterreich ist "zuständiger Kranken­ver­sicherungsträger" iSd. § 33 Abs. 1 ASVG die Oberösterreichische Gebiets­kran­ken­kasse (im Folgenden: OöGKK) mit örtlichem Sitz in der G in L.

Eine Übertretung dieser Meldepflicht wird daher dadurch begangen, dass die entsprechende Meldung nicht innerhalb der in § 33 Abs 1 ASVG vorgesehenen Zeit bei der OöGKK einlangt.

 

Analog der vom Verwaltungsgerichtshof zur Verletzung der Auskunftspflicht nach dem Kraftfahrgesetz (vgl VwGH v 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156) und nach den Parkgebührengesetzen (vgl VwGH v 15. Mai 2000, Zl. 98/17/0091) oder zur Verletzung der Meldepflicht nach dem Waffengesetz (vgl VwGH v 16. September 1999, Zl. 98/20/0454) oder dem Arbeitsinspektions­gesetz (vgl VwGH v 23. November 2001, Zl. 99/02/0369) entwickelten Rechtsansicht ist als Tatort solcher Ordnungswidrigkeiten der Sitz der Behörde, in deren Sprengel die geschuldete Information zu erbringen war, anzusehen. Dies bedeutet im gegenständlichen Fall, dass zur Verfolgung der der Bwin angelasteten Verwaltungsübertretung der Bürgermeister der Stadt Linz als Bezirksver­waltungsbehörde und nicht der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis örtlich zuständig gewesen wäre.

 

Für Fallkonstellationen wie die vorliegende ist hingegen die Judikatur des Ver­waltungsgerichtshofes, die im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung gebotener Vorsorgehandlungen (zB nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz oder den Ge­fahrgutbeförderungs- und Lebensmittelkennzeichnungsvorschriften) auf den Sitz des Unternehmens abstellt (vgl etwa VwGH v 14. Mai 1990, Zl. 90/19/0018; VwGH v 7. April 1995, Zl. 95/02/0069; VwGH v 20. September 2000, Zl. 2000/03/0071; VwGH v 26. April 2007, Zl. 2006/03/0138; VwGH v. 20. Sep­tem­ber 1999, Zl. 97/10/0011), deshalb nicht einschlägig, weil sich diese Fälle von der gegenständlichen Fallkonstellation essentiell dadurch unterscheiden, dass dort nicht die Erfüllung einer gesetzlichen Ver­pflichtung am Sitz einer Behörde geschuldet wird, sondern die Vorsorgehandlung vielmehr ausschließlich innerhalb (der Gesamtstruktur) des Unternehmens zu erbringen ist (vgl bereits das h. Erk. VwSen-251857/2/Gf/Mu/Ga vom 18.07.2008).

 

4.3. Aus Anlass der gegenständlichen Berufung war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, weil es von einer unzuständigen Behörde erlassen worden ist.

 

Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hatte hingegen im Hinblick auf die insbesondere in den §§ 28 und 29a VStG vorgesehen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten nicht zu erfolgen; vielmehr hat die zuständige Behörde aus eigenem zu beurteilen, ob eine rechtzeitige und taugliche Verfolgungshandlung vorliegt und darauf aufbauend zu entscheiden, ob und in welchem Umfang das Verwaltungsstrafverfahren von dieser fortgeführt wird oder nicht.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bwin weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde, noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Ver­waltungs­senat vorzuschreiben (vgl §§ 64 ff VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Anlage

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

Rechtssatz wie zu VwSen-251857/2/Gf/Mu/Ga vom 18. Juli 2008:

 

§ 33 ASVG, § 111 ASVG

Örtlich zuständig zur Verfolgung einer Übertretung des § 33 ASVG ist – soweit nicht ein Fall des § 28 VStG oder des § 29a VStG vorliegt – ausschließlich der Bürgermeister der Stadt Linz als Bezirksver­waltungsbehörde; analoge Heranziehung der VwGH-Judikatur zur Verletzung der Auskunftspflicht nach dem KFG oder den Parkgebühren­gesetzen bzw. zur Verletzung der Meldepflicht nach dem WaffenG oder dem ArbIG; hingegen keine Übertragbarkeit der VwGH-Judikatur zur Unterlassung gebotener Vorsorgehandlungen (z.B. nach dem ANSchG oder den Gefahrgutbeförderungs- bzw. Lebensmittel­kennzeichnungs­vorschriften), weil dort nicht die Erfüllung einer gesetzlichen oder durch Individualakt auferlegten Pflicht am Sitz einer bestimmten Behörde geboten ist, sondern die Vorsorgehandlung ausschließlich innerhalb (der Gesamtstruktur) des Unternehmens zu erbringen ist.

 

 

 

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