Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163296/6/Sch/OM

Linz, 07.10.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn A D, M, L, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. K H, S, L, vom 16. Mai 2008, gegen die beiden Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land jeweils vom 23. April 2008 ,Zl. VerkR96-43367-2007, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 25. September 2008, zu Recht erkannt:

 

Den Berufungen wird Folge gegeben, die angefochtenen Bescheide werden  behoben.

 

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 Z1 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 23. April 2008, Zl. VerkR96-43367-2007, den Antrag des Herrn A D, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. K H, vom 11. März 2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung dieser Behörde vom 22. November 2007, Zl. VerkR-43367-2007, gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG iVm § 24 VStG abgewiesen.

 

Mit einem weiteren Bescheid gleichen Datums und gleicher Geschäftszahl wurde der gleichzeitig mit dem oben angeführten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebrachte Einspruch gegen die erwähnte Strafverfügung gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

2. Gegen diese Bescheide hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Unbestritten ist, dass dem Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eine mit 22. November 2007 datierte Strafverfügung am 30. November 2007 durch Hinterlegung bei der Postfiliale zugestellt worden ist.

 

Vom Berufungswerber wurde in seinen Eingaben, also im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und in der Berufung, vorgebracht, dass er "vorerst" am 3. Dezember 2007 den Strafbetrag laut Strafverfügung einbezahlt habe, jedoch am 7. Dezember 2007 auch einen Einspruch eingebracht hätte. Dies sei durch Einwerfen der Eingabe in den Briefkasten beim Postamt L erfolgt.

 

Nach der Aktenlage – und aus für den Berufungswerber nicht erklärlichen Gründen – ist dieser Einspruch aber nie bei der Behörde eingelangt.

 

Der Berufungswerber hat, nachdem er durch Nachfrage seines Vaters bei der Behörde im Hinblick auf den weiteren Gang des Verwaltungsstrafverfahrens am 26. Februar 2008 erfahren habe, dass kein Einspruch eingelangt sei, nach rechtsfreundlicher Beratung den erwähnten Wiedereinsetzungsantrag gestellt.

 

Am 25. September 2008 wurde beim Oö. Verwaltungssenat eine Berufungsverhandlung abgeführt, um die näheren Umstände der vermeintlichen oder tatsächlichen Einspruchserhebung zu klären. Hierbei wurde der schon erwähnte Vater des Berufungswerbers, Herr B D, zeugenschaftlich einvernommen. Dieser hat angegeben:

"Zur Vorgeschichte ist zu bemerken, dass ein gewisser E O mit dem Fahrzeug meines Sohnes einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hat. Er war auch bereit, den Schaden am Auto zu ersetzen. Später zeigte er sich allerdings weniger zahlungswillig. In der Zwischenzeit hatte mein Sohn eine Strafverfügung von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erhalten, da er angeblich dem Genannten sein Fahrzeug überlassen hatte, obwohl jener keine Lenkberechtigung besaß. Als wir mitbekamen, dass entgegen seinen Vorankündigungen Herr O nicht zahlungswillig war, erhoben wir einen Einspruch gegen die Strafverfügung. Vorher hatte mein Sohn schon den Strafbetrag einbezahlt gehabt.

 

Über Abfassung des Einspruches selbst ist zu sagen, dass wir, mein Sohn und ich, an einem Freitag Nachmittag über den Einspruch berieten. Mein Sohn wollte vorerst, dass ich die Eingabe schreibe, letztlich hat er es aber selber gemacht. Ich riet ihm, ein Schriftstück zu verfassen, aus dem hervorgeht, dass ein Einspruch gegen den nach Zahl und Datum bestimmten Bescheid, also die Strafverfügung erhoben wird. Ich habe gesehen, wie mein Sohn die erwähnte Eingabe geschrieben hat. Er hat dann das Schreiben in ein weißes Kuvert eingepackt, die Adresse der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land darauf geschrieben und verlangte von mir noch eine Briefmarke. Ich hatte aber keine, mein Sohn hatte aber eine Briefmarke. Soviel ich mich erinnern kann, klebte er eine 75 Cent Briefmarke auf das Kuvert. Mein Sohn hatte mehrere Briefmarken zu Hause, da er sich für eine Lehrstelle bei mehreren Firmen beworben hatte.

 

Wir haben einen Briefkasten in der Nähe von unserem S. Wir konnten aber zu diesem Briefkasten nicht kommen, da Umbauarbeiten waren und der Zugang nicht möglich war. Wir fuhren dann mit dem Auto zum Postamt D. Mein Sohn stieg dort aus und warf den Brief in den beim Postamt befindlichen gelben Briefkasten. Ich wollte in der Folge noch Einkaufen gehen, mein Sohn war aber mit Freunden verabredet. Somit trennten sich dort unsere Wege. Ich habe jedenfalls gesehen, wie mein Sohn den erwähnten Brief in den Briefkasten warf.

 

Mein Sohn hat den Strafbetrag am 3. Dezember 2007 einbezahlt. Der Einwurf des Einspruches in den Postkasten war in der selben Woche wie die Bezahlung des Strafbetrages, nämlich am Freitag dieser Woche, das war der 7. Dezember 2007. In zeitlicher Hinsicht kann ich das Einwerfen des Einspruches in den Briefkasten noch etwas konkretisieren. Nach meiner Erinnerung dürfte es etwa gegen 03.00 Uhr Nachmittag des erwähnten Tages gewesen sein.

 

In der Folge vergingen etwa zwei Monate, als eine Schadenersatzforderung seitens der U Versicherung an meinen Sohn einlangte. Dieser sollte für den von O beschädigten Gartenzaun aufkommen. Die Summe belief sich auf 10.000 Euro. Dies habe ich zum Anlass genommen, bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land telefonisch nach dem Stand des Verwaltungsstrafverfahren nachzufragen. Mir wurde von der Bearbeiterin gesagt, dass die Sache schon abgeschlossen sei."

 

Damit hat der Zeuge die Angaben des Berufungswerbers über die Abfassung und Einbringung eines Einspruches innerhalb der Rechtsmittelfrist gestützt. Wenngleich die Berufungsbehörde nicht verkennt, dass diese Angaben einen etwas konstruierten Eindruck hinterlassen, kann damit nicht eine unter Wahrheitspflicht gemachte Zeugenaussage gänzlich entkräftet werden.

 

Ausgehend von der sich dadurch darliegenden Sachlage erfolgte (wohl) eine rechtzeitige Einspruchserhebung, das Schriftstück ist allerdings nicht bei der Behörde eingelangt. Als der Berufungswerber von diesem Umstand durch die Nachfrage seines Vaters bei der Behörde am 26. Februar 2008 erfuhr, wurde am 11. März 2008 (Frankierstempel auf dem entsprechenden Briefumschlag) die Einbringung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, also innerhalb der dafür vorgesehenen Frist des § 71 Abs.2 AVG, veranlasst.

 

Auf diesen Sachverhalt ist die nachstehende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes anwendbar. Dieser hat in einem gleichgelagerten Fall im Erkenntnis vom 23. September 2000, Zl. 99/02/0356, ausgesprochen:

"Der – offenbar nicht eingeschrieben – zur Post gegebene Einspruch ist bei der erstinstanzlichen Behörde nicht eingelangt. Diesen Umstand hat der Beschwerdeführer offensichtlich nicht mit einberechnet; sein Eintritt konnte im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs zwischen der BRD und Österreich auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden. Im Sinne der von der Rechtsprechung des VwGH entwickelnden Grundsätze (vgl. Erkenntnis vom 26.05.1999, 99/03/0078, mit weiteren Nachweisen) liegt daher ein unvorhergesehenes Ereignis vor. Dass der Beschwerdeführer den Einspruch nicht eingeschrieben zur Post gegeben hat, kann ihm nicht als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden angerechnet werden, weil er auch ohne diese besondere Form der Postaufgabe im Postverkehr zwischen der BRD und Österreich mit dem Einlangen des Einspruches bei der erstinstanzlichen Behörde rechnen konnte. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist geeignet, einen Wiedereinsetzungsgrund zu bilden."

 

Wenn also schon vom Verwaltungsgerichtshof der Postverkehr zwischen der BRD und Österreich als zuverlässig angesehen wird, muss dies erst recht für jenen innerhalb Österreichs gelten. Der Berufungswerber konnte weitgehend glaubwürdig darlegen, dass eine Einspruchserhebung erfolgt ist. Es kann im Sinne der o.a. Judikatur die nicht eingeschrieben erfolgte Aufgabe des Poststückes nicht als Verschulden jenseits des minderen Grades des Versehens im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG angerechnet werden kann.

 

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher Folge zu geben.

 

Daraus resultiert, dass das gleichzeitig mit dem Antrag eingebrachte Rechtsmittel des Einspruches gegen die eingangs erwähnte Strafverfügung als rechtzeitig anzusehen ist. Die Strafverfügung ist somit ex lege außer Kraft getreten (vgl. § 49 Abs.2 VStG).

 

Es wird nunmehr von der Erstbehörde zu prüfen sein, ob das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird. Hierbei wird nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, dass der Einspruch der Strafverfügung die einzige Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG gegenüber dem Berufungswerber war. Dem Spruch der Strafverfügung kann nicht entnommen werden, dass der Genannte vorsätzlich gehandelt hat. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss allerdings im Spruch eines Strafbescheides zum Ausdruck kommen, dass sich die "Anstiftung" oder "Beihilfe" in der im § 7 VStG verlangten Schuldform des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezog (VwGH 23.04.1991, 90/04/0276 u.a.).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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