Linz, 14.10.2008
Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in: Zimmer, Rückfragen:
Hermann Bleier, Mag. Dr., Mitglied 3B09, Tel. Kl. 15695
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A K, geb. , L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4.9.2008, Zl. FE-989/2008, nach der am 13.10.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dieser wie folgt lautet:
Ø Der Entzug der Lenkberechtigung wird behoben und die gesundheitliche Eignung festgestellt.
Ø Der Berufungswerber hat alle 3 Monate, erstmalig bis Ende Dezember 2008, sowie bis Ende März und Ende Juni und zuletzt bis Ende September 2009 einen MCV, CD-tect Wert sowie einen Gamma-GT Wert der Führerscheinbehörde unaufgefordert vorzulegen.
Rechtsgrundlagen:
§§ 66 Abs.4, 67a AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008; §§ 3 Abs.1, 24 Abs.3 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008 iVm §§ 5, 14 Abs.5 FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006;
Entscheidungsgründe:
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht per 17.09.2008 erhobenen Berufung führt der Berufungswerber aus wie folgt:
sorgepflichtig für 2 minderjährige Kinder und meine halbtagserwerbstätige Ehegattin. De facto ernähre ich auch die Tochter meiner Gattin aus deren erster Ehe.
verkündet am 04.09.2008 erhebe ich binnen offener Frist
3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien angesichts der Sachlage geboten (§ 67d Abs.1 AVG).
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt, sowie durch Erörterung der vom Berufungswerber nachgereichten psychiatrischen Stellungnahme des Dr. Albero Auer in Verbindung mit dem Ergänzungsgutachten des Amtsarztes Dr. Geier. Ebenso fand sich dieser Beweisvorlage ein aktueller Harnbefund angeschlossen. Über die Auflagenempfehlung wurde dem Berufungswerber iS der Vereinbarung im Rahmen der Berufungsverhandlung formloses Parteiengehör gewährt. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil.
3.2. Die Befundlage zur gesundheitlichen Eignung steht nun klar fest und widerlegt das bisher negative Eignungskalkül. Aussagekräftig sind insbesondere die seit dem letzten Alkoholereignis die sich normwertig gestaltenden Harnbefunde.
Beim Berufungswerber ist laut fachärztlicher Stellungnahme vom 6.10.2008 glaubhaft keine Entzugsproblematik gegeben. Das vor diesem Entzug liegende Alkoholereignis liegt zwischenzeitig neun Jahre zurück. Zu letzten Trinkereignis ist es nach einem Streit mit der Lebensgefährtin gekommen. Dabei wurde letztlich neben Bier auch Hochprozentiges, nämlich drei bis vier Cola Whisky konsumiert. In diesem Zustand hat der Berufungswerber ein Kraftfahrzeug gelenkt.
Laut fachärztlicher Beurteilung liegt bei ihm bei fehlender Entzugserscheinungen auch keine Alkoholkrankheit vor. Die Alkoholabstinenz vermag er ohne Schwierigkeiten aufrecht erhalten. Diese Annahme wird von den Laborbefunden gestützt.
Die in der VPU ausgesprochene Abstinenzempfehlung in der Dauer von sechs Monaten kann laut Facharzt zwischenzeitig als erfüllt angenommen werden.
Der Facharzt empfiehlt vor dem Hintergrund eines bereits dreimaligen Führerscheinentzuges wegen Alkoholeinflusses zumindest für das nächste halbe Jahr noch eine psychiatrische Betreuung zur Stärkung des Alkoholproblembewusstseins, sowie die Vorlage von laborchemischen Untersuchungen für ein weiteres Jahr.
Der Amtsarzt Dr. Geier schließt sich dieser Sichtweise im Ergebnis an und vermeint aber alleine mit der Vorlage einschlägiger Laborbefunde für die Dauer eines Jahres, nämlich des MCV, CD-tect Wert sowie des Gamma-GT-Wertes, das Auslangen finden zu können und bei negativen Verlauf die Lenkberechtigung wieder uneingeschränkt zu belassen.
Auch der Berufungswerber überzeuge anlässlich der Berufungsverhandlung dahingehend, dass er sich der Problematik des damaligen Alkoholkonsums sehr nachdrücklich bewusst ist. Er beteuerte insbesondere den letzten Vorfall und begründete diesen mit seiner damaligen persönlichen Ausnahmesituation.
Sohin schließt sich die Berufungsbehörde der sachlich nachvollziehbaren Befundlage aber auch der Auflagenempfehlung des Amtsarztes an. Letztlich hat selbst der Berufungswerber bereits im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärt mit einer solchen Auflage einverstanden zu sein.
4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9)
...
Gesundheitliche Eignung:
§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.
(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist – so wie hier - das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.
(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:
'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund
1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten 'geeignet' für diese Klassen zu lauten;
2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen
Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten 'bedingt geeignet' für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Bedingungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen,
Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.
..."
Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-
Gesundheitsverordnung - FSG-GV (in der hier anzuwendenden Fassung, BGBl. II Nr. 64/2006) von Bedeutung:
...
Gesundheit
§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:
...
4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:
a) Alkoholabhängigkeit oder
b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
...
Der Abs.5 leg.cit. lautet: Die Lenkberechtigung ist, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z 2)…..
Die aufgrund des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befristungen, Beschränkungen oder Auflagen sind dem Antragsteller von der Behörde zur Kenntnis zu bringen.
...
FSG-GV: Alkohol, Sucht- und Arzneimittel
§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen……
4.1. Letztlich war daher in diesem Verfahren vor dem Hintergrund der sachverständig objektivierten Sachlage die Entscheidung auf den Inhalt der psychiatrischen Stellungnahme und das diesbezüglich ergänzte amtsärztliche Gutachten zu stützen gewesen. Sohin sind die gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen im Sinne der gesetzlichen Vorgaben zu bejahen.
Der Entzug war daher zu beheben und dem Berufungswerber ist der Führerschein unverzüglich auszufolgen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Dr. B l e i e r