Linz, 09.10.2008
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau S M, geb. , F K S, L gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.09.2008, GZ: 220894-2008 betreffend Lenkberechtigung für die Klasse B – Mehrphasenausbildung – Anordnung der Absolvierung fehlender Stufen und Verlängerung der Probezeit, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und
der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.
Rechtsgrundlage: § 4c Abs.2 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997,
zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die nunmehrige Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 4b, 4c und 4 FSG aufgefordert
– bis zum 16.01.2009 (= Ende der Nachfrist) die 2. Perfektionsfahrt zu absolvieren – mit dieser Anordnung verlängert sich die Probezeit um ein weiteres Jahr, bis 16.05.2011 und
– den Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzugeben und die Ausstellung eines Duplikatführerscheines zu beantragen (Probezeitverlängerung).
Gegen diesen Bescheid hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 02.10.2008 erhoben.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Der Bw wurde am 16.05.2007 die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt.
Die Bw wäre daher gemäß § 4b Abs.1 FSG verpflichtet gewesen, bis zum 16.05.2008
– eine Perfektionsfahrt
– ein Fahrsicherheitstraining und
– eine weitere Perfektionsfahrt
zu absolvieren.
Unbestrittene Tatsache ist, dass die Bw bislang die erste Perfektionsfahrt und das Fahrsicherheitstraining, nicht jedoch die zweite Perfektionsfahrt absolviert hat.
§ 4c Abs.2 FSG lautet auszugsweise:
"Werden eine oder mehrere der im § 4b (FSG) genannten Stufen nicht innerhalb von zwölf Monaten nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, ist der Führerscheinbesitzer zwölf Monate nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen.
In diesem Schreiben ist auch auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird.
Werden die fehlenden Stufen nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufen anzuordnen.
Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufen verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 4 Abs.3 zweiter bis vierter Satz (FSG)."
Gemäß § 4c Abs.2 erster bis dritter Satz FSG ist daher für die Behörde folgende Vorgangsweise – rechtlich zwingend – vorgeschrieben:
– zuerst ein Schreiben an den Betreffenden mit der Aufforderung, die fehlende(n) Stufe(n) der Mehrphasenausbildung innerhalb von vier Monaten zu absolvieren
(= "Aufforderungsschreiben") und
– (erst bei Nichtbefolgen dieses Schreibens) einen Bescheid zu erlassen, mit der Aufforderung, die fehlende(n) Stufe(n) der Mehrphasenausbildung zu absolvieren
(= Aufforderungsbescheid").
Ein – vorangegangenes – "Aufforderungsschreiben" ist Grundvoraussetzung für die Erlassung eines "Aufforderungsbescheides"!
Im erstinstanzlichen Verfahrensakt ist ein derartiges "Aufforderungsschreiben" nicht enthalten – somit fehlt diese Grundvoraussetzung für die Erlassung eines "Aufforderungsbescheides"!
Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.
Mag. Josef Kofler
Beschlagwortung:
§ 4c Abs.2 FSG – "Aufforderungsschreiben"