Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550432/4/Kü/Rd/Ba

Linz, 11.11.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der B. B A GmbH,  vertreten durch Rechtsanwälte D. B, M, O, L, L,  vom 5. November 2008 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der A K d S L GmbH betreffend die Lieferung von  "15 Hämodialysegeräte für die I", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin A K der S L GmbH die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  5. Jänner 2009, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 5.11.2008  hat die B. B A GesmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 1.200 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin am 21.8.2008 die Ausschreibung für die Lieferung von 15 Hämodialysegeräte für die A I 2 bekannt gegeben habe. Der Zuschlag erfolge nach dem Bestbieterprinzip. Die Zuschlagskriterien beinhalten den Preis + Folgekosten (Investrechnung) mit einer Gewichtung von 50 %, die technischen Leistungsmerkmale (lt. Leistungsverzeichnis) mit einer Gewichtung von 20% und die Anwenderbeurteilung (Juryentscheid) mit einer Gewichtung von 30%. Sonstige Zuschlagskriterien gebe es nicht. Die Ermittlung des Bestbieters erfolge in drei Teilen, und zwar

a) Preis mit Folgekosten: Dabei werden neben dem Einstandspreis alle kalkulierbaren Folgekosten für 7 Jahre berücksichtigt (Wartungsaufwand, Softwareupdate, Filter, Akku, Verschleißteile udgl). Zwingend vorgeschriebene oder empfohlene Einmalartikel werden ebenfalls für 7 Jahre – 100% Auslastung eingerechnet.

b) Die technischen Merkmale werden aus dem vom Bieter ausgefüllten Leistungsverzeichnis entnommen. Die unbedingt geforderten Leistungen (*) sind verpflichtend und führen bei Nichterfüllung zum Ausschluss. Die anderen Merkmale aller Anbieter werden gegenübergestellt und auf Erfüllungsgrad geprüft. Die technischen Daten werden mitbeurteilt.

c) Die Anwenderbeurteilung erfolge mit einem Fragebogen und einem Punktesystem durch qualifizierte Mitarbeiter der A I, D.

Der beste Bieter jeder Kategorie werde auf 100% gesetzt, die anderen erhalten entsprechend weniger. Die drei Kriterien gehen mit ihrer Gewichtung in die Bewertungsmatrix ein.

 

Von der Antragstellerin wurde am 11.9.2008 rechtzeitig ein Angebot gelegt. Am 15.9.2008 habe die Angebotseröffnung stattgefunden und wurden dabei folgende Angebote verlesen:

Antragstellerin: 173.000 Euro

G H A GmbH 195.000 Euro

Firma F 224.550 Euro

Firma I 178.800 Euro

 

Am 29.10.2008 teilte die Auftraggeberin mit, dass beabsichtigt sei, der G H A GmbH mit einer Vergabesumme von 195.000 Euro, den Zuschlag erteilen zu wollen. Als Gründe für die Nichtberücksichtigung wurden die schlechtere technische Bewertung und Anwenderbeurteilung angeführt. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 6.11.2008 festgelegt.

 

Zu ihrem Interesse am Vertragsabschluss bringt die Antragstellerin vor, dass fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt worden sei, welches nach Angebotsöffnung in Bezug auf den Preis das beste Angebot und weit vor dem Bestbieterangebot zu reihen gewesen sei. Weiters würde bei nicht Erteilung des Zuschlags der Antragstellerin ein Schaden von ca. 34.600 Euro (entgangener Gewinn von ca. 20%) sowie ca. 2.000 Euro für frustrierte Kosten für die Angebotslegung und ca. 2.000 Euro für die anwaltliche Beratung drohen. Weiters drohe der Verlust eines Referenzprojekts.

 

Die Antragstellerin erachte sich durch die angefochtene Entscheidung in ihrem Recht,

-        dass eine Ausschreibung zu widerrufen ist, wenn aufgrund der   Zuschlagskriterien eine objektiv nachvollziehbare und den Grundsätzen     eines fairen Wettbewerbs, der Transparents und der Gleichbehandlung      aller Bieter entsprechende Bestbieterermittlung nicht möglich ist;

-        auf Widerruf der Ausschreibung, wenn ein zwingender Widerrufsgrund          vorliegt;

-        auf Verankerung objektiver, nicht-diskriminierender Zuschlagskriterien in      der Ausschreibung (§ 80 Abs.3 BVergG 2006);

-        auf Durchführung des Vergabeverfahrens gemäß den Bestimmungen des     BVergG 2006 sowie des Oö. VergRSG;

-        auf Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin

verletzt.

 

Die Antragstellerin benennt, dass zwei der drei Zuschlagskriterien, und zwar die technischen Leistungsmerkmale und die Anwenderbeurteilung so abgefasst seien, dass eine objektiv nachvollziehbare Bestbieterermittlung von vornherein nicht möglich gewesen sei, dass gegen wesentliche Bestimmungen des BVergG, und zwar § 131 sowie § 19 Abs.1 BVergG verstoßen worden sei und dass selbst bei Zugrundelegung der Zuschlagskriterien die erfolgte Bewertung der Angebote nicht nachvollziehbar und unrichtig sei, und der Zuschlag der Antragstellerin erteilt hätten werden müssen, als Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt.

 

Hinsichtlich der Intransparenz der Zuschlagskriterien "technische Leistungsmerkmale" bzw "Anwenderbeurteilung" führt die Antragstellerin näher aus, dass eine mangelhafte Umschreibung von Zuschlagskriterien im Rahmen der Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung grundsätzlich nicht mehr als Mangel der Ausschreibung aufgegriffen werden könne. Ebenso wenig könne der Auftraggeber wegen solcher Mängel verpflichtet sein, die Ausschreibung zu widerrufen. Die gesondert anfechtbare Zuschlagsentscheidung könne aber fehlerhaft sein, wenn selbst im Nachhinein eine objektiv nachvollziehbare und plausible Bestbieterermittlung nicht möglich war, wobei eine unklare Formulierung von Zuschlagskriterien im Zweifel gemäß § 915 Fall 2 ABGB stets zum Nachteil des Auftraggebers auszulegen ist (R. Madl/Hauck in Heid/Preslmayr, Handbuchvergaberecht, 2. Auflage). Ergebe sich daher im Zuge der Nachprüfung, dass aufgrund der Ausschreibungsbedingungen eine nachvollziehbare Ermittlung des Zuschlagsempfängers nicht möglich war, sei die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären (Verweis auf Entscheidungen des VKS Wien ua).

Die festgelegten Zuschlagskriterien werden in der gegenständlichen Ausschreibung im Verhältnis zueinander gewichtet, also

(i)                            "Preis und Folgekosten (Investrechnung)" Gewichtung 50 %

(ii)                          "technische Leistungsmerkmale (lt. Leistungsverzeichnis)" Gewichtung 20% (richtig: 30%)

(iii)                         "Anwenderbeurteilung (Juryentscheid)" Gewichtung 20%

 

Sowohl das Zuschlagskriterium gemäß lit (ii) als auch jenes gemäß lit (iii) würden eine objektive und transparente Bestbieterermittlung aus folgenden Erwägungen nicht zu lassen:

Unter Pkt. 7 lit.b der Ausschreibungsunterlagen wurde ausgeführt, dass die Angaben der Bieter im Leistungsverzeichnis Grundlage für diesen Teil der Bewertung ausschlaggebend sind. Dabei sind die unbedingt geforderten Leistungen mit einem "*" versehen und führen bei Nichterfüllung zum Ausschluss. Alle anderen Merkmale aller Anbieter werden "gegenübergestellt und auf Erfüllungsgrad geprüft". Technische Daten werden "mitbeurteilt". Ein Blick in das Leistungsverzeichnis zeige, dass auch in Bezug auf die nicht unbedingt geforderten Eigenschaften des angebotenen Produktes deren Vorhandensein teils durch Ankreuzen zu bejahen (oder durch Freilassen zu verneinen) ist; teils sind aber auch vorhandene Lückentexte auszufüllen.

 

Der Ausschreibung fehle aber an jeglicher Vorgabe, welchen Einfluss das Vorhandensein/Nicht-Vorhandensein der einzelnen, nicht mit einem "*" und daher nicht unbedingt erforderlichen Merkmale auf die Bewertung des Angebots im Rahmen dieses Zuschlagskriteriums habe. Es sei daher für die Bieter aus Pkt.7 lit.b der Ausschreibung zum Zuschlagskriterium "technische Leistungsmerkmale" gar nicht erkennbar, inwieweit eine weniger gute Erfüllung eines Merkmals durch eine bessere Erfüllung eines anderen Merkmals ausgewogen bzw ausgeglichen werden könne. Letztlich lasse sich auch gar nicht ableiten, sondern allenfalls vermuten, welche der angefragten Produkteigenschaften überhaupt für die Bewertung eine Rolle spielen (und bejahendenfalls in welchem Ausmaß) und welche nicht.

Auch bleibe die Bedeutung des "Erfüllungsgrads" unklar. Die Auftraggeberin habe keinerlei Angaben dazu gemacht, nach welchen Maßstäben dieser Erfüllungsgrad zu messen sei und was seine Erfüllung/Nicht-Erfüllung bzw teilweise Erfüllung für die Bewertung bedeute. Weiters sei die angekündigte "Mitbeurteilung" technischer Daten nicht nachvollziehbar und sei der Einfluss dieser Mitbeurteilung auf die Bewertung im Rahmen des Zuschlagskriteriums "technische Leistungsmerkmale" nicht definiert. Der Ausschreibung fehle sohin eine grundlegende Bewertungsmatrix, welche die Bedeutung einer bestmöglichen oder weniger guten Erfüllung der Merkmale laut Leistungsverzeichnis für die Bewertung in dem erforderlichen Mindestausmaß näher spezifiziert, sodass klar erkennbar ist, welche Eigenschaften bzw Merkmale der einzelnen Angebote welche Auswirkungen auf die Bewertung der Angebote in Bezug auf das Kriterium "technische Leistungsmerkmale" haben.

 

Zum Zuschlagskriterium "Anwenderbeurteilung" wurde vorgebracht, dass weder der Fragebogen noch das erwähnte Punktesystem (Teile der Ausschreibung) den Bietern übermittelt worden sind. Durch die Nicht-Bekanntgabe des von der Auftraggeberin gewählten Punktesystems der Anwenderbeurteilung werde gegen den Grundsatz der Transparenz des Verfahrens verstoßen. Die in Pkt. 7 lit.c der Ausschreibungsunterlage angeführten Angaben zur Bewertung der "Anwenderbeurteilung" lassen somit nicht erkennen, nach welchen Kriterien und Maßstäben die Auftraggeberin die Punkte für die Bewertung des Zuschlagskriteriums "Anwenderbeurteilung" verteilt habe (bzw vor zum Zeitpunkt der Ausschreibung verteilen wollte), da die Ausschreibung das dort angeführte Punktesystem und den Fragebogen für die Anwenderbeurteilung nicht enthalten habe.

Auf Seite 13 der Ausschreibungsunterlage werde die Bewertungsmatrix beispielhaft erklärt, daraus lasse sich aber nicht erkennen, nach welchen Kriterien bzw welchem Bewertungsschema die Angebote bezüglich der Zuschlagskriterien "Anwenderbeurteilung" und "technische Leistungsmerkmale" bewertet werden. Eingangs sei nämlich festgehalten worden, dass der beste Bieter jeder Kategorie auf 100 % gesetzt werde, "die anderen erhalten entsprechend weniger".

 

Die Auftraggeberin definiere aber nun nicht näher, was "entsprechend weniger" (Punkte ?) bedeute. Bezüglich des Zuschlagskriteriums "Preis samt Folgekosten" erscheine dies noch nachvollziehbar. Unklar bleibe aber, unter welchen Voraussetzungen ein Bieter im Rahmen der Bewertungen "technische Leistungsmerkmale" bzw "Anwenderbeurteilung", der dort jeweils nicht der Bestbieter ist, wie viele Prozentpunkte erhalte. Es ergebe sich aus der Ausschreibung nicht, nach welchen Kriterien die Auftraggeberin die angekündigte prozentuelle Verteilung (von Punkten?) vornehme. Es sei demnach nicht nur intransparent, wie der jeweilige Bestbieter im Rahmen dieser Zuschlagskriterien ermittelt werde, sondern auch, wie dann in Relation zum Bestbieter die Angebote der anderen Bieter bewertet werden. Daher sei auch die von der Auftraggeberin verwendete Methode, dass der beste Bieter jeder Kategorie auf 100 % gesetzt werde, die anderen entsprechend weniger erhalten, letztendlich nicht transparent, weil nicht nachvollziehbar.

 

Die von der Auftraggeberin gewählte Art der Festlegung einer bloß allgemeinen Gewichtung der vorliegenden Zuschlagskriterien zueinander, überlasse der Auftraggeberin bei der Bewertung der "technischen Leistungsmerkmale" und der "Anwenderbeurteilung" einen nicht weiter überprüfbaren Spielraum. Dadurch werden die Bieter objektiv in unzumutbarer Weise über die Art und Weise der Entscheidungsfindung im Unklaren gelassen, wodurch das Gebot einer nachvollziehbaren Ermittelbarkeit des Bestbieters verletzt werde. Auch die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung beinhalte hiezu nichts Konkretes. Warum und inwiefern das Angebot der Antragstellerin, das preislich mit einem Gesamtpreis von 173.000 Euro weit unter jenem des vermeintlichen Bestbieters liege, insgesamt schlechter beurteilt worden sei, als jenes des vermeintlichen Bestbieters, könne aus diesem Schreiben nicht abgeleitet werden.

 

Zusammenfassend könne gesagt werden, dass die Ausschreibung zwar drei Zuschlagskriterien enthalte, die auch im Verhältnis zueinander gewichtet werden.  Auch werde eine beispielhafte Bewertungsmatrix angeführt. Der dadurch hervorgerufene erste Anschein der Festlegung transparenter Zuschlagskriterien sei aber nur ein scheinbarer: Im Rahmen der Bewertung der Angebote in Bezug auf die Zuschlagskriterien "technische Leistungsmerkmale" und "Anwenderbeurteilung" stelle die Ausschreibung auf (Sub-)Kriterien ab, die in der Ausschreibung nicht angeführt worden sind. Für die Bieter sei es daher nicht erkennbar, welche Eigenschaften die anzubietenden Geräte aufweisen müssen, um entsprechend positiv oder negativ bewertet zu werden und damit den Zuschlag zu erhalten.

 

Es sei daher eine objektive und plausible Bestbieterermittlung auf Basis der in den Ausschreibungsbedingungen verankerten Zuschlagskriterien unmöglich, weshalb die Bekämpfung der Zuschlagskriterien (im Rahmen der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung) auch noch nicht präkludiert sei. Die Ausschreibung wäre daher von der Auftraggeberin zwingend zu widerrufen gewesen.

 

Zu der Nicht-Mitteilung der Gründe für die Zuschlagsentscheidung verweist die Antragstellerin zunächst auf die Bestimmung des § 131 Satz 4 BVergG und die dazu ergangene Judikatur und führt weiters aus, dass es sich bei der von der Auftraggeberin gewählten Formulierung der Begründung der gegenständlichen Zuschlagsentscheidung um keine inhaltliche Begründung handelt, weil es sich schon aus der Natur der Sache ergebe, dass der unterlegene Bieter nicht das beste Angebot gelegt habe. Der Antragstellerin seien nach wie vor die inhaltlichen Gründe für die Ablehnung ihres Angebots nicht bekannt. Warum und inwiefern das Angebot der Antragstellerin, das preislich mit einem Gesamtpreis von 173.000 Euro weit unter dem Angebot des vermeintlichen Bestbieters liegt, bezüglich der anderen Zuschlagskriterien "technische Leistungsmerkmale" und "Anwenderbeurteilung" und in weiterer Folge auch insgesamt schlechter beurteilt worden sei, als jenes des vermeintlichen Bestbieters, lasse sich diesem Schreiben entgegen § 131 BVergG jedoch nicht entnehmen. Auch sei die Bewertung des Kriteriums "Preis und Folgekosten"  nie bekannt gegeben worden, obwohl im Zuge der Angebotsöffnung nur die Preise, nicht aber diese für die Bewertung ebenso maßgeblichen Folgekosten, wie unter Pkt.7 lit.a der Ausschreibungsunterlage beschrieben, mitgeteilt worden sei. Dieser evidente Verstoß gegen die bedeutsame Mitteilungspflicht gemäß § 131 Satz 4 BVergG sei zwar nicht mit absoluter Nichtigkeit sanktioniert. Der Mitteilungspflicht komme für den Bieter allerdings zentrale Bedeutung zu, weil nur bei gesetzeskonformer Bekanntgabe der Gründe für die Zuschlagsentscheidung die Chance und Risken eines Nachprüfungsverfahrens abgeschätzt werden könne. Es könne nicht rechtens sein, wenn ein öffentlicher Auftraggeber die Transparenz eines Vergabeverfahrens und damit die Einschätzung von dessen gesetzeskonformer Durchführung durch die Bieter durch ein Verschweigen wesentlicher Merkmale des erfolgreichen Angebots verhindere. Wenn die verpflichtende, gleichzeitige Mitteilung der Tatsachen gemäß § 131 Satz 4 BVergG einen Sinn haben soll, so sei ein Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht als schwerwiegender Verstoß gegen das BVergG zu qualifizieren, der daher zur (relativen) Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung führen müsse.

 

Im Übrigen sei den Bietern auch niemals mitgeteilt worden, aus wie vielen Personen sich die Jury tatsächlich zusammensetze und wer dieser Jury tatsächlich angehöre.

 

Für den Fall, der Oö. Verwaltungssenat gelange (wider Erwarten) entgegen den Ausführungen unter Punkt I.7. lit.a und lit.b dieses Antrags zum Ergebnis, dass sich eine Zuschlagsentscheidung anhand der (unbeeinsprucht gebliebenen) Kriterien logisch nachvollziehen und sachlich rechtfertigen lasse, so bringe die Antragstellerin vor, dass sie das beste Angebot gelegt und die Zuschlagsentscheidung unrichtig sei.

 

Das von der G H A GmbH angebotene Gerät sei der Auftraggeberin nicht zur Probestellung zur Verfügung gestellt worden. Eine Anwenderbeurteilung, wie sie in der Ausschreibung als eines der Zuschlagskriterien angeführt worden sei, könne aber nur nach entsprechender Einweisung der Mitarbeiter und Erprobung des Geräts in der Praxis vorgenommen werden. Dabei werden praktisch wichtige Eigenschaften des Geräts, (zB Bedienungsfreundlichkeit, Lesbarkeit der Bildschirmanzeigen, Bedienbarkeit der Knöpfe oder Touchscreen, Logik der Bedienungsabläufe oder Schnelligkeit des Geräts), beurteilt. Dies sei ohne Testen des Geräts in der Praxis nicht möglich.

 

Die Auftraggeberin hätte daher dem Angebot der Antragstellerin in Bezug auf das Zuschlagskriterium "Anwenderbeurteilung" die beste Bewertung geben müssen. Eine bessere Bewertung eines Produkts, das die die Bewertung vornehmenden Anwender gar nicht bzw nicht im erforderlichen Ausmaß testen konnten, als die Bewertung in der tagelangen Anwendung beim Patienten eingesetzter Geräte, wie das Gerät der Antragstellerin, sei nicht möglich und bedinge eine diskriminierende Bewertung der unterschiedlich erprobten Geräte.

 

Da das Angebot der Antragstellerin aber beim Zuschlagskriterium "Preis und Folgekosten", welches mit 50 % gewichtet wurde, offenbar das beste Angebot gelegt habe, hätte die Auftraggeberin der Antragstellerin den Zuschlag erteilen müssen.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen im Hauptantrag und führt weiters aus, dass die Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen müsse. Würde die einstweilige Verfügung nämlich nicht erlassen werden, könne die Auftraggeberin der Firma G H A GmbH den Zuschlag erteilen und könnten die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten des Vergabeverfahrens nur mehr durch Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. Des weiteren treffe die Auftraggeberin die Verpflichtung, zeitliche Verzögerung durch ein eventuelles Nachprüfungsverfahren bei der Planung mitzuberücksichtigen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die A K d S L GmbH als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 6.11.2008, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 7.11.2008, führt die Auftraggeberin aus, dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht nur in die wirtschaftlichen Interessen der A L GmbH (wegen erhöhter Reparaturanfälligkeit der bestehenden Hämodialysegeräte etc) sondern auch in Interessen der Öffentlichkeit bzw durchgängige Versorgung der Patienten an der dringlichen Verfügbarkeit mit modernen Hämodialysegeräten zu angemessenen Preisen eingreifen würde. Es würden die Interessen der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung daher jedenfalls gleichwertigen Interessen der Auftraggeberin und ihrer Patienten entgegenstehen.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die A K d S L GmbH steht zu 100% im Eigentum der S L, liegt im Vollziehungsbereich des Landes im Sinn des Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Lieferauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben oder Eigentum nicht aktuell ist bzw kein solcher Mangel an den ausgeschriebenen Produkten bestehen würde, dass eine Beeinträchtigung der medizinischen Versorgung der Patienten des A d S L gegeben sein könnte. Den geltend gemachten rein wirtschaftlichen Nachteilen sind aber öffentliche Interessen an einem rechtskonformen Vergabeverfahren (und allenfalls damit verbundenen Kostenersparnissen) gegenüberzustellen.

 

Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

  

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger 

 

 

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