Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231008/2/SR/Se

Linz, 04.09.2008

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des R L, G,  L, vertreten durch Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P, Mag. H L, Rechtsanwälte in   L, M, vom 30. Juni 2008 gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz, GZ S-30.392/07-2 vom 16. Juni 2008 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­ver­fahrens­gesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 16. Juni 2008, S-30.392/07-2, wurde der Antrag des Berufungswerbers (in der Folge: Bw) vom 22. Jänner 2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß     § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG iVm § 24 VStG als unbegründet abgewiesen. 

 

Begründend führte die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass der Bw keine Gründe vorgebracht habe, die ihn daran gehindert hätten, bis zum 19. November 2007 einen Einspruch zu erheben. Ebenso habe er kein unvorhergesehenes Ereignis angeführt. So habe der Bw bereits im Antrag angeführt, dass ihm bekannt gewesen sei, dass die Frist bei der Hinterlegung von Schriftstücken nicht mit der tatsächlichen Abholung des Schriftstückes bei der Post beginne sondern bereits mit jenem Tag, an dem das Schriftstück zur Abholung bereit liege. Der Bw habe somit kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis glaubhaft gemacht.  

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Rechtsvertreter des Bw am 27. Juni 2008 zu eigenen Handen zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende und rechtzeitige (Fax vom 30. Juni 2008) Berufung.  

 

In der Berufung brachte der Bw vor, dass die "gelbe Benachrichtigung" erst am 9. November 2007 und nicht davor vorzufinden gewesen sei. Als juristischer Laie sei er davon ausgegangen, dass die Abholfrist frühestens am 12. November 2007 zu laufen beginnen konnte. Ausgehend von seinem falschen Rechtsverständnis sei er erst am 21. November 2007 zu seinem Rechtsvertreter gegangen und dieser habe noch an diesem Tag den Einspruch erhoben. Die Unkenntnis von der Rechtslage, dass nämlich die Zustellung schon früher bewirkt worden sein könnte, auch wenn die Hinterlegungsanzeige erst später zugestellt worden ist, beruhe auf einem minderen Grad des Versehens. Bei einem juristischen Laien sei im Bezug auf Rechtskenntnisse über den Zustellvorgang kein strenger Maßstab anzulegen. Jedenfalls liege keine auffallende Sorglosigkeit vor, da er nach dem Vorfinden der Hinterlegungsanzeige ohnehin innerhalb von ein paar Tagen zum Postamt gegangen sei und die Strafverfügung abgeholt habe. Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 2001/20/0425) hätte dem Wiedereinsetzungsantrag stattgeben werden müssen. 

 

2. Mit Schreiben vom 25. Juli 2008 (eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 8. August 2008) legte die Bundespolizeidirektion Linz die Berufung samt Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vor.  

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.  

 

2.1.1. Wie bereits im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenat vom 17. April 2008, VwSen-230996/6/SR/Ri festgestellt, wurde die Strafverfügung der belangten Behörde vom 23. Oktober 2007, S-30.392/07-2 am 5. November 2007 hinterlegt (zur Abholung bereitgehalten wurde) und bereits am 13. November 2007 vom Bw persönlich behoben. Den im Akt befindlichen Rückschein (Vermerke: erster Zustellversuch am 31.10.2007; Ankündigung des zweiten Zustellversuchs – Ablage im Hausbrieffach; zweiter Zustellversuch am 2.11.2007, Hinterlegung beim Zustellpostamt 4018; Beginn der Abholfrist 5.11.2007) hat das Postamt der belangten Behörde unverzüglich übermittelt und dieser langte bereits am 6.11.2007 bei ihr ein.

 

Dem an der Abgabestelle im Hausbrieffach zurückgelassenen Formular  "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes" war deutlich lesbar zu entnehmen, dass der RSa-Brief am 2.11.2007 nicht zugestellt werden konnte, das Schriftstück daher hinterlegt werde und dieses ab dem "5. 11." bei der Postfiliale  L abgeholt werden könne.

 

Auf der Rückseite des angeführten Formulars bestätigte der Bw nach Vorlage seines Reisepasses, dass ihm am 13. November 2007 die dem Verfahren zugrundeliegende Strafverfügung ausgefolgt worden ist. 

 

Ohne auf den Zustellzeitpunkt abzustellen hat der rechtsfreundlich vertretene Bw mittels Fax am 21. November 2007 Einspruch erhoben und diesen als fristgerecht bezeichnet. 

 

Mit Bescheid vom 9. Jänner 2008, S-30.392/07-2, wies die belangte Behörde diesen Einspruch als verspätet zurück. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenat vom 17. April 2008, VwSen-230996/6/SR/Ri als unbegründet abgewiesen.  

 

2.1.2. In der Berufungsbegründung gegen den Zurückweisungsbescheid hatte der Bw noch ausgeführt, dass er die Strafverfügung am Freitag dem 16. November 2007 abgeholt und die Benachrichtigung mit dem gelben Verständigungszettel in der Woche vom 12. bis zum 16. November 2007 erfolgt sei. Es sei daher auszuschließen, dass sich die die Hinterlegung vor dem 12. November 2007 im Postkasten befunden habe. Darauf aufbauend brachte der Bw in der Begründung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor, dass die Abholfrist naturgemäß mit dem Zeitpunkt der Möglichkeit des Abholens des Schriftstückes beim Postamt begonnen haben konnte. Einen anders lautenden Hinweis habe auch die Hinterlegungsanzeige nicht enthalten. Die Versäumung der Frist beruhe daher auf einem unvorhergesehenen bzw. unabwendbaren Ereignis. Sollte diese Rechtsansicht nicht zutreffen, so beruhe seine Unkenntnis der Rechtslage, dass nämlich die Zustellung schon früher bewirkt worden sein könnte, auch wenn ihm die Hinterlegungsanzeige erst später zugestellt werde, auf einem minderen Grad des Versehens.

 

2.1.3. In der Stellungnahme vom 11. April 2008 hielt der Bw seine bisherigen Angaben aufrecht und nahm zur Kenntnis, dass der Postzusteller behauptet hatte, die Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes bereits am 2. November 2007 in das Postfach des Beschuldigten eingelegt zu haben.

 

2.1.4.  Erstmals in der vorliegenden Berufung erachtet der Bw den 9. November 2007 als jenen Tag, an dem die Hinterlegungsanzeige in seinem Postfach hinterlegt worden sein soll und schließt daraus, dass der Einspruch rechtzeitig erfolgt sei. Seine Unkenntnis beruhe auf einem minderen Grad des Versehens und es liege jedenfalls keine auffallende Sorglosigkeit vor.

 

2.2. Die verspätete Einbringung des Einspruches wurde rechtskräftig festgestellt. Das ständig geänderte und teilweise in sich widersprüchliche Vorbringen zeigt auf, dass der Bw auffallend sorglos gehandelt und weder auf die Rechtsmittelbelehrung in der Strafverfügung noch auf die Hinweise in der Hinterlegungsanzeige geachtet hat. Erst bei Vorlage einzelner Beweismittel (Inhalt der Hinterlegungsanzeige, Abholung der Strafverfügung am 13. November 2007) hat der Bw seine Zeitangaben angepasst, den Zustellnachweis, der eine öffentliche Urkunde darstellt, pauschal in Frage gestellt und keinerlei Beweise vorgelegt, die geeignet gewesen wären, berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen.

     

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.  Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

3.2. In der Berufungsbegründung will der Bw glaubhaft machen, dass seine Unkenntnis von der Rechtslage auf einem minderen Grad des Versehens beruhe. Unverständlich und nicht nachvollziehbar ist der Hinweis auf eine „Rechtslage“, die der Bw nicht kannte und nach der „die Zustellung schon früher bewirkt worden sein könnte, auch wenn die Hinterlegungsanzeige erst später zugestellt wird“.

 

Möglicherweise will der Bw mit diesem Vorbringen aufzeigen, dass die Hinterlegungsanzeige nicht am 2. November 2007 im Zuge des zweiten Zustellversuches hinterlegt sondern erst am 9. November 2007 in das Postfach  eingelegt worden sei. Sieht man diese Äußerung im Zusammenhang mit den sonstigen widersprüchlichen und mehrmals angepassten Darstellungen des Bw und stellt sie den vorliegenden eindeutigen Beweisen (ordnungsgemäß ausgefüllte Hinterlegungsanzeige, Zeitpunkt der Rücksendung des Rückscheines an die ausstellende Behörde) gegenüber, ist erkennbar, dass der Bw von seiner mangelnden Aufmerksamkeit ablenken möchte.

 

Im vom Bw zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass der Wiedereinsetzungswerber nicht auffallend sorglos handeln darf. Keinesfalls darf er die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben.

 

Unbestritten hat der Bw von der Hinterlegung durch die Hinterlegungsanzeige Kenntnis erlangt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit (Einsichtnahme in die Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung und in die Hinterlegungsanzeige) musste ihm daher klar sein, dass  die Hinterlegung und nicht die Abholung der Sendung oder ein von ihm willkürlich angenommener Zeitpunkt als Zustellung gilt (vgl. VwGH vom 24. 2.1992, 91/10/0251).

 

Das Gesamtverhalten des Bw zeigt auf, dass er es an der erforderlichen Sorgfalt bei der Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte fehlen ließ und auffallend sorglos gehandelt hat.

 

Da der Bw nicht glaubhaft machen konnte, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehindert war, ist ihm bei der Besorgung seiner Rechtsangelegenheiten ein verschuldeter, auf Sorglosigkeit zurückführender Irrtum zur Last zu legen.     

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

Rechtssatz – intern – kein RIS – kein Umlauf

 

§ 76 Abs. 1 Z. 1 AVG

 

Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos handeln. Keinesfalls darf er die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben.

 

Von der Hinterlegung hat der Bw durch die Hinterlegungsanzeige Kenntnis erlangt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit (Einsichtnahme in die Rechtsmittel-belehrung der Strafverfügung und in die Hinterlegungsanzeige) musste ihm daher klar sein, dass  die Hinterlegung und nicht die Abholung der Sendung (oder ein von ihm willkürlich angenommener Zeitpunkt) als Zustellung gilt (vgl. VwGH vom 24. 2.1992, 91/10/0251).

 

Auffallende Sorglosigkeit rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

 

 

 

 

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