Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100071/5/Fra/Rl

Linz, 06.09.1991

VwSen - 100071/5/Fra/Rl Linz, am 6. September 1991 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Rupert Schütz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P B, L, D, vom 4. Juli 1991, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. Juni 1991, AZ: VU/S/31/91-W, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG Zu II.: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

Zu Spruchteil I.:

1.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 18. Juni 1991, AZ: VU/S/31/91-W, über den Beschuldigten der Übertretungen nach 1.) § 4 Abs.5 StVO und 2.) § 18 Abs.1 StVO gemäß 1.) § 99 Abs.3 lit.b. StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt und 2.) gemäß § 99 Abs.3 lit.a. StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil er es am 19. Dezember 1990 um 10.15 Uhr in L, in HÖhe des Hauses H, als Lenker des PKW 1.) unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) zu unterblieben ist und 2.) er beim Fahren hinter einem Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten hat, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

1.2. Ferner wurde ihm gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 180 S, das sind 10% der Strafe vorgeschrieben.

2. Die Erstbehörde stützt die Schuldsprüche auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz, Verkehrsabteilung, Verkehrsunfallkommando Nietzschestraße 35, vom 24. Dezember 1990 und auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren.

3. In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung beantragt der Beschuldigte die Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens; in eventu die Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde, wobei er im wesentlichen folgende Argumente vorbringt:

Das angefochtene Straferkenntnis entbehre jeglicher Beweiswürdigung, da es in keinem Satz sage, warum nicht seiner Sachverhaltsschilderung gefolgt wurde, wonach er noch cirka 40 bis 50 Minuten in unmittelbarer Nähe des Unfallortes auf seinen Unfallgegner gewartet habe. Als dieser nicht aufgetaucht sei, habe er unverzüglich in die Wege geleitet, ihn auszukundschaften. In diesem Augenblick sei er allerdings von der Polizei zum Wachzimmer beordert worden. Er hätte ohnedies, sollten seine kurzfristigen eigenen Recherchen erfolglos bleiben, die nächste Polizeidienststelle verständigt. Die dienstliche Situation in diesem konkreten Fall - die Zentrale im Taxibetrieb war unbesetzt - rechtfertigte einerseits sein Zuwarten in unmittelbarer Nähe des Unfallortes und rechtfertigte weiters, daß er selbst noch eine Telefonnummer des Unfallgegners gesucht habe. Aus ihm nicht verständlichen Gründen wurde seinen Beweisanträgen nicht Folge geleistet. Frau S und Frau W hätten seine Aussage, daß er noch relativ lange auf den Unfallgegner gewartet habe, bestätigen können. Der angefochtene Bescheid lasse auch nicht erkennen, weshalb von der Einvernahme dieser Zeugenbeweise Abstand genommen wurde. Durch die Nichtabführung dieser beantragten Beweise seien seine Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden. Im übrigen sei er der Meinung, daß die Erstbehörde die Rechtsfrage unrichtig beurteilt habe.

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt, durch zeugenschaftliche Einvernahme des Unfallgegners Mag. N B M und von Frau A W in der am 30. August 1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Weiters wurde in der am 6. September 1991 fortgesetzten Verhandlung der Berufungswerber als Partei einvernommen. Aufgrund dieser Beweisaufnahmen steht für den unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt fest:

4.2. Am 19. Dezember 1990 um 10.15 Uhr lenkte Herr Mag. M N B in Höhe des Hauses H Nummer 4 den PKW mit dem Kennzeichen . Er befand sich in einer Kolonne und fuhr im Schritttempo. Als vor ihm ein PKW in eine freie Parkfläche fuhr, mußte er abbremsen. In diesem Moment fuhr der Beschuldigte als Lenker des PKW's mit dem Kennzeichen auf seinen PKW auf. Beide Lenker stiegen aus den Kraftfahrzeugen aus. Der Beschuldigte holte einen Schadensbericht zur Hand und fragte den Unfallgegner um seinen Namen. Der Unfallgegner gab daraufhin dem Beschuldigten seinen Zulassungsschein. Da sich bereits eine Kolonne bildete, sagte er zu dem Beschuldigten: "Fahren Sie mir nach". Er bog daraufhin in die Landstraße ein, fuhr wieder zurück zur Hafferlstraße und stellte seinen PKW in der Annahme, daß der Beschuldigte wieder zurückkommt, auf einen Behindertenparkplatz, da sonst keine Parkfläche frei war, ab. In diesem Moment kam zufällig ein Polizeiwacheorgan vorbei, dem er den Vorfall schilderte. Dieses Organ gab ihm daraufhin den Rat, den Unfall bei der Bundespolizeidirektion Linz, Nietzschestraße 33, zu melden, was er in der Folge auch tat. Dies war cirka 20 Minuten nach dem Verkehrsunfall. Der Unfallgegner hat sich das Kennzeichen, die Marke und die Farbe des vom Beschuldigten gelenkten PKW's notiert.

Der Beschuldigte stellte seinen PKW in der H kurz vor der Einmündung zur Landstraße in der dort befindlichen Ladezone ab. Er blieb an der genannten Stelle ca. 20 Minuten stehen, ging auch kurz zur L und in der H bis zur Unfallstelle zurück. Als ein LKW einparkte, fuhr er in die Landstraße und parkte dort seinen PKW in Höhe des Vereinshauses. Er übergab dann Frau W einen Fahrgast, wartete noch ca. 10 Minuten und fuhr daraufhin zur Taxi-Zentrale, um die Telefonnummer seines Unfallgegners ausfindig zu machen. In diesem Moment läutete der zweite Telefonapparat. Es meldete sich das Unfallkommando und teilte mit, daß der Unfallgegner den Unfall bereits gemeldet hatte.

Über diesen Sachverhalt hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Unbestritten ist, daß der Identitätsnachweis der Unfallbeteiligten bereits begonnen wurde. Der Wille der Unfallbeteiligten war auch darauf gerichtet, diesen Identitätsnachweis fortzusetzen und abzuschließen. Aufgrund der am Unfallort sich bildenden Umstände (Stau!), vereinbarten die Unfallbeteiligten, wegzufahren und an einem geeigneten Ort den Identitätsnachweis fortzusetzen. Aufgrund widriger Umstände verloren sie sich jedoch dann aus den Augen. Der Unfallgeschädigte schilderte sodann einem zufällig vorbeikommenden Polizeiwacheorgan den Vorfall, wobei ihm dieser den Rat gab, den Unfall bei der Polizeidienststelle zu melden, was dieser in der Folge auch tat. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates kann den Beschuldigten nicht unterstellt werden, die Meldung des Unfalles unnötiger Weise aufgeschoben zu haben. Es ist zu berücksichtigen, daß der Beschuldigte den Zulassungsschein des Unfallgegners bei sich hatte und der Unfallgegner das Kennzeichen, die Marke und Farbe des von ihm gelenkten PKW's notiert hatte. Da dem Beschuldigten laut Anzeige der BPD Linz am 24. September 1990 der Taxilenkerausweis entzogen wurde, ist eher davon auszugehen, daß er den Kontakt zur Polizei vermeiden wollte und der Identitätsnachweis mit dem Unfallgegner jedenfalls erbringen wollte. Hätte der Unfallgegner nicht zufälligerweise das Polizeiwacheorgan getroffen, so wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, daß sich die beiden Unfallbeteiligten wieder getroffen hätten, um sodann den Identitätsnachweis abzuschließen. Da die Unterbrechung des Identitätsaustausches nicht auf das Verhalten des Beschuldigten zurückzuführen, sondern - wie erwähnt - aus verkehrstechnischen Gründen geboten war, war ein Zuwarten auf den Unfallgegner cirka 20-30 Minuten nach dem Unfallszeitpunkt nicht unangemessen lang. Im Gegensatz zur Erstbehörde ist es für den unabhängigen Verwaltungssenat erkennbar, aus welchen nötigen Gründen der Beschuldigte vorerst nicht die Taxifunkzentrale aufgesucht hat, um die Meldung des Unfalles an die Polizeidienststelle zu veranlassen.

5.2. Das vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführte Ermittlungsverfahren hat somit zusammenfassend ergeben, daß der Beschuldigte die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden eingehalten hat. Aus diesem Grunde liegt auch die ihm angelastete Übertretung nach § 18 Abs. 1 StVO 1960 nicht vor, da diesbezüglich die Rechtswohltat des § 99 Abs.6 lit.a. StVO 1960 eintritt.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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