Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-163396/10/Fra/RSt

Linz, 11.11.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn K B, W, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B H, I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20. Juni 2008, VerkR96-860-2008, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. September 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 24,40 Euro (20 % der verhängten Geldstrafen) zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

1. wegen Übertretung des § 23 Abs.6 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden),

2. wegen Übertretung des § 2 Abs.1 Z2 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 36 Stunden (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) und

3. wegen Übertretung des § 2 Abs.1 Z1 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil er

 

am 25.2.2008, 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr in der Gemeinde S am I , Innkreisautobahn A8 bei km 75.400, das Fahrzeug Kennzeichen     , Sattelanhänger, Goldhofer THP/L, orange,

 

1.      ohne Zugfahrzeug auf der Fahrbahn stehengelassen hat, ohne während dessen beladen oder entladen zu haben und auch sonst keine wichtigen Gründe für das Stehenlassen vorlagen,

2.      dieses mehrspurige Fahrzeug in der Kurzparkzone abgestellt hat, ohne dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug am Ende der höchsten zulässigen Parkzeit vom Ort der Abstellung entfernt wurde,

3.      dieses mehrspurige Fahrzeug in der Kurzparkzone abgestellt hat, ohne das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit einer Parkscheibe zu kennzeichnen.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Bw bringt in seinem Rechtsmittel ua. vor, dass er mit einem Großtransport (Abmessungen: 33 X 5, 40 X 4, 45m, 131t) von der Grenze Nickelsdorf (Ungarn/Österreich) zur Grenze Suben unterwegs gewesen sei. Während der notwendig gewordenen Betankung sei er mit der Zugmaschine zur nächstgelegenen Tankstelle gefahren, während der Sattelaufleger auf der gegenständlichen Abstellfläche verblieb. Anschließend habe er seine gesetzlich vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung eingehalten. Eine Weiterfahrt Richtung Deutschland sei erst um 20.00 Uhr erlaubt gewesen. Es dürfte als bekannt vorausgesetzt werden, dass derartigen Transporten eine konkrete Route unter Benutzung bestimmt bezeichneter Straßenzüge zugewiesen sind. Im gegenständlichen Fall habe er nur einen nahegelegenen Parkplatz entlang der A8 aufsuchen können, sei es wegen der faktischen Breite, sei es wegen dem Verbot, andere Straßen zu befahren. Insbesondere sei ein Einfahren in den vor Ort befindlichen Zollhof als Abstellplatz wegen der Überbreite des Transportes nicht möglich gewesen. Zudem habe zum Tatzeitpunkt am Zollhof eine für ihn unvorhersehbar dicht gedrängte Verparkung geherrscht, die zusätzlich durch querstehende Fahrzeuge verschärft wurde. Eine Benützung dieser Parkmöglichkeit sei somit nicht möglich gewesen. Es sei daher bei verständiger Würdigung der Situation für ihn eine Alternative nicht vorhanden gewesen. Er sei verantwortlich für das gegenständliche Fahrzeug, habe aber keine andere Wahl gehabt, als den Sattelanhänger während der notwendigen Betankung und Lenkzeitunterbrechung bis zur erlaubten Weiterfahrt nach Deutschland am angeführten Ort abzustellen. Ein rechtmäßiges Alternativverhalten sei nicht möglich gewesen.

 

Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis ua. aus: "Es muss erwartet werden, dass Lenker, Auftragsfirmen für solche Schwertransporte und begleitendes Personal solche Transporte so organisieren, dass einerseits den Genehmigungen und andererseits auch den rechtlichen Verhältnissen am Grenzübergang Suben – was die Einhaltungen der StVO-Bestimmungen betrifft – entsprochen werden kann."

 

Zu dieser Begründung führt der Bw aus, dass die faktischen Gegebenheiten im gegenständlichen Fall keine konkrete Eingrenzung des Zeithorizontes für die Erteilung einer Genehmigung zur Einreise nach Deutschland zugelassen haben. Tatsache sei, dass eine Zeitspanne zwischen 10 Tagen und drei Wochen für die Genehmigungserteilung im Bereich des Möglichen liege und die deutsche Behörde diesen Zeitrahmen nach ihrem Ermessen ausschöpfe.

 

Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis weiters aus:

 

"Ließe man allgemein solche Einwände gelten, mit der Konsequenz der Einstellung solcher Verfahren, würde dies zwangsläufig zu einer chaotischen Situation an der Grenze führen…".

 

Dazu bringt der Bw vor, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zu einem etwaigen rechtmäßigen Alternativverhalten treffe, welches im konkreten Fall zu setzen gewesen wäre und dessen faktische Umsetzung an Hand der Gegebenheiten vor Ort möglich und zumutbar gewesen wäre. Auch ein einsichtiger, besonnener Mensch aus dem Verkehrskreis dieses Betroffenen hätte an seiner Stelle nicht anders handeln können.

 

Die belangte Behörde führt im angefochtene Straferkenntnis weiters aus, dass "das Anbringen einer Parkscheibe auch für einen Anhänger notwendig war".

 

Dazu bringt der Bw vor, dass sich im gesamten Behördenakt kein Hinweis darauf befindet, ob und wenn ja wo konkret am Anhänger und in seinem unmittelbaren Umkreis vom Meldungsleger Nachschau nach einer Parkscheibe gehalten wurde. Ein mutwilliges Entfernen der Parkscheibe durch einen Dritten oder ein Wegwehen durch einen Windstoß oder den Fahrtwind vorbeifahrender Fahrzeuge sei außerhalb geschlossener Räumlichkeiten jedenfalls nicht zur Gänze auszuschließen.

 

Abschließend stellt der Bw ua. ausdrücklich den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Stattgebung der Berufung, Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

In seiner Berufungsergänzung vom 11. September 2008 behauptet der Bw, dass der Vorwurf, wonach die ehemalige Grenzkontrollstelle als "Autobahn" zu betrachten sei, jeglicher Grundlage entbehre und verweist auf § 3 Bundesstraßengesetz 1971. Die Grenzkontrollstelle Suben sei einst zur Grenzabfertigung verwendet worden. Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz gelten auch zur Grenzabfertigung dienende Grundflächen als Bestandteil der Bundesstraße, konkret der Innkreisautobahn A8. Zwischenzeitig sei jedoch die Zweckwidmung "Grenzabfertigung" obsolet, sodass eine Übertretung auf der "Autobahn" nicht mehr möglich sei. Der Bw stellt daher den Antrag, dass die Behörde die Qualifizierung des Tatortes als "Autobahn" unter Beweis stellen möge und wiederholt seine oa. Anträge.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. September 2008. Da der Bw mit Schreiben vom 9. September 2008 dem Oö. Verwaltungssenat mitteilte, an dieser Verhandlung nicht teilzunehmen und um Übermittlung der Beweisergebnisse zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme ersuchte, übermittelte der Oö. Verwaltungssenat wunschgemäß dem Vertreter des Bws eine Ausfertigung des Protokolles über die am 15. September 2008 durchgeführte öffentliche mündliche Berufungsverhandlung. Dazu nahm der Vertreter des Bw mit Schreiben vom 22. Oktober 2008 Stellung.

 

Der Bw nimmt Bezug zu folgenden Ausführungen des Vertreters der belangten Behörde bei der Berufungsverhandlung: "Diesbezüglich sind auch vom Lenker und auch von den verantwortlichen Frächtern schon vor Beginn solcher Fahrten die notwendigen Genehmigungen einzuholen und bei Durchsicht dieser Genehmigungen, wo man dann erfährt, wer wann wo fahren darf und die Weiterfahrt nach Deutschland genehmigt ist, im Grunde genommen diesen Sondertransport auch entsprechend zeitlich beginnt". Der Bw vertritt hiezu die Auffassung, dass die belangte Behörde in unzulässigerweise sein Verschulden als Fahrer mit dem Verschulden Dritter vermische. Die StVO 1960 regelt das Verhalten von Fahrzeuglenkern im Straßenverkehr, wobei jeder Berufskraftfahrer Pflichten in einer Fülle zu beachten habe, wie kein anderer Verkehrsteilnehmer. Er habe im Rahmen seiner Möglichkeiten, soweit es ihm zumutbar war, die StVO eingehalten. Gegenstand der vorgehaltenen Übertretung sei ein typisches Verhalten im Straßenverkehr, zum Beispiel Parken. Die StVO regelt, wo, wer und wie man zu parken habe. Im gegenständlichen Fall sei es jedoch zu einer Pflichtenkollision gekommen. Zuerst sei das Parken legal gewesen, weil der Straßenverkehrsordnung entsprechend. Durch Umstände, die weder in seinen Verantwortungsbereich fallen, noch durch ihn beeinflusst werden können, habe er sich zwischen divergierender Pflichten als Fahrzeuglenker zu entscheiden. Entweder er bleibe stehen oder er fahre weiter. Beides ist verboten. Das Parken über die erlaubte Zeit sei nicht freiwillig erfolgt, sondern sei durch Dritte erzwungen worden. Weder Genehmigungen noch Begleitfahrzeuge durch Zwei-Fahrer-Besetzungen seien von ihm zu erwirken bzw. zu beantragen. Diese werden vom Unternehmer, Begleitdiensten oder Dritten organisiert. Organisationsmängel habe er nicht zu verantworten. Würde er hingegen bereits bei Antritt der Fahrt den Arbeitgeber auffordern, ihm sämtliche erforderliche Unterlagen auszuhändigen, da er ansonsten dem Fahrauftrag nicht nähertreten könne, gäbe es keinen Schwerverkehr – nur arbeitslose Fahrer und Unternehmer - ,die keine Transporte mehr durchführen. Ihn treffe kein Verschulden. Andererseits vertritt die belangte Behörde bereits in mehreren Verfahren die Ansicht, dass der Polizei die Möglichkeit erhalten bleiben müsse, Kontrollen an der ehemaligen Grenzkontrollstation durchführen zu können. Die Bestrafung von Schwerfahrzeug-Lenkern sei als gebotenes Mittel für dieses Ziel anzusehen. Die belangte Behörde verkenne aber den Sinn der Straßenverkehrsordnung, wenn sie vermeine, dass die Bestrafung von Fahrzeuglenkern ein taugliches Mittel ist, um die Interessen der Verkehrspolizei zu fördern. Sinn und Zweck der gegenständlichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung sei ausschließlich die Vermeidung von Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer und die Sicherung des Verkehrsflusses. Da die Grenzkontrollstelle von der Zweckwidmung her obsolet sei, stehe es der belangten Behörde als Bezirksverwaltungsbehörde nicht zu, eine Umwidmung im Interesse der Verkehrspolizei durch Strafen zu erwirken. Diese Zuständigkeit obliege ausschließlich im Bereich von Autobahnen dem Landeshauptmann bzw. der Landesregierung, wobei das Land Oberösterreich im Rahmen der Verwaltung sich den Bedürfnissen der Verkehrsteilnehmer anzunehmen habe. Das Schaffen von Parkmöglichkeiten für Schwerfahrzeuge beim Areal der ehemaligen Grenzkontrollstelle sei für die reibungslose Abwicklung im grenzüberschreitenden Verkehr vorrangig und stehe nicht im Widerspruch zu den Kontrollbedürfnissen der Verkehrspolizei. Für diese werden zwischenzeitig eigene Kontrollstellen errichtet. Alleine die Schaffung einer Kurzparkzone auf einer "Autobahn" spreche für eine rigide Sichtweise. Dass nun auch noch der staatliche Bestrafungsanspruch von den Bezirksverwaltungsbehörden in Anspruch genommen wird, um der Verkehrspolizei einen "neuen" Kontrollplatz zu gewährleisten, entbehre jeglicher Rechtsstaatlichkeit. Hätte der Bund als Träger der legislativen Zuständigkeit für Autobahnen und als Gesetzgeber der StVO 1960 gewollt, dass das Areal der ehemaligen Grenzkontrollstelle ausschließlich im Interesse der Verkehrspolizei genutzt werden sollte, so wäre es an ihm gewesen, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen. Das Areal der Grenzkontrollstelle Suben gehöre nicht mehr zur Autobahn, da durch die Zweckwidmung "Grenzabfertigung" eine ex lege vorhandene Zugehörigkeit aufgehört habe. Eine faktische Umwidmung entbehre jedenfalls jeglicher gesetzlicher Grundlage und vermöge eine tatsächliche Nähe zum Verlauf der Autobahn eine gesetzliche Grundlage nicht zu ersetzen. Die Vorgehensweise der belangten Behörde im Zusammenwirken mit der Verkehrspolizei sei rechtswidrig und sollte so auch festgestellt werden um den Gesetzgeber zur Schaffung klarer Verhältnisse zu bewegen.

 

Abschließend wiederholt der Bw seine bereits gestellten Anträge.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Die Fakten 1 und 2 des angefochtenen Straferkenntnisses sind bereits durch das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren in objektiver Hinsicht erwiesen. Was das Faktum 3 anlangt, bemängelt der Bw zu Recht, dass sich im erstinstanzlichen Behördenakt kein Hinweis darauf befindet, ob und wo konkret am Anhänger und in seinem unmittelbaren Umkreis vom Meldungsleger Nachschau nach einer Parkscheibe gehalten wurde. Diesbezüglich verweist der Oö. Verwaltungssenat auf die Angaben des Meldungslegers in der Berufungsverhandlung, wonach er um den Anhänger herumgegangen sei, Nachschau gehalten habe, ob irgendwo eine Parkscheibe angebracht war und festgestellt habe, dass nirgends eine Parkscheibe angebracht war. Er habe während des genannten Tatzeitraumes von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr mehrere Male Nachschau gehalten, habe jedoch weder ein abgestelltes Sattelzugfahrzeug, noch die Kennzeichnung des Sattelanhängers mit einer Parkuhr feststellen können. Es sei auch richtig, dass ein Parken am Zollhof nicht möglich gewesen wäre, schon wegen der Überbreite des Fahrzeuges und weil der Zollhof in der Regel verparkt ist.

 

Der Zeuge wirkte bei der Berufungsverhandlung sachlich und glaubwürdig und es fanden sich für den Oö. Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte dafür, dass der Meldungsleger den Bw hinsichtlich der Nichtkennzeichnung des verfahrensgegenständlichen Sattelzuganhängers mit einer Parkscheibe wahrheitswidrig belastet. Für den Oö. Verwaltungssenat ist daher auch dieses Faktum in objektiver Hinsicht erwiesen, wobei noch festzustellen ist, dass das Vorbringen des Bw insoferne, dass eine Benützung des Zollhofes für den Betroffenen faktisch nicht in Frage kam, seitens des Meldungslegers bestätigt wurde. Insoferne ist die von ihm beantragte Vorlage einer Luftbildaufnahme des Zollhofes entbehrlich.

 

Zur Verschuldensfrage wird ausgeführt:

 

Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen um sogenannte Ungehorsamsdelikte handelt. Nach § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da die übertretenen Normen über das Verschulden nicht anderes bestimmen, können sohin die dem Bw zur Last gelegten Übertretungen fahrlässig begangen werden. Der Bw kann die in § 5 Abs.1 umschriebene Fahrlässigkeitsvermutung dann entkräften, wenn er glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach der ständigen Judikatur des VwGH hat diesbezüglich ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Der Bw behauptet, es sei ihm ein rechtmäßiges Alternativverhalten nicht möglich gewesen, weshalb sein Verhalten entschuldigt sei. Es sei zu einer Pflichtenkollision gekommen. Auch ein einsichtiger besonnener Mensch aus seinem Verkehrskreis hätte an seiner Stelle nicht anders handeln können. Damit spricht der Bw den in Lehre und Rechtssprechung anerkannten Rechtfertigungsgrund des rechtfertigenden (übergesetzlichen) Notstandes an. Der VwGH hat in seiner Judikatur keine Bedenken, den von Rittler für das StGB geprägten Satz auch für das Verwaltungsstrafrecht als richtig anzuerkennen, welcher lautet: "Wer ein im Rechtssinn höherwertiges, und zwar ein zweifellos höherwertiges Gut auf Kosten eines geringerwertigen rettet, der handelt nicht rechtswidrig." Dieser Rechtfertigungsgrund scheidet im gegenständlichen Fall aus, da durch die vom Bw begangenen Verwaltungsübertretungen kein im Rechtssinn zweifellos höherwertiges Gut auf Kosten eines geringerwertigen zu retten war. Die Rettungshandlung muss auch das einzige Mittel zur Abwendung des Nachteiles sein. Diese Konstellation scheidet im gegenständlichen Fall aus. Zum Begriffsinhalt des (schuldausschließenden und somit strafbefreienden Notstandes) im Sinne des § 6 VStG versteht der VwGH in seiner ständigen Judikatur einen Fall der Kollision von Pflichten und Rechten, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muss sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln. Dies trifft aber selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu. Auch diese Konstellation scheidet im gegenständlichen Fall aus.

 

Als Ergebnis ist festzustellen, dass es dem Bw nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 VStG). Diesbezüglich tritt der Oö. Verwaltungssenat den Erwägungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid insofern bei, als sie zusammenfassend schlussfolgert, dass durch die fehlende Disponierung und Organisation des Transportes eine Situation entstanden ist, wodurch die Übertretung (auch) nach § 23 Abs.6 StVO heraufbeschworen und leichtfertig in Kauf genommen wurde und die notwendige Einhaltung der Lenkzeitbestimmung nicht schuldausschließend ist, weil gegebenenfalls entsprechen zu disponieren ist. Die weiteren Argumente, dass, ließe man allgemein solche Einwände gelten mit der Konsequenz der Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren, dies zwangsläufig zu einer chaotischen Situation an der Grenze führen würde, weil die dort geltenden StVO-Bestimmungen ignoriert würden bzw. die verantwortlichen Beteiligten an solchen Transporten jegliche Disposition für die Möglichkeit der Einhaltung solcher Bestimmungen für unnötig hielten, sind plausibel und schlüssig.

 

Der Bw hätte, falls er durch rechtskonformes Abstellen des Fahrzeuges an der Tatörtlichkeit zur Vorfallszeit die Begehung einer anderen oder mehrerer Verwaltungsübertretungen verhindern wollen, entsprechend disponieren und die Fahrt organisieren müssen. Dass ihm dies unzumutbar gewesen wäre, hat er nicht überzeugend dargelegt wenngleich die vom Bw aufgezeigten Schwierigkeiten in organisatorischer Hinsicht nicht verkannt werden. Dem Bw wird empfohlen, die von ihm dargelegte Problematik hinsichtlich "Schaffung klarer Verhältnisse" an die zuständigen Stellen heranzutragen. Die der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Instrumentarien scheinen für die vom Bw angestrebte Lösung nicht ausreichend zu sein.

 

Auch der Hinweis des Bw auf § 3 Bundesstraßengesetz 1971 mit der von ihm angestellten Schlussfolgerung, dass, weil die Zweckwidmung der Grenzabfertigung obsolet geworden sei, die Übertretung nicht mehr auf der Autobahn möglich sei, geht ins Leere, weil unbestritten ist, dass sich die Tatörtlichkeit auf einer Autobahn befindet und diese als solche im Sinne der StVO 1960 kundgemacht ist. Wenngleich die Tatörtlichkeit nunmehr nicht der Grenzabfertigung dient, ändert dies nichts daran, dass sich diese Örtlichkeit nach wie vor auf einer Autobahn im Sinne der StVO 1960 befindet. Das faktische Wegfallen der Grenzabfertigung kann an dieser rechtlichen Bewertung nichts ändern.

 

Strafbemessung:

Die Strafe wurde unter Bedachtnahme der mangels Angaben des Bw geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes, entsprechend dem Unrechts- und Schuldgehalt der Taten angemessen festgesetzt. Festzustellen ist, dass der gesetzliche Strafrahmen hinsichtlich der wegen des Faktums 1 verhängten Strafe zu 7 % und hinsichtlich der wegen der Fakten 2 und 3 verhängten Strafen jeweils nur zu 5 % ausgeschöpft wurde. Zutreffend wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als mildernd anerkannt. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum