Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163501/8/Ki/Jo

Linz, 30.10.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der K S, H, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A M und Mag. H S, T, J, vom 2. September 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. August 2008, VerkR96-10571-2008-Pi, wegen einer Übertretung des KFG 1967 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 28. Oktober 2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

 

II.  Zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz hat die Berufungswerberin als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 14 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis vom 19. August 2008, VerkR96-10571-2008-Pi, wurde die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe am 03.04.2008, 07:48 Uhr in der Gemeinde Ansfelden, Gemeindestraße Ortsgebiet, 4053 Haid/Ansfelden, Schulstraße, Höhe Kreuzung Schulstraße/Dr.-Adolf-Schärf-Straße als Lenkerin des Fahrzeuges "Kennzeichen , PKW, VW Golf 2 Rabbit TD, weiß" nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass sie Kinder, welche das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und welche kleiner als 150 cm waren, befördert hat und diese dabei nicht mit einer geeigneten, der Größe und dem Gewicht der Kinder jeweils entsprechenden Rückhalteeinrichtung, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringert, gesichert hatte. Die Anzahl der beförderten Kinder wurde mit 1 beziffert. Sie habe dadurch § 106 Abs.5 Z2 KFG verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 7 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Rechtsmittelwerberin mit Schriftsatz vom 2. September 2008 Berufung erhoben, dies mit dem Antrag, das Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und die Beschuldigte vom Vorwurf nach § 106 (5) Z2 KFG freizusprechen.

 

Bemängelt wurde, dass im erstbehördlichen Verfahren eine beantragte Feststellung der Körpergröße des beförderten Kindes bzw. ein Probesitzen unterblieben sei. Wäre ein derartiges Probesitzen unter Beiziehung eines Sachverständigen durchgeführt worden, hätte sich ergeben, dass für eine  Bestrafung nach § 106 (5) Z2 KFG keine Rechtsgrundlage bestehe.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 7. Oktober 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer  mündlichen Berufungsverhandlung am 28. Oktober 2007. An dieser Verhandlung nahm die Berufungswerberin im Beisein ihres Rechtsvertreters teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Als Zeuge wurde der Meldungsleger, Insp. R K, einvernommen, ebenso das transportierte Kind, der Schüler A S. Des weiteren wurde wie beantragt ein Probesitzen des Zeugen A S im damals verwendeten Fahrzeug vorgenommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit Anzeige der Polizeiinspektion A vom 7. April 2008 wurde der der Berufungswerberin zur Last gelegte Sachverhalt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom Meldungsleger (Insp. R K) zur Kenntnis gebracht.

 

Eine zunächst gegen die Berufungswerberin ergangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (VerkR96-10571-2008 vom 14. April 2008) wurde von dieser beeinsprucht und es hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in der Folge nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei der mündlichen Berufungsverhandlung bestritt die Rechtsmittelwerberin nicht, dass sie das Fahrzeug gelenkt hat und auch nicht dass zwei Kinder, nämlich ihre Tochter und A S befördert wurden. Beide Kinder hätten sich am Rücksitz befunden, die Tochter hinter dem Fahrersitz, A S rechts daneben. Ihre Tochter sei mit einer entsprechenden Rückhalteeinrichtung gesichert gewesen, A S sei mit einem normalen Dreipunktgurt gesichert gewesen. Sie habe A S lediglich über eine Strecke von 300 m transportiert. Sie könne sich erinnern, dass A S "etwas seitlich hingelümmelt" gesessen sei.

 

Der Meldungsleger bestätigte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme den in der Anzeige festgestellten Sachverhalt, er habe im Zuge einer Schulwegsicherung in das Innere des Fahrzeuges des von der Berufungswerberin gelenkten Fahrzeuges sehen können, das Fahrzeug sei langsam an ihm vorbeigefahren. Dabei habe er feststellen können, dass A S nur mit einem normalen Dreipunktsicherheitsgurt, welcher ihm annähernd über den Hals verlaufen ist, angeschnallt war.

 

Die Körpergröße des A S wurde im Zuge der Verhandlung mit 136 cm einvernehmlich festgestellt, sein Gewicht beträgt mehr als 18 kg.

 

Unbestritten bleibt auch, dass es sich beim im Fahrzeug angebrachten gegenständlichen Sicherheitsgurt nicht um eine Rückhalteeinrichtung handelt, welche die Kriterien des § 1c Abs.2 KDV 1967 (siehe unten) erfüllt.

 

Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse führte die Berufungswerberin ins Treffen, dass sie 800 Euro monatlich brutto verdiene, für zwei Kinder sorgepflichtig sei und kein Vermögen besitzt.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen sowie als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung. Letztlich bleiben sämtliche Tatbestandsmerkmale unbestritten, das Probesitzen hat ergeben, dass beim verwendeten Sicherheitsgurt dieser tatsächlich im Bereich des Halses des Kindes verläuft. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung bestehen sohin keine Bedenken hinsichtlich des Sachverhaltes, die Beiziehung von Sachverständigen war aus objektiven Gründen nicht erforderlich und es wurde im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung dieser Beweisantrag auch nicht mehr aufrecht erhalten.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Gemäß § 106 Abs.5 KFG 1967 hat der Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, die

1.     ....

2.     kleiner als 150 cm sind, in Kraftwagen, ausgenommen Fahrzeuge der Klassen M2 und M3 (hier nicht relevant) nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern,

3.     ...

 

Grundsätzlich wird vorangestellt, dass das KFG 1967 die Begriffe "Sicherheitsgurte" einerseits und "Rückhalteeinrichtungen" andererseits unterschiedlich definiert. Die Voraussetzungen für die Beschaffenheit der Rückhalteeinrichtungen für Kinder sind in der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 (Bundesgesetzblatt Nr. 399/1967 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 334/2006) festgehalten.

 

Gemäß § 1c Abs.2 KDV müssen Rückhalteeinrichtungen für Kinder der ECE-Regelung Nr. 44, BGBl. Nr. 267/1990 entsprechen. Als Rückhalteeinrichtungen für Kinder iSd § 106 Abs.5 KFG 1967 gelten für Kinder

 

1.     ab einer Körpergröße von 135 cm auch nach der Regelung Nr. 16 genehmigte höhenverstellbare Dreipunktgurte, bei denen durch höhenverstellbare obere Verankerungspunkte oder iVm höhenverstellbaren Sitzen der bestimmungsgemäße Gurtenverlauf über den Körper des Kindes erreicht wird,

2.     ab einem Gewicht von 18 kg ein Beckengurt ohne zusätzliche Rückhalteeinrichtung, wenn der Sitzplatz lediglich mit einem Beckengurt ausgerüstet ist und wenn die anderen Sitzplätze besetzt sind,

3.     ab dem vollendeten 3. Lebensjahr auch ein Beckengurt oder Dreipunktgurt ohne zusätzliche Rückhalteeinrichtung, wenn durch zwei auf den äußersten Sitzplätzen befestigte Rückhalteeinrichtungen auf dem mittleren Sitzplatz eine Rückhalteeinrichtung nicht befestigt werden kann.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die mündliche Berufungsverhandlung hat ergeben, dass der beförderte A S bei weitem die Größe von 150 cm noch nicht erreicht. Weiters ist unbestritten geblieben, dass der verwendete Sicherheitsgurt die Kriterien, welche im § 1c Abs.2 KDV 1967 für Rückhalteeinrichtungen für Kinder festgelegt sind, nicht erfüllt. Im Gegenteil musste beim Probesitzen festgestellt werden, dass der Gurt im Bereich des Halses des Kindes verlaufen ist.

 

In Anbetracht dieser Umstände stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass der verwendete Sicherheitsgurt nicht als Rückhalteeinrichtung iSd KFG 1967 bzw. der KDV 1967 gewertet werden kann und A S somit nicht ordnungsgemäß gesichert war. Der zur Last gelegte Sachverhalt ist sohin in objektiver Hinsicht verwirklicht und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche die Berufungswerberin im Bereich der subjektiven Tatseite (§ 5 VStG) entlasten würden. Insbesondere vermag auch der – behauptete – Umstand, dass A S lediglich über eine Strecke von 300 m befördert wurde, nicht zu entlasten.

 

Der Schuldspruch ist somit zu Recht erfolgt.

 

3.2. Zur Straffestsetzung wird festgestellt, dass die von der Berufungswerberin verletzte Rechtsvorschrift primär der Verkehrssicherheit, insbesondere dem Schutz der Kinder, dient. Bei der Strafbemessung ist jedenfalls auf den Zweck dieser Bestimmung Bedacht zu nehmen und es ist die Verhängung einer entsprechenden Geldstrafe erforderlich, um sowohl den Einzelnen als auch die Allgemeinheit hintanzuhalten, derartige Übertretungen künftighin zu begehen.

 

Die Erstbehörde hat die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als strafmildernd gewertet, straferschwerende Umstände werden keine festgestellt. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden von der Berufungswerberin mit "Einkommen: 800 Euro brutto, Sorgepflicht für 2 Kinder, kein Vermögen" bekanntgegeben, wobei jedoch festzustellen ist, dass trotz der ungünstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse die von der Erstbehörde festgelegte Strafe, welche den gesetzlichen Strafrahmen lediglich bis zu 1,4 % ausgeschöpft hat, eine Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe nicht für vertretbar erscheinen lässt. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Strafe entsprechend den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorgenommen, sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe liegen im Ermessensspielraum, sodass sie vom Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Eine Rechtsverletzung der Berufungswerberin durch die Straffestsetzung kann daher ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

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