Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163534/17/Br/Ps

Linz, 23.10.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W T, geb.    , H, vertreten durch RAe Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P und Mag. H L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1. September 2008, Zl. VerkR96-1179-2008, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 22. Oktober 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.     Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Tatvorwurf in Abänderung zu lauten hat, 'der Berufungswerber habe an dem/der im Spruch genannten Ort und Zeit das bezeichnete Kraftfahrzeug gelenkt, "obwohl sein Blutalkoholgehalt mehr als 0,5 Promille aber weniger als 0,8 Promille betragen hat" (erwiesener Wert 0,65 Promille)'.

    Als verletzte Rechtsnorm gelangt § 14 Abs.8 iVm § 37a FSG zur Anwendung.

    Als Geldstrafe werden dem Berufungswerber 400 Euro und im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Stunden auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2005 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2008 – VStG.

 

II.   Der erstinstanzliche Verfahrenkostenanteil reduziert sich dem zur Folge auf 40 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Kostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Straferkenntnis über dem Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.200 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen verhängt, weil er am 3.2.2008 um 17:30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen  in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, nämlich mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,89 mg/l, auf der Tischberger Landesstraße bis Strkm 0,057 im Ortsgebiet von Hirschbach i.M. in Richtung  Tischberg gelenkt habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt steht aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion F vom 31.03.2008, die auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organes der Straßenaufsicht beruht sowie der Atemluftuntersuchung fest.

 

Demnach haben Sie am 03.02.2008 um 17.30 Uhr den Pkw  auf der Tischberger Landesstraße im Ortsgebiet von Hirschbach i.M. in Richtung Tischberg gelenkt, wobei Sie bei der Fahrt auf der genannten Straße bei Straßenkilometer 0,057 einen Verkehrsunfall verschuldeten, indem Sie mit dem Fahrzeug nach links von der Fahrbahn abkamen, einen Straßenlaterne touchierten, worauf sich das Fahrzeug mehrmals über die angrenzende Böschung überschlug und auf den Rädern zum Stillstand kam, wobei Sie verletzt wurden und auch Sachschaden entstand. Im Zuge der Verkehrsunfallserhebungen wurde, da Sie Symptome einer Alkoholisierung wie deutlichen Alkoholgeruch der Atemluft aufwiesen, im Landeskrankenhaus Freistadt, in das Sie aufgrund Ihrer bei diesem Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen eingeliefert wurden, eine Untersuchung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt mit dem Alkomat vorgenommen, die bei zwei Messungen einen Atemluftalkoholgehalt von 0,94 mg/l und 0,89 mg/l ergab. Die Messungen sind laut Messprotokoll verwertbar. Als Untersuchungsergebnis gilt der niedrigere Wert. Das die Untersuchung durchführende Straßenaufsichtsorgan ist hiefür besonders geschult und von der Behörde hiezu ermächtigt.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille oder darüber), oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber, gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 2 bis 6 Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Mit der an Sie gerichteten Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.04.2008, in welcher Ihnen die im Spruch beschriebene Verwaltungsübertretung zur Last gelegt wurde, wurde das ordentliche Verfahren eingeleitet. Nach Gewährung der Akteneinsicht haben Sie eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, worin Sie sinngemäß ausführen, dass Sie, bevor sich der gegenständliche Unfall ereignet hätte, auf dem Nachhauseweg vom Abendessen gewesen seien. Sie hätten ursprünglich im Gasthaus E ein 6er-Tragerl Bier kaufen wollen, hätten dort aber einige Bekannte getroffen und hätten Sie schließlich einen Schweinsbraten gegessen und dazu auch eine Halbe Bier getrunken. Nach dem Essen hätten Sie auch noch 1/8 Weißwein getrunken, die restlichen Getränke, die Sie laut dem Gastwirt E bestellt hätten, hätten Sie nicht konsumiert, sondern Ihren Bekannten spendiert.

 

Sie hätten dann gegen 17.00 Uhr das Gasthaus verlassen und mit Ihren Pkw nach Hause fahren wollen. Sie könnten sich nur noch daran erinnern, dass plötzlich ein Tier auf die Straße gerannt sei. An den Verkehrsunfall könnten Sie sich nicht erinnern. Nur dunkel hätten Sie wahrgenommen, dass Ihnen eine unbekannte Person aus dem Auto geholfen und Sie gefragt hätte, ob Sie verletzt seien. Sie hätten offenbar einen Schock gehabt, daher hätten Sie dies verneint und sich auf den Heimweg gemacht. Eine andere Person hätte zu Ihnen gesagt, sie würde Ihnen Ihr Auto heimbringen.

 

Zuhause angekommen hätten Sie, nachdem Sie erbrochen hätten, mehrere alkoholische Getränke zu sich genommen. Es seien dies glaublich einige Underberg, Schnaps sowie einige Flaschen Bier gewesen. Sie seien erst am Abend von Ihrer Frau und Ihrer Tochter ins Landeskrankenhaus Freistadt gebracht worden, wo neben einigen Abschürfungen auch eine Gehirnprellung bzw. Gehirnerschütterung festgestellt worden sei. Diese seien wohl dadurch entstanden, dass eine der von Ihnen im Pkw geführten Bierflaschen gegen Ihren Hinterkopf geschlagen sei. Dies würde auch den von der Zeugin K R am Unfallsort wahrgenommenen Alkoholgeruch erklären.

 

Gegen 21.30 Uhr sei die Polizei ins Krankenhaus gekommen um Sie zum. Unfall zu befragen und einem Alkotest zu unterziehen. Aufgrund Ihrer Kopfverletzungen könnten Sie sich an diese erste Einvernahme nicht genau erinnern und hätten deshalb auch die nach dem Unfall.

konsumierte Menge Alkohol nicht im konkreten Ausmaß angegeben.

 

Zum Beweis Ihrer Angaben beantragen Sie die zeugenschaftliche Einvernahme der Zeugen A E, Gastwirt, H, G T, H sowie D S, L sowie die Einsichtnahme in den Schlussbericht des Landeskrankenhauses Freistadt.

Sie beantragen das Verfahren hinsichtlich des § 99 Abs. 1 lit. a Straßenverkehrsordnung einzustellen, da Sie zum Unfallszeitpunkt nicht im angegebenen Ausmaß alkoholisiert gewesen seien.

Hinsichtlich Ihrer Rechtfertigung in der Stellungnahme vom 25.06.2008, da Sie nach dem Verkehrsunfall bzw. nach Beendigung der Fahrt zu Hause einen Nachtrunk in der Form einiger Unterberg, Schnaps sowie einiger Flaschen Bier getätigt hätten, vermag der Behörde keinen Glauben zu schenken. Der angegebene Alkoholkonsum nach der Fahrt (Nachtrunk) ist als bloße Schutzbehauptung zu werten. Es entspricht auch der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen sei, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat, wobei in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes davon auszugehen sei, dass der Betroffene auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hinweist. Es entspricht auch der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und auch zu beweisen hat.

Im übrigen haben Sie auch ein persönliches Interesse daran, wegen der vorgeworfenen Tat und der damit verbundenen Entziehung der Lenkberechtigung nicht bestraft zu werden, sodass der Wahrheitsgehalt Ihrer Angaben auch unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen ist.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes steht für die erkennende Behörde zweifelsfrei fest, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten haben.

 

Gemäß § 19 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren "§§ 40 bis 46" sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes, sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Für die Bemessung der Strafe war die mit der Tat verbundene Schädigung und Gefährdung der Interessen der allgemeinen Verkehrssicherheit maßgeblich. In Anbetracht der zahlreichen schweren Verkehrsunfälle, die durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 verursacht werden, ist die verhängte Strafe schuldangemessen und entspricht auch dem vorgesehenen Strafrahmen von 1.182,00 Euro bis 5.813,00 Euro. Der verhängte Geldstrafe erscheint ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Delikte abzuhalten, um damit die Verkehrssicherheit zu heben und einer Gefährdung jener Verkehrsteilnehmer vorzubeugen, die auf die Einhaltung der Verkehrsvorschriften durch die anderen vertrauen.

Mangels konkreter Angaben über die Höhe des Einkommens wurde dieses auf 1.090,00 Euro monatlich geschätzt und der Strafbemessung zugrundegelegt.

 

Die Erschwerungs- und Milderungsgründe wurden gegeneinander abgewogen und dabei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als Milderungsgrund gewertet. Ein Erschwerungsgrund wurde nicht gefunden.

 

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen wurde eine dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt.

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

1.2. Damit wird bloß schablonenhaft und mit einer nicht von der Behörde erhobenen und der tatsächlichen Beweislage nicht in Einklang stehend zu begründen versucht.

 

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerber mit ihrer fristgerecht durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung, worin sie Folgendes ausführt:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe(n) ich (wir) gegen das Straferkenntnis der angerufenen Behörde vom 1.9.2008. VerkR96-1179-2008, die nachstehende

Berufung:

 

Das angefochtene Erkenntnis wird seinen gesamten Umfang nach als unrichtig bekämpft.

 

a) § 99 Abs. 1 a StVO 1960 stellt - so wie etwa auch § 99 Abs. 1 lit. a, aber auch § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 und § 14 Abs. 8 FSG 1997 - auf einen "bestimmten Wert" des Gehaltes an Atemluftalkohol bzw. Blutalkohol zur Tatzeit ab.

 

Maßgeblicher Zeitpunkt auf den die Alkoholisierung zurückzurechnen ist, ist daher nicht der Zeitpunkt der Alkomatüberprüfung, sondern der Zeitpunkt, zu dem das Fahrzeug gelenkt worden ist. Diese Zeitpunkte klaffen im gegenständlichen Fall stark auseinander. Der Tatzeitraum wurde mit 17:30 Uhr angegeben, ist jedoch nur vage erhoben und kann auch etwas früher angesiedelt gewesen sein. Die Alkomatüberprüfung wurde in der Anzeige mit 21:33 Uhr angegeben, also jedenfalls zumindest vier Stunden später. Die Tatzeit und der Zeitpunkt der Alkornatüberprüfung klaffen daher zumindest 4 Stunden auseinander. Die Erstbehörde wäre daher gehalten gewesen, den Alkoholisierungsgrad zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges zu erheben. somit auf diesen Zeitpunkt rückzurechnen und dem angefochtenen Bescheid zugrunde zu legen. Dies hat die Erstbehörde nicht getan, sodass der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet ist.

 

Nach einer allerdings mittlerweile überholten Judikatur wurde die Aufforderung zur Atemluftprobe nur dann als berechtigt angesehen, wenn die seit dem Zeitpunkt, zu dem gelenkt wurde bzw. für den der Verdacht des Lenkens bestand, bis zur allfälligen Messung der Atemluft verstrichene Zeit noch "verwertbare Ergebnisse" erwarten lässt (Hinweis E 15.11.2001, 2000/03/0348, sechs Stunden; E 29.8.2003, 2003/02/0033, sieben Stunden).

 

Es wurde die Verpflichtung der Behörde angenommen, in der Begründung ihres Bescheides ersichtlich zu machen, warum trotz des verstrichenen langen Zeitpunkts noch verwertbare Ergebnisse des Alkotests zu erwarten gewesen wären: sie hätte somit ausführen müssen, welche Umstände zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest vorgelegen seien, die vermuten hätten lassen, der Aufgeforderte sei zum Zeitpunkt des Lenkens so stark alkoholisiert gewesen, dass das Ergebnis der Prüfung des Atemalkohols - unter Berücksichtigung des Zusammenhanges, der zwischen einem festgestellten Atemalkohol und dem Zustand einer Person unter dem Gesichtspunkt der Frage nach einer allfälligen Beeinträchtigung durch Alkohol entsprechend der verstrichenen Zeit aus der Sicht der medizinischen Wissenschaft bestehe gegebenenfalls den Verdacht begründen hätte können, der Aufgeforderte habe sich zum Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (mit einem zum Zeitpunkt der Aufforderung noch nicht voll abgebauten Blutalkoholwert) befunden.

 

Besondere Bedeutung kommt dem starken Auseinanderklaffen zwischen dem Zeitpunkt des Fahrens und der Alkomatüberprüfung im gegenständlichen Verfahren aber deswegen zu, weil ich einen Nachtrunk behauptet habe, der wenn er stattgefunden hat für die Beurteilung des alkoholisierungsgrades im Tatzeitpunkt wesentlich gewesen wäre. Ich habe diesen Nahtrunk damit begründet, dass ich Schmerzen im Kopf hatte und mich übergeben musste, was mich veranlasst hatte Flüssigkeit zu mir zu nehmen, wobei ich eben alkoholische Getränke nach dem Unfall und noch vor der Alkomatüberprüfung konsumiert habe.

 

Es kommt daher meiner Behauptung des Nachtrunkes entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Wäre ein solcher Nachtrunk anzunehmen, so hätte - allenfalls durch Beiziehung eines Sachverständigen der Alkoholisierungsgrad rückgerechnet auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Tatbegehung werden müssen Hätte die Erstbehörde, die ja nicht einmal eine Rückrechnung zum maßgeblichen Tatzeitpunkt vorgenommen hat, dies getan, hätte sie ohne weiteres zu einem für mich günstigerem Ergebnis kommen können: wie etwa, dass der Alkoholisierungsgrad zum maßgeblichen Zeitpunkt wesentlich niedriger oder sogar noch im unkritischen Bereich liegt.

 

Es wäre daher Sache der Erstbehörde gewesen die rechtsrelevante Frage des Nachtrunkes nicht mit einer Scheinbegründung abzutun, sondern dazu die beantragten Beweise aufzunehmen und den Alkoholisierungsgrad rückzurechnen. Die Argumentation des Erstgerichtes, weswegen es diesen Nachtrunk nicht annimmt, ist verfehlt und beruht auf aktenwidrigen Annahmen.

 

Es trifft zwar zu, dass der Verwaltungsgerichtshof (vgl etwa das Erkenntnis vom 21. Dezember 2001, ZI 99/02/0097) im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunks dem Umstand Bedeutung beimisst, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat, wobei in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstands davon auszugehen ist, dass auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit von sich aus - hingewiesen wird.

 

Es sind dies beweiswürdigungsmäßige Überlegungen, die die Erstbehörde nicht von ihrer Verpflichtung entbinden zum Beweis des Nachtrunkes und somit zu einem wesentlichen Beweisthema geführten Beweise nicht aufzunehmen. Zudem ist aktenkundig, dass ich den Nachtrunk bei Ersten sich ergebenden Gelegenheit behauptet habe (schon im Krankenhaus bei der Erstuntersuchung und in Folge bei meiner ersten polizeilichen Befragung), sodass die Erstbehörde ihren Erwägungen, es sei mir nicht glauben zu schenken, weil ich den Nachtrunk nicht bei der ersten sich ergebenden Gelegenheit behauptet hätte. Diese aktenwidrige Annahme der Erstbehörde ist das einzige Substrat, auf Grund dessen die Erstbehörde meine Behauptung des Nachtrunkes als widerlegt ansieht Es liegt daher eine augenscheinliche Fehl- bzw. Scheinbegründung.

 

Der von der Erstbehörde angenommene Fall liegt jedoch gegenständlich nicht vor, zumal ich einerseits, wie sich aus der Aktenlage klar ergibt. immer schon, also auch schon vom Zeitpunkt meiner ersten Befragung diesen Nachtrunk behauptet habe und andererseits zum Nachtrunk Beweismittel, nämlich Zeugen, angeboten habe. Es ist ein unzulässiger Akt der vorgreifenden Beweiswürdigung, dass die Erstbehörde diese beantragten Zeugen, die noch dazu zu einem relevanten, nämlich entscheidungswesentlichen Beweisthema, geführt wurden, einfach übergeht und nicht einvernimmt, Es liegt daher ein rechtsrelevanter Stoffsammelmangel vor. Hätte die Erstbehörde die Zeugen einvernommen, so hätte es ohne weiteres zu einem für mich günstigen Ergebnis kommen können, nämlich zum Ergebnis, dass tatsächlich ein Nachtrunke im von mir behaupteten Ausmaß vorgelegen hat, der eben dazu führt, dass nicht vom Alkoholisierungsgrad zum Zeitpunkt der Messung auszugehen ist, sondern von dem Alkoholisierungsgrad, der sich aufgrund einer Rückrechnung ergibt und der naturgemäß je nach angenommenen Umfang des Nachtrunkes zum Tatzeitpunkt niedriger gewesen sein musste. Die erstinstanzliche Behörde hätte daher, hätte es die Beweise aufgenommen, zu einem für mich günstigeren Ergebnis kommen können.

 

Besondere Bedeutung in diesem Zusammenhang kommt dem Ambulanzbericht der chirurgischen Abteilung des Landeskrankenhauses Freistadt zu. welcher diesem Schriftsatz in der Anlage beigeschlossen wird. Aus diesem ergibt sich, dass ich mit zahlreichen Verletzung eingeliefert wurde, mich in einem verwirrten Zustand befunden habe und auch. wie sich aus der zweiten Seite ergibt. einen Nachtrunk behauptet habe zu erinnern Zeitpunkt im Übrigen, zu dem ich noch nicht einmal zur Alkomatüberprüfung aufgefordert wurde, die ja erst nach der Untersuchung auf dem Weg zum Zimmer im Krankenhaus stattgefunden hat.

 

Die Erstbehörde begründet nicht einmal weswegen die relevanten Beweise nicht aufgenommen wurden und übergeht dies mit Stillschweigen. Es liegt daher auch ein rechtsrelevanter Begründungsmangel vor. weil ja auch die Nichtaufnahme von Beweismitteln zu begründen ist.

b) Ich wiederhole daher mein Beweisanbot und beantrage zum Beweis dafür, dass ich nachdem gegenständlichen Verkehrsunfall zu einem Zeitpunkt vor der Alkomatuntersuchung einen Nachtrunk vorgenommen habe und zwar eine halbe Bier, ein Seiterl Bier und ein Paket Unterberger Schnaps nochmals die Zeugen A E, Gastwirt, H, G S, H sowie D  S, L,

 

Es steht somit keineswegs mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen 100%igen Sicherheit fest, dass ich im maßgeblichen Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges den von der Erstbehörde zugrunde gelegten Atemluftalkohol von 0,89 mg/I aufgewiesen habe. Vielmehr wäre es Sache der Erstbehörde gewesen durch Aufnahme der beantragten Beweise, Feststellung des Nachtrunkes und Rückrechnen des Alkoholisierungszeitpunktes auf den Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges den zu diesem Zeitpunkt bestandenen Atemluftalkoholgrad festzustellen. Es versteht sich von selbst, dass unter Zugrundelegung einer Zeitdifferenz von vier Stunden keinesfalls der Alkoholgrad zum Zeitpunkt der Messung maßgeblich sein kann,

c) Ich beantrage daher vorsichtshalber auch zum Beweis dafür, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges, also zum im Straferkenntnis angegebenen Tatzeitpunkt, keine relevante Alkoholbeeinträchtigung gegeben war und ich mich somit in einem nicht alkoholbeeinträchtigten Zustand (unter 0,8 Promille) befunden habe die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Dieses amtsärztliche medizinische Gutachten ist ja schon deshalb erforderlich, um die Angaben zum Nachtrunk verifizieren zu können bzw. die Auswirkungen darlegen zu können. Zudem sind individuelle Promillehöhen nach dem Konsum von Alkohol von vielen Faktoren wie zum Beispiel der Tagesverfassung, des Geschlechtes, der Trinkdauer, des Körpergewichtes usw. abhängig.

d) Nach der Bestimmung des § 44a Z1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat unter Umschreibung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zu enthalten und es reicht eine Ausführung dieser wesentlichen Tatbestandselemente in der Begründung des Straferkenntnisses nicht aus (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., in Anm. 2 zu § 44a VStG dargestellte Rechtsprechung des Verwallungsgerichtshofes) Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 zweiter Salz StVO  1960 folgt, dass die Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt (u.a.) dann besteht, wenn eine Person verdächtig ist, ein Fahrzeug "in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" gelenkt zu haben. Dieses wesentliche einer nachträglichen Korrektur nicht mehr zugänglichen Element (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 27. April 2000, ZI. 99/02/0292) weist der Spruch des Straferkenntnisses nicht auf, sodass eine Verletzung der Bestimmung des § 44 a Z 1 VStG vorliegt.

e) Ferner ist eine gesetzeskonforme Legitimation des Beamten, der die Untersuchung durchgeführt hat und eine gesetzeskonforme Eichung des zur Atemalkoholuntersuchung verwendeten Geräts im Verwaltungsstrafverfahren nicht nachgewiesen worden. Gemäß § 13 Abs 2 Z 8 des Maß- und Eichgesetzes, BGBI Nr 152/1950 (in der hier maßgeblichen Fassung des Bundesgesetzes 8GBI NI' 213/1992), unterliegen Messgeräte zur Bestimmung des Gehaltes von Alkohol in der Atemluft der Eichpflicht, wobei die Nacheichfrist gemäß § 15 Z 2 leg cit zwei Jahre beträgt. Von daher ist die Eichung eines Alkomaten gesetzlich geboten. Ferner ist es auch im Interesse der Verlässlichkeit eines zu einem Tatvorwurf führenden Messergebnisses unerlässlich, dass die Messung mit einem geeichten Gerät erfolgt (vgl dazu das Erkenntnis des VwGH vom 3. Februar 2000, 21 99/03/0023). Damit setzt eine Bestrafung in einem Fall wie dem vorliegenden voraus, dass kein Zweifel daran besteht, dass das zur Kontrolle der Atemluft verwendete Gerät dem Gesetz entsprechend geeicht war. Dazu enthält der angefochtene Bescheid aber keine Feststellungen. Eine Eichung oder eine eichamtliche Bestätigung darüber, dass der verwendete Alkomat im Tatzeitpunkt die erforderliche Eichung aufgewiesen hätte, ist auch in den Verwaltungsstrafakten nicht enthalten. In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich vielmehr lediglich (in der Anzeige) die Angabe, dass der Zeitpunkt "der nächsten amtlichen Überprüfung/Kalibrierung" der 2/2008 gewesen sei (Vorfallstag 3.2.2008!!!). Dadurch, dass die Erstbehörde keine Feststellungen über das Vorliegen einer gültigen Eichung getroffen hot, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 28. Februar 2001, 219'l/03/0251),

 

f) Zum Beweis dafür, dass der die Alkomatuntersuchung vorzunehmende Beamte nicht über die erforderliche Legitimation zur Alkomatmessung verfügt hat, beantrage ich die 8eischaffung einer Abschrift dessen Legitimationsurkunde. Zum Beweis dafür, dass die Alkomatuntersuchung zu keinem tauglichen Ergebnis geführt hat, weil es an der erforderlichen Eichung des Gerätes gefehlt hat, beantrage ich die Beischaffung der das gegenständliche Alkomatgerät 71 OM KIIIA, betreffenden Eichunterlagen.

 

g) Schließlich hat die Erstbehörde das ihr bei der Strafbemessung eingeräumte Ermessen rechtswidrig ausgeübt. Es hat das teilweise Geständnis als Milderungsgrund nicht gewertet, obwohl ich zugestanden habe. dass ich auch schon bei Fahrtantritt etwas Alkohol zu mir genommen hatte,

 

Es werden daher gestellt nachstehende

 

Anträge:

 

Es wolle der Berufung stattgeben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben werden.

In eventu wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen werden.

In eventu wolle die verhängte Strafe angemessen herabgesetzt werden,

Jedenfalls aber möge gemäß § 51e Abs. 2 VStG eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt werden.

 

W T

 

Als Nachsatz wurde der Berufung noch zugefügt:

"Derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, hat auch die Menge des konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und glaubhaft zu machen (vgl etwa das Erkenntnis des VwGH vom 11. Oktober 2000, ZI98/03/0262; vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 27. Februar 2004, ZI. 2003/02/0144)."

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur  Berufungsentscheidung vorgelegt; die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates wurde damit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der Bestreitung der zur Last gelegten Übertretungen in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung der erstinstanzlichen Aktenlage anlässlich der Berufungsverhandlung. Der an der Berufungsverhandlung persönlich teilnehmende Berufungswerber wurde als Beschuldigter gehört. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil. Ebenfalls äußerte sich die Behörde erster Instanz nicht zu den h. Mitteilungen zu den im Zuge des Berufungsverfahrens ergänzend beigeschafften Beweisergebnissen.

In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde der Verkehrsunfallbericht und der Messstreifen der Atemluftuntersuchung nachgefordert. Der Ambulanzbericht des Krankenhauses Freistadt und ein Kurzbrief der Unfallchirurgischen Abteilung wurde mit der Berufung vorgelegt.

Diese medizinischen Unterlagen wurden u.a. an die bei der Behörde erster Instanz tätigen Amtsärztin mit dem Ersuchen übermittelt im Rahmen der Berufungsverhandlung eine Berechnung des Blutalkohols auf Basis der im Rahmen der Berufungsverhandlung als gesichert anzunehmenden Trinkmenge vor dem Fahrtantritt zu errechnen. Wegen zeitlicher Verhinderung an der Berufungsverhandlung teilzunehmen wurde dieses Ergebnis vorweg übermittelt und von hier der Behörde erster Instanz zur Kenntnis gebracht. Eine Auskunft über allfällige vor der Atemluftuntersuchung oral verabreichte Substanzen konnte von der Amtsärztin nicht erhoben werden.

Auch der Gastwirt E musste wegen dessen Verhinderung am Verhandlungstag im Einvernehmen mit den Parteien bereits am 7.10.2008 vor dem Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. abgesondert einvernommen werden. Dies im Beisein des Rechtsvertreters und des Berufungswerbers. Auch diese Einvernahme wurde der Behörde erster Instanz mit der Einladung dazu eine Stellungnahme abzugeben zur Kenntnis gebracht.

Auf die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers wurde letztlich verzichtet. Von diesem wurde jedoch zur Berufungsverhandlung eine ergänzende Stellungnahme und ein Aktenvermerk vom 3.2.2008 nachgereicht und verlesen.

 

 

3.2. Zum erstinstanzlichen Verfahrensakt ist vorweg festzustellen, dass die Anzeige wegen der Alkofahrt von der Polizeiinspektion erst am 31.3.2008 verfasst und am 1.4.2008 an die Behörde erster Instanz übermittelt wurde. Dies demnach erst zwei Monate nach dem Vorfall. Offenbar parallel dazu wurde von der Polizeiinspektion F am 21.3.2008 ein Bericht "Verkehrsunfallanzeige mit Eigenverletzung" verfasst. Dieser langte bei der Behörde erster Instanz am 31.3.2008 ein. Diesem Bericht fanden sich auch detailliertere Unfallerhebungsfakten beigeschlossen. Diese gelangten jedoch nicht zur Vorlage an die Berufungsbehörde, sondern mussten von dieser erst nach Sichtung des völlig unvollständigen Verfahrensaktes beigeschafft werden. Über ein weiteres h. Ersuchen wurde auch noch der Messstreifen über die Atemluftuntersuchung nachgereicht.

Offenbar sind noch weitere Parallelverfahren anhängig (§ 4 StVO u. Führerschein(entzugs)verfahren). Die Anfrage über deren Verfahrensstand und Inhalt blieb seitens der Behörde erster Instanz unbeantwortet.

Dieses hier zu beurteilende erstinstanzliche Verfahren erschöpfte sich im Ergebnis in einem Aufforderungsschreiben zur Rechtfertigung an den Berufungswerber vom 30.4.2008 und einem weiteren Schreiben gleichen Datums, worin der Berufungswerber zur Bekanntgabe seines Einkommens, des Vermögens und der Sorgepflichten aufgefordert wurde. Zu bemerken ist dazu, dass diese Fragen auch bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung gestellt waren. Dieses Schreiben wurde dem Berufungswerber am 26.5.2008 durch Hinterlegung zugestellt.

Zwischenzeitig erfolgte aber bereits mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 16.5.2008 eine Vollmachtsbekanntgabe verbunden mit einem Antrag auf Aktenübersendung. Dieser langte bei der Behörde erster Instanz am 19.5.2008 ein. Der Akt wurde folglich am 25.5.2008 der Polizeidirektion Linz zur Akteneinsicht an die Rechtsvertreterschaft übermittelt.

In diesem Zusammenhang darf wohl kritisch angemerkt werden, warum man behördlicherseits aus verfahrensökonomischen Erwägungen, eine sich auf wenige Seiten reduzierende Anzeige, nicht im Wege der modernen Datenübertragungsmöglichkeiten übermittelt. Am 25.6.2008 erstattete der Rechtsvertreter eine Stellungnahme zum Sachverhalt an die Behörde erster Instanz.

Der Akt langte letztlich offenbar erst am 1.8.2008 von der Bundespolizeidirektion Linz der Behörde erster Instanz zurück.

Darin gründen wohl die als gravierend festzustellenden Verfahrensverzögerungen, welche hier vermutlich in einer krassen Verlängerung eines sogenannten "kalten" Führerscheinentzuges ihre Auswirkung finden dürften, folgt man der am Rade der Berufungsverhandlung getätigten Hinweise des Berufungswerbers. Der Aktenlauf (von Freistadt nach Linz und zurück) in der Zeit vom 26.5. bis 1.8.2008 ist bemerkenswert. Wäre das Parteiengehör per Email oder FAX gewährt worden, hätte sich dies unter Fristwahrung binnen zwei Wochen erledigen lassen. Zu dieser Feststellung sieht sich hier der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. vor dem Hintergrund veranlasst, ist er doch – im Rahmen seiner Zuständigkeit - (auch) zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung neben dem Verwaltungsgerichtshof in Wien berufen (Art.129 B-VG).

Das hier angefochtene Straferkenntnis wurde in der Folge am 1.9.2008 erlassen. Soweit aus dem Akt ersichtlich wurde keinem einzigen Beweisantrag des Berufungswerbers nachgekommen, noch ist eine sonstige Beweisaufnahme seitens der Behörde erster Instanz erkennbar.

Dem erstinstanzlichen Verfahrensakt fand sich lediglich die inhaltlich sehr knapp abgefasste sogenannte GENDIS-Anzeige der PI F angeschlossen, woraus sich der Verlauf des Unfallgeschehens nicht wirklich lückenlos nachvollziehen ließ. Vor allem fand sich darin kein Ergebnis von polizeilichen Vernehmungen.

 

 

4. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

 

4.1. Als unstrittig steht fest, dass die Berufungswerber zur oben genannten Zeit und Örtlichkeit mit seinem Pkw einen Verkehrsunfall verursachte (über ein Verschulden ist hier nicht zu urteilen), indem er aus hier nicht verfahrensgegenständlichen Gründen von der Straße abkam. Dies wurde auch von der Augenzeugin K R im Rahmen der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich bestätigt. Da sich der Unfall in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses des Berufungswerbers ereignete wurde die von der Zeugin dem Berufungswerber angebotene Hilfe nicht notwendig bzw. lehnte er eine Hilfe der Zeugin ab.

Vor dem Unfall hielt sich der Berufungswerber etwa zwischen 15.00 und 17:30 Uhr im Gasthaus E auf, wo er einen Schweinebraten und über die Zeit verteilt drei Halbe Bier und drei Achtel Wein konsumierte.

Wenn der Berufungswerber auf Grund seiner Unfallverletzungen diesbezüglich keine exakten Angaben machte oder machen konnte, kann daraus entgegen der Lebensnähe der behauptete Nachtrunk nicht einfach als unwahr hingestellt werden. Das es dem Berufungswerber nach dem Unfall nicht gut ging, ihm übel war und er aus diesem Grund Magenbitter zu sich nahm ist jedenfalls nicht lebensfremd. Würde man der Nachtrunkvariante nicht folgen, müsste er zum Lenkzeitpunkt deutlich über zwei Promille gehabt haben. Eine solche Annahme wäre ohne jegliche nachvollziehbare Beweisgrundlage.

Das hier dem angefochtenen Schuldspruch zu Grunde gelegte Ergebnis einer erst vier Stunden später im Krankenhaus durchgeführten Atemluftuntersuchung kann demnach nicht als beweistauglich für den Lenkzeitpunkt herhalten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Berufungswerber offenkundig bereits beim Erstkontakt mit der Polizei und noch vorher im Krankenhaus auf seinen Nachtrunk hinwiesen hat, wobei festzustellen ist, dass diesbezüglich auch die zeitlich weit auseinander liegenden polizeilichen Angaben divergieren.  Dies belegt sowohl die Anzeige vom 31.3.2008, als auch die nachgereichte Stellungnahme des RI S vom 22.10.2008, sowie der Aktenvermerk der Polizei vom 3.2.2008, GZ: C1/874/2008-Ble.

Der Berufungswerber wurde beim Unfall, wie er glaubhaft versicherte und aus den Unfallambulanzunterlagen evident hervorgeht, am Kopf verletzt. Das diese Verletzung und in Verbindung damit sein offenbar etwas wirres Verhalten sich so gestaltete, dass sich seine Frau etwa zwei Stunden nach dem Unfall veranlasst sah ihn ins Krankenhaus zu bringen. Da er auch etwas von der Polizei redete verständige seine Frau ebenfalls die Polizei und berichtete von diesem Unfall. Erst dadurch begab sich die Polizei zur Sachverhaltsaufnahme ins Krankenhaus Freistadt, wobei in der Folge  diese Atemluftuntersuchung durchgeführt wurde.

Als gesichert kann (nur) gelten, dass sich der Berufungswerber in der Zeit von etwa 15:00 Uhr bis knapp vor dem Unfall (17:30 Uhr) im Gasthaus E aufhielt und dort laut zeugenschaftlicher Angabe des Gastwirtes mit hoher Wahrscheinlichkeit drei Bier und drei Achtel Wein konsumierte (abgesonderte Vernehmung durch die Berufungsbehörde vom 7.10.2008).

Ob er vorher schon Alkohol konsumierte kann nicht gesagt werden, weil es diesbezüglich überhaupt keine Anhaltspunkte gibt. Dies wird jedenfalls vom Berufungswerber in Abrede gestellt, wobei er durchaus glaubhaft und nachvollziehbar einen erheblichen Nachtrunk bereits von aller Anfang an einwendete.

Warum diesen die Behörde erster Instanz unter Hinweis auf ein Erkenntnis des VwGH, wonach ein solcher Nachtrunk um den "Anspruch auf Glaubwürdigkeit zu haben" bei sich erstbietender Gelegenheit erhoben werden müsste, hier trotzdem als unglaubwürdig  abgetan hat, bleibt unerfindlich. Als Erklärung könnten nur die vermutlich über drei Akte verteilten Verfahrensunterlagen herhalten.

Der von der Polizei ergänzend beigeschaffte Aktenvermerk aber auch die Darstellungen in der Anzeige belegen die Erwähnung eines getätigten Nachtrunkes, sodass letztlich nur von einem gesicherten Alkoholkonsum vor dem Unfallereignis im Umfang der Angaben des Zeugen E ausgegangen werden kann. Diese Angaben machte E bereits am 20.2.2008 anlässlich einer Befragung durch die Polizei (Bericht vom 21.3.2008), welche er auch als Zeuge vor dem Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. am 7.10.2008 im Ergebnis bestätigte.

Diese Trinkangaben wurden über h. Auftrag von der bei der Behörde erster Instanz tätigen Amtsärztin in einer ausführlich und umfangreich begründeten gutachterlichen Stellungnahme 17.10.2008, San20-2-405-2008 mit dem Ergebnis berechnet, dass dieses als erwiesen  geltende Alkoholquantum zum Lenkzeitpunkt auf einen Blutalkoholgehalt von (nur) 0,65 Promille rückschließen lässt. Diese Berechnung erfolgte nach der sogenannten Widmarkformel unter der Grundlegung einer Abbaurate (zu Gunsten des Beschuldigten) von 0,15 Promille pro Stunde.

Dem Berufungsvorbringen kommt demnach weitgehende Berechtigung zu. Die in großen Zeitintervallen übermittelten Erhebungsdaten und die offenbar in getrennt geführten Verfahren Eingag findenden Beweismittel mögen hier wohl zu diesem unhaltbaren erstinstanzlichen Verfahrensergebnis geführt haben.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes betreffend die freie Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren, stellt an einen Beweis einen strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372). Der Berufungswerber wies von allem Anfang an auf einen Nachtrunk hin was sich auch aus sämtlichen Verfahrensunterlagen nachvollziehen lässt. Dies kann und darf im Rahmen der Beweiswürdigung nicht einfach unbeachtet bleiben, ist es doch nicht weltfremd innerhalb von mehr als zwei Stunden nach einem Unfallereignis Alkohol zu sich zu nehmen.

Da schon bei bloßem Zweifel an der Zurechenbarkeit der Tatbegehung der Tatbeweis als nicht erbracht gilt, war gegen den Beschuldigten der Tatvorwurf der Rechtslage folgend abzuändern (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u. a. mit Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

Gemäß dem hier durch das Beweisverfahren und die darauf gestützte amtsärztlich erfolgte Berechnung des Alkoholgehaltes zum Lenkzeitpunkt liegt nur ein nachweisbarer Alkoholgehalt nach dem Führerscheingesetz vor. Die Berufungsbehörde ist unter Hinweis auf die Rechtsprechung verpflichtet diese Tatsache aufzugreifen und den Tatvorwurf entsprechend abzuändern und auf die Schutznorm des Führerscheingesetzes umzusubsumieren (VwGH 25.2.2005,  2002/02/0216).

Gemäß § 14 Abs.8 FSG, idF BGBl. I. Nr. 31/2008 darf ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt, …..

Nach § 37a FSG lautet: Wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs.8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 3.633 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen.

 

6. Zur Strafzumessung:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

6.2. Bei einem Monatseinkommen des Berufungswerbers in Höhe von 1.500 Euro, der Sorgepflicht für Gattin und zwei Kinder scheint die etwas über der Mindeststrafe gelegene Festsetzung des Strafausmaßes  mit Blick auf die Tatschuld und aus Gründen der Prävention geboten.

Dabei ist nicht zu übersehen, dass selbst  mit dieser Alkofahrt – wie dies Unfallereignis so anschaulich vermuten lässt – ein erhöhtes Gefährdungspotenzial auch für andere Verkehrsteilnehmer gegeben war, was trotz der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers mit Blick auf den Strafrahmen von 218 bis 3.633 Euro einen doch etwas über der  Mindeststrafe liegenden Strafsatz rechtfertigt.

Die Anwendung des § 21 oder des § 20 VStG scheiden ex lege aus.

 

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220,00 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

umsubsumieren v. StVO-Alko auf FSG-Alko

 

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