Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251793/19/Lg/Ba

Linz, 28.10.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 7. Oktober 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufungen der U G, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. E A, Mag. I P, S, S, sowie des Finanzamtes Linz gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 3. April 2008, Zl. Ge-983/06, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung der U G vom 22.4.2008 wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstraf­verfahren eingestellt. Die Berufung des Finanzamtes Linz vom 15.4.2008 wird abgewiesen.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin zwei Geldstrafen in Höhe von je 700 Euro bzw. zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 12 Stunden verhängt, weil die Beschuldige die polnischen Staatsangehörigen M H und K J am 29.8.2006 in N, T (Baustelle der Firma K L, H, R) beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Zollamtes Linz. Der Sachverhalt sei nicht bestritten. Die Tat sei außerdem schuldhaft im Sinne des § 5 Abs.1 VStG.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe wird ausgeführt, aufgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschuldigten sowie im Hinblick auf ihre finanzielle Lage sei § 20 VStG anzuwenden.

 

2. In der Berufung des Finanzamtes Linz wird beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat "möge aufgrund der langen Beschäftigungszeit vom 16.08.2006 bis 29.08.2006 das Strafverfahren mittels Verhängung der beantragten Geldstrafe in Höhe von € 4.000,-- abschließen." Die Milderungsgründe würden gegenständlich die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen.

 

3. In der Berufung der Beschuldigten wird ausgeführt, sie habe sich bereits bisher damit verantwortet, dass nicht sie, sondern der selbstständige Restaurator K L Beschäftiger der polnischen Staatsbürger sei. Sie habe im Rahmen des von der Firma L übernommenen Restaurierungsauftrages die handwerklichen Restaurierungsarbeiten an den Türen- und Fensterrahmungen wegen seiner fachlichen Kompetenz an K L gegen Bezahlung einer Pauschale von € 500 netto als Subunternehmer vergeben. Dieser habe dann die Arbeiten durch die genannten polnischen Staatsbürger vornehmen lassen, welche im Betrieb der Beschäftigten nicht eingegliedert worden seien. Der Neffe von K L, D G, habe in dessen Auftrag die polnischen Arbeitskräfte unterwiesen. K L habe deshalb ein eigenständiges zurechenbares Werk hergestellt, für dessen Mängel er auch hafte. Die Beschuldigte sei als Subauftraggeberin an einen befugten Gewerbsmann nicht verpflichtet zu kontrollieren, dass dessen Arbeitnehmer die Voraussetzungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erfüllen. Die ihr angelastete Verwaltungsübertretung sei ihr daher weder objektiv noch subjektiv vorwerfbar. Zum Nachweis ihrer Behauptungen habe die Beschuldigte die zeugenschaftliche Einvernahme des K L und des D G beantragt.

 

Zwischen der Beschuldigten und den beiden Ausländern sei "offenkundig kein Arbeitsverhältnis im klassischen Sinn" zustande gekommen. Die beiden Ausländer seien von K L angeworben und bezahlt worden. Für die Annahme einer Überlassung der beiden Ausländer durch K L an die Beschuldigte treffe das angefochtene Straferkenntnis keine Feststellungen. Bei vollständiger Sachverhaltsstellung werde sich herausstellen, dass nach dessen wahrem wirtschaftlichen Gehalt die beiden Ausländer von K L als selbstständiger Subunternehmer und nicht von der Beschuldigten beschäftigt wurden.

 

Die Behörde habe es unterlassen, die beantragten und entscheidungsrelevanten zeugenschaftlichen Einvernahmen vorzunehmen.

 

Überhaupt lasse der Bescheid eine rechtsstaatlich geforderte nachvollziehbare Begründung vermissen.

 

Beantragt wird die Verfahrenseinstellung, in eventu eine Strafherabsetzung.

 

4. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Strafantrag des Zollamtes Linz vom 7.9.2006 seien die beiden Ausländer am 29.8.2006 auf der gegenständlichen Baustelle bei Verputzarbeiten an der Außenfassade (Verputzen einer Fensterspallette bzw. der Einfassung des Eingangstores) betreten worden. Die beiden Ausländer hätten angegeben, seit 16.8.2006 auf dieser Baustelle zu arbeiten.

 

Laut einem Schreiben der Beschuldigten seien ihr diese beiden Arbeiter von der Firma L überlassen worden.

 

Nach den beiden Personenblättern seien die beiden Ausländer seit 16.8.2006 für eine Entlohnung von 3,5 Euro pro Stunde als Maurer 5 Tage pro Woche bzw. 8 Stunden pro Tag bei der Firma L beschäftigt.

 

Der Anzeige liegt das Angebot der Beschuldigten an die Familie L vom 10.8.2006 betreffend "Restaurierung des Fassadenteilbereiches Wirtschaftstrakt straßenseitig" bei. Angeboten wird:

-         Anleitung für restauratorische Hilfstätigkeiten (Abnahme des geschädigten Verputzes, lose Farbschichten etc.)

-         Materialbeistellung

-         Durchführung restauratorischer Maßnahmen (Rekonstruktionen, Ergänzungen ...) unter Beiziehung bauseitig beigestellter Hilfsleistungen (Mischen des Verputzes, Reinigungsarbeiten ...)

zu Gesamtkosten von Euro 2.460,-.

 

In einem Schreiben vom 31.8.2006 an das Zollamt Linz führte die Beschuldigte aus:

 

"Wie bereits angegeben, wurden für diesen Auftrag 2 Arbeiter von der Firma K L, R, H, zur Verfügung gestellt.

Diesbezüglich bestand die Vereinbarung, dass diese Arbeiten nach tatsächlich angefallenen Arbeitsstunden abzurechnen seien. Eine Kostenschätzung von etwa Euro 500,- (zuzüglich Ust.) wurde von Herrn L jedoch angegeben."

 

Dem Akt liegt ferner die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17.1.2007 bei. Ferner liegt dem Akt ein Straferkenntnis betreffend K L des Bezirkshauptmannes des Bezirks Amstetten vom 15.12.2006 bei. In diesem Straferkenntnis ist die Rechtfertigung von K L wie folgt zitiert:

 

"Zum Tatzeitpunkt war ich mit meinem Angestellten D H beruflich in L. Ich hatte Frau G jedoch bereits eine Zusage dahingehend gegeben, dass ich ihr bei einem Auftrag mit meinem Angestellten helfen würde. Durch den Aufenthalt in L war mir dies jedoch nicht möglich. Daraufhin habe ich Herrn H und Herrn J beauftragt, die eigentlich für uns gedachten Arbeiten bei Frau G durchzuführen. Geplant war, dass diese Arbeiten als eine Art Probe für die beiden Herren gedacht sind.

Konkret habe ich meinen Neffen, der für Frau G gearbeitet hat, beauftragt, die beiden (H und J) zu unterweisen, was sie machen sollen. Zwischen Frau G und mir gab es eine Vereinbarung dahingehend, dass ich die Arbeiten bezüglich Fensterrahmungen etc. durchführen soll. Diese Arbeiten wurden dann von Herrn H und Herrn J durchgeführt. Vereinbart war, dass ich von Frau G Euro 500,- erhalten soll. Diesen Betrag habe ich auch erhalten. Die Arbeiten haben von 16.09.2006 bis 29.08.2006 gedauert. Den genauen Zeitaufwand kann ich nicht rekonstruieren. Die Euro 500,-- habe ich an die beiden Arbeiter weitergegeben.

Die Arbeiter haben ihre Anweisungen von meinem Neffen, Herrn D G, der auf Werkvertragsbasis für Frau G arbeitet, erhalten...

Aus geschäftlicher Sicht war es für mich ... wichtig, die Aufträge in L und in Ö zu erledigen. Aufgrund außerplanmäßiger Tätigkeiten in L konnte ich persönlich den Auftrag in Ö nicht durchführen. Deshalb habe ich die beiden Herren beauftragt. Finanziell war die Übernahme des Auftrages in Ö für mich kein Gewinn. Es ging eigentlich nur darum, den Auftraggeber zufrieden zu stellen. Es war aufgrund der Situation für mich jedoch nicht möglich, selbst die Arbeiten zu erledigen. Ich habe daher einmalig versucht, durch externe Arbeiter den Auftrag abzuwickeln."

 

Laut Niederschrift vom 29.1.2007 rechtfertigte sich die Beschuldigte wie folgt:

 

"Familie L kam zu mir und erteilte mir einen Auftrag zur Renovierung von Fassadenteilen ihres Bauernhauses. Ich sollte die restauratorisch notwendigen Arbeiten machen. Hr. K L ist selbstständiger Restaurator. Ich habe ihm einen Teil meines Auftrages übergeben. Sodass er den handwerklichen Teil der Restaurationsarbeiten erledigen soll. Ich hätte die restauratorische Oberaufsicht gehabt und das Material bereitgestellt. Über diese Vereinbarung gibt es keinen schriftlichen Vertrag. Ich habe jedoch eine Rechnung von ihm für diese Arbeiten erhalten. Die Arbeiten haben sich etwas verzögert. Inzwischen musste Hr. L nach L. Er versicherte mir aber, dass er den Vertrag einhalten werde und dass er 2 Arbeiter von ihm schicken werde, die die Arbeiten übernehmen werden. Diese beiden Arbeiter waren dann Hr. H und Hr. J, die auf der Baustelle die Arbeiten durchführten. Nach der Kontrolle wurden die Arbeiten von Hrn. L fertig gestellt. Ich habe gewusst, dass die beiden Arbeiter von Hrn. L Polen sind, aber ich nicht gewusst, dass die beiden keine Beschäftigungsbewilligung haben. Die Arbeiten wurden direkt mit Hrn. L verrechnet. Soweit ich weiß, wurde Hr. L für die Beschäftigung der beiden nach dem AuslBG durch die BH Amstetten bestraft. Ich war mir keiner Schuld bewusst ..."

 

Im Schreiben des Finanzamtes Linz vom 7.2.2007 wird behauptet, die illegale Beschäftigung der beiden polnischen Staatsbürger sei in keinem Stadium des Verfahrens bestritten worden. Die Beschuldigte hätte über die gesetzlichen Bestimmungen des AuslBG Bescheid wissen müssen.

 

Im Schreiben vom 8.2.2007 äußerte sich die Berufungswerberin, nunmehr anwaltlich vertreten, im Wesentlichen wie in der Berufung. Beigelegt ist die Rechnung von K L vom 10.9.2006 über 500 € an die Berufungswerberin.

 

Im Schreiben des Finanzamtes Linz vom 27.2.2007 wird der Standpunkt vertreten, dass aus dem Schreiben der Beschuldigten vom 31.8.2006 eindeutig hervorgehe, dass sie "Beschäftiger" im Sinne des § 3 Abs.3 AÜG sei.

 

Im Schreiben vom 2.4.2007 vertrat die Beschuldigte abermals den in der Berufung geäußerten Standpunkt und beantragte die Einvernahme des K L.

 

Im Schreiben vom 21.6.2007 argumentierte das Finanzamt Linz wie folgt:

 

"Die beiden polnischen Staatsbürger erhielten die Anweisungen für ihre Arbeiten von Herrn G D, welcher wiederum auf Werkvertragsbasis für Frau G U arbeitete und somit die Weisungen von der Beschuldigten erhielt." Die Beschuldigte sei Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs.3 AÜG.

 

Im Schreiben vom 23.7.2007 äußerte sich die Beschuldigte im Wesentlichen wie bisher bzw. wie in der Berufung und beantragte zusätzlich die zeugenschaftliche Einvernahme des D G.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte die Berufungswerberin dar, sie habe von der Familie L den Auftrag erhalten, einzelne Teile eines Bauernhofs zu restaurieren. Da sie von Beruf Restauratorin sei, habe sie die Grobarbeiten (Fenster- und Türrahmungen) nicht selbst durchführen können. Solche als Vorarbeiten zu bezeichnenden Arbeiten seien grobe Maurerarbeiten. Die Berufungswerberin mache nur die qualitativ davon zu unterscheidenden Feinarbeiten (die Oberflächenbehandlung). Sie habe daher mit diesen Arbeiten Herrn L beauftragt. L habe sich die Arbeit angesehen und den Auftrag übernommen. Dafür seien 500 Euro netto vereinbart worden. Ohne Wissen der Berufungswerberin habe L zur Durchführung der Arbeit zwei Arbeiter herangezogen. Der Berufungswerberin sei dies bei einem gelegentlichen Baustellenbesuch aufgefallen. Als sie L telefonisch kontaktiert habe, habe dieser ihr erklärt, den Auftrag wegen Verhinderung nicht persönlich durchführen zu können. Die beiden Arbeiter seien aber für die Arbeit tauglich und würden außerdem von seinem Neffen beaufsichtigt. Die Schlussabnahme würde ohnehin durch ihn selbst erfolgen. Die Berufungswerberin, die den Neffen infolge einer früheren Zusammenarbeit kenne, sehe dies so, dass der Neffe für L eingesprungen sei. Der Neffe habe den Arbeitern die Weisungen erteilt, was keinesfalls so zu verstehen sei, dass er Weisungen der Berufungswerberin weitergegeben habe.

 

Die Berufungswerberin habe keine eigenen Leute gleichzeitig auf der Baustelle gehabt. Sie habe auch keine Anordnungen hinsichtlich der Arbeitszeit getroffen. Die Haftung für den Erfolg sei bei L gelegen. Die Berufungswerberin sei nur mit L, nicht mit den Arbeitern in Kontakt gewesen. Fachliche Weisungen ihrerseits habe es nicht gegeben. Sie habe L auch kein Material zur Verfügung gestellt. Wenn im Akt der Ausdruck "restauratorische Oberaufsicht" vorkomme, so sei damit gemeint gewesen, dass sie natürlich das Endresultat habe anschauen wollen.

 

K L bestätigte zeugenschaftlich in allen Punkten die Darlegung der Berufungswerberin. Zusätzliche führte er aus, dass die Ausländer das Werkzeug mitgebracht hätten. Insbesondere bestätigte er, dass für die Arbeiten ein Pauschalpreis von 500 Euro vereinbart gewesen sei. Von diesem Geld habe er die beiden Ausländer bezahlt. Der Neffe sei nur gefälligkeitshalber für den Zeugen tätig gewesen. Die Berufungswerberin habe den Ausländern keine Weisungen erteilt, dafür sei der Neffe dagewesen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht – nicht nur aufgrund des überzeugenden Auftretens der Berufungswerberin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, sondern auch im Hinblick auf die zeugenschaftliche Bestätigung durch L – vor der Richtigkeit der Ausführungen der Berufungswerberin aus. Demnach hat sie mit L einen Werkvertrag abgeschlossen (so übrigens auch die Stellungnahme des Finanzamtes Linz vom 21.6.2007). Zu den Ausländern stand sie in keinem Vertragsverhältnis. Auch lag keine Überlassung nach den Regeln des § 4 Abs.2 AÜG vor: Das Arbeitsresultat der Ausländer war von jenem der Tätigkeit der Berufungswerberin klar zu unterscheiden. Die Arbeit wurde mit Material und Werkzeug des Auftragnehmers geleistet. Die Ausländer waren weder organisatorisch in den Betrieb der Berufungswerberin eingegliedert noch unterlagen sie deren Dienst- und Fachaufsicht. Der Auftragnehmer haftete für den Erfolg.

 

Aus diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Die vom Finanzamt Linz beantragte Erhöhung der Geldstrafe kam vor diesem Hintergrund nicht in Betracht.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

 

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