Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222239/3/Bm/OM

Linz, 23.10.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die
6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Beisitzerin: Dr. Andrea Panny, Berichterin: Mag. Michaela Bismaier) über die Berufung des Herrn E P, L,  M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 08.04.2008, Ge96-29-2007-RE, wegen Übertretung der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF;

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 08.04.2008, Ge96-29-2007-RE, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z1 und Z5 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF, verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es in Ausübung des Gewerbes 'Handelsgewerbe gemäß § 124 Ziffer 11 GewO 1994, eingeschränkt auf den Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen, Baumaschinen, Nutzfahrzeuge, sowie mit Zubehör und Ersatzteilen für die vorhin angeführten Geräte' (Gewerbeberechtigung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 6.5.1997, Ge10-1055-1996), zu verantworten, dass zumindest am 30.11.2006 auf der Liegenschaft in  M, L – festgestellt anlässlich einer Überprüfung durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Gewerbetechnik – auf den Grundstücken Nr. ,  und , alle KG. und Stadtgemeinde M, eine konsenslos geänderte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben worden ist. Dabei wurde Folgendes festgestellt:

 

Am Überprüfungstag waren fahrbereite Fahrzeuge eigentlich nur in untergeordnetem Umfang abgestellt und der überwiegende Teil des Abstellplatzes wurde für die Lagerung von Fahrzeugteilen genutzt. Diese Lagerung erfolgte am Überprüfungstag großteils im Bereich des Waschplatzes unterhalb der hier vorhandenen Flugdächer. Zwischen dem Waschplatz und dem Bürogebäude war ebenfalls eine überdachte Fläche vorhanden, in welcher bei vorhergehenden Überprüfungen die Einlagerung von Kunststoffresten und Schaustoffen sowie Druckgaspackungen und ölverschmierte Textilien festgestellt wurde. Auch unter dieser Überdachung wurden Lagerungen von Fahrzeugteilen wie Teile von Getrieben und Motorblöcke sowie Batterien vorgefunden.

 

Nördlich des Waschplatzes wurden solche Fahrzeug- und Maschinenteile ebenfalls unter einem Flugdach gelagert. Zwischen diesen beiden Überdachungen sollte auf Grund der Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 03.11.2004, Ge20-50-2004-RE, Punkt 2f) ein Verkehrsweg mit einer Breite von
5 Meter frei geräumt sein. Dieser Verkehrsweg war nicht vorhanden, sondern mit Ersatzteilen von LKW-Aufbauten und Altreifen verstellt. Der nördliche Bereich des Betriebsareals wurde zum Teil zum Lagern von Reifen genutzt. Die Begehbarkeit dieses Teiles des Areals war ausschließlich zwischen Fahrzeugteilen und den gelagerten Reifen möglich.

 

Neben dem Reifenlager wurden entlang der nördlichen Grundgrenze Fahrzeugteile in Containern oder LKW-Aufbauten gelagert. Zum Teil wiesen diese Container bereits massive Verformungen auf, welche zum Teil auf durchrosten oder frühere Lagerungen auf den Container zurückzuführen sind.

 

Die befestigte Fläche, auf welcher ursprünglich die Reinigungsarbeiten mittels Hochdruckreiniger an den Fahrzeugen durchgeführt werden sollten, war zu einem Zerlege- und Lagerplatz für die Fahrzeugteile umfunktioniert worden.

 

Die Waschplatzfläche und der nunmehrige Zerlegungsplatz wurden gegenüber dem ursprünglichen Ausmaß (genehmigt ca. 20 x 40 m) wesentlich vergrößert und die Bodenbefestigung wurde mangelhaft ausgeführt. Es wurden Abgrenzungen dieser Fläche durch Betonhochzüge hergestellt. Diese wurden durch das Befahren mit LKW oder auch Stapler bereits stark beschädigt. Von einer dichten Oberfläche und einem Gefälle zum Einlaufschacht des Zerlegeplatzes kann in keiner Weise gesprochen werden.

 

Im Umkreis dieses Zerlegungsplatzes wurden Fahrzeugteile in sehr großem Ausmaß in verschiedenster Art und Weise gelagert. Zum Teil waren Motorblöcke und andere ölverschmierte Teile im Freibereich vorhanden und in provisorischen Überdachungen wurden andere Fahrzeugteile in notdürftig hergestellten Regalkonstruktionen aufbewahren. Ein System oder ein Lagerkonzept für diese gelagerten Teile war nicht erkennbar.

 

Der Genehmigungsumfang war mit der Abstellung von fahrbereiten Fahrzeugen und dem nur unwesentlichen Lagern von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen in einem Stahlcontainer an der nördlichen Grundgrenze sowie der Durchführung von fallweisen Waschvorgängen umrissen. Der vorgefundene Zustand ließ eindeutig auf die Durchführung von nicht genehmigten Zerlegungsarbeiten an den Fahrzeugen schließen und der Hauptzweck des Abstellplatzes ist in der Lagerung von Fahrzeugteilen, auch von ölverschmierten Teilen gegeben. Dies widerspricht eindeutig z.B. auch dem Auflagenpunkt 6. des Genehmigungsbescheides vom 5.6.1986 zu Ge-3038/1986, wo das Auswerten von Fahrzeugteilen sowie das Entleeren von Motor- oder Getriebeteilen grundsätzlich verboten erklärt wurde. Somit war auch der gesamte Zerlegungsplatz mit den dazugehörigen Werkzeugen und dem Manipulieren mit Altöl nicht konsensgemäß in Verwendung.

 

Es ergaben sich auch durch die gelagerten Fahrzeugteile, an denen noch Mineralöle haften und enthalten waren, nachteilige Einwirkungen auf das Grundwasser. Weder der durch eine Betonschicht zwar provisorisch befestigte Zerlegungsplatz noch der übrige Bereich des Betriebsareals besaßen taugliche Vorkehrungen zum Schutz des Grundwassers, durch welche das Einschicken von Mineralölverunreinigungen in das Erdreich verhindert wird. Daran konnte auch das Einsickern von Mineralölverunreinigungen in das Erdreich verhindert wird. Daran konnten auch die verschiedenen provisorischen und bautechnisch zum Teil mangelhaften Überdachungen nichts ändern. Ein laut Angabe des Betreibers vorhandener Ölabscheider wurde nach dessen Angaben vor einem Jahr gewartet.

Dies wurde auch durch die Lichtbildaufnahmen beweisgesichert.

 

 

Sie haben somit eine

 

 

konsenslos geänderte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber binnen offener Frist Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, er sei der Aufforderung der Behörde, die gelagerten Fahrzeuge und Fahrzeugteile auf den Grundstücken ,  und , KG M, zu entfernen, nachgekommen. Dieser Vorgang habe mehrere Tage in Anspruch genommen und habe die Überprüfung seitens der Gewerbebehörde zufällig zu diesem Zeitpunkt stattgefunden. Diese Tätigkeiten seien aufgrund der Anordnungen der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land durchgeführt worden, um den Platz entsprechend in Ordnung zu bringen. Die schriftlichen Nachweise seien vom Berufungswerber persönlich bei der Behörde abgegeben worden.

Fälschlicherweise seien im Straferkenntnis diese Angaben als reine Schutzbehauptung gewertet worden und weiters unrichtigerweise eine große Verletzungsgefahr durch das Umschichten von Fahrzeugteilen bzw. durch Zerlegungsarbeiten angenommen worden. Diese Annahme entspreche jedoch keineswegs den Tatsachen. Es habe zu keiner Zeit eine mögliche Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit weder für den Berufungswerber noch für Kunden oder Nachbarn bzw. auch keine nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer stattgefunden.

Durch den kurz bevorstehenden Abtransport der bereitgestellten Handelswaren, der letztendlich von der Behörde angeordnet worden sei, sei auch der Vorwurf einer konsenslos geänderten Betriebsanlagengenehmigung nicht gerechtfertigt.

Die Angaben des Berufungsbewerbers seien trotz der bei der Behörde persönlich vorgelegten Belege nicht entsprechend gewürdigt worden. Die vom Berufungswerber laufend getroffenen Maßnahmen der vorgeschriebenen Entsorgung seien sehr kostenintensiv und erscheine die festgesetzte Strafe unangemessen hoch, zumal auch wegen des selben Vorfalles eine Geldstrafe nicht mehr nach der Gewerbeordnung sondern auch noch gesondert nach dem Wasserrechtsgesetz in der Höhe von 5.500 Euro verhängt worden sei. Im Hinblick auf die geringen Einkommensverhältnisse und noch bestehender Belastungen durch Darlehensrückzahlungen würden diese Strafen zu einer unlösbaren finanziellen Notlage führen. Der Berufungswerber habe bewiesen, dass er stets kooperationsbereit sei, sei es auch sinnvoller, wenn die Gelder wirtschaftlicher Hinsicht zur Schließung des Betriebes, wofür auch noch ein großer Betrag erforderlich sei, Verwendung finden könne. Es werde daher ersucht das Straferkenntnis aufzuheben bzw. eine wesentlich niedrigere Strafe auszusprechen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Anziehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
  2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, d.h., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was das zweite Erfordernis anlangt, nämlich das unverwechselbare Feststehen der Identität der Tat, muss erstens im Spruch des Straferkenntnisses des Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierender Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, oder eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (VwGH vom 13.06.1994, Slg Nr. 11.466/a).

 

Gegenständlich wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, eine konsenslos geänderte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben zu haben.

 

Eine Änderung liegt in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage vor, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Ob eine Änderung vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.05.1994, 93/04/0031 ua.).

 

Die Erfüllung des Straftatbestandes des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 setzt damit eine (von der genehmigungspflichtigen Änderung betroffene) genehmigte Betriebsanlage voraus.

Aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich bei der vorgeworfenen konsenslosen Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dieser Umstand, dass der gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungsbescheid im Spruch des Straferkenntnisses genannt wird (VwGH 28.01.1993, 91/04/0246 sowie Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 26.06.2008, VwSen-222222). Dies insbesondere auch deshalb, um im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde, festzulegen und damit klar zum Ausdruck zu bringen, dass die im Spruch angeführten Änderungen vom bisherigen Genehmigungskonsens nicht umfasst sind. Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses lässt eine solche nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Nennung des betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheides vermissen.

Darüber hinaus ist aus dem weitwendig formulierten Spruch nicht klar ersichtlich, inwieweit die Betriebsanlage vom ursprünglichen Genehmigungsumfang abweicht und worin tatsächlich der konsenslose Betrieb besteht. So enthält der Spruch auch den Vorwurf, der Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 03.11.2004, Ge20-50-2004-Re, nicht Folge geleistet zu haben bzw. eine bestimmte Auflage nicht eingehalten zu haben. Diese Tathandlungen lassen sich jedoch nicht unter den Straftatbestand des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 subsumieren.

 

Mangels Benennung der ursprünglich erteilten gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheide in Zusammenhang mit dem Vorwurf eine konsenslos geänderte Betriebsanlage betrieben zu haben im Spruch des Straferkenntnisses und in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. April 2007 als erste Verfolgungshandlung ist dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG nicht entsprochen und war daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerbers die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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