Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590196/5/Ste

Linz, 03.11.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des V G in Z- und O, ZVR-Zahl    , vertreten durch Dr. J U, Mag.a D E, RechtsanwältInnen, W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 23. September 2008, GZ: Ge20-166-2008, wegen der Nichterteilung einer Auskunft nach dem Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz zu Recht erkannt:

         Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 23. September 2008, GZ: Ge20-166-2008, wurde „dem Ansuchen des V G in Z- & O“ (in der Folge kurz: Bw), insoweit keine Folge gegeben, als die Fragen „Wie viele Strafverfahren gegen das Unternehmen wurden seit 1. Jänner 2000 rechtskräftig abgeschlossen?“ und „Welche Strafen wurden dabei jeweils verhängt?“ unbeantwortet bleiben. Der genannte Bescheid stützt sich auf das Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz und das Umweltinformationsgesetz.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die vom nunmehrigen Bw nachgefragten Informationen einerseits keine Umweltinformationen seien, andererseits einer Auskunft Regelungen des Datenschutzgesetzes 2000 entgegen stünden.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 26. September 2008 zugestellt wurde, richtet sich die am 9. Oktober 2008 – und somit rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz eingelangte Berufung.

Darin wird – nach ausführlicher Begründung – der Antrag gestellt der Berufung „Folge zu geben und den erstinstanzlichen Bescheid dahingend abzuändern, dass die angefragten Daten übermittelt werden, in eventu den bekämpften Bescheid zu beheben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen“.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 67a Z. 1 AVG und § 8 Abs. 6 Umweltinformationsgesetz).

Die sachliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats ergibt sich einerseits aus § 19 Abs. 6 iVm. Abs 3 Z. 5 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz und § 8 Abs. 4 Umweltinformationsgesetz.

2.3. Die Berufung ist – wie bereits unter Punkt 1.2. dargestellt – rechtzeitig.

2.4. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2008 hat der Unabhängige Verwaltungssenat den Bw im Rahmen des Parteiengehörs um Stellungnahme zur Frage eingeladen, ob die ursprüngliche Anfrage und der darin enthalte Antrag, der – wie sich aus einer Abfrage im Zentralen Vereinsregister (ZVR) ergab – von einer zur Vertretung nach außen offensichtlich nicht berufenen Person gestellt wurde, überhaupt dem Verein zuzurechnen ist. Das seinerzeitige Anbringen enthielt weder eine wie immer geartete Beauftragungs- oder Vertretungsformel, noch die nach dem Vereinsgesetz 2002 notwendige ZVR-Zahl des Vereins.

Die Behörde erster Instanz teilte in diesem Zusammenhang mit, dass ihr keine Vollmacht des laut ZVR zur Vertretung des Vereins nach außen, insbesondere gegenüber Behörden berechtigten Geschäftsführers vorliegt.

Mit Stellungnahme vom 30. Oktober 2008 teilte der Bw mit, dass der Antrag von der Mitarbeiterin „im Auftrag und mit Bevollmächtigung“ des Geschäftsführers gestellt wurde. Der in weiterer Folge an den Verein adressierte Bescheid sei somit „aus diesem Grund formell nicht rechtswidrig sondern wirksam gegenüber“ dem Bw ergangen.

2.5. Der Oö. Verwaltungssenat hat darüber hinaus Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

Da ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und der Unabhängige Verwaltungssenat die Durchführung einer öffentliche mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält, war eine solche nicht durchzuführen. Dies insbesondere deshalb, weil der Sachverhalt an sich völlig klar und unbestritten ist und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegensteht (§ 67d AVG).

2.6. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze des Bw) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Der Bw beantragte über ein bestimmtes Unternehmen Auskunft unter anderem zu folgenden Fragen: „Wie viele Strafverfahren gegen das Unternehmen wurden seit 1. Jänner 2000 rechtsgültig abgeschlossen? Welche Strafen wurden dabei jeweils verhängt?“

Von der Behörde erster Instanz wurde diese Auskunft aus den schon oben dargestellten Gründen nicht erteilt.

2.6. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchfrei aus dem vorgelegten Akt.

3.  In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

3.1. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die vom Bw gestellten Fragen schon deshalb nicht beantwortet werden könnten, weil dem Verwaltungsstrafrecht juristische Personen als unmittelbare Normadressaten fremd sind und daher „Strafverfahren gegen ein Unternehmen“ dem Verwaltungsstrafverfahren unbekannt sind (vgl. § 9 VStG sowie Verwaltungsgerichtshof VwSlg. 11.098 A/1983 mwN.). Für Auskünfte über allfällige gerichtliche Strafverfahren bestünde jedenfalls keine Zuständigkeit der Behörde erster Instanz. Schon deshalb hat die Behörde erster Instanz dem Antrag im Ergebnis zu Recht keine Folge gegeben.

3.2. § 4 Umweltinformationsgesetz – UIG, BGBl. Nr. 495/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 6/2005, enthält ein Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen. Im § 2 UIG ist der Begriff der Umweltinformationen abschließend umschrieben. Informationen über (Verwaltungs-)Strafverfahren sind in dieser Bestimmung nicht aufgezählt, sodass diese Informationen auch vom Recht auf freien Zugang nicht mit umfasst sind.

Der Behörde erster Instanz kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie für eine Erteilung der Auskunft keine Grundlage im UIG sieht. Entgegen den Ausführungen des Bw in der Berufung ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht erkennbar, auf welcher konkreten gesetzlichen Basis eine solche Auskunft erfolgen könnte. Schon nach grammatikalischer Interpretation kann sich ein Strafverfahren auf Umweltbestandteile und Faktoren nicht auswirken und stellt ein Strafverfahren schon begrifflich weder eine Maßnahme noch eine Tätigkeit mit Auswirkungen auf Umweltbestandteile und -faktoren oder eine Tätigkeit zu deren Schutz dar (§ 2 Z. 3 UIG). Maßnahmen und Tätigkeiten, die lediglich mittelbar einen positiven Effekt auf die Umwelt haben (können) fallen nicht unter den Informationsbegriff. Allenfalls indirekte Reflexwirkungen in Richtung möglicher general- und spezialpräventiver Wirkung von Strafverfahren können keine Begriffserweiterungen mit sich bringen. In wie weit Informationen über Verwaltungsstrafverfahren Aussagen über „den Zustand von Umweltbestandteilen“ haben soll (§ 2 Z. 1 UIG) ist nicht nachvollziehbar und wird vom Bw in der Berufung auch lediglich behauptet, aber nicht näher begründet.

Informationen über Verwaltungsstrafverfahren stellen daher auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats keine Umweltinformationen nach dem UIG dar.

Weder die umgesetzten (vgl. insbesondere die Richtlinie 2003/4/EG) und begleitenden EU-Dokumente noch die Erläuterungen zu den Gesetzesbeschlüssen über das UIG oder die wissenschaftliche Literatur enthalten im Übrigen – soweit ersichtlich – einen wie immer gearteten Hinweis in eine andere Richtung.

3.3. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz, LGBl. Nr. 46/1988, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 86/2006, haben ua. die Organe des Landes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs jedermann Auskunft zu erteilen. Nach § 3 Abs. 1 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz ist Auskunft nicht zu erteilen, wenn der Erteilung einer Auskunft eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass als gesetzliche Verschwiegenheitspflicht im Sinne des Art. 20 Abs. 4 erster Satz B-VG sowohl die in Art. 20 Abs. 3 B-VG umschriebene Amtsverschwiegenheit als auch - eigenständig - die in § 1 Abs. 1 und 2 Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000 umschriebene Pflicht zur Geheimhaltung personenbezogener Daten in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht im Sinne des § 3 1 Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz; auch diese kann sich somit aus verschiedenen Bestimmungen ergeben (vgl. VwGH vom 27. Juni 2007, 2007/04/0105, mwN).

Wie die Behörde erster Instanz im Ergebnis richtig erkannt hat, steht der Erteilung der beantragten Auskunft im konkreten Fall jedenfalls bereits § 8 Abs. 4, insbesondere dessen Z. 3 DSG 2000 entgegen. Darüber hinausgehende ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungen oder Notwendigkeiten für den Bw zur Auskunftserteilung über die angefragten Daten zu verwaltungsbehördliche strafbaren Handlungen (die im Ergebnis noch dazu von natürlichen Personen stammen würden – vgl. neuerlich oben Punkt 3.1. zu § 9 VStG) wurden auch in der Berufung nicht behauptet. Es genügt daher insofern auf die Begründung des angefochtenen Bescheids sowie die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen (vgl. zu Auskunftsbegehren über Verwaltungsstrafverfahren neben der bereits zitierten Entscheidung insbesondere auch das Erkenntnis des VwGH VwSlg. 16.050 A/2003, mwN).

Der Bw konnte auch in der Berufung keine die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des oder der Betroffenen (verantwortlichen natürlichen Personen) überwiegenden berechtigten Interessen nachweisen, die die Übermittlung der Auskunft über Verwaltungsstrafverfahren dieser dritten Personen gerechtfertigt hätten. Die Interessenabwägung gebietet in diesem Fall eine restriktive Interpretation, sodass sich auch insofern eine erweiternde Auslegung verbietet.

Dass diese Daten aus der Sicht des Bw zur Verfolgung seines Vereinszwecks und für seine Vereinstätigkeit sinnvoll sein können, vermag alleine ein überwiegendes berechtigtes Interesse nicht zu begründen. Der Bw übersieht bei seiner Argumentation auch, dass es in erster Linie Sache der zuständigen Behörden ist, vermuteten Delikten nachzugehen und allein Sache der zuständigen Strafbehörden ist, allfällige (Verwaltungs-)Übertretungen zu verfolgen.

Im Übrigen schiene – vor dem Hintergrund der in der Berufung dargestellten geplanten Verwendung der Daten (nämlich insbesondere auch deren Weitergabe [an „Nachbarn“] und Veröffentlichung) – beim Bw das kumulativ notwendigen Tatbestandselement der Wahrung der Interessen der Betroffenen nach dem DSG 2000 nicht hinreichend gewährleistet.

Dass § 8 Abs. 4 Z. 1 und 2 DSG 2000 nicht einschlägig ist, ist offensichtlich, wurde auch vom Bw nicht behauptet und braucht daher im Detail nicht geprüft zu werden.

3.4. Insgesamt ist daher die Berufung des Bw unbegründet und war daher abzuweisen.

4. Im Verfahren sind Bundesstempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung sind Berufungen weder im Anwendungsbereich des Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetzes noch des Umweltinformationsgesetzes von den zum Teil bestehenden Gebührenbefreiungen (vgl. ua. § 16 UIG) nicht mit umfasst.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

Rechtssatz 1:

(VStG, § 9 juristische Personen als Normadressaten):

 

Dem Verwaltungsstrafrecht sind juristische Personen als Normadressaten fremd; „Strafverfahren gegen ein Unternehmen“ sind dem Verwaltungsstrafverfahren unbekannt; darauf gerichtete Auskunftsbegehren können daher schon deshalb nicht beantwortet werden.

 

Rechtssatz 2:

(UIG, §§ 2, 4):

 

Informationen über (Verwaltungs-)Strafverfahren sind in dieser Bestimmung nicht aufgezählt, sodass diese Informationen auch vom Recht auf freien Zugang nicht mit umfasst sind. Informationen über Verwaltungsstrafverfahren stellen keine Umweltinformationen nach dem UIG dar.

 

Rechtssatz 3:

(Oö. Auskunftspflicht-, Datenschutz und Informationsweiterverwendungsgesetz, DSG 2000, § 8 Abs. 4):

 

Die Auskunftspflicht ist durch das DSG potenziell eingeschränkt; Interessenabwägung bei Auskünften über Verwaltungsstrafverfahren.

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 22. Juni 2009, Zl.: B 2061/08-3

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 28.09.2011, Zl. 2009/04/0205-11

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