Linz, 03.11.2008
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn M S, geb. , Z, V, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. M P, F, V gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 12.09.2008, VerkR96-6449-2008 wegen Übertretung des GGBG, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2008 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt. Der Berufungswerber hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; § 66 Abs.1 VStG
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise bzw. zusammengefasst – wie folgt erlassen:
"Sie haben am 20.03.2008 um 20.45 Uhr in der Gemeinde Schlierbach auf der A9-Pyhrnautobahn bis zum Strkm. 12,500 in Fahrtrichtung Wels, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen VI-... (LKW) und VI-... (Anhänger), beladen mit insgesamt ca. 1.440 kg näher bezeichneter gefährlicher Güter, gelenkt.
Während einer Lenker-, Fahrzeug- und Gefahrgutkontrolle wurde festgestellt:
Sie haben das gefährliche Gut mit der oben angeführten Beförderungseinheit befördert und es unterlassen, die in den gemäß § 2 Zif. 1 GGBG angeführten Vorschriften (hier: Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße – ADR) einzuhalten.
Sie haben sich, obwohl dies zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass die Ladung den in Betracht kommenden Vorschriften entsprach. Sie beachteten die Vorschriften für die Handhabung und Verstauung der Ladung nicht.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 13 Abs.2 Z3 GGBG i.V.m. § 27 Abs.3 Z6 lit. b GGBG
Unterabschnitt 7.5.7.1 dritter Satz ADR
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
200 Euro 48 Stunden § 27 Abs.3 Z6 lit. b GGBG
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
20 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/....) beträgt daher 220 Euro."
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 22.09.2008 erhoben.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Am 31.10.2008 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie der Zeuge und Meldungleger, Herr GI W. P., teilgenommen haben.
Die belangte Behörde hat gegen den Bw innerhalb der sechsmonatigen Frist für die Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs.2 erster Satz VStG) zwei gleichlautende Verfolgungshandlungen – Strafverfügung, Straferkenntnis – gerichtet.
Diese Verfolgungshandlungen enthalten folgende(n) Tatvorwurf/Tathandlung:
"Sie haben sich, obwohl dies zumutbar war, nicht davon überzeugt, dass die Ladung den in Betracht kommenden Vorschriften entsprach. Sie beachteten die Vorschriften für die Handhabung und Verstauung der Ladung nicht."
Eine(r) Verfolgungshandlung
- muss entnommen werden können, gegen welche Tat sich diese richtet und
- hat sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente zu beziehen.
Die Wiedergabe des bloßen Gesetzestextes – ohne die dem Betreffenden zur Last gelegten Mängel entsprechend zu konkretisieren – bildet keine taugliche Verfolgungshandlung;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E86 und E92 zu § 32 VStG (Seite 617, 618) zitierten zahlreichen VwGH-Erkenntnisse;
VwGH vom 30.6.2006, 2003/03/0033 – Ladungssicherung nach dem GGBG.
Die an den Bw gerichteten Verfolgungshandlungen beinhalten – betreffend den Tatvorwurf bzw. die Tathandlung – nur den Gesetzestext, jedoch keine Sachverhaltselemente.
Die Anzeige des Zeugen und Meldungslegers vom 24.03.2008 enthält zwar die erforderlichen Sachverhaltselemente; diese Anzeige wurde jedoch dem Bw innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung nicht zur Kenntnis gebracht und bildet daher keine Verfolgungshandlung.
Die Frist für die Verfolgungsverjährung ist mit Ablauf des 20.09.2008 verstrichen; für den UVS ist bzw. war es – da der erstinstanzliche Verfahrensakt am 06.10.2008 eingelangt ist – rechtlich nicht (mehr) möglich, an den Bw eine Verfolgungshandlung zu richten.
Mangels tauglicher Verfolgungshandlung war daher
- der Berufung stattzugeben
- das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben
- das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen
- auszusprechen, dass der Bw weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat und
- spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler
Beschlagwortung:
KEINE taugliche Verfolgungshandlung;