Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240651/2/Fi/DR

Linz, 05.11.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des Herrn H P, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22. Juli 2008, GZ 0009405/2008 – wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbrauchschutzgesetz – zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insofern stattgegeben, als das Strafausmaß auf 150 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden und der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren vor der Behörde erster Instanz auf 15 Euro herabgesetzt wird.

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG und § 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22. Juli 2008, GZ: 0009405/2008, zugestellt durch Hinterlegung beim Zustellpostamt am 7. August 2008, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) bestraft, weil er es als Gewerbeinhaber der Firma P mit Sitz in L zu verantworten habe, dass von dieser Firma am 12. Dezember 2007 in 4020 Linz Weihnachtsmarkt Volksgarten das Produkt L C (Puppe) durch Feilbieten zum Verkauf in Verkehr gebracht wurde, obwohl dieses Produkt, wie mit Sachverständigengutachten der AGES Linz, Auftrag 070097149 vom 1. Februar 2008 festgestellt worden sei, nicht den Bestimmungen des LMSVG entsprochen habe. Es sei festgestellt worden, dass der Kopf 40,9g/100g Di-(2-ethylhexyl)phtalat (DEHP) enthalte, obwohl es gemäß Weichmacherverordnung verboten sei, mehr als 0,1 Masse% des weichmacherhaltigen Materials zu verwenden. Der angegebenen Grenzwert an DEHP sei daher überschritten. Als Gewerbeinhaber habe der Bw nicht die entsprechende Vorsorge getroffen, dass die Bestimmungen der Weichmacherverordnung eingehalten worden seien, indem er sich nicht vom ordnungsgemäßen Zustand der Ware überzeugt habe (beispielsweise durch Anforderung der Kopie eines entsprechenden Einfuhr- oder Erzeugergutachtens). 

Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 2 Weichmacherverordnung iVm mit den §§ 19/1/2 und 98/1 LMSVG angeführt und eine Strafe in Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden) gemäß § 90/3 LMSVG iVm §§ 9, 16, 19 VStG verhängt. Weiters wurde der Bw gemäß § 64 Abs 1, 2 und 3 VStG zum Ersatz der Barauslagen für AGES Linz RG. 08-001967 in Höhe von 507,50 Euro verpflichtet.

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen sei. Auch das Verschulden des Bw sei zumindest in Form grober Fahrlässigkeit gegeben, da er es unterlassen habe, sich rechtzeitig vor dem Inverkehrbringen des Produktes von dessen Unbedenklichkeit zu überzeugen. Das vorgelegte und erst im Nachhinein eingeholte Gutachten der chinesischen Firma erbringe keinen Nachweis einer Überprüfung auf das Vorhandensein von Phthalaten. Bei der Strafbemessung ging die Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2000 Euro aus, der Bw habe diesbezüglich keine Angaben gemacht. Es seien weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe zu berücksichtigen gewesen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Bw am 20. August 2008 – somit rechtzeitig – Berufung ein. In dieser führte er aus, dass er das verfahrensrelevante Produkt am 09. November 2005 von der Firma P, Sitz in N, in einer kleinen Stückzahl (48) geordert hätte und dass eine CE-Zertifizierung vorhanden gewesen sei. Die Firma P berufe sich darauf, dass der Artikel länger als zwei Jahre im Besitz des Bw gewesen sei und damals die Weichmacherverordnung noch nicht in dieser Form geregelt gewesen sei.

Darüber hinaus käme die Rechtsschutzversicherung des Bw nicht zum Tragen, und seine Firma – ein Einmannbetrieb mit einem Jahreseinkommen von ca. 5.000 Euro, könne es sich nicht leisten, alle Artikel selbst überprüfen zu lassen. Weiters habe der Bw den Artikel im EU-Raum von einem deutschen Hersteller erworben, der angäbe alle Artikel laufend überprüfen zu lassen, der es aber verabsäumt habe den Bw darüber zu informieren, welche Artikel aus gesundheitstechnischen Gründen aus dem Sortiment auszunehmen seien. Auch habe der Bw beim Kauf darauf bestanden, dass alle Artikel dem österreichischen Lebens- und Sicherheitsstandards zu entsprechen haben. Da die Firma P der einzige Lieferant des Bw sei, bei dem es Beanstandungen gegeben hätte, habe der Bw seine Geschäftsbeziehung mit dieser Firma abgebrochen. Im Übrigen beziehe er nunmehr ausschließlich von der S T Handels GmbH aus W Baby-Spielzeug für Kinder unter 36 Monate, da diese Artikel von den Lebensmittelaufsichtsorganen nicht mitgenommen werden würden. In den anderen Fällen sei der Bw aber auf die Sorgfaltspflicht anderer Lieferanten aus der EU angewiesen. Der Bw gibt an, über ein monatliches Einkommen in Höhe von 439,92 Euro (ersichtlich aus einer Betriebseinnahmen-Ausgaben Rechnung aus dem Jahr 2006) zu verfügen.

2.1.  Das Bezirksverwaltungsamt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt erster Instanz dem Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 21. August 2008 zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt.

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalt aus.

2.4. Der dargestellte und auch von der Behörde erster Instanz grundsätzlich angenommene Sachverhalt wird vom Bw nicht bestritten. Sämtliche seiner Ausführungen in der Berufung richten sich ausschließlich gegen die Annahme, dass ihn ein vorwerfbares Verschulden treffe, weil er seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen sei und dass er nicht über die von der belangten Behörde angenommene Einkommenssituation verfüge, sondern im Jahr 2006 einen Gewinn in der Höhe von 5.279 Euro (umgerechnet auf ein Monat: etwa 440 Euro) erzielt habe.

Dazu ist auszuführen, dass mit Schreiben vom 14. April 2008 von der belangten Behörde an den Bw die Aufforderung zur Rechtfertigung erging, in der ihm mitgeteilt wurde, dass sein monatliches Nettoeinkommen auf 2.000 Euro geschätzt wird und dass weiters keine Sorgepflichten bestehen. Sollte der Bw keine Stellungnahme hiezu abgeben, werde für die Strafbemessung die behördliche Einschätzung herangezogen. Mit Schreiben vom 16. April 2008 hat der Bw angegeben, sein monatliches Einkommen belaufe sich auf seine Pension in der Höhe von 750 Euro. Obwohl der belangten Behörde somit die von ihr geforderte Stellungnahme vorlag, ging sie letztendlich bei der Bemessung des Strafausmaßes von der ursprünglich angenommenen Schätzung der wirtschaftlichen Lage des Bw aus.

3.  In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3.2. Da sich bereits aus den Akten der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären lies, mit dem Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und der Bw einen entsprechenden Antrag nicht gestellt hat, konnte gemäß § 51 e Abs. 3 Z 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.3. Gemäß § 90 Abs 3 Z 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 in der zum Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 24/2007 - (die Änderungen des LMSVG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2007 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 121/2008 brachten für den Bw jedenfalls keine günstigere Regelung) - begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, und im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 19 Abs. 1 LMSVG hat die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung oder vor einem nachteiligen Einfluss auf Lebensmittel oder kosmetische Mittel, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technologie nach Anhören der Codexkommission mit Verordnung für Gebrauchsgegenstände

  1. Stoffe zuzulassen, Bedingungen für ihre Verwendung anzugeben und   Reinheitsanforderungen vorzuschreiben oder

         2. die Verwendung bestimmter Stoffe auszuschließen oder zu beschränken oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen oder

3. sonstige Gebote und Verbote zu erlassen, insbesondere betreffend die Beschaffenheit, das Herstellen, das Behandeln, die Verwendung von Angaben oder die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen.

Auf Grund des § 19 Abs. 1 LMSVG wurde die Weichmacherverordnung, BGBl. II, Nr. 335/2006, erlassen, die gemäß deren § 1 Z 4 v. a. für Gebrauchsgegenstände gemäß § 3 Z 7 lit. e LMSVG – Spielzeug für Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr - gilt, sofern diese Gebrauchsgegenstände aus weichmacherhaltigem Material bestehen oder Bestandteile aus weichmacherhaltigem Material enthalten.

Da die Puppe "L C", die gemäß der Produktbeschreibung nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet ist, als Kinderspielzeug zu qualifizieren ist und der Kopf aus weichem Kunststoff besteht, unterliegt sie den Bestimmungen der Weichmacherverordnung.

Nach § 2 Abs. 1 Z 1 Weichmacherverordnung ist es verboten, bei der Herstellung von Gebrauchsgegenständen gemäß § 1 Di(2-ethylhexyl)phathalat (DEHP) CAS-Nr. 117-81-7 als Stoff oder als Bestandteil von Zubereitungen in Konzentrationen von mehr als 0,1 Masse-% des weichmacherhaltigen Materials zu verwenden. § 2 Abs. 2 leg. cit. bestimmt, dass Gebrauchsgegenstände gemäß § 1, die die in Abs. 1 genannten Phthalate in Konzentrationen enthalten, die über dem angegebenen Grenzwert liegen, nicht in Verkehr gebracht werden dürfen.

Was unter "Inverkehrbringen" zu verstehen ist, ergibt sich aus der Begriffs­be­stimmung nach § 3 Z 9 LMSVG, die zunächst grundsätzlich auf den Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, wobei diese sinngemäß für Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel gilt.

Nach dem Art 3 Z 8 der EG-BasisVO, das ist die Verordnung (EG) 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl 2020 L 31 idF ABl 2003 L 245 und ABl 2006 L 100), bezeichnet der Ausdruck "Inver­kehr­bringen" das Bereithalten [von Lebensmitteln oder Futtermitteln] für Verkaufs­zwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

Im Absatz 2 des § 3 Z 9 LMSVG wird davon abweichend bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes 1975 erlassenen Verordnungen (wie im früher geltenden § 1 Abs 2 LMG 1975) angeordnet, dass als Inverkehrbringen auch das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemein­schaftsversorgung geschieht, zu verstehen ist. Bei Beurteilung einer Ware ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige den lebensmittel­recht­lichen Vorschriften nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonder­heit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inver­kehr­bringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Befugnisse der Aufsichtsorgane gemäß §§ 35, 39 und 41 LMSVG bleiben davon unberührt.

Das LMSVG kennt demnach zwei verschiedene Begriffe des Inverkehrbringens, wobei grundsätzlich der engere Begriff nach der EG-BasisVO anzuwenden ist. Für die auf Grund des LMG 1975 erlassenen Verordnungen (zu deren Weitergeltung vgl § 98 Abs 1 LMSVG) gilt der alte Begriff des § 1 Abs 2 LMG 1975 weiter (vgl Blass ua, LMR3 § 3 LMSVG Rz 35; so auch VwSen-240620/2/WEI/Ga).

Gemäß § 95 Abs. 6 Z 1 LMSVG trat mit In-Kraft-Treten des LMSVG das Lebensmittelgesetz 1975, BGBl. Nr. 86/1975, mit Ausnahme dessen §§ 10 Abs. 4, 35 bis 40 und 74 Abs. 6 in Bezug auf Erzeugnisse, die unter den Anwendungsbereich der in § 10 Abs. 4 genannten Verordnung fallen, welche mit In-Kraft-Treten von diesen Gegenstand regelnden gesetzliche Bestimmungen außer Kraft treten, außer Kraft.

Gemäß § 95 Abs. 1 LMSVG trat dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2006, nicht jedoch vor dem Ablauf des Tages seiner Kundmachung im Bundesgesetzblatt, in Kraft. Da dieses Bundesgesetz am 20. Jänner 2006 kundgemacht wurde und die Weichmacherverodnung gemäß deren § 4 mit 16. Jänner 2007 in Kraft trat und somit keine auf Grund des LMG 1975 erlassene Verordnung darstellt, – sondern wie auch in der Präambel erwähnt auf Grundlage des § 19 Abs. 1 LMSVG basiert  - gilt nicht der alte Begriff des § 1 Abs. 2 LMG 1975, sondern ist als Definition für das "Inverkehrbringen" im gegenständlichen Fall der Begriff der genannten EG-Verordnung maßgeblich.

Auf Grund der Feststellungen, dass der Bw als Gewerbeinhaber der Firma P es zu verantworten hat, dass von dieser Firma am 12. Dezember 2007 in 4020 Linz, Weihnachtsmarkt Volksgarten, das Produkt L C (Puppe) zum Verkauf angeboten und damit in Verkehr gebracht wurde, obwohl der Kopf dieses Produktes 40,9g/100g Di-(2-ethylhexyl)phtalat (DEHP) enthielt, steht - auch vom Bw unbestritten - fest, dass der Bw den Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

3.4. Das LMSVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­läs­siges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaub­haft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

3.4.1. Der Bw hat insbesondere durch Hinweis darauf, dass er den in Rede stehenden Artikel von einem deutschen Hersteller gekauft hat, der angeben hat, alle Artikel laufend überprüfen zu lassen und er beim Kauf auch darauf bestanden hat, dass alle Artikel dem österreichischen Lebens- und Sicherheitsstandards zu entsprechen haben, der Hersteller es aber verabsäumt hat, ihn darüber zu informieren, welche Artikel aus gesundheitstechnischen Gründen aus dem Sortiment auszunehmen sind, versucht sich zu entlasten.

3.4.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Ge­werbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293; vom 17. Dezember 1998, 96/09/0311).

Wenn der Bw vorbringt, das verfahrensgegenständliche Produkt zu einem Zeitpunkt gekauft zu haben, in dem die Weichmacherverordnung noch nicht in Geltung gestanden hat, verkennt er, dass er mit Inkrafttreten der genannten Verordnung als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher einerseits über die Anforderungen und den Wortlaut der Weichmacherverordnung informiert sein musste, andererseits er die Einhaltung auch ausreichend kontrollieren oder für eine Kontrolle bzw. gegebenenfalls für eine Abhilfe sorgen musste.

Beim Import von Waren ist vor dem Inverkehrbringen zu überprüfen, ob eine Ware auch österreichischen Normen und Vorgaben entspricht, wobei hier zweifellos ein besonderes Maß an Sorgfalt von den Verantwortlichen zu verlangen ist (vgl. VwSen-240616/2/BP/Wb/Se). Da zum Zeitpunkt des Kaufs des gegenständlichen Produkts von einem deutschen Hersteller die Weichmacherverordnung noch nicht in Geltung stand, konnte der Bw gar nicht darauf vertrauen, dass seine Bezugsquelle das Produkt im Hinblick auf die Einhaltung dieser Rechtsvorschrift bereits untersucht hatte.

Die dem vorgelegten Gutachten eines chinesischen Unternehmens zu entnehmende Aussage betreffend die Verkehrsfähigkeit des Produkts galt nur mit der Einschränkung auf die jeweils durchgeführte Untersuchung und erbringt keinen Nachweis einer Überprüfung auf das Vorhandensein von Phthalaten, sodass sich der Bw daher nicht in jeder Hinsicht - also absolut - darauf verlassen durfte, dass das Produkt verkehrsfähig ist. Auch steht der Umstand, dass das Gutachten erst im Nachhinein eingeholt worden ist (von der Firma P am 8. Juni 2008 per Fax übermittelt) – und somit der Bw es unterlassen hat, vor bzw. im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des gegenständlichen Produkts einschlägige Erkundigungen von kompetenter Stelle einzuholen - der Annahme eines Schuldausschließungsgrundes entgegen.

Bei dem festgestellten Mangel, kann sich der Bw - nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats - nicht mit Erfolg auf das mangelnde Vorliegen einer Sorgfaltswidrigkeit seinerseits bzw. auf eine bloß "minimale Sorgfaltswidrigkeit" berufen, da er die zu dem Mangel führenden Gegebenheiten zumindest fahrlässig in Kauf genommen hat.

Im Übrigen werden diese Gesichtspunkte ohnehin in weiterer Folge im Rahmen der Strafbemessung hinreichend berücksichtigt.

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

Die Strafbarkeit des Bw ist daher gegeben.

3.5. Nach § 19 VStG ist Grundlage für die für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wie sich aus der vom Bw übermittelten "Betriebseinnahmen – Betriebsausgaben-Rechnung für das Jahr 2006" ergibt, ist die finanzielle Situation des Bw doch eine schlechtere, als von der belangten Behörde angenommen. Der Bw konnte im Jahr 2006 einen Gewinn in der Höhe von 5.279,94 Euro verbuchen, was auf ein Monat umgerechnet einen Gewinn von etwa 440 Euro ergibt. Vom Bw wurde weiters angegeben, er verfüge über ein Einkommen in Höhe seiner monatlichen Pension von 750 Euro. Addiert man den monatlichen Gewinn und die monatliche Pensionsleistung, so belaufen sich die monatlichen Einkommensverhältnisse des Bw auf 1.190 Euro. In Anbetracht dieser Tatsache, der bereits unter 3.4. erwähnten Umstände und dem vom Bw vorgenommenen Lieferantenwechsel ist eine Herabsetzung der Strafhöhe auf die im Spruch genannte Höhe (einschließlich der Anpassung der Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe) gerechtfertigt und notwendig.

Auf die Möglichkeit der Einbringung eines Antrags auf Bewilligung eines Zahlungsaufschubs oder einer Teilzahlung nach § 54b Abs. 3 VStG wird hingewiesen.

3.6. Auf Grund der ohnehin im absolut untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegenen Höhe der verhängten Strafe, und auch auf Grund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen, kam für den Oö. Verwaltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten des Bw gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt ist. Darüber hinaus scheitert die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG auch daran, dass die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind. Die genannten gesetzlichen Bestimmungen zielen vor allem auf den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere auch deren Gesundheit, ab. Die mit dem Anbieten eines Kinderspielzeugs, das den Grenzwert für DEHP überschreitet, verbundenen möglichen Folgen sind damit jedenfalls nicht als unbedeutend einzustufen.

Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

4. Bei diesem Ergebnis waren dem Bw gemäß § 65 VStG keine Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen sowie die Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG herabzusetzen. Hinsichtlich des Ersatzes der Barauslagen tritt keine Änderung zum Straferkenntnis der Behörde erster Instanz ein.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

Rechtssatz:

§§ 3 Z 9, 19 Abs. 1, 90 Abs. 3 Z 2 LMSVG

Art 3 Z 8 der EG-BasisVO (Verordnung (EG) 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl 2020 L 31 idF ABl 2003 L 245 und ABl 2006 L 100).

 

 

Anbieten am Weihnachtsmarkt erfüllt als Feilbieten zum Verkauf den Tatbestand nach §§ 3 Z 9 LMSVG iVm. Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002

 

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