Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100090/2/Weg/Ri

Linz, 28.07.1992

VwSen - 100090/2/Weg/Ri Linz, am 28. Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des E J B, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H E und Dr. T W, vom 12. Juli 1991 gegen die Fakten 3a), 3b) und 3c) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 27. Juni 1991, VerkR96/584/1991/Gz, zu Recht:

Der Berufung wird stattgegeben, das Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 3a), 3b) und 3c) behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 45 Abs.1 Z.1 und 2, § 51 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach a) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, b) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und c) § 4 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von a) 3.000 S (im NEF 3 Tage), b) 2.000 S (im NEF 3 Tage) und c) 2.000 S (im NEF 3 Tage) verhängt, weil dieser am 9. Dezember 1990 zu einem nicht konkret angeführten Zeitpunkt (es war 16.20 Uhr) bei Straßenkilometer der K Landesstraße einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursachte und es unterlassen hat, a) sofort anzuhalten, b) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er sich und das Fahrzeug vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme von der Unfallstelle entfernte und c) sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren bezogen auf die Delikte 3a) bis 3c) in der Höhe von 700 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, daß er bei diesem Verkehrsunfall selbst verletzt worden sei und der Grad der Verletzung, nämlich Gehirnerschütterung und Schock, ein solcher gewesen sei, daß damit seine Dispositionsfähigkeit und somit seine Schuldfähigkeit nicht mehr gegeben gewesen sei. Außerdem wendet er ein, daß infolge der glatten Fahrbahn und des total demolierten Fahrzeuges ein sofortiges Anhalten schon aus technischen Gründen nicht möglich gewesen sei.

3. Die Berufung erwies sich als rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß zur Sachentscheidung die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist, der - weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Vom unabhängigen Verwaltungssenat ist nachstehender, aufgrund der Aktenlage als erwiesen angenommener Sachverhalt zu beurteilen:

Es kann den Behauptungen des Berufungswerbers nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit entgegengetreten werden, daß ihm ein Anhalten infolge der schweren Beschädigung seines Fahrzeuges und der vereisten Fahrbahn nicht sofort möglich gewesen sei sondern er noch ca. 250 m dahinschlitterte, ehe das Fahrzeug zum Stillstand kam. Der schließliche Standort des Fahrzeuges ist aufgrund der Anzeige der Gendarmerie 250 m vom Unfallort entfernt. Der Berufungswerber wurde - so die Anzeige des Gendarmeriepostens F - von den herbeigeholten Rot-Kreuz-Helfern in das Rettungsauto getragen und in das Unfallkrankenhaus Salzburg eingeliefert. Dort wurde - so der Unfallbericht - eine Gehirnerschütterung und ein Schock - festgestellt. Der eingelieferte Berufungswerber war jedoch laut eines Berichtes des behandelnden Arztes vom 22. April 1992 voll ansprechbar und sowohl zeitlich als auch örtlich orientiert.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960: Die Tatsache, daß ein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall erst 250 m von der Unfallstelle entfernt angehalten wird, erfüllt objektiv den Tatbestand des § 4 Abs.1 lit.a leg.cit. Zur Verwirklichung einer Verwaltungsübertretung ist jedoch auch auf die subjektive Tatseite Rücksicht zu nehmen. Nachdem infolge des beim Verkehrsunfall schwer demolierten Fahrzeuges und/oder der vereisten Fahrbahn in der derzeitigen Verfahrenslage nicht mehr mit einer für einen Schuldspruch hinreichenden Sicherheit erwiesen ist, daß eine Anhaltung des Fahrzeuges früher möglich gewesen ist, war gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG der Berufung Folge zu geben und das Verfahren einzustellen. Zu § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960: Auch diesbezüglich gilt das zu § 45 Abs.1 lit.a leg.cit. Gesagte. Wenn dem Berufungswerber ein sofortiges Anhalten nicht möglich war, kann sein Verhalten, nämlich die ihm angelastete Entfernung von der Unfallstelle vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme, dann nicht als Verwaltungsübertretung angelastet werden, wenn der Berufungswerber 250 m entfernt im nicht anzuhaltenden Fahrzeug verbleibt.

Zu § 4 Abs.2 StVO 1960: Auch hier fehlt es an der subjektiven Tatseite. Einem verunglückten, durch eine Gehirnerschütterung verletzten und letztlich vom Rettungsdienst aus dem Fahrzeug geborgenen Unfallbeteiligten ist kein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, wenn er die nächste Gendarmerie-oder Polizeidienststelle nicht sofort vom Unfall verständigt. Dieser Verständigung ist offenbar eine andere Person nachgekommen, da die Gendarmerie schon relativ kurze Zeit nach dem Verkehrsunfall an der Unfallstelle eintraf.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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