Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163500/2/Kei/Bb/Ps

Linz, 12.11.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung von Frau Mag. Dr. S M, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. G S, N H, S, vom 25. August 2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. August 2008, GZ VerkR96-1986-2008-Pm/Pi, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), zu Recht:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

 

 

II.              Die Berufungswerberin hat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.:§§ 65 und 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über die nunmehrige Berufungswerberin das in der Präambel zitierte Straferkenntnis vom 11. August 2008, GZ VerkR96-1986-2008-Pm/Pi, - auszugsweise - wie folgt erlassen:

           

"Sie wurden mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.11.2007 als Auskunftsperson aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das KFZ mit dem Kennzeichen am 20.07.2007 um 17.48 Uhr in der Gemeinde Enns auf der A1 bei km 156,810 in Richtung Salzburg gelenkt hat. Sie haben diese Auskunft nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erteilt.

 

Tatort: Gemeinde Linz, BH Linz-Land, Kärnterstr. 16, 4020 Linz.

Tatzeit: 03.12.2007 bis 17.12.2007

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 103 Abs.2 KFG

 

Fahrzeug: Kennzeichen, Personenkraftwagen M1,

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n)  verhängt:

Geldstrafe von                                      falls diese uneinbringlich ist,                              Gemäß                                                                         Ersatzfreiheitsstrafe von

          

150,00                   72 Stunden                                § 134 Abs.1 KFG

 

        

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

15,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 165,00 Euro."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis vom 11. August 2008, zugestellt am 14. August 2008, richtet sich die durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter am 26. August 2008 – und somit rechtzeitig – per Telefax bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingebrachte mit 25. August 2008 datierte Berufung.

 

Darin vertritt die Berufungswerberin im Wesentlichen die Auffassung, dass die Bestrafung wegen nicht ordnungsgemäßer Beantwortung der Lenkeranfrage gegen das Recht nach Art. 6 Abs.1 EMRK, zu schweigen, um sich nicht selbst zu bezichtigen, verstöße. Zunächst sei gegen sie ein Strafverfahren wegen des Grunddeliktes eingeleitet worden und erst dann eine Lenkeranfrage nach § 103 Abs.2 KFG erfolgt. Dementsprechend sei sie nicht verpflichtet gewesen, die Anfrage zu beantworten und liege daher auch kein Verstoß gegen die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG vor. Sie beantragte die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ist somit die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, wobei dieser, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land

 

4.1. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil keine Partei die Durchführung einer solchen beantragt hat bzw. auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Firma M, mit Sitz in S, N, als Zulassungsbesitzerin des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen mit Schreiben vom 6. August 2007 aufgefordert, Auskunft darüber zu erteilen, wer am 20. Juli 2007 um 17.48 Uhr den angesprochenen Personenkraftwagen gelenkt habe.

 

Dieser Aufforderung lag eine Anzeige der Landesverkehrsabteilung für Oberösterreich vom 31. Juli 2007 zugrunde, wonach der/die unbekannt/e Lenker/in des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen am 20. Juli 2007 um 17.48 Uhr in Enns, auf der Autobahn A1, bei km 156,810 in Fahrtrichtung Salzburg eine Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs.1 IG-L iVm § 3 Abs.1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, LGBl. Nr. 2/2007 begangen haben soll. Konkret sei die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 39 km/h (nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz) überschritten worden.

 

Seitens der Zulassungsbesitzerin wurde mit Eingabe vom 24. August 2007 mitgeteilt, dass der Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen zum angefragten Zeitpunkt an Frau Mag. Dr. S M, A, B vermietet war. Allerdings könne nicht gesagt werden, ob die Genannte das Fahrzeug auch persönlich gelenkt habe.

 

Nach der Beeinspruchung der an die Berufungswerberin ergangenen Strafverfügung vom 6. September 2007, GZ UR96-6937-2007, wegen des Verdachtes der Begehung des angezeigten Grunddeliktes nach dem IG-L, wurde die Berufungswerberin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als vom Zulassungsbesitzer bekanntgegebene Auskunftsperson aufgefordert, binnen  zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen am 20. Juli 2007 um 17.48 Uhr im Gemeindegebiet Enns, auf der A1, Strkm. 156,810 in Richtung Salzburg gelenkt habe.

 

Die Berufungswerberin hat in der Folge auf die Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land keine Lenkerauskunft erteilt.

 

Am 7. März 2008 wurde gegen die Berufungswerberin eine Strafverfügung wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG und schließlich – nach Einspruchserhebung - am 11. August 2008 das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

6. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

 

6.1. § 103 Abs.2 KFG lautet:

 

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Gemäß § 103a Abs.1 Z3 KFG hat bei der Vermietung eines Fahrzeuges ohne Beistellung eines Lenkers der Mieter die im § 103 Abs.2 angeführten Pflichten anstelle des Zulassungsbesitzers zu erfüllen.

 

Gemäß § 103a Abs.2 KFG gilt § 103 Abs.2 sinngemäß für die Erteilung der Auskunft hinsichtlich der Person eines Mieters gemäß Abs.1.

 

6.2. Die Berufungswerberin war nach Auskunft der Zulassungsbesitzerin – der M, N, S -  Mieterin des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen zum angefragten Zeitpunkt.

 

Der wesentliche Inhalt des Schreibens vom 24. August 2007 der Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges lautet:

 

"Der Pkw mit dem pol. Kz.: war zum angefragten Zeitpunkt an Frau Mag. Dr. S M, A, B, vermietet.

 

Wir können allerdings nicht sagen, ob Frau Dr. M das Fahrzeug auch persönlich gelenkt hat."

 

Mit dieser Auskunft, das Fahrzeug zu dem in der Anfrage angeführten Zeitpunkt an die namentlich genannte Berufungswerberin vermietet zu haben, brachte die Zulassungsbesitzerin - ohne weitere Angaben - auch zum Ausdruck, dass das Fahrzeug ohne Beistellung eines Lenkers vermietet war, weil bei der Vermietung mit Lenkerbeistellung die Zulassungsbesitzerin zur Bekanntgabe des Lenkers des Fahrzeuges verpflichtet gewesen wäre (vgl. dazu insbesondere auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - z.B. VwGH 19. Juni 1991, 90/03/0164 uva.).

 

Mit der an die nunmehrige Berufungswerberin zuhanden ihrer Rechtsvertretung gerichteten Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe vom 27. November 2007, AZ UR96-6937-2007/Pm, zugestellt am 3. Dezember 2007, fragte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Berufungswerberin im Sinne des § 103 Abs.2 KFG als die von der Zulassungsbesitzerin bekanntgegebene Auskunftsperson, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen zur bestimmten Zeit am bestimmten Ort gelenkt habe.

 

Im Hinblick auf den konkreten Inhalt der Auskunft der Zulassungsbesitzerin vom 24. August 2007 hätte die Berufungswerberin aber in ihrer Eigenschaft als Mieterin des Fahrzeuges gemäß § 103a Abs.1 Z3 KFG in Verbindung mit § 103 Abs.2 leg. cit. befragt und im Falle des Unterlassens der Lenkerbekanntgabe auch als Mieterin nach § 103a Abs.1 Z3 in Zusammenhalt mit § 103 Abs.2 KFG bestraft werden müssen (vgl. z.B. VwGH  25. April 1990, 90/03/0010, mit weiteren Judikaturhinweisen).

 

Es war keine Grundlage dafür gegeben, gegen die Berufungswerberin als die von der Zulassungsbesitzerin "bekanntgegebene Auskunftsperson" gemäß § 103 Abs.2 KFG vorzugehen. In Anbetracht dessen, dass die erstinstanzliche Behörde dies verkannt hat, war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen. Es erübrigte sich daher auch auf die konkreten Sachvorbringen der Berufungswerberin einzugehen.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten. 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

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