Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100092/2/Gu/Ka

Linz, 20.09.1991

VwSen - 100092/2/Gu/Ka Linz, am 20. September 1991 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Johann Fragner und durch den Berichter Dr. Hans Guschlbauer sowie den Stimmführer Dr. Alfred Grof über die Berufung des F J P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T W, gegen das mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. Juni 1991, VerkR 96/1779/1991/B, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 auferlegte Strafausmaß zu Recht:

1. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und das Ausmaß der Geldstrafe auf 15.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Tage herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V. mit §§ 19, 24 und 51 Abs.1 VStG.

2. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz wird auf 1.500 S herabgesetzt. Ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: §§ 64 Abs.2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verletzung des § 5 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 in Anwendung des § 99 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 18.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen verhängt, weil er am 2. Mai 1991 um 3.30 Uhr den PKW BMW 323 mit dem deutschen Kennzeichen auf der T in Braunau am Inn in Richtung stadtauswärts gelenkt hat und sich um 3.51 Uhr am Ort der Anhaltung nächst dem Hause T in Braunau am Inn gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, die Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Die belangte Behörde begründet das angefochtene Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß der Sachverhalt durch die dienstliche Wahrnehmung zweier Gendarmeriebeamter erwiesen sei, zumal der Beschuldigte trotz Gelegenheit, sich zu rechtfertigen, keinen Gebrauch davon gemacht habe.

1.2. Bezüglich der Strafbemessung hat die belangte Behörde dem angefochtenen Straferkenntnis ein Monatseinkommen von 2.000 DM, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrundegelegt, eine einschlägige Verwaltungsvormerkung aus dem Jahre 1989 (offenbar von der belangten Behörde am 24. April 1989 zu Zl. VerkR 96/13701/1989 ergangen, den § 5 Abs.1 i.V. mit § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 betreffend und eine Geldstrafe von 13.000 S beeinhaltend) als erschwerend gewertet. Mildernde Umstände seien nicht bekannt und daher auch nicht berücksichtigt worden.

Sie begründet die Strafhöhe insbesondere damit, daß vor allem die Verweigerung des Alkotestes einen schweren Verstoß gegen die Interessen darstelle, deren Schutz die Strafdrohung des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 diene, weil dadurch die im Interesse der Allgemeinheit liegende Überprüfung auf eventuelle Alkoholisierung eines Fahrzeuglenkers verhindert werde.

Die Tat schädige daher in erheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, weshalb der Unrechtsgehalt selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen als schwerwiegend zu bezeichnen sei. Als Verschuldensgrad sei Fahrlässigkeit anzulasten.

Da die wegen Übertretung des § 5 StVO 1960 verhängte Geldstrafe den Beschuldigten nicht habe abhalten können, eine weitere Übertretung gleicher Art zu begehen, sei die Strafe vor allem aus spezialpräventiven Gründen in dieser Höhe geboten. Darüber hinaus solle durchaus gegenüber der Allgemeinheit eine abschreckende Wirkung erzielt werden.

2. Der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber macht in seiner Berufung geltend, daß die erstinstanzlichen Ausführungen zur Strafbemessung bezüglich der Verweigerung des Alkotestes als schwerer Verstoß gegen diejenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung des § 99 Abs.1 lit.b StVO dient, nämlich die im Interesse der Allgemeinheit liegende Überprüfung auf eine eventuelle Alkoholisierung eines Fahrzeuglenkers zu ermöglichen, im Ergebnis nicht rechtens sei, weil der Schutzzweck ohnedies bereits im Strafrahmen berücksichtigt worden sei. Falls nicht nähere Begleitumstände dargetan würden - wie dies auch im angefochtenen Straferkenntnis unterblieb -, sei damit kein geeignetes Kriterium für die Strafbemessung im Einzelfall gegeben; er verweist in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1990, 89/03/0027.

Das Interesse an einer Überprüfung auf eine eventuelle Alkoholisierung sei im vorliegenden Fall nicht erheblich geschädigt worden, zumal immerhin eine Messung mittels Alkomaten erfolgreich verlaufen sei. Er habe insgesamt fünfmal in den Alkomaten hineingeblasen und es sei dem Beschuldigten nicht klar, warum bei der ersten Messung ein Ergebnis vorlag, bei den weiteren vier nicht. Er habe auch beim zweiten bis zum fünften Mal genauso hineingeblasen wie beim ersten Mal. Er habe den Alkotest nicht verweigern wollen; der Schuldgehalt der ihm zur Last gelegten Übertretung sei daher als gering zu bewerten.

Er konzediere, daß er wegen eines Vorfalls im Jahre 1989 von der Bezirkshauptmannschaft Braunau wegen einer Übertretung des § 99 Abs.1 StVO mit 11.000 S (richtig wohl 13.000 S) bestraft worden sei.

Dieser Umstand sei von der belangten Behörde zur Begründung der Spezialprävention herangzogen worden.

Im übrigen habe die belangte Behörde der Strafbemessung weder einen Straferschwerungs- noch einen Strafmilderungsgrund zugrundegelegt. Eine Umdeutung der einschlägigen Verwaltungsvorstrafe aus dem Jahre 1989 sei verwehrt, da die Erstbehörde diesen Umstand bereits im Rahmen der Spezialprävention berücksichtigt habe. Darum dürfe diese nicht mehr auch als Erschwerungsgrund herangezogen werden, weil damit eine Doppelverwertung stattfinde.

Im übrigen reklamiert der Beschuldigte für sich infolge Nichtbestreitens des Tatvorwurfes ein reumütiges Geständnis, wodurch wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen worden sei.

Die Tat habe keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen und er habe sich seit der letzten Abstrafung wohlverhalten. Zur Tat selbst sei es gekommen, weil er einen Bekannten auf dessen Drängen hin mitgenommen habe.

Es lägen daher die besonderen Strafmilderungsgründe des § 34 Z.3 bzw. 4, Z.7, Z.13, Z.17 und Z.18 StGB vor. Infolge Nichtvorliegens eines Erschwerungsgrundes sei § 20 VStG anwendbar und beantragt der Beschuldigte unter diesem Hinweis die wesentliche Herabsetzung der Strafe.

3. Die Verfahrensparteien haben keine mündliche Verhandlung beantragt. Die Aktenlage erforderte keine zusätzliche Beweisaufnahme, wodurch über die rechtzeitige Berufung schriftlich entschieden werden konnte.

4. Hiebei hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der Berufungswerber verkennt das Wesen des Doppelverwertungsverbotes, wenn er meint, daß die auf der gleichen Neigung beruhende Vorstrafe angesichts der Würdigung für die Spezialprävention nicht als Straferschwerungsgrund gewertet werden dürfe. Das Doppelverwertungsverbot hat zum Inhalt, daß Erschwerungsund Milderungsgründe, die schon die Strafdrohung bestimmen, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (vgl. Foregger-Serini, StGB, Wien, 1988, Seite 117 und Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 1990, Seite 792). Dies kann der belangten Behörde nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Nachdem es der Beschuldigte im erstinstanzlichen Verfahren an der Mitwirkung hat fehlen lassen und der belangten Behörde strafmildernde Umstände nicht bekannt und demzufolge auch nicht berücksichtigt wurden, ist der Berufungswerber durch die dementsprechende Feststellung der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht beschwert, zumal auch im Berufungsverfahren keine solchen festzustellen waren.

Der unabhängige Verwaltungssenat konnte in der Beförderung eines Trinkkumpanes um 3 Uhr in der Früh in ein Gasthaus, ungeachtet der Möglichkeit, das weitere Trinken zu unterlassen oder sich zumindest von jemand Fahrtüchtigen (Taxi) befördern zu lassen und der anschließenden Verweigerung des Alkotestes durch Vereitelung der Messung keinen achtenswerten Beweggrund oder das Begehen einer Tat unter Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam erblicken (§ 34 Z.3 und 4 StGB). Ebenfalls unverständlich erscheint, worin trotz fünfmaligen Blasens bei allerdings vier ungültigen Versuchen eine Unbesonnenheit erblickt werden kann (§ 34 Z.7 leg.cit).

Daß trotz Vollendung der Tat infolge Ausbleibens eines zweiten gültigen Versuches kein Schaden entstanden sei, kann mangels Erkennbarkeit der Möglichkeit eines solchen bei der Übertretung nach § 5 Abs.2 StVO 1960 keinen Milderungsgrund bilden (VwGH 28.9.1988, 88/02/0108, 28.9.1988, 88/20/0109). Der Hinweis auf das rechtswidrige Nichtanführen eines solchen Milderungsgrundes geht daher ins Leere.

Was das geltend gemachte reumütige Geständnis anlangt, ist festzuhalten, daß der Beschuldigte die Gelegenheit zur Rechtfertigung nicht wahrgenommen hat und in der Berufung lediglich sein Unverständnis zum Ausdruck gebracht hat, warum beim ersten Mal ein Ergebnis zustande kam, bei den weiteren Blaseversuchen jedoch nicht.

Von einer Reumut kann daher keine Rede sein.

Angesichts der erdrückenden Beweislage durch das Vorhandensein von zwei qualifizierten Meldungslegern konnte in dem zur Schau getragenen Erstaunen kein wesentlicher Schritt zur Wahrheitsfindung erblickt werden. Schließlich ist zum geltend gemachten Wohlverhalten zu bemerken, daß die belangte Behörde richtigerweise eine einschlägige Abstrafung - und zwar vom 24. April 1989 als Erschwerungsgrund als bedeutsam erachtet hat, nachdem ein weiterer Vorfall der Verweigerung vom 31. März 1991 nicht erwiesen werden konnte.

Damit ein Wohlverhalten als Milderungsgrund zählt, muß dieses schon längere Zeit angedauert haben, wobei ein Zeitraum von ungefähr zwei Jahren nicht genügt (VwGH 28.9.1988, 88/02/0109).

Bei der Gewichtung der Schuld hat die belangte Behörde auf Fahrlässigkeit abgestellt. Nachdem fünf Blaseversuche stattfanden, wobei einer ein Meßergebnis von 0,83 mg/l Atemluftalkoholgehalt erbrachte, ein zweites brauchbares Meßergebnis jedoch ausblieb, wurde die Art des Verschuldens nicht zum Nachteil des Beschuldigten ausgelegt. Allerdings hat die belangte Behörde die Verweigerung des Alkotestes als einen schweren Verstoß gegen diejenigen Interessen dargestellt, deren Schutz die Strafdrohung des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 dient und die Tat infolge erheblicher Schädigung des an der Verkehrssicherheit bestehenden öffentlichen Interesses als schwerwiegend gewertet. Nähere Umstände, warum eine solche erhebliche Schädigung eingetreten sei, hat sie nicht aufgezeigt und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Mit dieser Fehlgewichtung ist der Berufungswerber unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.1.1990, 89/03/0027, im Recht, nachdem die Schwere der Tat bereits im Strafrahmen ihren Niederschlag gefunden hat.

Aus diesem Grunde war, da das angefochtene Straferkenntnis im übrigen Bestand hatte und die Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse unbestritten geblieben sind sowie vom Vorliegen von gewichtigen Gründen, die die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes rechtfertigen würden, keine Rede sein kann, die Geldstrafe und auch die Ersatzfreiheitsstrafe auf das im Spruch zitierte Maß herabzusetzen.

Wie die belangte Behörde schon zutreffend begründet hat, muß dem Beschuldigten durch die entsprechende Strafhöhe vor Augen geführt werden, künftig von Alkoholdelikten Abstand zu nehmen. Diese Prognose ist nur durch das im Spruch verhängte Maß zu rechtfertigen, nachdem die letzte verhängte Geldstrafe im Betrag von 13.000 S nicht ausreichend gewirkt hat.

Hinsichtlich der Kosten war entsprechend der Herabsetzung der Strafe der Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren entsprechend anzupassen.

Der teilweise Erfolg der Berufung befreit den Berufungswerber gemäß § 65 VStG von einem Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r Dr. Guschlbauer Dr. G r o f

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