Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150683/8/Lg/Hue

Linz, 02.12.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 10. November 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des S T, L, L, vertreten durch Rechtsanwälte F & A, L, G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 30. Juni 2008, Zl. BauR96-90-2006, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er am 21. April 2006 um 10.55 Uhr als Lenker eines mehrspurigen Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen die Innkreisautobahn A8 bei km 74.293 benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

2. In der Berufung wurde auf die Stellungnahme im Einspruch verwiesen und vom Vertreter des Bw vorgebracht, dass das allfällige Verschulden des Bw als gering und die Tat als folgenlos angesehen werden könne, sodass – wie dies auch Spruchpraxis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Niederösterreich (vgl. Zl. Senat-ME-07-2007) sei – eine Ermahnung zu erteilen sei. Zudem sei die verhängte Strafe im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw bei Weitem überhöht anzusehen.

 

Beantragt wurde die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe.   

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 2. Juni 2006 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 25. April 2006 die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden. 

 

Nach Strafverfügung vom 6. Juli 2006 brachte der Bw vor, dass die Einstellung der GO-Box grundsätzlich der Chef vorgenommen habe. Der Bw sei davon ausgegangen, dass diese Einstellungen richtig gewesen seien und er habe daran nichts geändert. Wenn die Zahlung oder die Einstellung unrichtig gewesen sein sollte, könne dies nur an einer Fehlfunktion der GO-Box gelegen haben. Informierte Vertreter des damaligen Arbeitgebers des Bw können zum Sachverhalt befragt werden. Abschließend legte der Bw seine Einkommenssituation dar.

 

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 informierte der Vertreter des Bw die Erstbehörde, dass für 9. Februar 2007 eine öffentliche mündliche Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat (Anmerkung: in analogen Fällen des Bw; vgl. VwSen-150485 und VwSen-150486) anberaumt worden sei und ersuchte um Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung. Zudem sei der Arbeitgeber des Bw kurz nach den Vorfällen in Konkurs gegangen, weshalb sicher auch deshalb Unregelmäßigkeiten vorgelegen seinen, die nicht zulasten des Bw gehen dürfen.

 

Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG der belangten Behörde am 26. Februar 2007 eine Einzelleistungsinformation.

 

Der Vertreter des Bw kündigte mittels E-Mail vom 5. März 2007 an die Erstbehörde an, ihr eine Kopie der beim Unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Verwaltungsakten zukommen zu lassen.

Auf Nachfrage teilte der Vertreter des Bw der belangten Behörde am 24. Jänner 2008 telefonisch mit, dass der Oö. Verwaltungssenat die Berufungen abgewiesen hätte und kündigte eine weitere Stellungnahme an.

Eine Stellungnahme ist bei der Erstbehörde jedoch nicht eingelangt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Verhandlungsleiter zunächst festgestellt, dass der Vertreter des Bw nicht erschienen ist. Der zur Verhandlung erschienene Bw rief während der Verhandlung seinen Rechtsvertreter an. Dieser erklärte telefonisch dem Verhandlungsleiter, er habe mit dem Bw vereinbart, nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Verhandlung zu kommen. Da sich der Bw bei ihm nicht mehr gemeldet hätte, sei der Rechtsvertreter davon ausgegangen, dass der Ladungstermin für ihn hinfällig sei. Die Mandantschaft sei aber noch aufrecht. Nach Gesprächsübergabe wurde die Situation vom Bw dahingehend geklärt, dass der Rechtsanwalt nicht erscheinen wird, da dieser der Auffassung ist, das Wesentliche bereits vorgebracht zu haben.

 

Der Bw erklärte, die GO-Box sei von seinem Chef wie immer eingestellt worden. Er könne sich nicht erklären, weshalb zwar die Signale in Ordnung gewesen seien, nicht jedoch die Abbuchung. Nach Straferhalt habe der Bw die GO-Box seinem Chef gebracht. Von diesem wurde festgestellt, dass die Box in Ordnung sei. Da der Bw die GO-Box nicht sofort zurückbekommen habe, habe der Chef offensichtlich Zeit gehabt, die GO-Box überprüfen zu lassen. Erst nach dieser Strafe sei der Bw vom Chef darüber aufgeklärt worden, dass ein Umstellen der Achsenzahl bei der Box erforderlich sei. Zum Tatzeitpunkt sei dies dem Bw unbekannt gewesen.

Der Bw beklagte sich darüber, ungefähr 5 Strafen bekommen zu haben. Diese Strafsumme sei für ihn unerschwinglich, da er derzeit arbeitslos sei. Da der vorherige Arbeitgeber in Konkurs gegangen sei, seien von dort noch Löhne ausständig.

 

Der Bw erklärte sich damit einverstanden, dass das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen aus dem Akt VwSen-150485 als verlesen gilt. Dazu habe der Bw keine zusätzlichen Fragen.

 

Das vorgenannte Gutachten wurde im Erkenntnis, Zl. VwSen-150485, vom 17. April 2007 wie folgt zusammengefasst:

"Auf die Frage, ob es möglich sei, dass die GO-Box oder der Mautbalken im gegenständlichen Fall nicht funktioniert habe, da der Bw behauptet, die GO-Box sei richtig eingestellt gewesen, erklärte der Sachverständige:

´Aus technischer Sicht ist festzustellen, dass für die gegenständliche GO-Box die vom Mautbetreiber ausgegeben wird, eine Konformitätserklärung vorliegt. Diese Konformitätserklärung umfasst alle Prüfungen die dem Stand der Technik entsprechen, die für ein Nahfeldkommunikationssystem (österreichisches Mautsystem) erforderlich sind. Darin gibt es eigene Prüfungen für die GO-Box und eigene Prüfungen für das Mautbalkensystem sowie eigene Prüfungen für die Kommunikation zwischen GO-Box und Mautbalken. Es kann also als erwiesen angesehen werden, dass entsprechend der Konformitätserklärung alle dem Stand der Technik erforderlichen Prüfungen nachgewiesen und erfüllt wurden.

 

Weiters gab es vor Inbetriebnahme des österreichischen Mautsystems eine sechsmonatige Probephase. In dieser Probephase sind Fehler aufgetreten, die nach einer Analyse auf Bedienungsfehler bzw. auf eine falsche Anbringung der GO-Box zurückzuführen waren. Vom Amt der Oö. Landesregierung – die ebenfalls LKWs betreibt – wurden Eigenversuche durchgeführt und es wurden "Worst-Case-Fälle" simuliert, rasches Beschleunigen, rasches Verzögern, hohe Querbeschleunigung, Überfahren von Eisenbahnschienen und Schlaglöchern, um eine mögliche Verstellung der eingestellten Achsenanzahl zu provozieren. Dabei konnte keine Verstellung oder Einschränkung der Funktion der GO-Box beobachtet werden. Wie weiters klar ist, kann durch an Bord befindliche übliche Geräte (Kaffeemaschine, CD-Player, GPS, etc.) keine Einschränkung oder Beeinflussung der Kommunikation zwischen GO-Box und Mautbalken entstehen, da diese in einem anderen Frequenzbereich arbeiten. Was nicht ausgeschlossen werden kann, ist, dass es durch ein nicht zugelassenes Gerät zu einer Störung der Kommunikation zwischen GO-Box und Mautbalken kommt. In diesem Fall kommt es aber zu einer Nichtabbuchung und nicht zu einer Fehlabbuchung. Das System ist so konstruiert, dass, wenn kein vollständiger Datensatz, der mit einem 16Bit-Code verschlüsselt ist, an das Mautbalkensystem übermittelt wird, die Kommunikation noch einmal aufgebaut wird, solange sich das Fahrzeug im Empfangsbereich des Balkens befindet. Wenn es innerhalb dieser Zeit (da spricht man von einer Zeit von ca. 0,3 Sekunden) zu keinem weiteren Aufbau kommt, dann wird die Kommunikation abgebrochen und es wird de facto keine Abbuchung durchgeführt. Diese Möglichkeit besteht, dass durch nicht zugelassene Geräte, die im Mikrowellenbereich arbeiten oder nicht zugelassene Funkgeräte, die in einem nicht definierten oder nicht bekannten Frequenzbereich arbeiten (die zum Beispiel aus Taiwan oder aus dem Fernen Osten importiert werden) und an sich keine Zulassung haben, die können unter Umständen das Mautsystem beeinflussen. Aber nur in der Weise, dass es zu keiner Abbuchung kommt. Eine Fehlabbuchung z.B. einer eingestellten Achsen­anzahl von vier, dass nur beispielsweise die Achsenanzahl zwei oder drei abgebucht wird, kann aufgrund der Verschlüsselung der Kommunikation zwischen GO-Box und Mautbalken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. In Bezug auf die gestellte Frage der Rechtsvertretung, wie die GO-Box aufgebaut wird bzw. welche theoretischen Störfälle es gibt, ist aus technischer Sicht festzustellen, dass die GO-Box aus einer Platine besteht und zwischen den elektronischen Schaltelementen keine Drahtleitungen vorhanden sind, sondern die Leitungen sind in die Platine eingeritzt. Wenn man davon ausgeht, dass durch eine fehlerhafte Platine Kriechströme entstehen, die zu einer Fehlfunktion der GO-Box führen, so wäre das grundsätzlich nicht auszuschließen, das ist aber sozusagen auf einen Fertigungsmangel zurückzuführen und dieser Mangel würde permanent (zeitlich unabhängig) bestehen und würde sich auf keinen Fall selber reparieren. Wenn also eine GO-Box eine derartige Fehlfunktion hat, dann würde sie permanent falsche Abbuchungen und nicht zwischendurch korrekte Abbuchungen liefern. Aufgrund der konstruktiven Ausführung der GO-Box, in der die Achsenverstellung mit einem massebehafteten Schalter mit kleiner Masse passiert, ist auch dezidiert auszuschließen, dass aufgrund von Massenträgheitsmomenten, die im Zuge eines Ausweichmanövers, Beschleunigungsmanövers, Überfahren eines Schlagloches etc. entstehen, es zu einem unbeabsichtigten Drücken dieses Schalters kommt, welches aufgrund der Massenkräfte, die dann – wenn diese Kraft länger als zwei Sekunden anhalten würde – zu einer Achsenverstellung führen würde. In Versuchen konnte das nachgewiesen werden, dass diese Gefahr nicht besteht und aufgrund dieser geringen Massenbeaufschlagung des Schalters sind die wirkenden Massenkräfte minimal. Außerdem ist nicht eine kurzfristige Einwirkung der Kraft notwendig, sondern zumindest eine Einwirkung über länger als zwei Sekunden. Es konnte in der Praxis bei zwei Versuchen, die dieses Verhalten provozierten, nicht beobachtet werden.`"

 

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafe.

 

 

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker war und die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden ist.

 

Zum Vorbringen des Bw, sein (ehemaliger) Chef habe – wie immer – die GO-Box eingestellt, wird unter Hinweis auf die Punkte 8.2.2 und 8.2.4.2 der Mautordnung entgegnet, dass sich der Lenker vor jedem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box zu vergewissern hat. Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gem. Punkt 8.2.2. Der Bw ist – unbestritten – dieser Lenkerpflicht nicht nachgekommen, weshalb er den Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

 

Die Behauptung, die Achsenzahl bei der GO-Box sei korrekt eingestellt gewesen, kann der Bw nicht durch eigene Wahrnehmung untermauern, da er eine entsprechende (und vorgeschriebene) Überprüfung nicht vorgenommen hat.

 

Wenn vom Bw ein technischer Defekt des Mautsystems vom Bw vermutet wird, ist auf die Aussagen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen, an dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keine Zweifel hat und dem der Bw nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist, ergibt sich, dass bei Einhaltung der Mautordnung, mit der darin vorgesehenen Mitwirkung des Lenkers, mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit ein selbständiges Verstellen der Achsenzahl bei der GO-Box ausgeschlossen werden kann und die gegenständliche GO-Box technisch einwandfrei funktioniert hat.

Damit wurde die Behauptung des Bw einer korrekt eingestellten GO-Box widerlegt.

 

Dem Bw ist deshalb vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die geänderte Achsenzahl nicht korrekt umgestellt hat bzw. er seiner Verpflichtung zur Überprüfung der eingestellten Kategorie bei der GO-Box iSd Punktes 8.2.2 der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist, weshalb es zu einer Reihe von Verwaltungsübertretungen gekommen ist.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls geltend gemachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Auch eine möglicherweise vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box würde nicht entschuldigend wirken, da der Lenker verpflichtet ist, sich auch mit den faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor jedem Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen bzw. korrekt umzustellen bzw. er sich über die Bedienungsvorschriften der GO-Box nicht informiert hat.

 

Der Bw vermeint, dass die verhängte Geldstrafe aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse als bei Weitem zu hoch anzusehen sei. Dazu ist festzuhalten, dass gegenständlich von der belangten Behörde die Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse unbedeutend sind. Wenn der Bw – vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilte – verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Mindeststrafe hegt, ist er auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen.

Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Dass diese finanzielle Situation durch eine Reihe weiterer einschlägiger Verwaltungsstrafen mitbedingt ist, kann sich für den Bw nicht im Sinne eines Arguments für die Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auswirken. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit zum Zeitpunkt der Tat als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch und der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Fehleinstellung der GO-Box als nicht geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht darstellt. Dazu kommt, dass nach Aktenlage (vgl. VwSen-150618, 150619, 150485 und 150486) und eigenem Vorbringen des Bw Übertretungen des BStMG in mehreren Fällen und an verschiedenen Tagen begangen wurde, was auf einen gewissen Mangel im Bemühen bei der Einhaltung der Sorgfaltspflicht schließen lässt und sohin den Grad des Verschuldens mitbestimmt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

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