Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251837/11/Kü/Ba

Linz, 27.11.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat sein Mitglied  Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn J S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J K, Dr. C H, D, R, vom 19. Mai 2008 gegen Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29. April 2008, BZ-Pol-76043-2006, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. Oktober 2008 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Betrag von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 400 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29. April 2008, BZ-Pol-76043-2006, wurde über den Berufungswerber im Spruchpunkt 5. wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als Obmann und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der L M registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung (Arbeitgeberin), S, W, zu verantworten, dass durch diese Firma die polnischen Staatsbürger

1.      .....

2.      .....

3.      .....

4.      .....

5.      S J, geb., zumindest am 18.09.2006

in den Betriebsräumen der L M, an oben genannter Adresse, mit der Palettensortierung beschäftigt wurden, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes G W und der Stellungnahme vom 27.3.2008) als erwiesen anzusehen sei. Der Beschuldigte hätte die Pflicht, sich mit den auf dem Gebiete seines Berufes erlassenen Vorschriften – bei der Beschäftigung von Ausländern über die Bestimmungen des AuslBG – laufend vertraut zu machen.

Die Glaubhaftmachung im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, dass den Beschuldigten an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sei durch die Rechtfertigung vom 21.11.2006 nicht gelungen und auch die objektive Tatseite als gegeben zu erachten.

Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Die verhängte Strafe würde auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse als angemessen erscheinen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber Obmann der Firma L M reg. Gen.m.b.H. sei, welche mit der Firma A GmbH einen Werkvertrag über Dienstleistungen abgeschlossen habe. Nach dem Inhalt dieses Vertrages sei die Firma A GmbH Auftragnehmer der L M reg. Gen.m.b.H.

 

Zunächst sei zu rügen, dass von der Behörde keine Feststellungen getroffen worden seien. Auf den Seiten 2 bis 4 würden jeweils nur die Darstellungen von ihm und seitens des Anzeigers wiedergegeben. Folglich habe sich die Behörde auch nicht mit den Argumenten in der Stellungnahme vom 21.11.2006 auseinandergesetzt.

 

Die Firma L M reg. Gen.m.b.H. hat mit der Firma A GmbH einen Werkvertrag über Dienstleistungen in den Bereichen Konfektion, Kommissionierung und Sortierung abgeschlossen. Die Firma A habe es übernommen, auf dem Firmengelände der L M reg. Gen.m.b.H. Paletten mit verschiedenen Waren, welche von der L M reg. Gen.m.b.H. hergestellt würden, zu mischen und nach den Kundenwünschen (verschiedene Märkte) zu verpacken. Die Firma L M reg. Gen.m.b.H. stelle allein den Raum zur Verfügung. Die Aufsicht und Weisungsbefugnis über allfällige eingesetzte Arbeitnehmer würden beim Vertragspartner A GmbH liegen. Dieser könne die Leistungen entweder selbst ausführen oder durch eigene Mitarbeiter ausführen lassen oder durch Dritte ausführen lassen.

 

Die Firma A GmbH führe eine Veredelung der von der L M reg. Gen.m.b.H. hergestellten Produkte durch. Nach Kundenwünschen würden von der Firma A GmbH Paletten in einem bestimmten Warenverhältnis zusammengestellt, abgewickelt und mit Kantenschutz versehen und sodann für die Auslieferung bereitgestellt. Keinesfalls liege eine organisatorische Eingliederung von Mitarbeitern der Firma A GmbH in die Firma L M reg. Gen.m.b.H. vor. Diesbezüglich ist auf § 1 Z 3 des Werkvertrages zu verweisen, wo angeführt sei, dass Räume von 0.00 bis 24.00 Uhr von Montag bis Sonntag zur Verfügung stehen würden. Die Einsätze innerhalb dieser Regelschichtzeiten seien allerdings vom Auftragnehmer eigenverantwortlich zu koordinieren. Aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung haftet der Auftragnehmer, also die Firma A GmbH für die Erbringung ihrer Leistung. Berücksichtige man all diese Umstände, so hätte die Behörde im Sinne des § 4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz zur Auffassung gelangen müssen, dass keine Überlassung von Arbeitskräften vorgelegen sei.

 

Außerdem fehle es dem Berufungswerber am Verschulden. Im Werkvertrag sei ausdrücklich festgehalten, dass die Auswahl des Personals dem Auftragnehmer obliege. Der Vertragspartner A GmbH sei aufgrund der getroffenen Vereinbarung gar nicht verpflichtet gewesen, bekanntzugeben, welcher Personen sie sich bei der Ausführung des Werkvertrages bediene. Die Firma A GmbH habe ihrerseits einen Werkvertrag (Subvertrag) mit der Firma A GmbH in H abgeschlossen und sei diese für die gesamte operative Abwicklung zuständig gewesen. Entgegen der Vereinbarung zwischen der Firma A GmbH und der Firma A GmbH habe diese weitere Subverträge mit polnischen Ich-AG's abgeschlossen, obwohl dies im Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Dieser Umstand sei nicht einmal dem Geschäftsführer der Firma A I GmbH bekannt gewesen, geschweige denn sei dem Berufungswerber dieser Umstand bekannt. Hätte er gewusst, dass hier polnische Ich-AG's tätig seien, hätte er hier natürlich näher nachgeforscht.

 

Laut Strafantrag des Zollamtes W sei die Kontrolle in den Betriebsräumen der Firma L M reg. Gen.m.b.H. ordnungsgemäß angemeldet gewesen. Wäre er tatsächlich subjektiv der Auffassung gewesen, dass es hier Probleme geben könnte, so hätte er natürlich diese polnischen Staatsbürger weggeschickt bzw. seinen Vertragspartner angewiesen, diese wegzuschicken. Dieser Umstand zeige, dass der Berufungswerber ein reines Gewissen gehabt hätte.

 

Vorsichtshalber würde auch gerügt, dass die verhängten Strafen wesentlich zu hoch seien. Maximal hätte die Mindeststrafe verhängt werden dürfen.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat mit Schreiben vom 4.6.2008 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da im Spruchpunkt 5. des gegenständlichen Straferkenntnisses keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied  berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1. Oktober 2008. An dieser mündlichen Verhandlung haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Berufungswerber ist Obmann der L M reg. Gen.m.b.H. mit dem Sitz in S, W. An diesem Standort werden verschiedene Frischkäsesorten hergestellt. Das Personal der L M reg. Gen.m.b.H. arbeitet im Dreischichtbetrieb.

 

Die L M reg. Gen.m.b.H. hat am 14.2.2006 mit der Firma A GmbH, E, H, D, eine mit Werkvertrag überschriebene Vereinbarung über die "Konfektionierung 12er Steigen mit 2 Sorten" abgeschlossen. Zweck dieses Vertrages war, dass durch Personal der A GmbH verschiedene Frischkäsesorten entsprechend gemixt werden. Im Vertrag wurden die Aufgaben des Personals der Firma A GmbH wie folgt festgeschrieben:

-       Heranfahren der Paletten an den Arbeitsplatz aus einer geringen Entfernung

-         Mischen von sortenreinen Steigen in einem Verhältnis von 50 % einer Sorte mit 50 % einer anderen Sorte, d.h. aus zwei sortenreinen Paletten werden zwei gemischte Paletten konfektioniert

-       Aufpalettieren der gemischten Steigen

-       Anbringen des Kantenschutzes

-       Wickeln der gemischten Paletten mit einem Handwickler

-       Bereitstellung der fertigen Paletten.

 

Im § 6 Z 3 dieses Vertrages wurde vereinbart, dass der Auftragnehmer ausdrücklich bestätigt, dass nur gesetzlich angemeldetes Personal eingesetzt wird bzw. die vom Auftragnehmer eingesetzten Dritten ihrerseits eine entsprechende Erklärung für ihre Mitarbeiter abgeben.

 

Die Firma A GmbH hat sich zur Durchführung dieser vertraglichen Leistungen selbst der Firma A GmbH, C, H, bedient. Auch zwischen der Firma A GmbH und der Firma A GmbH wurde ein Werkvertrag abgeschlossen.

 

Am 18. September 2006 führten Beamte des Zollamtes W in den Betriebsräumen der L M reg. Gen.m.b.H. in W eine Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz durch. Bei dieser Kontrolle wurden 5 pol­nische Staatsangehörige angetroffen, die im Betrieb der L M reg. Gen.m.b.H. mit der Sortierung und Verpackung von Paletten beschäftigt gewesen sind.

 

Die polnischen Staatsangehörigen gaben übereinstimmend an, dass sie für die Firma A GmbH mit Sitz in H tätig sind und als Entlohnung 3,80 Euro pro sortierter Palette erhalten. Bei den polnischen Staatsangehörigen handelte es sich um

1.      B J, geb.,

2.  K H, geb.

3.      L R A, geb.,

4.      S J Z, geb.,

5.      S J, geb.

 

Herr B, Herr L und Frau S gaben an, seit 4. Mai 2006 beschäftigt zu sein, Herr K gab an, seit 25. August 2006 tätig zu sein und Herr S teilte bei der Kontrolle mit, ab dem Kontrolltag beschäftigt zu sein.

 

Von der L M reg. Gen.m.b.H. war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der A GmbH geplant, dass deren Personal am Ende der Betriebskette Arbeitsleistungen erbringt. Die von der L M reg. Gen.m.b.H. hergestellten Produkte werden in Paletten im Kühlraum zwischengelagert. Es handelt sich dabei noch um sortenreine Paletten. Aufgabe der Arbeitnehmer der A GmbH ist es gewesen, entsprechende Mischpaletten, welche den Wünschen der Kunden der L M reg. Gen.m.b.H. entsprechen, herzustellen. Den polnischen Arbeitern wurde vorgegeben, wo sie diese Tätigkeiten auszuführen haben. Am Anfang ihrer Arbeitsleistungen wurde von der L M reg. Gen.m.b.H. gezeigt, welche Tätigkeiten sie durchzuführen haben. Sämtliche Betriebseinrichtungen wie Sanitärräume und Aufenthaltsräume wurden von den polnischen Staatsangehörigen mitbenutzt. Die ausländischen Staatsangehörigen hatten die Hygienevorschriften der L M reg. Gen.m.b.H. einzuhalten. Die dazu notwendigen Kopfbedeckungen wurden den ausländischen Staatsangehörigen zur Verfügung gestellt. Spezielle Arbeitskleidung war in diesem Bereich nicht notwendig.

 

Von der Betriebsleitung der L M reg. Gen.m.b.H., und zwar vom Betriebsleiter bzw. Disponenten wurde am Vortag dem Vorarbeiter der ausländischen Arbeiter bekanntgegeben, welche Sortierungen am folgenden Tag vorzunehmen sind. Die Arbeitseinteilung der Ausländer selbst wurde von deren Vorarbeiter übernommen. Die ausländischen Arbeitnehmer haben die zu sortierenden Waren selbstständig aus dem Kühlraum der L M reg. Gen.m.b.H. geholt, haben in ihren Arbeitsbereichen die Sortierungen durchgeführt und dann den Kantenschutz und die Folien an den Paletten angebracht. Die fertig sortierten Paletten wurden von den Ausländern wieder in den Lagerraum der L M reg. Gen.m.b.H. gebracht.

Den ausländischen Staatsangehörigen wurde ein Zeitpunkt vorgegeben, zu dem die entsprechenden Paletten zur Auslieferung bereitgestellt werden mussten. Arbeitszeiten selbst wurden den Ausländern nicht vorgegeben. Die Hubwagen, die im Arbeitsbereich der Ausländer Verwendung gefunden haben, stammten von der L M reg. Gen.m.b.H., ebenso der Kantenschutz und die Folien, mit denen die geschlichteten Paletten gewickelt wurden.

 

Da die L M reg. Gen.m.b.H. im Dreischichtbetrieb arbeitet, war demnach auch immer Personal der L M reg. Gen.m.b.H. vor Ort. Personal der L M reg. Gen.m.b.H. selbst führt diese Sortierungen von Paletten nicht durch.

 

Die ausländischen Staatsangehörigen sind am Beginn ihrer Tätigkeiten nicht kontrolliert worden, von welcher Firma sie kommen bzw. ob sie die notwendigen Arbeitspapiere haben. Die L M reg. Gen.m.b.H. hat sich auf die Firma A und die im Vertrag vereinbarten Bedingungen verlassen. Es wurde nicht kontrolliert, ob die Arbeiter, welche die Palettenschlichtungen vorgenommen haben, Ausländer sind und ob die entsprechenden Papiere für die Arbeitsaufnahmen vorliegen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen des Berufungswerbers bzw. des Geschäftsführers der L M reg. Gen.m.b.H., welcher als Beistand des Berufungswerbers an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, und ist dem Grunde nach unbestritten geblieben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen  und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer  zu Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt steht zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber als Obmann der L M reg. Gen.m.b.H. das zur Vertretung nach außen berufene und somit iSd § 9 VStG verantwortliche Organ ist.

 

5.2. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d) nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungs­bewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungs­nachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Nach § 4 Abs.2 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) liegt Arbeitskräfte­überlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1.   kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2.   die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3.   organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4.   der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

5.2. Der Berufungswerber stützt sich im Wesentlichen darauf, dass keine Beschäftigung des Ausländers durch die L M reg. Gen.m.b.H. vorliegt, sondern ein Werkvertrag mit der A GmbH abgeschlossen wurde.

 

Zu diesem Vorbringen ist zunächst auf die Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes einzugehen. Im Erkenntnis vom 18.12.2006, Zl. 2005/09/0142, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig ist. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender, Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den gesamten Umständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenslage Gegenteiliges ergibt. Liegen etwa untergeordnete, im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf zu erbringende Arbeitsleistungen, die überdies der Erfüllung einer vom Werkbesteller übernommenen, zu dessen Betrieb gehörigen vertraglichen Verpflichtung dienten, vor, ist es unerheblich, mit welchen "Werkzeugen" diese Arbeiten erbracht wurden oder nicht.

 

Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG vorliegt, ist gemäß § 2 Abs.4 AuslBG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. In Anwendung dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Frage, ob die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen eines Ausländers als Entgegennahme einer Leistung im Rahmen eines "echten" Werkvertrages oder als Verwendung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses oder die Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes anzusehen ist, ausgesprochen, dass es für die Qualifikation eines Arbeitsverhältnisses nicht entscheidend ist, in welche zivilrechtliche Form dieses gekleidet ist (vgl. VwGH 2.10.2003, Zl. 2001/09/0067, 27. Oktober 1999, Zl. 98/09/0033, m.w.N.).

 

Ausgehend von den konkreten Umständen des gegenständlichen Falles, wonach der polnische Staatsangehörige zusammen mit vier Kollegen in der Betriebsstätte der L M reg. Gen.m.b.H. gearbeitet hat, die zu sortierenden Frischkäsesorten aus den Kühlräumen der L M reg. Gen.m.b.H. entnommen hat und nach entsprechender Palettierung wiederum in die Kühlräume gebracht hat, der Ausländer zu Beginn der Tätigkeiten eingeschult wurde, der Vorarbeiter des Ausländers jeweils am Vortag die Vorgaben hinsichtlich Sortierungen erhalten hat und die zu verwendenden Materialien, wie Paletten, Hubwagen, Kantenschutz und Folien von der L M reg. Gen.m.b.H. stammen, kann nicht von der Erbringung eines eigenständigen Werkes gesprochen werden sondern ist vielmehr von der Verwendung überlassener ausländischer Arbeitskräfte auszugehen.

 

Die Tätigkeiten des ausländischen Staatsangehörigen sind Arbeitsleistungen, die ihrer Natur nach typischerweise in einem Abhängigkeitsverhältnis erbracht werden. Sie erfolgten auch nicht aus eigener Initiative oder zu eigenem Nutzen der Ausländer, sondern waren gekennzeichnet durch den fremdbestimmten Charakter des vom Berufungswerber vertretenen Unternehmens, war es doch dieses, in dessen Betriebsräumlichkeiten die Arbeiten durchgeführt und zu dessen Vorteil die Ausländer im Ergebnis tätig wurden (vgl. dazu VwGH vom 22.2.2006, 2005/09/0012).

 

Auch wenn Sortierung der Frischkäsesorten für sich alleine gesehen ein eigener Arbeitsschritt gewesen sein mag, so erfolgte dieser doch im Rahmen eines Gesamtarbeitsablaufes. Die Tätigkeiten der Arbeitskräfte im vorliegenden Fall sind daher Tätigkeiten, die nicht in einem abgetrennten Arbeitsbereich im Sinn eines eigenständigen Betriebes erfolgten. Unter Berücksichtigung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes des vorliegenden Vertragsverhältnisses lag nicht ein Werkvertrag vor, sondern hat es sich angesichts der rechtlichen Unmöglichkeit des Abschlusses eines Werkvertrages über einfache, bloß mengenmäßig bestimmte Arbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen und der Erfüllung einer vom Berufungswerber übernommenen, zu seinem Betrieb gehörigen vertraglichen Verpflichtung dienten, um die Beschäftigung überlassener Arbeitnehmer gehandelt (vgl. VwGH vom17.11.2004, 2001/09/0236).

 

Insgesamt ist die Tätigkeit des polnischen Arbeiters in der Betriebsanlage der L M reg. Gen.m.b.H. als Arbeitskräfteüberlassung zu werten, weshalb für dessen Tätigkeit in Österreich eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich gewesen wäre. Da diese nachweislich nicht vorgelegen ist, ist dem Berufungswerber die gegenständliche Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht anzulasten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt in ähnlich gelagerten, vergleichbaren Fällen ausgeführt, dass dann, wenn in einem Unternehmen andere Personen mit der Einstellung und Beschäftigung von Arbeitnehmern betraut werden – wozu auch die Akquirierung überlassener Arbeitskräfte zu zählen ist –, es dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen obliegt, durch die Errichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen, ein funktionierendes Kontrollsystem aber nur dann angenommen werden könne, wenn etwa bei ineinandergreifenden täglichen Identitätsprüfungen aller auf der Baustelle eingesetzten Arbeiter durch die jeweiligen Kontrollbeauftragten vor Arbeitsaufnahme die Prüfung der arbeitsrechtlichen Papiere aller – bereits zu Beginn der Bauarbeiten und auch später hinzukommend – neu eingesetzten Arbeiter des Beschäftigers gewährleistet ist (VwGH vom 15.5.2008, Zl. 2006/09/0080m.w.N.). Der Berufungswerber selbst gibt im Zuge der mündlichen Verhandlung an, dass die ausländischen Staatsangehörigen am Beginn ihrer Arbeitsaufnahme nicht kontrolliert wurden, von welcher Firma sie kommen, welche Staatsbürgerschaft sie haben und ob sie gegebenenfalls Arbeitspapiere vorlegen können. Mit dem Vorbringen, dass mit der Firma A GmbH ein Vertrag abgeschlossen wurde und von dieser nur gesetzlich gemeldetes Personal eingesetzt werden darf, kann sich der Berufungswerber allerdings nicht entlasten, zumal von ihm keinerlei Kontrollsystem eingerichtet gewesen ist und es der L M reg. Gen.m.b.H. vorwiegend darum gegangen ist, die Paletten zur rechten Zeit fertig zu stellen, um diese an die Kunden ausliefern zu können. Da vom Berufungswerber keinerlei Kontrolltätigkeit eingerichtet gewesen ist, ist von dessen fahrlässigem Verhalten auszugehen und deshalb die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Vorliegend ist die Strafe nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs.1 Z1 AuslBG zu bemessen, wonach bei Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro zu verhängen ist. Da im gegenständlichen Fall somit hinsichtlich der der Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde, erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob den Bestimmungen des § 19 VStG bei der Bemessung der Strafe durch die Erstbehörde entsprochen wurde oder nicht und erweisen sich begründende Ausführungen über das Strafausmaß als entbehrlich.

Der Umstand, dass der Berufungswerber aus den Vorfällen die Konsequenzen gezogen hat und keine Auslagerungen von Arbeitsleistungen mehr vornimmt, kann jedenfalls nicht als Milderungsgrund gewertet werden. Vielmehr hat es der Berufungswerber verabsäumt, sich über die rechtliche Qualifikation der gepflogenen Praxis geeignet zu informieren, was ihm als Gewerbetreibenden jedenfalls zumutbar gewesen wäre. Ein überwiegender Milderungsgrund im Sinne des § 20 VStG ist somit nicht ersichtlich. Die Taten bleiben auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Dies sowohl im Hinblick auf den als nicht gering zu veranschlagenden Verschuldensgrad als auch im Hinblick auf den durch das Gesamtvolumen der illegalen Tätigkeit der Ausländer gegeben Unrechtsgehalt der Tat.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

 

VwGH vom 24.02.2011, Zl.: 2009/09/0022, 0023-5

 

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