Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522109/5/Bi/Se

Linz, 09.12.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H P, H, vertreten durch RA Dr. G S, L, vom 6. Oktober 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 24. September 2008, VerkR21-96-2008/EF-Mg/Rei, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Anord­nung der unverzüglichen Ablieferung des Führerscheins sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochten Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 8, 24, 25 Abs.2 FSG die von der BH E am 2. November 2007, GZ. 06/511659, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder ge­sund­heitlicher Eignung bis zur Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung entzogen und das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeu­gen und Invalidenkraftfahrzeugen bis zur Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung verboten. Gemäß § 29 Abs.3 FSG wurde die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins bei der BH E angeordnet. Einer eventuellen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 27. September 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, laut Erstinstanz sei er in mehrere von ihm verursachte schwere Verkehrsunfälle verwickelt gewesen, was aber unrichtig sei, zumal sich die Erstinstanz mit dem behaupteten Unfallsgeschehen gar nicht auseinandergesetzt habe. Er habe zumindest zwei dieser Unfälle nicht verschul­det und in einem Fall habe der Unfallgegner die Fahrbahnmitte überschritten und die Kollision habe sich auf seinem Fahrstreifen zugetragen, ohne dass er eine Ver­hinderungsmöglichkeit gehabt habe. Einmal habe er versucht, einem Reh aus­­zu­weichen und sei dabei von der Fahrbahn abgekommen ohne jedes Ver­schulden seinerseits, zumal er nur auf ein Hindernis reagiert habe. Für die An­nahme mangelnder Verkehrzuverlässigkeit oder Zweifel an seiner gesundheit­lichen Eignung bestehe kein Grund.

Die von der Erstinstanz aus dem amtsärztlichen Gutachten sowie der verkehrs­psychologischen Stellungnahme getroffenen Schlussfolgerungen seien inhaltlich nicht nachvollziehbar Der Test habe keine Defizite und seine absolute Verkehrs­zu­verlässigkeit ergeben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum er nach den kraft­fahr­spezifischen Leistungsanforderungen nicht geeignet sein solle und wie das Institut F.P. zu seiner Risikobereitschaft und damit Nichteignung im Persönlich­keitsbereich komme. Weder Testergebnisse noch deren Interpretation seien ersicht­lich, die Schlussfolgerungen seien nicht überprüfbar und in einem rechts­staat­lichen System nicht haltbar. Die Entziehung der Lenkberechtigung bis zur Wiedererlangung seiner gesundheitlichen Eignung sei nicht nachvollziehbar. Beantragt wird die Behebung des Bescheides, in eventu Herabsetzung der Entzugsdauer auf maximal drei Monate.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ergibt sich, dass der 1990 geborene Bw, der am 2. November 2007 (L17) eine Lenkberechtigung der Klasse B erworben hat und sich in der zweijährigen Probe­zeit befindet, seinen 1. Verkehrsunfall am 24. Jänner 2008 um 6.40 Uhr insofern hatte, als er bei der Fahrt zur Arbeit auf der Brandstatter Landesstraße nach dem Überholen zweier Fahrzeuge und danach eines weiteren Pkw beim Einordnen auf dem rechten Fahrstreifen nach rechts auf das Straßenbankett geriet und in den angrenzenden Wald fuhr, wo der Pkw  an einem Baumstumpf mit Totalschaden zum Stillstand kam. Der Bw erlitt Serienrippen­frak­turen, Pneumothorax, Schürfwunden am linken Unterarm und eine Gehirner­schütterung; der Alkotest ergab 0,0 mg/l AAG. Er war 12 Tage in stationärer Behandlung.

Der 2. Verkehrsunfall geschah am 12. April 2008 um 8.50 Uhr in Pupping, wo der Bw den Pkw     auf der B310 von Hartkirchen kommend in Richtung Efer­ding lenkte und nach dem Ende eines Überholvorgangs mit dem aus der Gegen­richtung kommen­den Pkw     kollidierte. Der Pkw des Bw wurde nach rechts in die Wiese geschleudert und blieb nach 43 m mit Totalschaden liegen; Bremsspuren waren nicht zu finden; der Alkotest ergab 0,0 mg/l AAG. Der Unfallgegner erlitt Prellungen und Hämatome am rechten Unterarm und an der rechten Hüfte. Der überholte Pkw-Lenker und seine Beifahrerin gaben an, das Heck des vom Bw gelenkten Pkw sei nach dem Überholvorgang beim Wieder­einordnen "ausgebrochen" und gegen den im Gegenverkehr herannahen­den Pkw  geschleudert. Der Unfallgegner bestätigte, der vom Bw gelenkte Pkw sei ge­schleu­dert und mit dem Heck gegen sein Fahrzeug gestoßen. Der Bw gab einige Tage nach dem Verkehrsunfall an, er habe nach dem Ortsende Karling einen Pkw überholt und sei mit dem rechten Vorderrad auf das Bankett geraten, sodass das Fahrzeug ins Schleudern gekommen sei. Erst beim Schleudern habe er den Pkw im Gegenverkehr gesehen. Er behaupte, der Unfallgegner sei ca 10 bis 20 cm mit dem linken Räderpaar über der Mittellinie gefahren und damit "auch" schuldig am Zusammenstoß. Bei der Unfallaufnahme selbst hat sich der Bw gar nicht ge­äußert, sondern danach vor seiner Einvernahme am 19. April 2008 zunächst Einsicht in die Proto­kolle der Unfallgegner, alle vom 12. April 2008, genommen. Die Insassen des über­­holten Pkw bestätigten aber später ausdrücklich, der entgegenkommende Len­ker sei auf dem rechten Fahrstreifen gefahren.

Der 3. Verkehrsunfall des Bw ereignete sich am 26. Mai 2008 um 6.45 Uhr in Waldkirchen am Wesen insofern, als der Bw den Pkw      auf der B130 aus Richtung Eferding kommend in Richtung Passau lenkte. Am 6. Juni 2008 gab der Bw gegenüber einem Beamten der PI E an, dass nach einer leichten Kurve ein Feldhase von rechts auf die Fahrbahn gesprungen sei und er diesem ausweichen habe wollen, dabei auf das Bankett geraten sei und der Pkw mit dem rechten Vorderreifen auf das Ende einer Leitschiene aufgefahren sei, wodurch er auf die Fahrerseite gekippt und seitlich einigen Meter dahingeschlittert sei, bevor er auf den Rädern zum Stillstand gekommen sei. Sein Beifahrer und er seien nicht verletzt worden; mit dem Hasen sei keine Berührung erfolgt. Die Unfall­meldung an den Straßenerhalter erfolgte durch den Vater des Bw.

Im Vormerkungsverzeichnis scheint eine rechtskräftige Vormerkung des Bw wegen § 20 Abs.1 StVO vom 15.2.2008 auf.

 

Auf dieser Grundlage erging seitens der Erstinstanz die Aufforderung zur fach­lichen Befähigung, der gesundheitlichen Eignung und der Bereitschaft zur Ver­kehrs­anpassung im Rahmen eines amtsärztliche Gutachtens mit verkehrs­psycho­logischer Untersuchung. Die Amtsärztin der Erstinstanz, Frau Dr. M B, untersuchte den Bw am 7.8.2008, wo der Bw von den drei Unfällen berichtete und auf die Frage, ob er die Fahrgeschwindigkeit entsprechend gewählt habe, ant­wor­tete, er sei "nicht wirklich zu schnell". Sie hielt fest, es sei ihr nicht er­schie­nen, als ob den Bw bei der Befragung die rasche Aufeinanderfolge der Un­fälle wesentlich irritiert hätte. Er habe ihr gesagt, er wolle seine Lenkberechti­gung gerne um A, C und E erweitern. Er hat auf Zuweisung die verkehrs­psycho­lo­gische Stellungnahme des Instituts F.P. vom 21. August 2008 vorgelegt, die im wesentlichen zum Ergebnis gelangt, der Bw sei derzeit zum Lenken von Kraft­fahr­zeugen der Klasse B nicht geeignet. Da eine Aufarbeitung bestehender Fehl­ein­stellungen und eine Änderung der Befundlage nicht innerhalb von sechs Monaten zu erwarten sei, erscheine eine neuerliche VPU vor Ablauf dieser Zeit nicht sinnvoll. Zur Unterstützung einer positiven Persönlichkeitsentwicklung werde die Absolvierung einer Nachschulung für verkehrsauffällige Fahranfänger empfohlen.

Die Angaben des Bw beim genannten Institut über die jeweilige Ursache der oben ange­führten Verkehrsunfälle wurden insofern zusammenfassend dargelegt, als der Bw beim Unfall im Jänner 2008, als er beim Wiedereinordnen nach dem Über­holvorgang ins Schleudern geraten sei, trotz ESP fälschlicherweise gegen­gelenkt habe; ungünstige Wetter- und Straßenverhältnisse seien nicht die Ursache gewesen. Beim Unfall im April 2008 habe der Bw keinen Fehler erkennen können, eine Gerichtsverhandlung werde sicher zu seinen Gunsten ausgehen. Beim 3. Unfall sei er einem Hasen ausgewichen. Kraftfahrzeuge seien ihm wichtig – er plane in naher Zukunft den Kauf eines Alfa Romeo 156 mit 140 PS. Er habe bislang nur zweimal geringe Geldstrafen wegen Schnellfahrens bezahlt und sei sicher kein Raser, überschreite auf einsehbaren Straßenabschnitten ohne Kreuzungen und Autobahnen schon einmal die erlaubte Höchstgeschwindigkeit.

Die Testergebnisse vom 21. August 2008 im Hinblick auf kraftfahrspezifische Leistungsfunktionen sind lediglich bei Belastbarkeit und Erinnerungsvermögen etwas herabgesetzt, Leistungsdefi­zite als Unfallursache auszuschließen. Es finden sich aber Hin­weise auf eine deutlich erhöhte Risikobereitschaft, Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und Unterschätzung bestehender Gefahren beim Lenken von Kraft­fahr­zeugen. Aufgrund fehlender Selbstreflexionsmechanismen hinter­frage der Bw weder eigene Fehleinschätzungen noch das Verhalten anderer Ver­kehrsteilneh­mer. Da er sich bei einem Selbstbeurteilungsfragebogen als aus­geprägt selbst­­behauptend beschreibe, sei "bei Würdigung der bestehenden Fehleinstell­ungen, insbesondere der abgrenzbaren erhöhten Risikobereitschaft und der emo­tional geleitenen Verkehrsteilnahme auf ein rücksichtsloses, für andere Verkehrsteil­nehmer gefährdendes und durchsetzungsfreudiges Gesamt­verhalten zu schlie­ßen. Grob rücksichtsloses Verhalten zur Durchsetzung eigener Interessen über­wiegt; berechtigte Interessen anderer bleiben unberücksichtigt. Es handelt sich beim Untersuchten um dauerhafte Fehleinstellungen, daher sind bestehende Defizite nicht durch ein Anpassungsbemühen kompensierbar."


Die Amtsärztin Dr. B hat diese verkehrspsychologische Stellungnahme in ihr Gutachten gemäß § 8 FSG vom 28. August 2008 integriert und mit der Diagnose "hochgradige Einschränkung des Persönlichkeitsbereiches in der VPU, fehlende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, psychologische Nichteignung" den Bw als "derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B und führerschein­freien Kraftfahrzeugen nicht geeignet" begutachtet. Begründend führte sie aus, die kraftfahrspezifischen Leistungen wären für die Anforderungen an die Gruppe 1 noch gegeben, nicht aber für die erhöhten Leistungsanforderungen der Gruppe 2. Im Persönlichkeitsbereich ergäben sich eine deutlich erhöhte Risikobe­reit­schaft im Straßenverkehr sowie eine Überschätzung sowohl der eigenen Fer­tig­keiten als auch der allgemeinen Gefahren des Straßenverkehrs. Beim Bw fehlen Selbstre­flexions­mechanismen und er hinterfragt seine eigene Einstellung zum Fahren nicht entsprechend, daher können auch Regulationsmechanismen nicht in Gang gesetzt werden. Die auffällig ausgeprägte Selbstbehauptung in Kombination mit den bestehenden Fehleinstellungen, der erhöhten Risikobereit­schaft und dem emotional dominierten Verkehrsverhalten lässt auf ein rück­sichts­loses und für andere Verkehrsteilnehmer gefährdendes Gesamtverhalten schlie­ßen. Eine aus­reichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist daher nicht anzunehmen. Eine Veränderung der Persönlichkeitsstrukturen benötigt eine ent­sprechende Reflexion der Geschehnisse, um eine Aufarbeitung zu ermöglichen, jedoch bedürfen Änder­ungen in der Persönlichkeitsentwicklung einer Zeitspanne von mehreren Mona­ten. Unterstützend empfohlen wurde von der Amtsärztin eine Nachschulung für verkehrsauffällige Fahranfänger; dann sei in sechs Monaten eine neuerliche VPU sinnvoll. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 3 Abs.1 Z1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychi­sche Gesundheit besitzt.

Gemäß § 17 Abs.1 FSG-GV ist die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs.2 FSG im Hinblick auf ein verkehrspsycho­logisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße be­gan­gen hat, die den Verdacht auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungs­fähig­­keit oder auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken.

Gemäß § 18 Abs.3 FSG-GV ist für die Erfassung der Bereitschaft zur Verkehrs­anpassung insbesondere das soziale Verantwortungsbewusstsein, die Selbstkon­trolle, die psychische Stabilität und die Risikobereitschaft zu untersuchen sowie zu prüfen, ob eine Tendenz zu aggressiver Interaktion im Straßenverkehr besteht und ob sein Bezug zum Autofahren kritisch von der Norm abweicht. Zur Überprü­fung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist neben einem persönlichkeitsbe­zogenen Persönlichkeitstest auch ein ausführliches Explorationsgespräch durch­zu­führen.

 

Der VwGH hat sowohl hinsichtlich der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen als auch hinsichtlich der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung bereits wiederholt be­­­tont, dass verkehrspsychologische Stellungnahmen eine nachvollziehbare Grund­­­­lage für das zu erstattende ärztliche Gutachten bilden, wenn aus ihnen die durchgeführten Tests und die dabei erzielten Ergebnisse hervorgehen und begrün­det wird, warum Testergebnisse außer der Norm liegen (vgl E 28.5.2002, 2002/11/0061; 23.3.2004, 2002/11/0131).

 

Im ggst Fall liegt eine von einem Verkehrspsychologen gemäß § 20 FSG-GV erstellte verkehrspsychologische Stellungnahme des Instituts F.P. vor, aus der sich nicht nur der Inhalt eines ausführlichen Explorationsgesprächs über die Verkehrsunfälle, in die der Bw verwickelt war, und sein "Vorleben" in Bezug auf bisher von ihm gelenkte Kraft­fahrzeuge und damit in Verbindung stehende Ver­wal­­tungs­­strafen ersehen läst, sondern auch seine persönlichen Ansichten zum Len­ken von Kraftfahrzeugen in naher Zukunft und zu Alkohol deutlich werden. Schon der Umfang dieser Dokumentation lässt den Schluss zu, dass es sich um ein umfangreicheres Vorgespräch gehandelt hat, in dem die den Bw in der Gegen­wart unmittelbar betreffenden Themen behandelt wurden. Die von ihm absol­­vierten Tests und deren Ergebnisse sind im Einzelnen beschrieben und zuorden­bar. Die Interpretation der Befunde aus Anamnese, Exploration und Ver­hal­tens­beobachtung wird ebenfalls mit einzelnen Testergebnissen begründet und die daraus gezogenen Schlüsse sind umfangreich dargelegt und sachlich und nach­voll­ziehbar begründet. Dass die Amtsärztin diese verkehrspsychologische Stellungnahme – bei dem bereits anlässlich der Untersuchung samt persönlichem Gespräch vom Bw am 7. August 2008 entstandenen Eindruck, dass ihn die rasche Aufeinanderfolge der Verkehrsunfälle nicht wesentlich irritiere – als Grund­­lage für ihre gutachterlichen Schlussfolgerungen herangezogen hat, ent­spricht den logischen Denkgesetzen und der Lebenserfahrung. Die Erläuterung der Testergebnisse des Bw im Persönlichkeitsverfahren lässt die daraus gezo­genen Schlüsse hinsichtlich erhöhter Risikobereitschaft, extrem hohem Selbst­behauptungswert verbunden mit der Überschätzung seiner eigenen Fertigkeiten und unrealistischer Gefahreneinschätzung, unter Berücksichtigung der sich aus dem Aktenunterlagen ergebenden Umstände der einzelnen Verkehrsunfälle deutlich werden und führt die sich daraus ergebenden Folgen, nämlich die schon von der Persönlichkeitsstruktur des Bw her geradezu zu erwartende Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in der Zukunft, eindrucksvoll vor Augen.

Betrachtet man die Unfallfotos, fallen sofort die extremen Unfallschäden am je­weiligen Pkw des Bw (zB beim Unfall vom 26. Mai 2008, bei dem es dem Bw angeblich nur darum ging, einem Hasen auszuweichen, fuhr der Pkw auf eine Leitschiene auf, kippte und wurde die gesamte Längsseite des Pkw beschädigt) und die langen Wege bis zur Unfallsendlage des Fahrzeuges auf (zB beim Unfall vom 12. April 2008 kam der Pkw nach den eigenen Angaben des Bw vom 19. April 2008 schon vor dem Anstoß am Pkw P ins Schleudern, nachdem er, wie beim Unfall vom 24. Jänner 2008, beim Wiedereinordnen nach dem Über­holen auf das rechte Bankett geraten war und der Bw gegengelenkt hatte). Die langen "Ackerspuren" in der angrenzenden Wiese lassen auf eine hohe Geschwin­dig­keit schließen, die der Bw beim Überholen auch eingeräumt hatte, die ihm aber offenbar ein rechtzeitiges Reagieren auf die anschließenden Fahrfehler verwehrt hat. Sowohl der Unfall vom 24. Jänner 2008 wie auch der vom 12. April 2008 ging allein vom Bw aus, der nach einem eingeleiteten Überholmanöver nicht mehr in der Lage war, seinen Pkw entsprechend zu beherrschen und die Rechtsfahrordnung beim Wiedereinordnen einzuhalten – und in der Folge zum einen nur sich selbst, zum anderen auch unbeteiligten Verkehrsteilnehmern (am 12. April 2008 dem Insassen des zufällig entgegen­komm­enden Fahrzeuges) Schaden zufügte. Dass sich der Bw offenbar teilweise nicht an generelle Geschwin­­digkeitsbestimmungen hält, ist eine Sache, aber die Nichteinhaltung einer den jeweiligen Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhält­nissen ange­passten Geschwindigkeit als Unfallursache dürfte ihm – selbst nach drei Unfällen und  enormem finanziellen Eigenschaden – offensichtlich noch immer nicht bewusst geworden sein, wie aus seinen eigenen Aussagen im Rahmen der VPU zu schließen ist. Genau da setzt die gemäß § 18 Abs.3 FSG-GV verlangte Bereit­schaft zur Verkehrsanpassung an, die soziales Verantwortungsbewusstsein,  Selbstkontrolle, psychische Stabilität und Risikobereitschaft umfasst, dh die Ver­antwortung eines Lenkers für sich selbst und andere Straßenbenützer (nicht nur ihm fremde Insassen eines entgegenkommenden Pkw, sondern auch Beifahrer) umfasst und ihn davon abhalten sollte, seine Emotionen beim Lenken eines Kraftfahr­zeuges "ohne Rücksicht auf Verluste auszuleben". Dass diese wesent­liche Komponente beim Bw nicht ausreichend vorhanden ist, kommt sowohl in der verkehrspsychologischen Stellungnahme als auch im Gutachten gemäß § 8 FSG der Amtsärztin deutlich zum Ausdruck.

Damit mangelt es dem Bw jedoch an der psychischen Gesundheit und damit an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowohl der Klasse B als auch von führerscheinfreien Kraftfahrzeugen. Das Lenken eines Kraft­fahrzeuges hat nichts mit einem Geschicklichkeitsspiel, dem Genießen von Fahreigenschaften oder der Frage, wer einen Wettbewerb gewinnt, zu tun. Dass dieser Reifungs­prozess eine Zeit der persönlichen Weiterentwicklung braucht, die nicht von vornherein mit drei Monaten begrenzbar ist, liegt wohl auf der Hand. Der Bw wird im Rahmen einer neuerlichen verkehrspsychologischen Unter­suchung seine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung unter Beweis zu stellen haben.

 

Die umgehende Ent­ziehung der Lenkberechtigung ebenso wie das Lenkverbot gemäß § 32 FSG waren zum Schutz anderer Straßenbenützer erforderlich und geboten, daher war der Berufung auch die aufschiebende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug abzu­erkennen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehlt laut VPU nach 3 Verkehrsunfällen innerhalb von vier Monaten bei L17 – Probeführerscheininhaber -> Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung -> Bestätigung

 

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