Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522116/20/Br/RSt

Linz, 10.12.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Q I geb.    vertreten durch Herrn Dr. R S Rechtsanwalt, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 7. Oktober 2008, Zl. VerkR21-588/589-2007 Be, hat nach der am 10.12.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer auf fünf Monate ermäßigt wird. Im gleichem Umfang wird das ausgesprochene Lenkverbot für nicht lenkberechtigungspflichtige Kraftfahrzeuge, sowie die Aberkennung des Rechtes von allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigungen Gebrauch zum machen reduziert.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 7 Abs.3 Z12 Führerscheingesetz 1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 6/2008 - FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid hat die Behörde erster Instanz als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz den mit Mandatsbescheid vom 08.07.2008 bestätigt. Es wurde ihm damit die Lenkberechtigung auf die Dauer von 18 (achtzehn) Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides - das war ab 10.07.2008 - wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und ihm das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Motorfahrrädern sowie den Gebrauch einer ausländischen / Lenkberechtigung verboten.

Gestützt wurde die Entscheidung auf §§ 24 Abs.1, 7 Abs.1 und Abs. 3, Zi.10, 25 Abs. 1 und 3, 30 und 32 Abs. 1 des Führerscheingesetzes 1997-FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der geltenden Fassung (gemeint wohl idF BGBl I Nr. 31/2008).

Der Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

" I.

In Ihrer Vorstellung vom 15.07.2008 bringen Sie im Wesentlichen vor das die Ihnen zur Last gelegte Tat nicht bestritten werden und seitens des Landesgerichtes Wels eine bedinge Freiheitsstrafe von 18 Monate verhängt worden sei. Es sei jedoch zu Ihren Gunsten zu werten, dass es sich um das erste Drogendelikt handle und seit dem Vorfall es zu keiner strafbaren Handlung mehr gekommen sei. Es sei daher die bedinge Strafnachsicht für die Entzugsdauer rechtserheblich. Auch wird Ihrerseits vorgebracht, dass vor dem Entzug bereits 18 Monate bereits vorbeigewesen seien, sodass der Entzug 36 Monate betragen würde, Es sei daher im konkreten Fall eine Entzugsdauer von lediglich 3 Monaten möglich.

Laut Bericht der Polizeiinspektion L vom 24.07.2008 scheint nichts Nachteiliges auf.

Auf Grund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.09.2008 erfolgte Ihrerseits keine Stellungnahme.

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Laut rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 12.10.2007, 12 Hv. 151/07k wurden Sie für schuldig befunden, in der Zeit vom 20.12.2006 bis zum 10.01.2007 in Wels den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt zu haben, indem Sie insgesamt etwa 90 Gramm Heroin guter Qualität an die abgesondert verfolgten Viadana Simic und Alban Klinaku zum gewinnbringenden Weiterverkauf übergaben.

Sie haben dadurch das Verbrechen nach § 28 Abs.2  4. Fall und Abs.3 1. Fall SMG begangen und wurden hiefür unter Bedachtnahme auf § 28 Abs.1 StGB nach § 28 Abs. 3 SMG zu einer Frei­heitsstrafe von 18 Monaten, bedingt auf 3 Jahre verurteilt.

Die erkennende Behörde hat hierüber erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen

Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 12 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28 SMG begangen hat.

Gemäß § 32 Abs. 1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

Nachdem eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 FSG vorliegt, war mit den ausgesprochnen Verboten vorzugehen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die ausgesprochenen Verboten keine Strafe, sondern nur eine Schutzmaßnahme ist, da durch das Lenken von Kraftfahrzeugen derartige Tatbestände wesentlichen erleichtert werden würden.

Es kommt dabei nicht auf strafrechtliche Gesichtspunkte an, sondern nur darauf, ob eine Person eine Gefahr für die anderen Straßenbenützer darstellt. Alle Erwägungen darüber, welche sich auf die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Umfeldgegebenheiten der Person des Täters beziehen, müssen zurückgestellt werden, wenn es darum geht, die übrigen Verkehrsteilnehmer zu schützen.

Sie haben ein Verhalten gesetzt, aus dem eindeutig entnommen werden kann, dass Ihnen an der Unversehrtheit anderer Personen sehr wenig gelegen ist; es ist zu befürchten, dass Sie dieses Verhalten auch im Straßenverkehr üben oder die erleichternden Begleitumstände beim Lenken eines Kraftfahrzeuges dazu nützen, Missbrauch zu begehen.

Es kann daher, zum gegenwärtigen Zeitpunkt sicher nicht nach so kurzer Zeit die Feststellung getroffen werden, dass Sie bereits wieder die Verkehrszuverlässigkeit erlangt hätten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Wohlverhalten einer Person in Haft wegen der durch die Haft eingeschränkten Möglichkeit, ihren eigenen Entschlüssen gemäß zu handeln, allein nicht geeignet, die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu bewirken (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1996, ZI. 96/11/0257 und vom 10. November 1998, ZI. 97/11/0107, mwN). Es ist daher in Fällen wie dem vorliegenden auch ein Wohlverhalten in Freiheit über einen längeren Zeitraum, dessen Ausmaß u.a. von der Verwerflichkeit der Straftaten bestimmt wird, Voraussetzung dafür, um annehmen zu können, der Betreffende habe seine Sinnesart gemäß § 7 FSG überwunden und seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt.

Das von Ihnen begangene Verbrechen stellt eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 FSG dar. Derartige Delikte gehören zu den am meisten verpönten und verwerflichen Tathandlungen. Ihr Verhalten zeigt eine sich über alle Wertvorstellungen hinwegsetzende Sinnesart, die der von einem Kfz-Lenker geforderten Einstellung zuwiderläuft. Als besonders verwerflich ist zu werten, dass die Taten über einen längeren Zeitraum begangen worden sind. Aus Ihrem Verhalten ist auf eine Neigung zur Begehung von Strafdelikten zu schließen. Es liegt auf der Hand, dass die Begehung von derartigen Delikten durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen erheblich begünstigt oder erleichtert wird. Die Überwindung der von Ihnen gezeigten Sinnesart zur Begehung schwerer strafbarer Handlungen und damit die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit kann erst nach einem längeren Wohlverhalten angenommen werden. Bei der Festsetzung der Entziehungsdauer waren die für und gegen Sie sprechenden Umstände festzulegen.

Ihr Verhalten zeigt, dass Sie eine Zeit hindurch geradezu gewohnheitsmäßig gegen Strafnormen des StGB verstoßen haben (vgl. Erkenntnis des VwGH 2.10.1985, ZI. 85/02/0206)".

Delikte der in Rede stehenden Art zählen zu den strafbaren Handlungen, deren Begehung durch die Benützung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert wird (vgl. dazu u.a. die Verwaltungsgerichtshoferkenntnisse vom 6. August 1996, ZI. 96/11/0178, vom 7. Oktober 1997, ZI. 97/11/0143, und vom 18. November 1997, ZI. 97/11/0163). Der Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit steht daher nicht die Tatsache entgegen, dass jemand bei Begehung der strafbaren Handlungen kein Kraftfahrzeug verwendet hat.

Eine Entzugsdauer von vier Jahren ist laut Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 28.06.2001, ZI. 2001/11/0094 bei Vorliegen bisheriger Unbescholtenheit bei derartigen Delikten angebracht;

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ist die Annahme gerechtfertigt, dass Sie die erforderliche Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr besitzen. Es war Ihnen daher die Lenkberechtigung zu entziehen.

Auch darf nicht unerwähnt bleiben, dass das Führerscheingesetz bezüglich Altersgrenzen keine besonderen Milderungsgründe vorsieht.

Unter Zugrundelegung der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16.09.2008, VwSen-522071/4/Br/Rst war bezüglich der Haftzeiten im Spruch eine Änderung durchzuführen. Ansonsten waren keine Gründe ausreichend, die ausgesprochene Entzugsdauer herabzusetzen. Auch darf festgestellt werden, dass Ihnen die Lenkberechtigung nicht auf 36 Monate - bis zum Entzug konnten Ihrerseits Kraftfahrzeuge gelenkt werden - entzogen wurde, da die Entziehung erst nach rechtskräftiger Verurteilung erfolgte.

Eine Verurteilung wegen Rauschgifthandel zählt zu den verwerflichsten Delikten, da berücksichtigt werden muss, dass dadurch andere Personen in Ihrer Gesundheit geschädigt wurden und werden.

Die Wertung der näheren Umstände, die zu dem Ihre Verkehrsunzuverlässigkeit herbeiführenden Sachverhalt geführt haben, erforderte es auszusprechen, dass Ihnen für die Dauer von 3 Jahren keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Die festgesetzte Dauer der Nichterteilungsmöglichkeit einer Lenkberechtigung ist jedenfalls nötig, um bei Ihnen die erforderliche Verkehrszuverlässigkeit wieder als gegeben annehmen zu können.

Es konnte daher spruchgemäß entschieden werden,

 

Zu II.

Da Personen, welche die Verkehrszuverlässigkeit nicht besitzen, eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen, war im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug einer etwaigen gegen diesen Bescheid einzubringenden Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen."

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich in der dagegen fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebe ich gegen den Bescheid der Be­zirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7.10.2008, VerkR21-588/589-2007Be, zugestellt am 9.10.2008, sohin innerhalb offener Frist durch meinen bevollmäch­tigten Rechtsfreund die

 

Berufung:

 

Der gegenständliche Bescheid wird seinem gesamten Umfang nach angefochten. Als Berufungsgründe werden unvollständige Sachverhaltsfeststellung sowie un­richtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

a)

Die Erstbehörde hat zutreffend festgestellt, dass der Berufungswerber wegen Suchtgifthandels im Zeitraum 20.12.2006 bis 10.1.2007 rechtskräftig verurteilt wurde.

Es handelt sich dabei um einen inkriminierten Zeitraum von weniger als einem Monat, nämlich um 21 Tage.

Seither hat sich der Berufungswerber wohl verhalten, ohne dass es einer weite­ren besonderen Sanktion bedurft hätte.

Daraus folgt, dass seit Beendigung des strafbaren Verhaltens per 10.1.2007 bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits 18 Monate verstrichen sind, in de­nen sich der Berufungswerber wohl verhalten hat. Es wäre daher eine diesbezüg­liche Feststellung zu treffen gewesen, welche hiemit ausdrücklich begehrt wird.

b)

In rechtlicher Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes kommt die Erstbehör­de unrichtig zum Ergebnis, dass eine Entzugsdauer von 18 Monaten verhängt und die Entzugsdauer ab Zustellung des Führerscheinentzugsbescheides berech­net wird.

Bei der Festsetzung der Entzugsdauer wäre zu berücksichtigen gewesen, dass das inkriminierte Verhalten lediglich für eine ganz kurze Zeitdauer von 21 Tagen gesetzt wurde.

Einschlägige Vorstrafen wurden seitens der Erstbehörde nicht festgestellt, sodass davon auszugehen gewesen wäre, dass jedenfalls nach Ablauf von zwölf Monaten nach Beendigung des strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens die Verkehrszuver­lässigkeit wieder vorliegt.

Völlig unverständlich ist die Ansicht der Erstbehörde, dass die Entzugsdauer ab Zustellung des Führerscheinentzugsbescheides berechnet wird. Dies führt im Ergebnis zu Entscheidungen, welche mit Willkür gleichzusetzen ist. Wie die Erstbehörde selbst erkennt, soll das ausgesprochen Verbot keine Strafe, sondern vielmehr eine Schutzmaßnahme darstellen.

Es ist demnach zu überprüfen, wann nunmehr die Verkehrszuverlässigkeit erwar­tungsgemäß wieder eintritt. In diesem Zusammenhang ist jedoch der Zeitpunkt der Beendigung des strafbaren Verhaltens ins Auge zu fassen, da ausschließlich dieser Zeitpunkt wesentlich ist, den Zeitraum für den Eintritt der Verkehrszuver­lässigkeit zu beobachten.

Nach der Rechtsansicht der Erstbehörde könnte ein entsprechendes Führerscheinentzugsverfahren ganz offensichtlich auch noch fünf Jahre nach Beendi­gung des strafbaren Verhaltens eingeleitet und im Anschluss daran ein Führer­scheinentzug von - gegenständlich - 18 Monaten ausgesprochen werden, was mit dem Gesetzeszweck wohl in keiner Weise vereinbar ist bzw. diesem diametral widerspricht.

Richtigerweise hätte die Erstbehörde daher die Entzugsdauer mit maximal zwölf Monaten festsetzen bzw. die Entzugsdauer ab Beendigung des strafbaren Verhal­tens, daher ab 11.1.2007 festsetzen müssen, sodass im Zeitpunkt der Bescheiderlassung die Verkehrszuverlässigkeit unter Zugrundelegung der 18-monatigen Entzugsdauer wieder eingetreten ist, sodass der Führerscheinentzug von Anfang an rechtswidrig erfolgt ist.

Selbst unter Zugrundelegung der von der Erstbehörde verhängten Entzugsdauer von 18 Monaten erfolgt der Führerscheinentzug rechtswidrig. Dies deshalb, da die Erstbehörde den Beginn der Entzugsdauer unzulässig bzw. willkürlich ab dem Tag der Zustellung des Führerscheinentzugsbescheides be­rechnete.

Richtigerweise wäre, wie dies der UVS des Landes Oberösterreich, VwSen-522071/4/Br/RSt vom 16.9.2008 ausgeführt hat, ab dem Zeitpunkt der Beendi­gung des strafbaren Verhaltens die Entzugsdauer zu berechnen gewesen, sodass auch unter dieser Prämisse die letztlich von der Erstbehörde verhängte Entzugs­dauer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung abgelaufen ist.

Im Hinblick darauf, dass diese Rechtsansicht bereits durch den angeführten Be­scheid des UVS vom 16.9.2008 - wiederholt - vorgegeben war, begründet die bekämpfte bescheidmäßige Erledigung der Erstbehörde einen Amtshaftungsan­spruch des Berufungswerbers.

Nur am Rande sei noch angeführt, dass die Erstbehörde auch in dieser Führer­scheinentzugssache mit keinem Wort auf die bedingte Strafnachsicht durch das Strafgericht Bedacht genommen hat, obwohl dies für die Bemessung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit rechtserheblich ist, wie dies der UVS ebenfalls wiederholt festgestellt hat.

Gestellt wird nunmehr der

 

Antrag

 

a)

der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu be­heben;

b)

eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

L, am 9.10.2008                                                  Q I"

 

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung in Verbindung mit dem vom Berufungswerber noch am Tag deren Zustellung durch den am 24.11.2008  gestellten Vorlageantrag dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 26.11.2008 zur Berufungsentscheidung vorgelegt, wo er am 1.12.2008 einlangte. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war angesichts des gesonderten Antrages durchzuführen gewesen (§ 67d Abs.1 AVG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Dessen Inhalt bildet die Anzeige wegen des dem gerichtlichen Strafverfahren zu Grunde liegenden Suchtgiftdelikts. Daran angeschlossen fanden sich ferner Auszüge aus den strafrechtlichen Ermittlungen, sowie ein Protokoll und Urteilsvermerk des LG Wels vom  12. Oktober 2007, 12 Hv 152/07k.

Noch vor der zu erwartenden Berufungs- u. Aktenvorlage wurde der Strafakt des LG Wels am 20.11.2008 zwecks Einsichtnahme beigeschafft. Das Gerichtsurteil wurde bereits am 19.11.2008 vom Vertreter des Berufungswerbers per FAX übermittelt. Ebenfalls befand es sich im vorgelegten Verfahrensakt der Behörde erster Instanz.

Ein negatives Ergebnis erbrachte die Abfrage im Führerscheinregister und in der Verwaltungsstrafkartei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land betreffend den Berufungswerber.

Nach Übermittlung des Vorlageantrages an die Berufungsbehörde am 25.11.2008 wurde bereits für den 10.12.2008 eine Berufungsverhandlung anberaumt und mit Schreiben vom 1.12.2008 nochmals die Aktenvorlage urgiert, wobei dieser bereits an diesem Tag bei der Berufungsbehörde einlangte.

Beweis erhoben wurde schließlich durch Anhörung des Berufungswerbers anlässlich der am 10. Dezember 2008 durchgeführten Berufungsverhandlung.

 

 

4. Die erstinstanzliche Ausgangslage:

Die Behörde erster Instanz erlangte vom verfahrensgegenständlichen Sachverhalt über die Anzeige  der PI L vom 12.6.2007 bereits am 18.7.2007 Kenntnis. Am 21.7.2007 erließ sie gegen den Berufungswerber einen sogenannten Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG. Die darauf folgend durchgeführte amtsärztliche Untersuchung erbrachte beim Berufungswerber  keinen Hinweis auf einen Suchtmittelgebrauch (Suchtmittelkonsum).

Das Landesgericht Wels übermittelte der Behörde erster Instanz am 13.11.2007 eine Strafkarte  vom Berufungswerber womit die Verurteilung des Berufungswerbers  vom 19.10.2007 wegen des Suchtgiftdeliktes bekannt gegeben wurde. Die Urteilsausfertigung fand sich dieser Mitteilung ebenfalls bereits angeschlossen. Am 22.1.2008 wurde von der Behörde sodann der Gerichtsakt angefordert, welcher am 4.7.2008 dem Gericht rückgeleitet wurde.

Am 8.7.2008 und somit knapp acht Monate nach Kenntnis der gerichtlichen Verurteilung wurde schließlich dem Berufungswerber die Lenkberechtigung wegen der in der strafrechtlichen Verurteilung gründenden Verkehrszuverlässigkeit entzogen.

Bis zu diesem Zeitpunkt nahm der Berufungswerber offenbar jedoch unauffällig am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker teil (Ergebnis d. durchgeführten Abfragen).

 

 

4.1. Der erstinstanzliche Verfahrensgang:

Im Rahmen des nach erhobener Vorstellung durchgeführten Ermittlungsverfahrens hat die Behörde erster Instanz einen Strafregisterauszug (Anfragecode SC) beigeschafft. Mit Schreiben vom 18.7.2008 wurde beim PI L angefragt, ob betreffend den Vorstellungswerber Tatsachen bekannt sind welche dessen Verkehrszuverlässigkeit bezweifeln lassen könnten.

Diese Anfrage wurde von der Polizei L bereits am 24.7.2008 mit dem Ergebnis beantwortet, dass über den Berufungswerber weder in straßenverkehrsrelevanter noch mit Blick auf Suchtmittel (auch Alkohol) negativ berichtet werden könne.

Diesbezüglich wurde aus nicht nachvollziehbaren Gründen am 1.9.2008 die Antwort bei der PI L urgiert. Die Erledigung per 25.7.2008 wurde unter abermaligem Anschluss der o.a. Mitteilung von der PI L mit dem Bericht vom 5.9.2008 aufgezeigt.

Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde schließlich dem Rechtsvertreter mit 10.9.2008 unter einer Fristgewährung von zwei Wochen bzw. zur mündlichen Erörterung am Vormittag des 1.10. 2008 mitgeteilt.

Dies beantwortete der Rechtsvertreter am 9.9.2008, verbunden mit der Bitte um rasche Sachentscheidung.

Die Entscheidung wurde schließlich vom Rechtsvertreter am 2.10.2008 nochmals urgiert.

Der angefochtene Bescheid wurde sodann am 7.10.2008 erlassen. Dagegen erhob der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter am 9.10.2008 Berufung, welche bei der Behörde erster Instanz am 10.10.2008 einlangte.

In weiterer Folge wurde seitens des Rechtsvertreters die Berufungsvorlage mehrfach urgiert und die Berufungsschrift mit den Urgenzen am 3.11.2008 auch der Berufungsbehörde vorgelegt. Hier langte sie am 6.11.2008 ein.

Ebenfalls wurde mit einem weiteren Schriftsatz gleichen Datums an die Behörde erster Instanz ein Hinweis über die Pflicht zum unumwundenen Vorbringen nach § 9 Abs.1 der RAO (Rechtsanwaltsordnung) getätigt und auch darin im Punkt II. um die Berufungsvorlage an die Berufungsbehörde dringend ersucht.

Diese Schriftsätze gelangten am 10.11.2008 beim zuständigen Mitglied des UVS in Bearbeitung, wobei nach Sichtung des Vorbringens die Berufung der Behörde erster Instanz weitergeleitet und die unverzügliche Vorlage des Verfahrensaktes erbeten wurde. In vorläufiger Beurteilung der Aktenlage wurde vorsorglich sogleich ein Verhandlungstermin für den 24.11.2008 in Aussicht gestellt.

In einem Telefonat des Abteilungsleiters wurde die Absicht über die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung kundgetan, wobei auf die diesbezügliche Frist verwiesen wurde. Auf die hier indizierte rasche Entscheidungsmöglichkeit wurde von h. bei diesem Anlass nochmals verwiesen. Die Berufungsvorentscheidung (Reduzierung der Entzugsdauer auf 10 Monate) wurde schließlich am 18.11.2008 erlassen und dem Berufungswerbervertreter am 24.11.2008 zugestellt.

Der Verfahrensakt langte schließlich nach dem bei der Behörde erster Instanz gestellten und am 25.11.2008 ebenfalls der Berufungsbehörde zugeleiteten Vorlageantrag am 1.12.2008 bei der Berufungsbehörde ein.

Das insgesamt fünf Monate in Anspruch nehmende erstinstanzliche Ermittlungsverfahren erschöpfte sich hier im Ergebnis in der Anfrage an die Polizei L und der Einholung einer Strafregisteranfrage. Nach Erhebung der Berufung hat der Rechtsvertreter die Berufungsvorlage mit Schreiben vom 16. und am 28.10.2008 in Verbindung mit einer Beschwerde urgiert. Am 29.10.2008 reagierte die Behörde erster Instanz mit einer Vorladung des Rechtsvertreters binnen Wochenfrist, zum Thema "Q I – anhängiges Führerscheinentzugsverfahren – Beschwerde und Urgenz."

Am 3.11.2008 verfasste der Rechtsvertreter eine Bekanntgabe u. eine neuerliche Urgenz mit dem Hinweis auf Verfahrensverzögerung und dem abschließenden abermaligen Ersuchen um Berufungsvorlage.

Dieses Schreiben wurde gleichzeitig auch der Berufungsbehörde übermittelt. Aus diesem Anlass wurde auch seitens der Berufungsbehörde die dringendste Aktenvorlage angeregt und vorsorglich schon ein Verhandlungstermin in dieser Sache in Aussicht gestellt.

 

 

4.2. Erwiesener Sachverhalt:

Laut Urteil des Landesgerichtes Wels hat der Berufungswerber zusammenfassend im Zeitraum von Dezember 2006 bis Jänner 2007, 90 Gramm und demnach eine große Menge (§ 28 Abs.6 SMG) Suchtgift (Heroin) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt indem er dieses an zwei namentlich benannten Personen verkaufte.  Er wurde deshalb am 12.10.2007  zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Diese Strafe wurde unter Anwendung des § 43 Abs.1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Berufungswerber bekannte sich laut Urteilsbegründung der Tat vollinhaltlich schuldig. Bei der Strafzumessung wurde das umfassende Geständnis und seine Unbescholtenheit als mildernd, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen der selben Art jedoch straferschwerend gewertet.

Im Urteil findet sich der Hinweis, wonach nach Lage des Falles von einem künftigen Wohlverhalten des Verurteilten auch ohne (teilweisen) Strafvollzug auszugehen sei, was unter Hinweis auf § 43 Abs.1 StGB die gänzlich bedingte Strafnachsicht unter Setzung einer Probezeit indizierte.

 

 

4.3. Anlässlich der Berufungsverhandlung wies der Berufungswerber auf die fehlende Beziehung seiner Straftat mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen hin. Im Übrigen machte er einen durchaus problembewussten und sachlichen Eindruck. Unumwunden erklärte er etwa wie es zu seiner aus dem gerichtlichen Strafakt ersichtlichen Verurteilung in seiner Heimat wegen Gefährdung im Straßenverkehr gekommen ist.  Es konnte der Eindruck gewonnen werden, dass zumindest ab dem gegenwärtigen Zeitpunkt von der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit ausgegangen werden kann, wenngleich das zur Verurteilung führende Delikt eine harte Droge betraf, was zumindest im Wertungsregime des Führerscheingesetzes auf eine Sinneshaltung schließen lässt die durchaus eine länger dauernde Verkehrsunzuverlässigkeit indiziert.

Da sich der Berufungswerber laut Auskunft aus dem Vormerkregister der Wohnsitzbehörde auch bis zum gegenständlichen Entzug sich weiterhin unauffällig im Straßenverkehr verhalten hat, ergibt sich aus der Sicht der Berufungsbehörde kein ausreichender Schluss, dass auch noch über den gegenwärtigen Zeitpunkt hinaus auf Verkehrsunzuverlässigkeit geschlossen werden müsste. Nicht gefolgt konnte dem Berufungswerber dahingehend werden, dass bereits zum Zeitpunkt des von der Behörde erster Instanz ausgesprochenen Entzuges – wenngleich dies erst längere Zeit nach bekannt werden der strafrechtlichen Verurteilung – auf keine Verkehrsunzuverlässigkeit mehr geschlossen werden hätte dürfen.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Zur  Berufungsvorentscheidung:

Nach § 64a AVG kann die Behörde die Berufung binnen zwei Monaten nach Einlangen der Berufung bei der Behörde erster Instanz diese durch Berufungsvorentscheidung erledigen. Sie kann die Berufung nach Vornahme notwendiger Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens als unzulässig oder verspätet zurückweisen, den Bescheid aufheben oder nach jeder Richtung abändern.

Gemäß § 64a Abs.2 AVG tritt die Berufungsvorentscheidung mit der Einbringung eines rechtzeitigen Vorlageantrages außer Kraft. Damit ist im Bereich des AVG mit der Einbringung eines Vorlageantrages die Berufung wieder unerledigt und es ist keine dem Rechtsbestand angehörende Entscheidung über die Berufung vorhanden.

Mit dem Vorlageantrag will der Gesetzgeber ein wirksames Rechtsschutzsystem zur Verfügung gestellt haben (vgl. VwGH 17.11.1994, 92/06/0243, sowie VwGH 17.11.1994, Zl. 92/06/0243, mit Hinweis auf Walter/Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 1995, 38, Fn 92).

 

 

 

5.2. In der Sache:

Gemäß den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung darf eine solche im Sinne des § 3 Abs.1 FSG nur Personen erteilt (und daher auch nur belassen) werden, die:

     ...

     2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

     ...

     § 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand

         ...

     (3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

     ...

Z11 eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Sucht-mittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, begangen hat;

     ...

     (4) Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

     ...

     Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

     Allgemeines

     ...

     Dauer der Entziehung

     § 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

     ...

     (3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.     

 

 

5.2.1. Angesichts der gesonderten Übermittlung der Berufung auch an die Berufungsbehörde in Verbindung mit dessen inhaltlichen Ausführungen sowie der Urgenzen der Aktenvorlage schien eine die Sache erledigende Entscheidung raschest geboten um einen drohenden Rechtsnachteil des Berufungswerbers abzuwenden (s. VfGH 22.9.2008, B 753/08 u.a.).

Festzustellen ist eingangs auch, dass in Kenntnis der Verurteilung bis zur Erlassung des Entzugsbescheides acht Monate verstrichen sind und in dieser Zeit offenbar kein Handlungsbedarf mit Blick auf die schon damals erwiesen geltende Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z11 FSG (der fehlenden Verkehrszuverlässigkeit) erblickt wurde. Vielmehr schient vorerst die gesundheitliche Eignungsfrage das Verfahren bestimmt haben (Bescheid nach § 24 Abs.4 FSG).

Zwischenzeitig liegt das Ende der als "bestimmten Tatsachen" zu wertenden - u. gewerteten – Handlung(en) etwa 22 Monate zurück.

Mit Blick darauf ist der Hinweis des Berufungswerbers auf das h. Erk. vom 16.9.2008, VWSen-522071/4/Br/RSt zumindest teilweise im Recht.

Im Gegensatz dazu verhilft der Tenor dieser Entscheidung der Behörde erster Instanz nicht zur Begründung des angefochtenen Bescheides, wenn darin die Verkehrszuverlässigkeit bereits elf Monate nach dem Ende des strafrechtlich relevanten Verhaltens als wieder gegeben erachtet worden war.

Demnach vermag in sachgerechter Beurteilung der Verkehrs(un)-zuverlässigkeitsprognose diese jedenfalls nicht für insgesamt drei Jahre prognostiziert gelten, wobei selbst die Behörde erster Instanz von dieser Annahme trotz unveränderter Beweislage in nicht unerheblichem Umfang abging.

         Als unvergleichbar erweisen sich weitere erstinstanzlichen Judikaturhinweise ob der weitgehenden Unvergleichbarkeit dahinter stehenden Fallgestaltungen. So lag dem Erk. VwGH 2001/11/0094 die Unzucht an insgesamt vier unmündige Personen und damit das Verbrechen nach § 207 Abs.1 StGB zu Grunde. Weiter war dieses Verbrechen vom Umstand begleitet, dass der Betroffene in dieser Zeit mit drei Personen, die das 14. Lebensjahr aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatten, gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben und dadurch das Verbrechen nach § 209 StGB begangen hatte. Weiters hatte der Bf an zwei jener unmündigen Personen auch das Verbrechen gemäß § 207 Abs.1 StGB begangen. Auch mit den übrigen Hinweisen, etwa VwGH 97/11/143 lässt sich für die im h. angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entzugsdauer nichts  gewinnen, weil etwa darin die Einleitung des Strafverfahrens erst drei Jahre nach der Tat (Unzucht mit Minderjährigen) erfolgt ist und der ausgesprochene Entzug als rechtswidrig festgestellt wurde.

Die Haftzeit war auf Grund der Fallgestaltung jedoch nicht einzurechnen, sodass darin die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit von vier Jahren vom Höchstgericht als nicht überhöht festgestellt wurde.

Auch von einem "geradezu gewohnheitsmäßigen Verstoß gegen Strafnormen" kann im gegenständlichen Fall gerade nicht die Rede sein.

Betreffend das Zitat VwGH "2.10.1985, 85/02/0206" handelt es sich ferner offenbar um ein Fehlzitat, wobei VwGH 2.10.1985, 85/11/0106 gemeint gewesen sein dürfte, welches aber besagt, dass "die Behörde nicht nur bei der Wertung einer bestimmten Tatsache nach § 66 Abs.3 (damals noch im KFG 1967) im Hinblick auf die zu erstellende Prognose, sondern auch bei der Beurteilung, wann voraussichtlich die Verkehrssicherheit wieder hergestellt sein wird, und der damit im Zusammenhang stehenden Festsetzung der Zeit nach § 73 Abs.2 alle in § 66 Abs.3 KFG angeführten Wertungskriterien zu beachten habe."

 

 

5.2.2. Die belangte Behörde hat wohl zutreffend im Rahmen der Wertung der bestimmten Tatsache die besondere Verwerflichkeit von Suchtgiftdelikten und vor allem die große Menge des Suchtmittels, welche hier vom Berufungswerber  in Verkehr gesetzt wurde, aufgezeigt. Dies geschah hier jedoch nur über einen kurzen Zeitraum. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Verbrechen nach § 28 SMG wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen als besonders verwerflich für die Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG einzustufen (vgl. VwGH 25. Mai 2004, 2003/11/0291, mwN).

Dennoch wurde  es in dieser Entscheidung  aber immer noch als überhöht erachtet daraus eine über zwei Jahre bzw. vom damaligen Entscheidungszeitpunkt, eine noch drei Monate andauernde (§ 25 Abs.3 FSG) Verkehrsunzuverlässigkeit abzuleiten.

Dem entgegen stehende besondere Umstände hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht angenommen. Das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Erkenntnis, VwGH 24.8.1999, 99/11/0166, das einen gewerbsmäßigen Suchtgifthandel betraf, lässt für den Standpunkt der belangten Behörde mangels unmittelbarer Vergleichbarkeit des zu Grunde liegenden Sachverhaltes ebenfalls nichts gewinnen, was hier eine deutlich über zwei Jahre liegende Verkehrsunzuverlässigkeit rechtfertigen könnte (VwGH 27.3.2007, 2005/11/0115).

 

         Entscheidungswesentlich ist hier vielmehr, dass dem Zeitfaktor und dem Verhalten des Berufungswerbers während dieses Zeitlaufes bei der Wertung entscheidende Bedeutung zukommt. Auch die hier weitgehend fehlende konkrete verkehrsspezifische Relevanz dieser Taten ist nicht unbeachtlich. Soweit die dazu überaus reichhaltige Judikatur noch überblickbar ist, ergeben sich selbst bei Aggressionsdelikten Zeithorizonte im Bereich von bis zu zwei Jahren, wobei ein Betroffener innerhalb dieser Zeitspanne sich wohl Verhalten muss (Grundner / Pürstl, Kurzkommentar zum FSG, 2. Auflage, Seite 85, E28 u.29 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0168).

 

         Laut Judikatur wird beispielsweise ein erstmals in der Dauer von zwei Jahren ausgesprochener Entzug der Lenkberechtigung, als "erheblich zu lange" gewertet, obwohl dieser eine des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung als Beteiligter u. nach § 12 zweiter Fall in Verbindung mit § 87 Abs.1 StGB und dem Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs.1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB, der Nötigung nach § 105 Abs.1 StGB und des Vergehens nach § 50 Abs.1 Z1 und 4 Waffengesetz, als schuldig erkannte Person betraf. Darin wird wohl festgestellt, dass von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktsituationen eine nicht zu Gewalttätig­keiten neigende Sinnesart verlangt werden müsse  (VwGH 23.4.2002, 2001/11/0346 mit Hinweis auf VwGH 26.2.2002, 2001/11/0379, mwN).

         Ebenso wurde nach einer auf schwerer Körperverletzung basierenden Verurteilung, ein 16 Monaten nach Tatbegehung ausgesprochener Entzug als verfehlt beurteilt (VwGH 14.9.2004, 2004/11/0119). Ebenso eine Verurteilung nach § 83 Abs.1, § 84 Abs.2 Z1 StGB und ein erst nach Ablauf einer Zeit von 20 Monaten endender Entzug (VwGH 6.7.2004, 2002/11/0130, sowie VwGH 20.9.2001, 2001/11/0119).

         Daher hat der Berufungswerber stets unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen (VwSlg 15059 A/1998 mit Hinweis auf VwGH 25.8.1998, 97/11/0213 zum diesbezüglich gleichlautenden KFG).

Jedenfalls gilt es ein Ergebnis zu vermeiden, dass ein Entzug zur zusätzlichen Strafe umfunktioniert würde bzw. dieser letztlich nur mehr als solcher zur Wirkung gelangt und so mit dem Schutzbereich der EMRK in Konflikt geriete (s. VwGH 25.5.2004, Zl. 2003/11/0291). Ein solches Ergebnis galt es mit dieser Sacherledigung abzuwenden.

Somit besteht im Lichte der Judikatur und vor dem Hintergrund des bereits gesühnten Verhaltens des Berufungswerbers keine gesetzliche Grundlage dafür zu bestehen noch für weitere dreizehn Monate dessen Verkehrsunzuverlässigkeit zu prognostizieren.

         In seiner jüngeren Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof etwa die Auffassung vertreten, dass die bedingte Strafnachsicht zwar für sich allein noch nicht zwingend dazu führe, dass der Betreffende bereits als verkehrszuverlässig anzusehen sei, weil sich die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht zur Gänze mit jenen decken, die für das Gericht betreffend die bedingte Strafnachsicht nach den Bestimmungen des StGB von Bedeutung sind. Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof aber darauf hingewiesen, dass nach diesen Bestimmungen die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen sind und es sich dabei im Einzelfall durchwegs um Umstände handeln kann, die für die im § 7 Abs. 4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können (VwGH 22.2.2007, 2005/11/0190 mit Hinweis auf VwGH vom 18.12.2006, Zl. 2006/11/0076, mwN).

 

5.2.3. Für die Festsetzung der Entziehungsdauer ist die unter Berücksichtigung der Wertungskriterien gemäß einer iSd § 7 FSG 1997 zu erstellende Prognose maßgebend, wann der Betreffende die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen werde; also wann er die Sinnesart gemäß § 7 Abs.1 Z11 u. Abs.4 FSG 1997, derentwegen die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist, überwunden haben wird (VwGH 6.7.2004, 2002/11/0130 mit Hinweis auf VwGH 20.9.2001, 2001/11/0119), m.a.W).

Betreffend die hier getroffene Prognosebeurteilung kann etwa auf eine jüngste Entscheidung des VwGH 2008/11/0116 verwiesen werden, wo ein zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten verurteilter Drogendealer ein Führerscheinentzug von 29 Monaten als übers Ziel schießend erachtet wurde.

Der Gerichtshof folgte der belangte Behörde zwar und erachtete es als zutreffend im Rahmen der Wertung der bestimmten Tatsache die besondere Verwerflichkeit der große Menge des Suchtmittels, auf die sich das strafbare Verhalten bezogen hat. Unter Hinweis auf seine Rechtssprechung seien Verbrechen nach § 28 SMG wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen als besonders verwerflich im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG einzustufen, was aber nicht einen mehrjährigen  Entzug rechtfertigt (abermals VwGH 25.5.2004, 2003/11/0291, sowie VwGH 5.2.2003, 2001/11/0335 mwN). Darin hob auch der Verwaltungsgerichtshof  einmal mehr hervor, dass es sich ebenfalls bei einem auf einen wegen einer Suchtgiftsache gestützten Entzug um eine administrative Sicherungsmaßnahme handle, die  nicht als Strafe zu qualifizieren ist.

Hier liegt im Gegensatz zu den obzitierten Judikaten nur ein kurzer Tatbegehungszeitraum und eine völlige Unbescholtenheit und ein nach der Tatbegehung wohl tadelloses Verhalten des Berufungswerbers  zu Grunde. Vor diesem Hintergrund erweist sich im Sinne der Linie der Judikatur eine prognostizierte Verkehrsunzuverlässigkeit in der Dauer von insgesamt 35 Monaten bzw. gegenwärtig noch für weitere dreizehn Monate jedenfalls als deutlich überzogen. Dieser Umstand wurde letztlich auch von der belangten Behörde durch deren Berufungsvorentscheidung zumindest teilweise berücksichtigt.

Abschließend scheint hier unter Bedachtnahme auf den Handel mit harten Drogen in großer Menge, eine präsumtive Verkehrsunzuverlässigkeit in der Dauer von insgesamt 22 Monaten ab Ende des als Verbrechen zu qualifizierenden Verhaltens als noch sachgerecht.  Dies führt dazu, dass mit der Verkündung der Berufungsentscheidung bereits wieder vom Vorliegen der Verkehrszuverlässigkeit auszugehen ist.

Abschließend ist auf die verfassungskonforme Auslegung des § 73 Abs.2 AVG hinzuweisen, wonach in Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen die Behörde stets ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden hat (s. VfGH v. 22.9.2008, B 753/08 u. a).

Die ehest mögliche Erledigung des Berufungsverfahrens durch Bescheidverkündung schien hier angesichts der zwischenzeitig bereits verstrichenen Zeit sowie in Vermeidung eines sogenannten "kalten Entzuges" geboten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beachte:
vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 14.05.2009, Zl.: 2009/11/0048-5

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum