Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222215/9/Bm/Sta

Linz, 12.12.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn J H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G, E, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.4.2008, Ge96-2569-2007, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.10.2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird hinsichtlich Schuld als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

II.              Der Berufung wird hinsichtlich Strafe insofern stattgegeben, als das Strafausmaß auf 300 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 28 Stunden, herabgesetzt wird.

 

III.          Der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz ermäßigt sich auf 30 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I. u. II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF  iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF;

zu III.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 2.Fall iVm §§ 81 Abs.1 und 74 Abs.2 GewO 1994 und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23.6.2003, Ge20-47-88-01-2003, verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als gem. § 370 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der D D-, W- und F Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. mit Sitz in  V, S, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für "Industrielle Erzeugung von Dach-, Wand- und Fassadensystemen" am Standort  V, S, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung eingehalten wurden:

 

Aus der Anzeige eines Nachbarn geht hervor, dass am

a)    Sonntag, 07.10.2007, ab 06.45 Uhr

b)    Sonntag, 14.10.2007, ab 07.00 Uhr

c)     Sonntag, 21.10.2007, ab 07.00 Uhr

d)    Freitag, 26.10.2007, ab 02.00 Uhr (Nationalfeiertag)

e)    Donnerstag, 01.11.2007, ab 08.00 Uhr (Allerheiligen)

f)      Sonntag, 04.11.2007, ab 08.00 Uhr

gewerbliche Arbeiten durchgeführt wurden.

 

Sie haben damit die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23.06.2003, Ge20-47-88-01-2003, mit einer Betriebszeit von Montag bis Samstag, täglich von 06.00 bis 22.00 Uhr, genehmigte Betriebsanlage, nach einer Änderung, die geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen, betrieben, ohne die für diese Änderung erforderliche Genehmigung erlangt zu haben."

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass auf Basis des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes die angefochtene Entscheidung rechtlich unrichtig sei. Die belangte  Behörde stütze die Verhängung der angefochtenen Strafe auf eine Verletzung der §§ 366 Abs.1 Z3 iVm 81 Abs.1 und 74 Abs.2 GewO 1994, sohin auf eine nicht  genehmigte Änderung der Betriebsanlage durch das vom Berufungswerber als Geschäftsführer geführte Unternehmen. Gemäß § 81 bedürfe es nur dann einer Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs.2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Die Änderung einer Betriebsanlage sei sohin gemäß den vorstehend zitierten Bestimmungen der GewO 1994 nur dann genehmigungspflichtig, wenn die betreffende Änderung auch geeignet ist, die in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 GewO 1994 angeführten Schutzinteressen zu berühren. Voraussetzung für die Bestrafung des Berufungswerbers als Geschäftsführer im gegenständlichen Fall sei somit, dass die durchgeführten Einstell- und Umstellarbeiten im Herbst des Jahres 2007 zumindest geeignet gewesen seien, durch eine entsprechende Lärmentwicklung eine Belästigung der Nachbarn herbeizuführen.

Dementsprechend sei seitens der belangten Behörde zunächst auch als Grundlage für die Bestrafung der Vorwurf angeführt worden, "gewerbliche Tätigkeit außerhalb der genehmigten Betriebszeiten durchgeführt zu haben, wodurch die Möglichkeit bestand, dass Nachbarn durch Lärm hätten belästigt werden können".

Auf Basis des festgestellten Sachverhaltes sei unklar, wie die belangte Behörde zu dem rechtlichen Schluss kommen könne, dass eine Möglichkeit der Beeinträchtigung von Nachbarinteressen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO durch die in Rede stehende Einstell- und Umstellarbeit überhaupt gegeben gewesen sei.

Zum Beeinträchtigungspotential dieser Arbeiten sei nämlich nichts festgestellt worden. Es sei lediglich festgestellt worden, dass Arbeiten durchgeführt worden seien, nicht jedoch welche Arbeiten, in welcher Häufigkeit, zu welchen exakten Zeitpunkten, in welcher Intensität und mit welcher Lärmentwicklung. Die bloße Feststellung, dass (irgendwelche) Arbeiten durchgeführt worden seien, könne jedoch noch nicht zur rechtlichen Qualifikation führen, dass diese Arbeiten auch konkret geeignet seien, die im § 74 Abs.2 GewO 1994 zitierten Auswirkungen für die Nachbarschaft hervorzurufen. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt genüge somit keinesfalls für dessen Subsumtion unter die Bestimmungen der §§ 366 Abs.1 Z3 iVm 81 Abs.1 und 74 Abs.2 GewO 1994.

Wenn die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht weiters ausführe, dass "schon alleine die Tatsache, dass Arbeiten außerhalb der genehmigten Betriebszeit  durchgeführt wurden" eine Verwaltungsübertretung darstelle und zwar unabhängig davon, ob eine Lärmbelästigung der Nachbarn eingetreten ist bzw. eintreten hätte können, lege sie ihrem Bescheid eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen für eine Strafbarkeit zu Grunde. Eine allfällige Bestrafung des Berufungswerbers sei keineswegs unabhängig davon, ob eine Lärmbelästigung der Nachbarn hätte eintreten können; im Gegenteil: Die Möglichkeit der Verletzung der in § 74 Abs.2 GewO 1994 angeführten Schutzinteressen, im gegenständlichen Fall  sohin die konkrete Eignung der in Rede stehenden Arbeiten, zu einer Lärmbelästigung der Nachbarn zu führen, sei ausdrückliche gesetzliche Voraussetzung für die Genehmigungspflicht der Änderung der Betriebsanlage folglich für eine Bestrafung. Davon gehe zunächst offenbar auch die belangte Behörde aus, verkenne jedoch in weiterer Folge diese Rechtslage bzw. lasse unklar, von welchen rechtlichen Voraussetzungen für die Bestrafung sie nunmehr ausgegangen sei.

Weiters sei die belangte Behörde ihrer Pflicht gemäß §§ 37 iVm 39 AVG von Amts wegen den maßgebenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln und festzustellen und die notwendigen Beweise dafür aufzunehmen, nicht nachgekommen.

Insbesondere seien jegliche Erhebungen und Feststellungen zum konkreten Lärmbelästigungspotential der in Rede stehenden Einstell- und Umstellarbeiten unterlassen worden. So führe die belangte Behörde aus, dass die Rechtfertigung des Berufungswerbers – abgesehen von der Behauptung, dass am 26.10.2007 überhaupt keine Tätigkeit getätigt worden seien – am Tatvorwurf vorbeigehe. Die belangte Behörde messe somit der Rechtfertigung des Berufungswerbers, wonach es durch die unbestrittenen Einstell- und Umstellarbeiten zu keiner relevanten Lärmentwicklung gekommen sei, von vornherein keine rechtserhebliche Bedeutung zu und unterlasse daher die entsprechenden, in diesem Fall maßgebenden Erhebungen und Feststellungen.

So sei von der belangten Behörde weder festgestellt worden, um welche Arbeiten es sich überhaupt handle, noch führe sie weitere Ermittlungen dahingehend durch, inwiefern es durch diese Arbeiten überhaupt zu einer relevanten Lärmentwicklung kommen könne. Ebenso wenig habe die Behörde den im betreffenden örtlichen Bereich grundsätzlich bestehenden durchschnittlichen Lärmpegel erhoben. Es seien seitens der belangten Behörde auch keine (weiteren) Nachbarn zu der von C K vorgeworfenen Lärmbelästigung befragt worden und auch der vom Berufungswerber als Beweis angebotene Ortsaugenschein nicht durchgeführt worden.

Nur auf Basis der vorstehend genannten Erhebungen und darauf basierender Feststellungen hätte die Behörde jedoch entscheiden können, ob überhaupt eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage erfolgt sei; nur bei Vorliegen einer derartigen Änderung wäre wiederum eine Bestrafung nach den von der Behörde zitierten Bestimmungen der GewO 1994 überhaupt denkbar. Statt dessen habe es die belangte Behörde dabei bewenden lassen, die Aussage des Berufungswerbers jener des Nachbarn C K gegenüber zu stellen und sich im Rahmen einer denkbar kurzen und darüber hinaus falschen Beweiswürdigung ausschließlich auf die Aussage dieses Nachbarn zu stützen. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt reiche jedenfalls nicht für eine Subsumtion unter die betreffenden Strafbestimmungen der GewO 1994 und auch nicht, um die tatsächlich rechtsrichtige Anwendung dieser Strafbestimmungen überprüfen zu lassen. Dazu hätte die Behörde weitere Beweise aufnehmen und entsprechende Feststellungen treffen müssen.

Darüber hinaus würden die Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis auf einer unrichtigen Beweiswürdigung seitens der belangten Behörde beruhen. Auf Basis der Aussagen des Nachbarn C K und dessen E-Mail vom 4.11.2007 gelangte die Behörde zu der Feststellung, dass seitens des vom Berufungswerber  geführten Unternehmens außerhalb der genehmigten Betriebszeiten zu den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Zeiten gewerbliche Tätigkeiten erfolgt seien.

Die genannte Feststellung basiere auf dem lapidaren Hinweis, dass es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass Nachbarn unrichtige Sachverhalte zur Anzeige bringen und die Mühen eines Verwaltungsstrafverfahrens auf sich nehmen würden. Inwiefern dies eine allgemeine Lebenserfahrung darstelle, sei nicht nachvollziehbar, zumal es ebenso möglich und wahrscheinlich sei, dass ein Nachbar über die exakte Herkunft von Geräuschen irre oder diese auf Grund persönlicher Umstände weit übertrieben wahrnehme. Sich diesbezüglich auf eine allgemeine Lebenserfahrung zu stützen, sei daher nicht möglich und stelle sich als Versuch der Behörde dar, sich eine nähere Beweiswürdigung und ein intensives Auseinandersetzen mit dem Beweisergebnis zu ersparen. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die belangte Behörde stärker in Betracht ziehen müssen, dass entsprechend der Aussage des Berufungswerbers, welche im Übrigen durch weitere Zeugenaussagen überprüfbar gewesen wäre, jedenfalls am 26.10.2007 um 2.00 Uhr früh keine wie immer gearteten Tätigkeiten durchgeführt worden seien und es im Hinblick auf die gesamte Rechtfertigung objektiv nicht zielvoll erscheine, ohne entsprechende Gewissheit das Durchführen von Arbeiten ausgerechnet an jenem Datum explizit auszuschließen.

Darüber hinaus hätte die Behörde in Betracht ziehen müssen, dass – abgesehen von jener des C K – keinerlei Beschwerden von Nachbarn im Hinblick auf eine Lärmbelästigung durch den Betrieb gebe und selbst C K in seiner E-Mail vom 4.11.2007 ausschließlich hinsichtlich des 7.10.2007 eine massive Lärmbelästigung behauptet habe.

 

Schließlich habe die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis äußerst mangelhaft begründet.

Zum einen lege die belangte Behörde dem angefochtenen Straferkenntnis widersprüchliche rechtliche Voraussetzungen für die Bestrafung zu Grunde. So werde einerseits vorgeworfen, dass gewerbliche Tätigkeiten außerhalb der genehmigten Betriebszeiten durchgeführt worden seien, wodurch die Möglichkeit bestanden habe, dass Nachbarn durch Lärm hätten belästigt werden können; andererseits führe die belangte Behörde aus, dass eine Verwaltungsübertretung unabhängig davon vorliege, ob eine Lärmbelästigung der Nachbarn eintreten hätte können. Weiters sei völlig unklar, welche Beweisergebnisse von der belangten Behörde einer Würdigung unterzogen worden seien: So messe die belangte Behörde die Rechtfertigung hinsichtlich der mangelnden Lärmentwicklung durch die Einstell- und Umstellarbeiten keine Bedeutung zu, unterziehe aber andererseits die diesbezüglichen Angaben des Nachbarn sehr wohl einer entsprechenden Beweiswürdigung.

Durch das Ignorieren der Rechtfertigung des Berufungswerbers hinsichtlich des mangelnden Lärmentwicklungspotentiales der in Rede stehenden Einstell- bzw. Umstellarbeiten sei die belangte Behörde darüber hinaus nicht im erforderlichen Maße auf alle vorgebrachten Tatsachen – und Rechtsausführungen eingegangen, sondern habe sich diesbezüglich auf äußerst lapidare und unbegründete Ausführungen beschränkt und habe auch aus diesem Grund ihre Begründungspflicht verletzt.

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen, sei die von der belangten Behörde verhängte Strafe unangemessen. Die belangte Behörde führe zwar richtig aus, dass der Berufungswerber bis dato völlig unbescholten sei, was als entsprechender Milderungsgrund zu werten ist; diesem Umstand werde jedoch im Rahmen der Strafbemessung nicht genügend Rechnung getragen.

Darüber hinaus liege auch ein geringes Verschulden vor, zumal auch ein entsprechendes Kontrollsystem bestanden habe und bestehe, auf  dessen Einhaltung der Berufungswerber vertrauen konnte und immer noch könne. Vom Berufungswerber werde ständig darauf geachtet, dass durch die Tätigkeit in der gegenständlichen Betriebsanlage, insbesondere durch den stattfindenden Produktionsbetrieb keine unzulässige Lärmbelästigung für Nachbarn entstehe. Entsprechende Anweisungen seien erteilt worden und würden regelmäßig kontrolliert werden und seien bisher keine Verstöße dagegen festgestellt worden.

Weiters werde auch in dem in Rede stehenden E-Mail des Nachbarn C K vom 4.11.2007 ausschließlich hinsichtlich des 7.10.2007 eine massive Lärmbelästigung behauptet worden. Letztlich werde darauf hingewiesen, dass die betreffenden Einstell- und Umstellarbeiten nur deshalb außerhalb der normalen Produktionszeit durchgeführt  worden seien, da diese während der normalen Produktionszeit eben nicht möglich seien. Erschwerungsgründe seien nicht einmal nach den Ausführungen der belangten Behörde gegeben. Die Milderungsgründe würden daher jedenfalls beträchtlich überwiegen. Insgesamt sei die von der belangten Behörde verhängte Strafe somit nicht tat- und schuldangemessen, zumal das Verhalten hinter dem gegenständlichen deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben sei und auch die Folgen der Tat letztlich unbedeutend seien. Es bestünde daher ein Rechtsanspruch auf Anwendung der Bestimmung des § 21 VStG, wonach – vorausgesetzt, dass die Tat überhaupt tatsächlich vom Berufungswerber begangen worden sei – lediglich eine bescheidmäßige Ermahnung zu erteilen sei.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und die beantragten Beweise aufnehmen,

der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze aufheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu die Verwaltungsstrafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen, in eventu im Ausspruch über die Strafe dahingehend abändern, dass von einer Bestrafung gemäß § 21 VStG abgesehen und eine bloße Ermahnung erteilt werde, in eventu im Ausspruch über die Strafe dahingehend abzuändern, dass die verhängte Geldstrafe von 500 Euro auf 200 Euro herabgesetzt werde.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat als belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt sowie in die vom Berufungswerber vorgelegten Unterlagen. Weiters wurde am 16.10.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Berufungswerber und sein anwaltlicher Vertreter anwesend waren und gehört wurden sowie der Zeuge C K unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Die D D-, W- und F Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. ist Inhaberin der Gewerbeberechtigung für "industrielle Erzeugung von Dach-, Wand- und Fassadensystemen am Standort V, S," die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers hat Herr J H inne.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23.6.2003, Ge20-47-88-01-2003, wurde der D D-, W- und F Gesellschaft m.b.H. & Co. KG., V, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Erweiterung der bestehenden Betriebsanlage im Grunde des Ansuchens erteilt. Als Betriebszeit wurde Montag bis Samstag täglich von 6.00 bis 22.00 Uhr beantragt.

Zu den im Straferkenntnis angeführten Tatzeitpunkten wurden außerhalb der gewerbebehördlich genehmigten Betriebszeiten im Rahmen des Betriebes durch mehrere Arbeitnehmer Arbeiten - mit auch im gewöhnlichen Produktionsbetrieb verwendeten - Betriebsmitteln wie Kräne und Blechteile durchgeführt.

Zwischenzeitlich wurde für die in Rede stehende Betriebsanlage ein Dreischichtbetrieb (Betrieb rund um die Uhr) gewerbebehördlich genehmigt.

 

Das obige hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich zum einen aus dem eigenen Vorbringen des Berufungswerbers und zum anderen aus den Wahrnehmungen des einvernommenen Zeugen K für die Tatzeitpunkte und dessen Aussage vor dem Oö. Verwaltungssenat.

Der Zeuge K machte bei seiner Einvernahme einen glaubwürdigen Eindruck und konnte zum einen nachvollziehbar darlegen, dass er von seinem Haus aus Einsicht in die gegenständliche Betriebshalle hat und zum anderen, dass zu den angeführten Tatzeitpunkten von ihm mehrere Arbeitnehmer bei Tätigkeiten in der Halle, wie sie auch im laufenden Produktionsbetrieb gesetzt werden (nämlich Be- und Entladen von Kränen mit Blechstreifen), beobachtet wurden.  

Für den Oö. Verwaltungssenat vermittelte der Zeuge im Rahmen seiner Einvernahme den Eindruck, dass er durchaus mit den Betriebsabläufen der Firma D D-, W- und F Gesellschaft m.b.H. & Co. KG vertraut ist und besteht für den Oö. Verwaltungssenat kein Grund zur Annahme, dass der Zeuge K hinsichtlich der beobachteten Tätigkeiten die Unwahrheit gesagt hat.

Vom Berufungswerber wurde grundsätzlich nicht bestritten, dass zu den angeführten Tatzeitpunkten Tätigkeiten stattgefunden haben, allerdings wird vorgebracht, dass es sich dabei um die Neueinstellung einer bestehenden Maschine, die zum Abstapeln  von Blechteilen verwendet wird, gehandelt habe; hiefür werde lediglich ein Schraubschlüssel verwendet und sei mit diesen Arbeiten keinerlei Lärmerzeugung verbunden. Produktionstätigkeiten seien nicht vorgenommen worden.

Im Laufe der mündlichen Verhandlung hat der Berufungswerber seine Verantwortung jedoch insofern gewechselt, als er - nach Einvernahme des Zeugen Köpfle – vorgebracht hat, dass für die vorhin angeführten Einstellarbeiten an der bestehenden Maschinen auch Kräne benötigt würden. Das gleiche gilt für das Vorbringen des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt 26.10.2007. In der Berufungsschrift wird noch vorgebracht, dass am 26.10.2007 keinerlei Tätigkeiten durchgeführt worden seien; in der mündlichen Verhandlung wird dies insofern relativiert, als möglich sei, dass an diesem Tag ein Programmierer anwesend war, um die oben beschriebene Anlage entsprechend zu programmieren.

Die wechselnde Verantwortung des Berufungswerbers lässt an der Glaubwürdigkeit der Aussage betreffend Art der durchgeführten Tätigkeiten zweifeln. Zu beachten ist auch, dass sich der Berufungswerber als Beschuldigter so rechtfertigen darf, wie es ihm am günstigsten erscheint, der Zeuge hingegen bei seiner Einvernahme unter Wahrheitspflicht stand, bei deren Verletzung er mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte. Überdies machte der Zeuge im Auftreten sowie bei seinen Schilderungen über die beobachteten Tätigkeiten einen sehr sachlichen und korrekten Eindruck, weshalb seine Aussagen dem Sachverhalt zu Grunde gelegt werden.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage  ohne die erforderliche Genehmigung  ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

 

 

5.2. Ob eine "Änderung" einer Betriebsanlage vorliegt, bemisst ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).

Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid (Betriebsbeschreibung) umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 einer gewerbebehördlichen Genehmigung.

Die Genehmigungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen; um dies zu beurteilen genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0068). Nach der im Genehmigungsbescheid vom 23.6.2003 zu Grunde liegenden Verhandlungsschrift vom 1.4.2003 wurden im vorliegenden Fall in dem Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung für die Erweiterung der gegenständlichen Betriebsanlage angeschlossenen Projektsunterlagen die Betriebszeiten für die Produktionshalle mit 6.00 bis 22.00 Uhr Montag bis Samstag angeführt.

Diese beantragten Betriebszeiten wurden in der Verhandlungsschrift im Befund aufgenommen und liegen diese Verhandlungsschrift sowie die Projektsunterlagen, in dem diese Betriebszeiten beantragt wurden, dem Genehmigungsbescheid vom 23.6.2003 zu Grunde. Dadurch, dass die gewerbebehördliche Genehmigung unter Zugrundelegung der Projektsunterlagen, die die entsprechenden Betriebszeiten aufweisen, erteilt wurde, erlangte die Betriebszeitenregelung insofern normativen Charakter, als damit der Betrieb dieser Betriebsanlage nur im Rahmen der genannten Betriebszeiten genehmigt ist. Jede Tätigkeit in der Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeiten stellt sich als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage dar, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs.1 der Genehmigung nach dieser Bestimmung bedarf.

 

Fest steht, dass zu den Tatzeitpunkten Arbeiten in der gegenständlichen Betriebsanlage der D D-, W- und F Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. durchgeführt wurden. Ob es sich nun dabei tatsächlich um Einstellarbeiten an einer bestehenden Maschine oder um "normalen" Produktionsbetrieb gehandelt hat, kann aus rechtlicher Sicht  insofern dahingestellt bleiben, als auch die Einstellarbeiten betriebliche Tätigkeiten darstellen, die nur im Rahmen der genehmigten Betriebszeiten durchgeführt werden dürfen. Zu prüfen ist aber, ob diese Tätigkeiten grundsätzlich geeignet sind, die im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen.

 

Soweit der Berufungswerber vorbringt, dass mit den durchgeführten Arbeiten keinerlei Lärmbelästigung verbunden gewesen sei, was auch das nachfolgend durchgeführte Genehmigungsverfahren betreffend die Verlängerung der Betriebszeit ergeben habe, ist dem die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, wonach die Behörde bei Prüfung des Vorliegens einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 GewO 1994 nicht die Genehmigungsfähigkeit der Änderung der Betriebsanlage zu prüfen hat und ebenso wenig, ob tatsächlich Gefährdungen, Beeinträchtigungen, Belästigungen oder sonstige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO 1994 von der konkreten Betriebsanlage ausgehen. Dies festzustellen und allenfalls durch entsprechende Auflagen zu verhindern, ist Sache des Genehmigungsverfahrens.

Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens ist die nach § 74 Abs.2 leg.cit. mit der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene personenbezogene oder tätigkeitsbereich- bzw.- sachbereichsbezogene konkrete Eignung, die in der zit. Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen.

Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen. Demnach bedarf es keiner Feststellungen im Einzelfall darüber, ob solche Gefährdungen, Beeinträchtigungen und Belästigungen von der konkreten Betriebsanlage auch tatsächlich ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen auf bestimmte Personen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 und 2 GewO 1994 oder auf bestimmte Tätigkeits- oder Sachbereiche im Sinne des § 74 Abs.2 Z3 bis 5 GewO 1994 nicht auszuschließen sind.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass zu den angeführten Tatzeitpunkten mit Kränen gearbeitet und mit Blechteilen hantiert wurde, zum Teil bei geöffnetem Hallentor; durch diese Manipulationen kann zumindest von vornherein nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass damit Auswirkungen auf Personen, im Konkreten auf den im Nahebereich der Betriebsanlage wohnenden Nachbarn K, verbunden sind. Dies auch vor dem Hintergrund, dass diese Arbeiten an Sonn- bzw. Feiertagen durchgeführt wurden, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine ruhigere Umgebungssituation erwarten lassen, als an Werktagen.

Dass sich im nachfolgenden Genehmigungsverfahren herausgestellt hat, dass eine Lärmbelästigung nicht vorliegt, ist im Verwaltungsstrafverfahren nicht entscheidungsrelevant.

 

Es ist sohin der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als gegeben zu erachten.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Ein Entlastungsbeweis ist dem Berufungswerber gemäß § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen.

Die Verantwortung des Berufungswerbers, wonach im Betrieb ein Kontrollsystem installiert ist, nämlich dergestalt, dass die im Betrieb angestellten Werkmeister von ihm mündlich und schriftlich angehalten werden, sämtliche Bescheidauflagen einzuhalten und diese auch sporadisch vom Berufungswerber auf die Einhaltung überprüft werden, stellt kein effizientes Kontrollsystem, wie dies vom Verwaltungsgerichtshof gefordert wird, dar. Entscheidend ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nämlich, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur stichprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem vor, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass tatsächlich die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sichergestellt sind.

 

5.4. Zur Strafhöhe ist festzustellen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Begründung für die Strafbemessung führte die Erstbehörde an, als strafmildernd sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten, straferschwerende Umstände lagen nicht vor. Die Erstbehörde hat die geschätzten persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, nämlich Nettoeinkommen in der Höhe von ca. 2.200 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten angenommen. Dieser von der Erstbehörde mangels Angaben des Berufungswerbers erfolgten Schätzung wurde in der Berufung insofern entgegen getreten, als der Berufungswerber Sorgepflichten für 1 Kind angab. Unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber nunmehr vorgebrachten persönlichen Verhältnisse, die von der Berufungsbehörde jedenfalls bei der Bemessung der Geldstrafe heranzuziehen sind und des Umstandes, dass der Berufungswerber zukünftig bemüht ist, sich gesetzeskonform zu verhalten, was das nachfolgend durchgeführte Genehmigungsverfahren gezeigt hat, erachtet es der Unabhängige Verwaltungssenat als vertretbar, die Geldstrafe auch unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention zu reduzieren.

 

Von einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG konnte nicht Gebrauch gemacht werden, da die kumulativ geforderten Voraussetzungen, nämlich geringes Verschulden sowie unbedeutende Folgen der Übertretung nicht vorliegen. Durch das gegenständliche tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerber über einen längeren Zeitraum und angesichts der Tatsache, dass dem Berufungswerber die bescheidmäßig festgelegten Betriebszeiten bekannt waren, kann keinesfalls von einem geringen Schuldgehalt ausgegangen werden.

 

 

Zu II.:

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum