Linz, 25.11.2008
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn V N, geb. , L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt, Dr. D S, W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. April 2008, Zl. S-46120/07-4, nach der am 21.11.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.
II. Zuzüglich zu den Kosten der Behörde erster Instanz werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 40 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
zu I: §§ 19, Abs.1 u. 2, 24, 51 und 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.
zu II: § 64 Abs.1 u.2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bundespolizeidirektion Linz verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden.
Es wurde ihm zur Last gelegt er habe am 7.9.2007 um 16.05 Uhr, in Vöckla-markt, B1, bei km 261520 als Lenker des Kfz, LKW, Kz.: , Anhänger, Kz.: , welches ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von 40.000 kg aufweist, das Verbotszeichen „Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen ausgenommen Ziel- und Quellverkehr für die Gemeindegebiete Frankenburg a.H., Frankenmarkt, Fornach, Neukirchen a.d.V., Pfaffing, Pöndorf, Redleiten, Vöcklamarkt und Weißenkirchen i. A." nicht beachtet.
1.2. Die Behörde erster Instanz führt begründend aus:
"Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung eines Organes der Straßen aufsieht und aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben. Gegen die Straf Verfügung der BH Vöcklabruck vom 6.11.2007 erhoben Sie fristgerecht Einspruch. Als Begründung wenden Sie das Vorliegen einer nicht gehörig kundgemachten Verordnung ein. Als Beweis wurde die gegenständliche Verordnung der BH Vöcklabruck v. 31.7.2007, VerkR01-1156-1-2006 vorgelegt. Zur mündlichen Verhandlung am 25.3.2008 wurden Sie geladen. Die Ladung enthielt die Androhung, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, falls Sie dieser keine Folge leisten. Telefonisch wurde am 21.3.2008 durch den Zustellungsbevollmächtigten mitgeteilt, dass der Ladung nicht nachgekommen wird. Es musste daher das Strafverfahren, wie bereits angedroht, ohne Ihre Anhörung durchgeführt werden. Gem. § 52 lit a Zif 7a StVO zeigt das Zeichen " "FAHRVERBOT FÜR LASTKRAFT-FAHRZEUGE" an, dass das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen verboten ist. Eine Gewichtsangabe bedeutet, dass das Verbot nur für ein Lastkraftfahrzeug gilt, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftfahrzeuges oder das höchste zulässige Gesamtgewicht eines mitgeführten Anhängers das im Zeichen angegebene Gewicht überschreitet. Gem. § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Woche, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1,1 a, 1 b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist. Die Behörde hat erwogen: Der Einwand in der Strafverfügung beschränkt sich auf den Umstand, dass keine gesetzmäßige Verordnung vorliege. Hierzu wird ausgeführt, dass, sobald eine Verordnung kundgemacht ist, sie die Verwaltungsbehörde bindet, und zwar auch dann, wenn diese Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung (VwGH 17.11.1977, 2915/76 u. 8.9.1995, 95/02/0194). Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie die Tat sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht zu vertreten haben. Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt. Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten. Als mildernd bei der Strafbemessung war das Fehlen ha. verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten; erschwerende Umstände lagen keine vor.
2. Ursprünglich wurde der Berufungswerber offenkundig von seinem Arbeitgeber von Günter Reder vertreten dem das Straferkenntnis zugestellt wurde.
In der Folge wurde der Berufungswerber durch den o.a. Rechtsanwalt rechtsfreundlich vertreten der gegen das Straferkenntnis fristgerecht nachfolgende Berufung ausführt:
"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erstattet der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter binnen offener Frist nachstehende BERUFUNG gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 29. April 2008, AZ: S-46120/07-4 und führt darin wie folgt aus: I. Sachverhalt Der Berufungswerber ist Mitarbeiter der R T KG, H. Am 27. September 2007 war der Beschuldigte mit dem von ihm gelenkten Sattelkraftfahrzeug mit den polizeilichen Kennzeichen und auf der B1 im Bereich Frankenmarkt unterwegs. Im Rahmen einer Polizeikontrolle wurde festgestellt, dass der Beschuldigte das „Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen ausgenommen Ziel- oder Quellverkehr für die Gemeindegebiete Frankenburg a. H., Frankenmarkt, Fornach, Neukirchen a. d. V., Pfaffing, Pondorf, Redleiten, Vöcklamarkt und Weißenkirchen i. A." nicht beachtet hätte. Der Berufungswerber erhob gegen die Strafverfügung vom 6. November 2007 fristgerecht Einspruch und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass · das gegenständliche Fahrverbot nicht gehörig kundgemacht wurde; · das Ermittlungsverfahren im Vorfeld der Verordnungserlassung. mangelhaft war; · die Verordnung unverhältnismäßig und gleichheitswidrig ist; · das Fahrverbot eine unverhältnismäßige Beschränkung darstellt. Das ausführliche Vorbringen im Einspruch blieb von der erstinstanzlichen Behörde unbeachtet, sodass diese das angefochtene Straferkenntnis erließ. II. Berufungsumfang Das gegenständliche Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten. Als Berufungsgründe werden · Rechts Widrigkeit des Inhaltes · Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung · Rechts Widrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie insbesondere Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie Verletzung sonstiger verfahrensrechtlicher Vorschriften geltend gemacht. III. Berufungsgründe 1. Keine gehörige Kundmachung der Verordnung 1.1 Verordnungen - wie das hier gegenständliche Fahrverbot - sind durch Straßenverkehrszeichen gemäß § 44 StVO kundzumachen. Dabei sind die Straßenverkehrszeichen so anzubringen, dass sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können; dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des VfGH {VfGH vom 24. September 1996, V75/96). Das beschriebene Gebot bezieht sich auch auf Zusatztafeln; die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein, sodass der Fahrzeuglenker zur vollständigen und richtigen Erfassung des gesamten Textes der Zusatztafel in der Lage ist, ohne sein Fahrzeug vor dem Straßen Verkehrszeichen mit der Zusatztafel anzuhalten oder sehr stark abbremsen zu müssen. 1.2. Die gegenständlichen Umstände vor Ort zeigen deutlich, dass der Ausnahmekatalog auf der 2. Zusatztafel sehr umfangreich und in kleingedruckter Schrift ausgeführt ist. In diesem Zusammenhang kommt erschwerend hinzu, dass es sich beim betroffenen Straßenabschnitt um eine Bundesstraße ohne besondere Geschwindigkeitsbeschränkungen handelt. Unter der Annahme, dass sich ein LKW-Zug mit einer Geschwindigkeit von ca. 60-70 km/h diesem Straßenverkehrszeichen nähert, ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass es dem LKW-Lenker nicht möglich ist den Inhalt der Verordnung vollständig und richtig zu erfassen, ohne sein Fahrzeug vor dem Straßenverkehrszeichen bzw. der Zusatztafel anhalten zu müssen. Weiters kommt hinzu, dass wenige Zentimeter vor dem gegenständlichen Straßen Verkehrszeichen weitere Hinweistafeln („Schilderwald1') angebracht sind. Der herannahende LKW Lenker wird sohin mit insgesamt 6 Verkehrszeichen bzw. Hinweiszeichen mit unterschiedlich ausführlicher Information konfrontiert. Weiters wird insbesondere zur Unlesbarkeit der gegenständlichen Zusatztafeln vergleichend auf die rechts vom gegenständlichen Straßenverkehrszeichen angebrachten Hinweistafeln verwiesen; die Schriftgröße auf den danebenstehenden Hinweiszeichen nimmt ein Vielfaches der Schriftgröße auf den gegenständlichen Zusatztafeln zum Fahrverbot ein (VfGH vom 24. September 1996, V75/96; VwGH vom 25. April 1985, 84/02/0267). 1.3 Als Zwischenergebnis lässt sich sohin festhalten, dass die Kundmachung der gegenständlichen Verordnung gesetzwidrig erfolgte; nach der ständigen Rechtssprechung müssen die entsprechenden Verkehrszeichen aus der Sicht des fließenden Verkehrs - unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände - einsichtig sein. Diesem gesetzlichen Gebot wird hier nicht entsprochen; der Fahrzeuglenker ist bei den vorliegenden Umständen zur vollständigen und richtigen Erfassung des gesamten Textes der Zusatztafel nicht in der Lage, ohne sein Fahrzeug erheblich (und für andere Verkehrsteilnehmer gefährdend) abzubremsen bzw. anhalten zu müssen. Dies insbesondere auch unter dem Blickwinkel der Unfallgefahr auf einer Bundesstraße. Das angefochtene Straferkenntnis ist sohin zur Gänze aufzuheben. 2. Gesetzwidrigkeit/Mangelnde Eignung der Verordnung aus fachlicher Sicht 2.1. Vor Erlassung einer Verordnung ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, im Rahmen dessen die sachlichen Entscheidungsgrundlagen hinreichend zu ermitteln sind. Die nunmehr gefestigte Rechtssprechung fordert eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren bzw. Belästigungen für die Bevölkerung oder Umwelt und auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse durch Einholung entsprechender Fachgutachten. Die Verordnungserlassende Behörde hat zwar vor Erlassung des LKW-Fahrverbotes die Gutachten der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik der Landeregierung Oberösterreich vom 29. Juni 2007 sowie der Abteilung Verkehrstechnik der Landesregierung Oberösterreich vom 26. Juni 2007 eingeholt, sich offensichtlich jedoch nicht mit den Ausführungen der Sachverständigen inhaltlich auseinander gesetzt. Vielmehr ergibt sich aus den Gutachten, dass seitens der Sachverständigen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Erlassung des LKW-Fahrverbotes kein geeignetes Mittel zur Verringerung von Belastungen bzw. zur vorgegebenen Zielerreichung darstellt (siehe insbesondere Gutachten der Umwelt- und Anlagentechnik vom 29. Juni 2007). Aus dem Gutachten ergibt sich auch, dass die Behörde das Gutachten unter Zeitdruck in Auftrag gegeben hat und lediglich das Gutachten aus formalen Gründen eingeholt hat. Im Rahmen der anhängigen Verfahren - betreffend dieses LKW-Fahrverbotes - hat sich ergeben, dass sich die Behörde bei den Übermittlungen der Akten zur Verordnung zunächst weigerte, das umwelttechnische Gutachten von sich aus zu ermitteln. Erst durch mehrfache Intervention des einschreitenden Rechtsvertreters konnte Einblick in die Gutachten gewonnen werden, aus denen sich nunmehr klar ergibt, dass das verordnete LKW-Fahrverbot zur Erreichung des vorgegebenen Ziels ungeeignet und sohin gesetzwidrig ist. Die Behörde erließ das zugrundeliegende LKW-Fahrverbot sohin in qualifiziert rechtswidriger Weise. Trotz Vorliegens von fachlichen Stellungnahmen seitens der Landesregierung, die ausdrücklich darauf hinwiesen, dass die Erlassung eines LKW-Fahrverbotes zur gesetzten Zielerreichung nicht geeignet ist, hat die Behörde - offensichtlich unter Druck seitens der dahinter stehenden politischen Kräfte - das Fahrverbot erlassen. 2.2. Zum Umwelttechnischen Gutachten im Einzelnen Das dem LKW-Fahrverbot zugrundeliegende umwelttechnische Gutachten wird auszugsweise wie folgt zitiert: „Eine flächenhafte Darstellung der Immissionssituation war aufgrund der Terminvorgabe nicht möglich." „Durch ein LKW-Fahrverbot wird im günstigsten Fall eine Verbesserung der Schallsituation von 2 dB erreicht. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass schalltechnische Maßnahmen erst bei einer Änderung von mehr 3 dB als merkbare Verbesserung empfunden werden." „Das charakteristische LKW-Geräusch wird jedoch durch die verbleibenden Fahrzeuge verursacht und bleibt damit weiterhin bestehen." „Diese Grenzwerte werden jedoch auch durch die Pegelabnahme , in Folge eines LKW-Fahrverbotes nicht eingehalten." „Zusammenfassend ist aus schalltechnischer Sicht festzuhalten, dass durch das geplante LKW-Fahrverbot eine Pegelabnahme von bis zu 2dB erreicht wird. Diese Änderung ist zwar messtechnisch nachweisbar, führt aber subjektiv kaum zu einer Verbesserung." Die auszugsweise dargestellten Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen zeigen zweifelsfrei, dass das verordnete LKW-Fahrverbot kein geeignetes Mittel zur Reduzierung der Umweltbelastungen im betreffenden Straßenabschnitt darstellt. Die verordnungserlassende Behörde hat sich sohin über die fachkundigen Ermittlungsergebnisse hinweggesetzt und das LKW-Fahrverbot in qualifiziert gesetzwidriger Weise erlassen. Das LKW-Fahrverbot ist sohin gesetzwidrig und das gegenständliche Strafverfahren einzustellen. 2.3. Zum Verkehrs technischen Gutachten im Einzelnen Auch aus diesem Gutachten ist abzuleiten, dass das verordnete LKW-Fahrverbot in gesetzwidriger Weise erlassen wurde. Aus dem Gutachten ergibt sich an keiner Stelle, welche Verkehrszählungen bzw. welche Messergebnisse tatsächlich zugrunde gelegt wurden. Weiters fehlen dem Gutachten Ausführungen zu einer tatsächlichen Auseinandersetzung bzw. einer Gegenüberstellung von Verkehrsbelastungen im betreffenden Fahrverbotsbereich mit Straßenabschnitten, die sich vor bzw. nach dem Verbotsbereich befinden. Weiters negiert das Gutachten die Tatsache, dass der LKW-Verkehr in den Bereichen vor und nach dem Fahrverbotsbereich deutlich zugenommen hat und somit lediglich eine Verlagerung des Verkehrs auf vergleichbare Streckenabschnitte hervorgerufen wurde. Die Rechtssprechung sieht diesbezüglich vor, dass bei einem bestimmten Streckenabschnitt, für welchen die Verordnung erlassen werden soll, die für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen verglichen werden müssen, die für die anderen Streckenabschnitte bzw. vergleichbaren Straßen zutreffen. Ein derartiger Vergleich wurde im gegenständlichen Fall vom Sachverständigen nicht vorgenommen (VfSIg 89/1980; 15643). 3. Mangelndes Anhörungsverfahren im Verordnungserlassungsverfahren 3.1 Vor Erlassung einer Verordnung ist ein Anhörungs- bzw. Ermittlungsverfahren durchzuführen, im Rahmen dessen die Äußerungen der gesetzlichen Interessensvertretungen inhaltlich zu würdigen sind. Weiters müssen vor Erlassung eines Fahrverbotes die sachlichen Entscheidungsgrundlagen, die für eine Interessensabwägung gemäß § 43 Absatz 2 StVO notwendig sind, hinreichend ermittelt werden. Im vorliegenden Fall ist ein derartiges Anhörungsverfahren „lediglich pro forma halber" durchgeführt worden. Eine tatsächliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den gegensätzlichen Interessen hat es offensichtlich nicht gegeben. Die gesetzlich vorgeschriebene Interessensabwägung verlangt eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung oder Umwelt als auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen unter Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren. Fehlt es - wie im vorliegenden Fall -an der Erhebung entsprechender Entscheidungsgrundlagen oder wird im Zuge der gebotenen Interessensabwägung auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen nicht hinreichend bedacht genommen, ist eine verkehrsbeschränkende Verordnung - wie das gegenständliche Fahrverbot - gesetzwidrig im Sinne des § 43 Absatz 2 StVO. 3.2 Auch § 43 Absatz 1 bietet keine ausreichende Gesetzesdeckung für die gegenständliche Verordnung. Bezweckt die Fahrverbotsverordnung - wie im gegenständlichen Fall - ausschließlich, das Verkehrsaufkommen zu verringern und dadurch entstehende Gefahren Situationen für die betroffene Bevölkerung hintanzuhalten, stellt § 43 Absatz 1 StVO die falsche Rechtsgrundlage da (VfGH vom 16. Oktober 1999, V74). Zur Verwirklichung einer derartigen Intension könnte lediglich § 43 Absatz 2 StVO als gesetzliche Grundlage herangezogen werden; für Verordnungen gemäß § 43 Absatz 2 StVO ist aber die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens notwendig, bei der die gebotene Interessensabwägung, erforderlichenfalls unter Einholung von SV-Gutachten, vorgenommen werden muss. Ein rein „pro forma halber durchgeführtes Anhörungsverfahren", bei denen die Entscheidungsgrundlagen (Fachgutachten) nicht hinreichend ermittelt wurden, bietet keine Grundlage für die Erlassung einer derartigen Verordnung. Die Verordnung ist daher gesetzwidrig und das Strafverfahren einzustellen. 3.3 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass im Verfahren zur Erlassung der Verordnung die Entscheidungsgrundlagen nicht hinreichend ermittelt wurden; ist es auch zu keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Interessen der Verkehrswirtschaft gekommen. Das Anhörungsverfahren wurde lediglich „pro forma" abgehalten. Das Fahrverbot ist daher gesetzwidrig und der angefochtene Bescheid zur Gänze aufzuheben. 4. Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Eignung 4.1. Das gegenständliche Fahrverbot greift unverhältnismäßig in die Grundrechtspositionen des Berufungswerbers ein. Ein gesetzlicher Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts gilt nur dann als verhältnismäßig und erforderlich, wenn der Eingriff im Vergleich zu anderen gleich geeigneten Mitteln jenes ist, das die Grund rechts position am wenigsten beeinträchtigt, also das „mildeste oder gelindeste" Mittel ist. Im vorliegenden Fall ist es offensichtlich, dass beispielsweise strengere Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung „Mautausweichverordnung" ebenfalls zum angestrebten Ziel, jedoch unter Anwendung eines gelinderen Mittels führen würden. Zur Beurteilung der Erforderlichkeit des Fahrverbotes ist insbesondere auch auf die Bedeutung des Verkehrsbeziehungen und der Verkehrerfordernisse auf der B1 Bedacht zu nehmen; dies wird durch die ständige Rechtssprechung untermauert. 4.2 Hätte die Behörde im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens die Entscheidungsgrundlagen hinreichend ermittelt, insbesondere unter Berücksichtigung der eingeholten Fachgutachten, hätte sie feststellen müssen, dass das gegenständliche Fahrverbot lediglich zu einer Verlagerung des Verkehrsaufkommens auf andere Straßen sowie zu einer Zunahme des gesamten LKW-Verkehrs durch dabei entstehende Mehrkilometer im Ausmaß von 50% führt. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in seiner ständigen Rechtssprechung, dass eine Gesetzwidrigkeit eines Fahrverbotes dann vorliegt, wenn das Fahrverbot - wie im gegenständlichen Fall - „lediglich zur einer Verlegung der Gefährdung oder Belästigung auf andere Straßenzüge und somit auf einen anderen Personenkreis als die Anrainer führen würde" (VfSlg89/84/1980). Genau dies trifft im gegenständlichen Fall auch zu. Die Verordnung ist daher auch aus diesem Grund gesetz- bzw. verfassungswidrig. 5. Verletzung des Gleichheitssatzes 5.1. Eine Gleichheitswidrigkeit ergibt sich offensichtlich auch aus einem Vergleich der Verhältnisse der Streckenabschnitte auf der B1 vor und nach dem räumlichen Geltungsbereich des Fahrverbotes einerseits mit den Verhältnissen innerhalb des Geltungsbereiches des Fahrverbotes andererseits.