Linz, 25.11.2008
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H R K, geb. am , S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D S, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 16. September 2008, AZ: VerkR96-9197-2008-Kub, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 21. November 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 20,-- Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
zu I: §§ 19, Abs.1 u. 2, 24, 51 und 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.
zu II: § 64 Abs.1 u.2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel zitierte Straferkenntnis, GZ: VerkR96-3921-2008 über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden verhängt, weil er als Lenker des angeführten Lastkraftfahrzeuges, welches ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von 32.400 kg aufweist, das Verbotszeichen "Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen ausgenommen Ziel- oder Quellverkehr für die Gemeindegebiete Frankenburg a. H., Frankenmarkt, Fornach, Neukirchen a.d.V., Pfaffing, Pondorf, Redleiten, Vöcklamarkt und Weißenkirchen i. A." nicht beachtet.
Tatort: Gemeinde Frankenmarkt, Landesstraße Freiland, Ortschaft Floßstatt, Nr. 1 bei km 261.500.
Tatzeit: 17.03.2008, 16:20 Uhr.
Dadurch habe er gegen § 52 lit. a Z. 7a StVO i.V.m. Verordnung BH-Vöcklabruck vom 31.07.2007, VerkROI-1156-1-2006, verstoßen.
Fahrzeuge: Kennzeichen , LKW, Renault Premium 410, blau
Kennzeichen , Anhänger, Kässbohrer Transport Variotrans, blau.
1.2. Die Behörde erster Instanz führt begründend aus:
"Gemäß § 52 lit.a Z. 7a StVO.1960 zeigt das Zeichen „Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge" an, dass das Fahren mit Lastkraftwagen verboten ist. Eine Gewichtsangabe bedeutet, dass das Verbot nur für ein Lastkraftfahrzeug gilt, wenn das höchst zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftfahrzeuges oder das höchste zulässige Gesamtgewicht eines mitgeführten Anhängers das im Zeichen angegebene Gewicht überschreitet. Eine Längenangabe bedeutet, dass das Verbot nur gilt, wenn die Länge des Lastkraftfahrzeuges oder die Länge eines mitgeführten Anhängers oder die Länge des Lastkraftfahrzeuges samt Anhänger die im Zeichen angegebene Länge überschreitet.
Gemäß § 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 und Abs. 2 lit. a StVO. 1960 wird auf der B1 Wienerstraße ab der Abzweigung der L540 Attergaustraße (km 258,543) bis zur Abzweigung der 1281 Vöcklatalstraße (km 266,216) in beiden Fahrtrichtungen das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,51 verboten.
Von diesem Verbot sind Fahrten im Ziel- oder Quellverkehr für die Gemeindegebiete Frankenburg a. H., Frankenmarkt, Fornach, Neukirchen a.d.V, Pfaffing, Pondorf, Redleiten, Vöcklamarkt und Weißenkirchen i.A. ausgenommen.
Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO.1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.
Der im Spruch angeführte Sachverhalt stützt sich auf eine Anzeige der Polizeiinspektion V vom 17.03.2008. Dabei wurde die Verwaltungsübertretung im Zuge der Verkehrskontrollen festgestellt. Sie wurden auch zum Tatzeitpunkt an Ort und Stelle angehalten.
Gegen eine in weiterer Folge an Sie ergangene Strafverfügung haben Sie am 04.04.2008 Einspruch erhoben und diesen damit begründet, Ihrer Meinung nach zum Ziel- und Quellverkehr zu gehören, sich keinerlei Schuld bewusst zu sein, falsch gehandelt zu haben und ersuchten um Einstellung des Verfahrens.
Zusammengefasst rechtfertigten Sie sich dahingehend, dass keine gehörige Kundmachung der Verordnung vorliegt und begründeten dies mit der Unmöglichkeit der richtigen Erfassung des gesamten Textes dieser Verkehrstafeln. Insbesondere die Schriftgröße auf den Zusatztafeln ermögliche es dem Lenker nicht, den Inhalt der Verordnung vollständig und richtig zu erfassen, ohne anhalten zu müssen.
Weiters würden die fachlichen Entscheidungsgrundlagen, die für eine Interessensabwägung gem. § 43 Abs. 2 StVO. notwendig sind, fehlen. Es habe sich vor Erlassung der Verordnung um ein rein pro Forma durchgeführtes Anhörungsverfahren gehandelt, bei denen Entscheidungsgrundlagen fehlen würden. Die Fahrverbotsverordnung bezwecke im gegenständlichen Fall lediglich, das Verkehrsaufkommen zu verringern. § 43 Abs. 1 StVO. wäre daher die falsche Rechtsgrundlage für diese Verordnung.
Weiters ist die Verordnung aus Ihrer Sicht gesetz- bzw. verfassungswidrig, da das Fahrverbot lediglich zu einer Verlegung der Gefährdung oder Belästigung auf andere Straßenzüge und somit auf einen anderen Personenkreis als die Anrainer führen würde Dies sei im gegenständlichen Fall jedenfalls gegeben.
Abschließend wurde noch angeführt, dass durch dieses Fahrverbot der Wirtschaftsverkehr erheblich behindert werde, weil große und unverhältnismäßige Umfahrungen in Kauf genommen werden müssten und die Mehrkilometer bei einer Fahrt oft ein Ausmaß von 50 % betragen würden. Es wurde daher beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 22.04.2008 wurde Ihnen schließlich die verfahrensgegenständliche Verordnung samt den dazu gehörigen Unterlagen übermittelt und gebracht und Ihnen die Möglichkeit einer weiteren Stellungnahme eingeräumt wurde. Da Sie von dieser Möglichkeit bis zum heutigen Tag keinen Gebrauch machten, war wie im Spruch zu entscheiden
Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:
Mit Verordnung der BH Vöcklabruck vom 31.07.2007 wurde diese Verkehrsbeschränkung auf der B1 im angeführten Bereich erlassen. Mit Aufstellung der Verkehrszeichen am 14.08.2007 trat die Verordnung in Kraft. 9 Gemeinden, wie auf den Hinweistafeln angeführt, sind von dieser Verordnung ausgenommen.
Ursache dieses Fahrverbotes war die Zunahme der statistischen Unfalldaten der Personenschadenunfälle auf dem beschriebenen Abschnitt der B1 seit Einführung der LKW-Maut um fast 10%. Ziel dieser Verordnung sollte die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Autobahn sein, da die Autobahn im Vergleich mit den übrigen Strassen ein sehr unfallsicherer Verkehrsweg ist.
Die rechtliche Grundlage für dieses Fahrverbot mit den zitierten Ausnahmen liegt somit vor.
Ihre Einspruchsangaben, die Verkehrstafeln waren als Lenker eines Kraftfahrzeuges im Vorbeifahren insbesondere auf Grund der Schriftgröße nicht lesbar, können dahingehend entkräftet werden, dass Ihnen das Vorschriftszeichen "Fahrverbot für LKW über 3,51" unabhängig von den bestehenden Zusatztafeln jedenfalls auffallen hätte müssen. Darüber hinaus hätten Sie an dieser Stelle noch die Möglichkeit gehabt, in Richtung Westautobahn abzubiegen.
Zu Ihren Einspruchsangaben hinsichtlich des mangelnden Ermittlungsverfahrens wird auf das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen vom 26.06.2007, welches als Grundlage für diese Verordnung diente, verwiesen.
Hinsichtlich des Argumentes der zu fahrenden Mehrkilometer und der damit verbundenen Umweltbelastung ist anzuführen, dass es das Land OÖ. trotzdem als verkehrspolitische Notwendigkeit erachtet, den Schwerverkehr nach Einführung der fahrleistungsabhängigen Maut für LKW wieder auf die österreichischen Autobahnen zurückzuführen. Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.
Zu den Bestimmungen des § 19 VStG 1991 wird festgestellt, dass Sie trotz schriftlichem Ersuchen (Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 22.04.2008) keine Auskunft über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erteilten. Es wird daher ein fiktives Durchschnittseinkommen von 1.300,00 Euro, keine Sorgepflicht und kein Vermögen angenommen.
Der ursprünglich festgesetzte Strafbetrag konnte unter Berücksichtigung Ihrer bisherigen Unbescholtenheit auf die Hälfte herabgesetzt werden.
Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle."
2. Dagegen wendet sich der nunmehr vom o.a. Rechtsvertreter unter Berufung auf die Vollmacht vertretene Berufungswerber mit seiner ursprünglich noch von Mag. D D, als Zustellbevollmächtigter, c/o L, S, fristgerecht übermittelten Berufung worin er ausführt:
"wegen: § 52 lit. A Z 7a StVO iVm Verordnung VerkROl-1156-1-2006 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO;
BERUFUNG
gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 19.9 2008, AZ: VerkR96-9197-2008-Kub
In o.g. bezeichneter Verwaltungsstrafsache gibt der Beschuldigte den ausgewiesenen Zustellbevollmächtigten bekannt und ersucht um Übermittlung sämtlicher Schriftstücke zu Händen des Zustellbevollmächtigten. Binnen offener Frist erstattet der Beschuldigte nachstehende
BERUFUNG
gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 19.9.2008, AZ; VerkR96-9197-2008/Kub
und führt darin wie folgt aus:
I. Sachverhalt
Der Berufungswerber ist Mitarbeiter der L, S. Am 17.3.2008 war der Beschuldigte mit dem von Ihm gelenkten LKW mit den polizeilichen Kennzeichen auf der B1 im Bereich bei Str.km 261.500 auf Höhe der sog. "Floßstatt", im Gemeindegebiet Frankenmarkt, In Fahrtrichtung Strasswalchen unterwegs. Im Rahmen einer Polizeikontrolle wurde festgestellt, dass der Beschuldigte das „Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen ausgenommen Ziel- oder Quellverkehr für die Gemeindegebiete Frankenburg a. H., Frankenmarkt, Fornach, Neukirchen a. d. V., Pfaffing, Pöndorf, Redleiten, Vöcklamarkt und Weißenkrichen i. A." nicht beachtet hätte.
Der Berufungswerber erhob gegen die Strafverfügung vom 4.April 2008 fristgerecht Einspruch und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass
· das gegenständliche Fahrverbot nicht gehörig kundgemacht wurde;
· das Ermittlungsverfahren im Vorfeld der Verordnungserlassung mangelhaft war;
· die Verordnung unverhältnismäßig und gleichheitswidrig ist, sowie
· das Fahrverbot eine unverhältnismäßige Beschränkung darstellt.
Das ausführliche Vorbringen im Einspruch blieb von der erstinstanzlichen Behörde unbeachtet, sodass diese das angefochtene Straferkenntnis erließ.
II. Berufungsumfang
Das gegenständliche Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten. Als Berufungsgründe werden
· Rechtswidrigkeit des Inhaltes
· Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung
· Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie
insbesondere Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie Verletzung sonstiger verfahrensrechtlicher Vorschriften geltend gemacht.
III. Berufungsgründe
1. Keine gehörige Kundmachung der Verordnung
1.1 Verordnungen - wie das hier gegenständliche Fahrverbot - sind durch Straßenverkehrszeichen gemäß § 44 StVO kundzumachen. Dabei sind die Straßenverkehrszeichen so anzubringen, dass sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können; dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des VfGH (VfGH vom 24. September 1996, V75/96). Das beschriebene Gebot bezieht sich auch auf Zusatztafeln; die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein, sodass der Fahrzeuglenker zur vollständigen und richtigen Erfassung des gesamten Textes der Zusatztafel in der Lage ist, ohne sein Fahrzeug vor dem Straßenverkehrszeichen mit der Zusatztafel anzuhalten oder sehr stark abbremsen zu müssen.
1.2 Die gegenständlichen Umstände vor Ort zeigen deutlich, dass der Ausnahmekatalog auf der 2. Zusatztafel sehr umfangreich und in kleingedruckter Schrift ausgeführt ist. In diesem Zusammenhang kommt erschwerend hinzu, dass es sich beim betroffenen Straßenabschnitt um eine Bundesstraße ohne besondere Geschwindigkeitsbeschränkungen handelt.
Unter der Annahme, dass sich ein LKW-Zug mit einer Geschwindigkeit von ca. 60-70 km/h diesem Straßenverkehrszeichen nähert, ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass es dem LKW-Lenker nicht möglich ist den Inhalt der Verordnung vollständig und richtig zu erfassen, ohne sein Fahrzeug vor dem Straßenverkehrszeichen bzw. der Zusatztafel anhalten zu müssen.
Weiters kommt hinzu, dass wenige Zentimeter vor dem gegenständlichen Strassenverkehrszeichen weitere Hinweistafeln angebracht sind. Der herannahende LKW Lenker wird sohin mit insgesamt 6 Verkehrszeichen bzw. Hinweiszeichen mit unterschiedlich ausführlicher Information konfrontiert. Weiters wird insbesondere zur Unlesbarkeit der gegenständlichen Zusatztafeln vergleichend auf die rechts vom gegenständlichen Strassenverkehrszeichen angebrachten Hinweistafeln verwiesen; die Schriftgröße auf den danebenstehenden Hinweiszeichen nimmt ein Vielfaches der Schriftgröße auf den gegenständlichen Zusatztafeln zum Fahrverbot ein.
1.3 Als Zwischenergebnis lässt sich sohin festhalten, dass die Kundmachung der gegenständlichen Verordnung gesetzwidrig erfolgte; nach der ständigen Rechtssprechung müssen die entsprechenden Verkehrszeichen aus der Sicht des fließenden Verkehrs - unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände - einsichtig sein. Diesem gesetzlichen Gebot wird hier nicht entsprochen; der Fahrzeuglenker ist bei den vorliegenden Umständen zur vollständigen
und richtigen Erfassung des gesamten Textes der Zusatztafel nicht in der Lage, ohne sein Fahrzeug erheblich (und für andere Verkehrsteilnehmer gefährdend) abzubremsen bzw. anhalten zu müssen. Dies insbesondere auch unter dem Blickwinkel der Unfallgefahr auf einer Bundesstraße. Das angefochtene Straferkenntnis ist sohin zur Gänze aufzuheben.
2. Mangelndes Ermittlungsverfahren im Verordnungserlassungsverfahren
2.1 Vor Erlassung einer Verordnung ist ein Anhörungs- bzw. Ermittlungsverfahren durchzuführen, im Rahmen dessen die Äußerungen der gesetzlichen Interessensvertretungen inhaltlich zu würdigen sind. Weiters müssen vor Erlassung eines Fahrverbotes die sachlichen Entscheidungsgrundlagen, die für eine Interessensabwägung gemäß § 43 Absatz 2 StVO notwendig sind, hinreichend ermittelt werden.
Im vorliegenden Fall ist ein derartiges Anhörungsverfahren „lediglich pro forma halber" durchgeführt worden. Eine tatsächliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den gegensätzlichen Interessen hat es offensichtlich nicht gegeben. Weiters wurde offensichtlich keine konkrete und fachliche Untersuchung der Gefahren oder Belästigungen, denen die Anrainer der vom Fahrverbot erfassten Strassen durch den Schwerverkehr ausgesetzt seien, durchgeführt. Es fehlt weiters an einer sachverständigen Analyse der Bedeutung der von dieser Verordnung betroffenen Strasse für die Verkehrsbeziehung und die Verkehrserfordernisse.
Die gesetzlich vorgeschriebene Interessensabwägung verlangt eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahr oder Belästigungen für Bevölkerung oder Umwelt als auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen unter Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren. Fehlt es - wie im vorliegenden Fall -an der Erhebung entsprechender Entscheidungsgrundlagen oder wird im Zuge der gebotenen Interessensabwägung auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen nicht hinreichend Bedacht genommen, ist eine verkehrsbeschränkende Verordnung - wie das gegenständliche Fahrverbot - gesetzwidrig im Sinne des § 43 Absatz 2 StVO.
2.2 Auch § 43 Absatz 1 bietet keine ausreichende Gesetzesdeckung für die gegenständliche Verordnung. Bezweckt die Fahrverbotsverordnung - wie im gegenständlichen Fall -ausschließlich, das Verkehrsaufkommen zu verringern und dadurch entstehende Gefahrensituationen für die betroffene Bevölkerung hintanzuhalten, stellt § 43 Absatz 1 StVO die falsche Rechtsgrundlage da (VfGH vom 16. Oktober 1999, V74). Zur Verwirklichung einer derartigen Intension könnte lediglich § 43 Absatz 2 StVO als gesetzliche Grundlage herangezogen werden; für Verordnungen gemäß § 43 Absatz 2 StVO ist aber die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens notwendig, bei der die gebotene Interessensabwägung, erforderlichenfalls unter Einholung von SV-Gutachten, vorgenommen werden muss. Ein rein „pro forma halber durchgeführtes Anhörungsverfahren", bei denen die Entscheidungsgrundlagen (Fachgutachten) nicht hinreichend ermittelt wurden, bietet keine Grundlage für die Erlassung einer derartigen Verordnung. Die Verordnung ist daher gesetzwidrig und das Strafverfahren einzustellen.
2.3 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass im Verfahren zur Erlassung der Verordnung die Entscheidungsgrundlagen nicht hinreichend ermittelt wurden; es wurden keine Gutachten eingeholt und ist es auch zu keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Interessen der Verkehrswirtschaft gekommen. Das Anhörungsverfahren wurde lediglich „pro
forma" abgehalten. Das Fahrverbot ist daher gesetzwidrig und der angefochtene Bescheid zur Gänze aufzuheben.
3. Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Eignung
3.1 Das gegenständliche Fahrverbot greift unverhältnismäßig in die Grundrechtspositionen des Berufungswerbers ein.
Ein gesetzlicher Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts gilt nur dann als verhältnismäßig und erforderlich, wenn der Eingriff im Vergleich zu anderen gleich geeigneten Mitteln jenes ist, das die Grundrechtsposition am wenigsten beeinträchtigt, also das „mildeste oder gelindeste" Mittel ist. Im vorliegenden Fall ist es offensichtlich, dass beispielsweise strengere Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung „Mautausweichverordnung" ebenfalls zum angestrebten Ziel, jedoch unter Anwendung eines gelinderen Mittels führen würden. Zur Beurteilung der Erforderlichkeit des Fahrverbotes ist insbesondere auch auf die Bedeutung des Verkehrsbeziehungen und der Verkehrerfordernisse auf der B1 Bedacht zu nehmen; dies wird durch die ständige Rechtssprechung untermauert.
3.2 Hätte die Behörde im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens die Entscheidungsgrundlagen hinreichend ermittelt, insbesondere unter Einbeziehung von Analysen und Fachgutachten, hätte sie feststellen müssen, dass das gegenständliche Fahrverbot lediglich zu einer Verlagerung des Verkehrsaufkommens auf andere Strassen sowie zu einer Zunahme des gesamten LKW-Verkehrs durch dabei entstehende Mehrkilometer im Ausmaß von 50% führt.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt in seiner ständigen Rechtssprechung, dass eine Gesetzwidrigkeit eines Fahrverbotes dann vorliegt, wenn das Fahrverbot - wie im gegenständlichen Fall - „lediglich zur einer Verlegung der Gefährdung oder Belästigung auf andere Straßenzüge und somit auf einen anderen Personenkreis als die Anrainer führen würde" (VfSlg89/84/1980). Genau dies trifft im gegenständlichen Fall auch zu. Die Verordnung ist daher auch aus diesem Grund gesetz- bzw. verfassungswidrig.
4. Verletzung des Gleichheitssatzes
4.1 Eine Gleichheitswidrigkeit ergibt sich offensichtlich auch aus einem Vergleich der Verhältnisse der Streckenabschnitte auf der B1 vor und nach dem räumlichen Geltungsbereich des Fahrverbotes einerseits mit den Verhältnissen innerhalb des Geltungsbereiches des Fahrverbotes andererseits. Innerhalb des Geltungsbereiches herrschen im Vergleich zu den Streckenabschnitten auf der B1 vor bzw. nach dem Fahrverbot keine besonders berücksichtigungswürdigen Verhältnisse, die eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Streckenabschnitten rechtfertigen könnten; der Geltungsbereich ist offensichtlich und ausschließlich ein Resultat der politischen Kräfte in den Gemeinden. Sachliche, wissenschaftliche und rechtliche Erwägungen wurden bei der Erlassung des Fahrverbotes offensichtlich „ausgeklammert".
Die Rechtsprechung sieht diesbezüglich vor, dass bei einem bestimmten Streckenabschnitt, für welchen die Verordnung (Fahrverbot) erlassen werden soll, die für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen verglichen werden müssen, die für die anderen Streckenabschnitte bzw. vergleichbaren Straßen zutreffen (VfSlg 89/1980; 15643). Kann eine Ungleichbehandlung - auf Basis fachlicher Grundlagen -nicht gerechtfertigt werden, ist die Verordnung wie im gegenständlichen Fall gleichheitswidrig.
4.2. Weiters ist darauf Bezug zu nehmen, dass in gleichheitswidriger Weise keine Differenzierung zwischen Fahrzeugen der "verschiedenen Schadstoff- bzw. Lärmklassen (EuroKlassen)" vorgenommen wurde. Wenn die Verordnung auf die Hintanhaltung von Schadstoff- und Lärmbelastungen durch den LKW Verkehr abzielt, darf keinesfalls außer Acht gelassen werden, dass lärm- bzw. schadstoffarme Nutzfahrzeuge technisch inzwischen so ausgerüstet sind, dass sich insbesondere der von Ihnen ausgehende Fahrzeuglärm vom Fahrzeuglärm eines PKW nicht mehr (wesentlich) unterscheidet. Es wäre daher insbesondere im Rahmen einer vorgeschriebenen Interessensabwägung notwendig gewesen, zumindest für bestimmte „Klassen" Ausnahmen festzulegen. In Ermangelung derartiger Ausnahmen ist die gegenständliche Verordnung auch aus diesem Grund gleichheitswidrig.
5. Unverhältnismäßige Beschränkung
Es liegt weiters ein unverhältnismäßiger Engriff in den Wirtschaftsverkehr insbesondere unter Berücksichtigung der Wichtigkeit der B1 vor. Eine erhebliche Behinderung des Wirtschaftsverkehrs ist deshalb anzunehmen, weil große und unverhältnismäßige Umfahrungen in Kauf genommen werden müssen. Diesbezüglich wird auf den Grundsatz der Wirtschaftsgebietseinheit des Artikels 4 B-VG verwiesen, wonach das gesamte Bundesgebiet ein einheitliches Wirtschaftsgebiet sein muss und „sonstige Verkehrsbeschränkungen" nicht errichtet werden dürfen. Anhand des auch von den Unabhängigen Verwaltungssenaten immer wieder verwendeten Routenplaners kann aufgezeigt werden, dass beispielsweise bei einem Transport zwischen Uttendorf und Attnang-Puchheim durch das gegenständliche Fahrverbot Mehrkilometer im Ausmaß von 50% entstehen. Bei derartig großen Umfahrungen ist der Widerspruch der Verordnung zum Sachlichkeitsgebot offensichtlich.
6. Mangelndes Ermittlungsverfahren in erster Instanz
Bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens wurden seitens des Einschreiters entscheidungsrelevante Beweisanträge gestellt. Die Behörde hat diese unbeachtet gelassen und den für die gegenständliche Verwaltungsstrafsache maßgeblichen Sachverhalt nicht gehörig ermittelt. Gemäß § 37 AVG hat die Behörde den Sachverhalt in jede Richtung zu ermitteln und sich sowohl mit den für den Berufungswerber günstigen als auch ungünstigen Sachverhaltsmomenten in gleicher Weise auseinanderzusetzen. Im vorliegenden Fall hätte bereits die erstinstanzliche Behörde die zweckentsprechenden Gutachten einholen müssen,
7. Beweise
· Einvernahme des Beschuldigten
· Beischaffung des Aktes betreffend die Erlassung der Verordnung VerkR01-1156-1-2007
· Ortsaugenschein unter Beiziehung des Beschuldigten
· Einholung eines SV-Gutachtens aus dem Bereich der Verkehrsplanung, insbesondere zu den relevanten Fragestellungen der Verkehrsbeziehungen und -erfordernisse auf der B1 und die tatsächlichen Auswirkungen.
· Einholung eines SV-Gutachtens aus dem Bereich der Medizin - Einholung eines Immissions- bzw. Emmissionsgutachtens
· Lichtbilder von den Straßenverkehrszeichen
Die gegenständlichen Beweisanträge werden im Rahmen der mündlichen Verhandlung wiederholt; der Berufungswerber behält sich ausdrücklich die Beantragung weiterer Beweismittel vor.
8. Anregung
Aus den dargestellten Erwägungen ergibt sich, dass die gegenständliche Verordnung gesetzwidrig ist. Gemäß Artikel 139 Abs 1 B-VG erkennt der VfGH über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag eines unabhängigen Verwaltungssenates. Es wird daher bereits jetzt beantragt bzw. angeregt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge einen Antrag gemäß §139 B-VG beim Verfassungsgerichtshof stellen.
9. Anträge
Aus den dargestellten Gründen stellt der Beschuldigte an den Unabhängigen Verwaltungssenat die
Anträge,
a) auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in deren Zuge die beantragen Beweise einzuholen und zu erörtern sind;
b) die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung bzw. wegen Rechtswidrigkeit"
2.1. Diese Ausführungen wurden offenbar vom nun einschreitenden Rechtsvertreter verfasst, sodass diese vom Zustellbevollmächtigten Mag. D D bloß unterfertigt wurden.
3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien angesichts des Berufungsvorbringens erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurden Kartenauszüge aus dem System DORIS (Rauminformationssystem des Landes Oö.) und eine Berechnung mittels Routenplaner beigeschafft.
Ergänzend wurde noch eine Stellungnahme vom technischen Sachverständigen TOAR Ing. H, AZ.: Verk‑210000/214‑2008‑Ham/La, eingeholt, wobei diese vom Sachverständigen zu einem Bezug habenden und für dieses erstattete erstinstanzliche Verfahren übermittelt worden war. Diesem wurde noch eine Verkehrszählung vom Nachmittag des 20. Mai 2007 angeschlossen. Diese Inhalte wurden anlässlich Berufungsverhandlung am 21.11.2008 verlesen. Ebenfalls verlesen wurde die zu einem anderen inhaltsgleichen Verfahren vorgelegte fachliche Stellungnahme der Abteilung Umwelt- u. Anlagentechnik vom 29. Juni 2007, AZ.: U-UT-571064/1-2007-Hir/Mau. Ebenso eine Studie vom 10. November 2008, von Univ.