Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400979/5/Gf/Mu/Ga

Linz, 11.12.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des L E E (Staatsangehörigkeit: Nigeria), derzeit Justizanstalt R, vertreten durch RA J S, B, gegen seine Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Ried seit dem 5. Dezember 2008 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

Rechtsgrundlage:

§ 83 FPG; § 67c Abs. 3 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Rechtsmittelwerber, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste am 6. August 2007 von Deutschland aus kommend mit einem gültigen nigerianischen Reisepass und einer bis zum 5. Dezember 2007 aufrechten Aufenthaltsgenehmigung für die BRD in das Bundesgebiet ein.

1.2. In diesem Zuge wurde er wegen des Verdachtes des Suchtgiftschmuggels festgenommen und vom LG Wien wegen eines Verbrechens und eines Vergehens gegen das Suchtmittelgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt.

Am 5. Februar 2008 wurde er von der Justizanstalt Wien-Josefstadt in die Justizanstalt Ried überstellt.

1.3. Mit Bescheid des Bundespolizeidirektors von Wien vom 12. Februar 2008, GZ III-1244580/FrB/08, wurde über ihn ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, das seit dem 28. Februar 2008 in Rechtskraft erwachsen ist.

1.4. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried vom 21. Mai 2008, GZ Sich41-31-2008, wurde über den Rechtsmittelwerber zum Zweck der Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft verhängt, wobei die Vollstreckbarkeit dieses Bescheides aufschiebend bedingt, nämlich als erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung der gerichtlichen Anhaltung möglich festgelegt wurde.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass seine weitere Anhaltung wegen der von ihm begangenen Suchtgiftdelikte aus dem Grund der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung weiterhin geboten sei. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich der Rechtsmittelwerber – wenn er nach seiner Entlassung aus der gerichtlichen Anhaltung, deren Zeitpunkt für die Behörde oftmals nicht konkret vorhersehbar ist, in Freiheit belassen würde – im nunmehrigen Wissen um seine drohende Abschiebung dem behördlichen Zugriff zu entziehen versuchen wird. Denn er verfüge werde über einen festen Wohnsitz, über die zur Bestreitung seines Aufenthaltes erforderlichen finanziellen Mittel noch über entsprechende berufliche oder soziale Beziehungen im Bundesgebiet.

1.5. Mit Beschluss des LG Ried vom 6. Oktober 2008, 13 BE 536/08 p, wurde angeordnet, dass dem Beschwerdeführer ein Rest der Strafe in Höhe von 8 Monaten bedingt nachgesehen wird und er daher am 6. Dezember 2008 aus der Strafhaft zu entlassen ist.

1.6. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2008, GZ 5355288-272, hat das (deutsche) Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mitgeteilt, dass der Rechtsmittelwerber von der BRD übernommen wird.

Darauf hin hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 4. Dezember 2008, GZ Sich41-31-2008, zwecks Abschiebung (Dublin-Überstellung) bei einem Reisebüro ein Flugticket angefordert, wobei noch am selben Tag der Flug von Wien nach Hamburg für den 12. Dezember 2008 um 8.30 Uhr festgelegt wurde.  

1.7. Am 5. Dezember 2008 wurde der Beschwerdeführer um 8.00 Uhr aus der Strafhaft entlassen und im unmittelbaren Anschluss daran in den Stand der Schubhaft überstellt (vgl. den Bericht der Justizanstalt Ried vom selben Tag).

2.1. Gegen diese Anhaltung in Schubhaft seit dem 5. Dezember 2008 richtet sich die vorliegende, am 9. Dezember 2008 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass ihm der Schubhaftbescheid erst am 5. Dezember 2008 – und zudem nicht in einer ihm verständlichen Sprache – zur Kenntnis gebracht worden sei. Außerdem stamme dieser bloß von einer Behörde, wobei zudem die Dauer der Haft nicht bestimmt werde, sodass ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 EMRK vorliegt. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Behörde während seiner Anhaltung in Strafhaft genügend Zeit gehabt hätte, seine Abschiebung vorzubereiten, sodass die behördliche Anschlusshaft nicht erforderlich gewesen wäre; so hätte insbesondere die nunmehr für den 12. Dezember 2008 geplante Überstellung in die BRD auch bereits am Tag der Entlassung aus der gerichtlichen Anhaltung durchgeführt werden können.

Aus diesen Gründen wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

2.2. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Darin wird insbesondere darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bereits im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 23. August 2008 in Anwesenheit eines Dolmetschers über die geplante Abschiebung informiert und ihm dieser Bescheid auch eigenhändig zugestellt worden sei. Außerdem sei er auch am 4. Dezember 2008 über die Dauer der Schubhaft und deren Zweck, nämlich die geplante Überstellung in die BRD, informiert worden, wobei dieses Gespräch unschwer in deutscher Sprache, die der Rechtsmittelwerber auf Grund seines langjährigen vorangegangenen Aufenthaltes in Deutschland nunmehr gut beherrsche, habe geführt werden können.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 4/2008 (im Folgenden: FPG), hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FPG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Nach § 76 Abs. 1 FPG können Fremde u.a. zu dem Zweck in Schubhaft angehalten werden, um die Abschiebung zu sichern. Gemäß § 80 FPG ist die Behörde verpflichtet, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, wobei die Anhaltung insgesamt grundsätzlich nicht länger als zwei Monate andauern darf.

Nach § 77 Abs. 1 und 3 FPG ist jedoch von der Schubhaftverhängung Abstand zu nehmen, wenn deren Zweck in gleicher Weise durch die Anwendung gelinderer Mittel – insbesondere durch die Vorschreibung zur Unterkunftsnahme in bestimmten Räumen oder zur Verpflichtung zur periodischen Meldung bei einer bestimmten Polizeidienststelle – erreicht werden kann.

3.2. Im gegenständlichen Fall ist der am 21. Mai 2008 erlassene, gemäß § 76 Abs. 3 FPG nicht auf § 57 AVG basierende Schubhaftbescheid unbekämpft geblieben und daher in Rechtskraft erwachsen.

Daraus folgt, dass hier die Schubhaftverhängung dem Grunde bzw. ihrem Zweck nach nicht mehr bekämpft werden kann; insbesondere kann der Beschwerdeführer daher auch nicht mehr einwenden, dass die Behörde anstelle der Anordnung der Schubhaft gelindere Mittel i.S.d. § 77 FPG hätte anwenden müssen. Diesbezüglich allenfalls im Nachhinein hervorkommende und offensichtliche Rechtswidrigkeiten können daher nur mehr im Zuge der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer der Anhaltung einfließen.

Hier kommt hingegen nur mehr in Betracht, die Anhaltung wegen Rechtswidrigkeit in Bezug auf deren Dauer bzw. in Bezug auf die Haftbedingungen o.ä. zu bekämpfen.

3.3. Im gegenständlichen Fall wurde die Schubhaft – gemäß dem Spruch des zuvor unter 1.4. angeführten Bescheides – mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Strafhaft) zur Sicherung der Abschiebung verfügt.

Da die Behauptung des Beschwerdeführers, dass ihm sowohl der Inhalt des Schubhaftbescheides als auch die Mitteilung über seine Abschiebung in die BRD jeweils nicht in einer verständlichen Sprache zugekommen sei, offenkundig deshalb aktenwidrig ist, weil er ohnehin – schon auf Grund seines langjährigen Aufenthalts in der BRD – zweifelsfrei „über ausreichende Grundkenntnisse“ der deutschen Sprache verfügt (vgl. den Aktenvermerk der BH Ried vom 4. Dezember 2008, Zl. Sich41-31-2008; s.a. oben, 2.2.), bleibt somit lediglich zu prüfen, ob die belangte Behörde die Abschiebung des Beschwerdeführers tatsächlich so hätte organisieren können, dass dieser schon unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Strafhaft in die BRD hätte abgeschoben werden können bzw. welche Gründe umgekehrt dafür sprechen, dass die Abschiebung frühestens am 12. Dezember 2008 möglich sein wird, sodass eine einwöchige Anhaltung des Rechtsmittelwerbers unumgänglich ist.

3.3.1. Diesbezüglich ergibt sich aus dem von der BH Ried vorgelegten Akt, dass  das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erst mit Schreiben vom 2. Dezember 2008 mitgeteilt hat, dass der Rechtsmittelwerber im Zuge einer Abschreibung von der BRD übernommen werden wird. Darauf hin hat die belangte Behörde unverzüglich, nämlich mit Schreiben vom 4. Dezember 2008, GZ Sich41-31-2008, ein entsprechendes Flugticket angefordert, wobei der Flug von Wien nach Hamburg seitens des Reisebüros offenbar wiederum ehestmöglich, nämlich für den 12. Dezember 2008 um 8.30 Uhr festgelegt wurde (vgl. oben, 1.6. und 1.7.).

Hingegen ergeben sich dafür, dass die Behörde ein Interesse in die Richtung gehabt hätte, den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nicht raschestmöglich zu beenden, aus dem vorgelegten Akt keinerlei Anhaltspunkte.

3.3.2. Daraus folgt aber insgesamt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zum 12. Dezember 2008 rechtmäßig ist.

3.4. Die gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

4. Eine Kostenentscheidung hatte mangels eines darauf gerichteten Antrages einer Verfahrenspartei nicht zu erfolgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.             Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.             Für das gegenständliche Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 24 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-400979/5/Gf/Mu/Ga vom 11. Dezember 2008

 

§ 76 Abs. 3 FPG: Wenn ein während der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in gerichtlicher Haft erlassener, nicht auf § 57 AVG basierender und aufschiebend bedingter Schubhaftbescheid unbekämpft bleibt und somit in der Folge in Rechtskraft erwächst, kann eine nach Beendigung der Strafhaft erhobene Schubhaftbeschwerde gemäß § 82 FPG nur mehr als gegen die Dauer der Schubhaft bzw. gegen die Haftbedingungen o.ä. gerichtet angesehen werden; hingegen kann mit einer derartigen Beschwerde der Grund der Schubhaftverhängung nicht mehr bekämpft und daher insbesondere auch nicht mehr wirksam geltend gemacht werden, dass die Behörde anstelle der Schubhaft vielmehr gelindere Mittel hätte anwenden müssen; diesbezüglich allenfalls im Nachhinein hervorkommende und offensichtliche Rechtswidrigkeiten können daher nur mehr im Zuge der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer der Anhaltung einfließen.