Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222173/16/Bm/Sta

Linz, 15.12.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn C B, S. G, vertreten durch Dr. C K, Dr. W V, Rechtsanwälte GmbH, E, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13.11.2007, Ge96-2521-2007, wegen Übertretung der  Gewerbeordnung 1994,  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz (VStG).

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13.11.2007, Ge96-2521-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 iVm §§ 77 Abs.1 und 74 Abs.2 GewO 1994 und Spruchabschnitt I Punkt 3. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.2.1988, Ge-03-71-01-1988,  verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben als gem. § 370 Abs.1 iVm § 370 Abs.4 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Filialgeschäftsführer der weiteren Betriebsstätte der B A mit Sitz in W N, I NÖ-Süd, Str. , Obj , am Standort  A, R, für das Gewerbe "Handelsgewerbe, beschränkt auf den Kleinhandel" nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung 1994 eingehalten wurden.

Anlässlich einer telefonischen Anzeige wurde bekannt, dass in der Nacht vom 21.08.2007 auf den 22.08.2007 um 04.15 Uhr bei der gegenständlichen Filiale in A, R, mit dem LKW mit dem Kennzeichen  eine Anlieferung durchgeführt wurde, wodurch eine Nachbarin in ihrer Nachtruhe gestört wurde, obwohl mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.02.1988, Ge-03-71-01-1988, unter Spruchabschnitt I. Punkt 3 festgelegt wurde, dass die Anlieferung von Frischwaren nur bis spätestens 22 Uhr und frühestens ab 5 Uhr erfolgen darf."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, im vorliegenden Straferkenntnis sei der dem Beschuldigten zu Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert. Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt werde bestritten. Das Verschulden des Beschuldigten wäre selbst dann, wenn der ihm zur Last gelegte Sachverhalt zutreffen würde, gering. Der Beschuldigte habe stets alles in seiner Macht stehende unternommen, um Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Er habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend kontrolliert. Dass es dennoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen könne, liege in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus entspreche die über den Beschuldigten verhängte Strafe – selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre – nicht den Strafzumessungsregeln des VStG und sei daher rechtswidrig. Der Beschuldigte habe keine einschlägigen Vorstrafen und haben die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Der Beschuldigte habe ein durchschnittliches Einkommen von 1.900 Euro und kein Vermögen. Angesichts seines allfälligen geringen Verschuldens wäre gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen. Hilfsweise werde gerügt, dass die Strafzumessungsregeln des VStG nicht befolgt und die Strafe zu hoch bemessen worden sei.

Der Beschuldigte habe in seiner Rechtfertigung Beweisanträge gestellt, da sich nur durch Aufnahme der beantragten Beweise die einzelnen dem Beschuldigten zur Last gelegten Sachverhalte konkretisieren lassen und der Beschuldigte sich von den Vorwürfen entlasten könne. Da die Behörde diesem begründeten Antrag nicht gefolgt sei, habe sie gegen die Bestimmungen des § 39 AVG verstoßen. Im Gegensatz zu den Bestimmungen des AVG und VStG habe die Behörde überhaupt kein Verfahren geführt, sondern sich damit begnügt, die Anzeige wörtlich zu übernehmen. Eine Bestimmung, wonach ein von einer Behörde angezeigter Sachverhalt ohne Verfahren als bewiesen zu gelten habe, sei der österreichischen Rechtsordnung fremd. Es werde daher beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen um das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Hilfsweise werde beantragt, die über den Beschuldigten verhängte Strafe herabzusetzen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2008, bei der die Zeugin R N unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurde. Entschuldigt nicht erschienen sind der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde.

 

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.8.1986, Ge-03-71-01-1986, wurde der B W AG., W N, die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes, im Standort R, A-P, auf Gst. Nr.  und , KG. A-P, erteilt. In der dem Genehmigungsbescheid zu Grunde liegenden Verhandlungsschrift wurde unter Auflagepunkt 16 vorgeschrieben:

"Grundsätzlich hat die Warenanlieferung während der Betriebszeit bzw. nach 6.00 Uhr früh zu erfolgen. Die Frischwarenanlieferer sind aufmerksam zu machen, dass bei einer Anlieferung vor 6.00 Uhr größtmögliche Ruhe bewahrt werden muss."

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.2.1988, Ge-03-71-01-1988, wurde die Betriebsbewilligung für die in Rede stehende Betriebsanlage erteilt und unter Auflagepunkt 3 vorgeschrieben, dass in Ergänzung der Auflage 16 des Genehmigungsbescheides festgelegt wird, dass die Anlieferung von Frischwaren nur bis spätestens 22.00 Uhr und frühestens ab 5.00 Uhr früh erfolgen darf. Diese Lieferung außerhalb der Betriebszeit darf nur längs der R im Bereich der Laderampe durchgeführt werden.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.7 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

 

Diesem Konkretisierungsgebot entspricht der Spruch des angefochtenen Bescheides aus folgenden Gründen nicht:

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat geht dahin, dass der Beschuldigte es zu verantworten habe, dass am 22.8.2007 um 4.50 Uhr bei der gegenständlichen Filiale in A-P, R, mit dem Lkw mit dem Kenneichen  eine Anlieferung durchgeführt wurde, obwohl im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.2.1988 unter Auflagepunkt 3. festgelegt wurde, dass die Anlieferung von Frischwaren nur bis spätestens 22.00 Uhr und frühestens ab 5.00 Uhr früh erfolgen darf.

Wesentliches Tatbestandsmerkmal ist sohin die Anlieferung von Frischwaren, der Tatvorwurf lässt jedoch jegliche Bezugnahme darauf vermissen. Die Umschreibung des gelieferten Gutes bzw. der Waren ist jedoch in der gegenständlichen Fallkonstellation erforderlich, schon deshalb, um dem Beschuldigten entsprechende Verteidigungsmöglichkeiten einzuräumen.

Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der Auflagepunkt 3. des Bescheides vom 26.2.1988 festhält, dass diese Vorschreibung in Ergänzung der Auflage 16 des Genehmigungsbescheides festgelegt wird, der genannte Auflagepunkt 16 jedoch insofern nicht dem Konkretisierungsgebot entspricht, als er eingeleitet wird mit "Grundsätzlich hat die Warenanlieferung während der Betriebszeit ... zu erfolgen", was darauf schließen lässt, dass für die Anlieferung bestimmter Arten von Waren außerhalb der Betriebszeit Ausnahmen bestehen. Auch in dieser Hinsicht wäre es erforderlich gewesen, die Art der Ware zu bezeichnen.

 

Eine entsprechende Ergänzung konnte zum einen wegen der bereits abgelaufenen Verfolgungsverjährungsfrist, und zum anderen, weil im Ermittlungsverfahren auch nicht hervorgekommen ist, um welche Art der Anlieferung es sich handelte, vom Oö. Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden.

Aus den oben dargelegten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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