Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310355/6/Kü/Sta

Linz, 16.12.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer)  über die Berufung von Herrn F A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H O, K-L-S, W, vom 9. Juni 2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Mai 2008, UR96-9-2007, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. November 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Mai 2008, UR96-9-2007, wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z6 iVm § 24 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 3.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben – festgestellt bei einer Kontrolle durch Organe des Amtes der
Oö. Landesregierung am 8.3.2007 – bei der Firma W E- und A GmbH, mit Sitz in  W, M, die in diesem Standort eine genehmigte Kompostieranlage betreibt, im Jahr 2006 insgesamt 3.735,60 Tonnen Frischkompost, der der Schlüsselnummer 92499 gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen ist (die Mengen sind im Folgenden näher beschrieben) gesammelt:

Jänner 2006:                 170,82 t

Februar 2006:                297,94 t

März 2006:                    126,22 t

April 2006:                     334,32 t

Mai 2006:                      662,60 t

Juni 2006:                      212,60 t

Juli 2006:                       275,86 t

August 2006:                 131,00 t

September 2006:           478,50 t

Oktober 2006:               433,92 t

November 2006:            299,26 t

Dezember 2006:            352,56 t

 

Durch diese Übernahme des Frischkomposts haben Sie Abfälle, die der Schlüsselnummer 92499 gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen sind, gesammelt, und somit die Tätigkeit eines Sammlers ausgeübt, ohne jedoch die Sammlung (und Behandlung) von nicht gefährlichen Abfällen dem Landeshauptmann von Oberösterreich angezeigt zu haben."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Vertreter des Berufungswerbers eingebrachte Berufung mit der die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, hilfsweise der Ausspruch einer Ermahnung bzw. jedenfalls die Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt wird.

 

Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass sich der Berufungswerber mittlerweile darüber im Klaren sei, dass im Zusammenhang mit der von ihm vorgenommenen Übernahme von Frischkompost eine Anzeige im Sinne des § 24 AWG an den Landeshauptmann vorzunehmen gewesen wäre. Es sei nochmals zu wiederholen, dass diese Anzeige, wie ohnehin aktenkundig sei, sofort vorgenommen worden sei, als dem Berufungswerber die Notwendigkeit für diese Vorgangsweise behörderlicherseits mitgeteilt worden sei. Das daran geführte Verfahren habe keinerlei Gründe ergeben, die gegen eine Übernahme des Kompostmaterials sprechen könnten.

 

In diesem Sinne stelle die Vorgangsweise des Berufungswerbers lediglich eine Ordnungswidrigkeit dar, die allerdings keine Konsequenzen für die durch das Abfallwirtschaftsgesetz geschützten Rechtsgüter, insbesondere die Umwelt mit sich gebracht habe, sodass, wenn überhaupt, im gegenständlichen Fall lediglich eine Ermahnung auszusprechen sei.

 

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass im Falle des Berufungswerbers ein entschuldbarer Rechtsirrtum vorliege. Der Berufungswerber, der nicht rechtskundig sei, habe nicht wissen können, dass der von ihm angekaufte Frischkompost noch als Abfall im Sinne des gültigen Abfallverzeichnisses anzusehen sei. Er sei vielmehr (offensichtlich unrichtig) der Auffassung gewesen, dass der Frischkompost im Hinblick auf die Verarbeitung im Rottetunnel der Kompostierungsanlage der W bereits das "Abfallende" erreicht habe und damit eben als fertiger Kompost anzusehen sei, der nicht mehr als Abfall zu subsumieren sei. Aus der Sicht des Beschwerdeführers könne von einem Laien, der einen Handel mit landwirtschaftlichen Produkten betreibe, keinesfalls verlangt werden, diffizile Unterscheidungen zur Frage zu treffen, ob gerade noch Abfall oder bereits (am Abfallende) nicht mehr als Abfall zu qualifizierender Fertigkompost vorliege.

 

Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass anlässlich eines Lokalaugenscheines der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, an dem auch die zuständige Strafreferentin teilgenommen habe, abschließende Feststellungen im Zusammenhang mit der vom Berufungswerber betriebenen Anlage (unter anderem auch zur Abfüllung der Blumenerde) getroffen worden seien, ohne dass nur mit einem Wort erwähnt worden sei, dass der Berufungswerber durch diese Vorgangsweise allenfalls gegen geltende Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes verstoßen habe. Wenn nicht einmal juristisch geschulten Personen dieser Umstand auffalle, könne wohl vom Berufungswerber nichts anderes verlangt werden, sodass hier jedenfalls von einem entschuldbaren Rechtsirrtum auszugehen sei, der eine Bestrafung nicht rechtfertige.

 

Jedenfalls könne bei einem Strafrahmen von 360 Euro bis 7.270 Euro die verhängte Strafe von 3.000 Euro überhaupt nicht nachvollzogen werden, weil hier eben, sollte man den Ausführungen in der Berufung nicht Folge leisten, wenn überhaupt, nur ein leicht fahrlässiges Verhalten vorliege, ohne dass damit irgendwelche Konsequenzen verbunden wären. Ein gewerbsmäßiges Vorgehen im Bereich der Abfallwirtschaft liege jedenfalls nicht vor, es sei der Ankauf von Abfällen lediglich im Zusammenhang mit dem Handel mit Blumenerde notwendig, eine Tätigkeit im Bereich der Abfallwirtschaft habe der Berufungswerber nicht ausüben wollen bzw. sei ihm dieser Umstand nicht bewusst gewesen.

 

Nochmals sei zu betonen, dass der lange Zeitraum auch darauf zurückzuführen sei, dass die Behörde selbst bei einer Begehung nicht in der Lage gewesen sei, den Missstand zu erkennen, was dem Berufungswerber aber zweifellos nicht strafverschärfend angerechnet werden könne. Im gegenständlichen Fall müsse daher davon ausgegangen werden, dass ausschließlich Strafmilderungsgründe vorhanden seien und zwar die bisherige Unbescholtenheit hinsichtlich der Übertretung abfallrechtlicher Bestimmungen sowie die Tatsache, dass der Missstand sofort nach Aufklärung durch eine entsprechende Anmeldung abgestellt worden sei und durch den Verstoß keinerlei Konsequenzen für die durch das Gesetz geschützten Rechtsgüter eingetreten seien. Letztlich sei der Verstoß für einen Laien auch nur schwer erkennbar. Im Hinblick auf all diese Umstände hätte daher eine Strafe im Bereich der Mindeststrafe verhängt werden müssen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung mit Schreiben vom 11. Juni 2008, eingelangt am 19. Juni 2008, zur Berufungsentscheidung  vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäfts­verteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. November 2008, an welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie die Vertreterin der belangten Behörde teilgenommen haben.

 

Danach steht fest, dass der Berufungswerber am Standort B W in Form eines Gewerbebetriebes Rindenmulch und Blumenerde erzeugt. Grundsätzlich war der Berufungswerber der Meinung, dass diese Produktion im Rahmen des landwirtschaftlichen Nebengewerbes erfolgt. Mittlerweile existiert ein Feststellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, in dem ausgesprochen wird, dass die Erzeugung von Rindenmulch und Blumenerde am Standort B W einen Gewerbebetrieb darstellt.

 

Vom Berufungswerber werden die Übernahmen von Frischkompost in den im Straferkenntnis angegebenen Zeiträumen und Mengen von der W in W nicht bestritten. Ebenso unbestritten ist, dass der Berufungswerber zum vorgeworfenen Zeitpunkt die Sammlung und Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen dem Landeshauptmann nicht angezeigt hat.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen des Berufungswerbers im Zuge der mündlichen Verhandlung und ist dem Grunde nach unbestritten geblieben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

§ 24 Abs.1 AWG 2002 lautet: Wer nicht gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, hat dem Landeshauptmann die Aufnahme der Tätigkeit und die Änderung der Art der Tätigkeit anzuzeigen. Die Anzeige kann in Abstimmung mit dem Landeshauptmann über das Register gemäß § 22 Abs. 1 erfolgen.

 

Nach § 79 Abs.2 Z6 AWG 2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Tätigkeit eines Sammlers oder Behandlers entgegen § 24 ausübt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1)  die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2)  die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden  Punkt  1)  anlangt,   sind  entsprechende,   dh,   in  Beziehung  zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht   etwa   durch   bloße   paragraphenmäßige   Zitierung   von   Gebots-   oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares   Festhalten   der   Identität  der  Tat)   muss   im   Spruch   des Straferkenntnisses   dem    Beschuldigten   die   Tat    insoweit   in    konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungs­strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Der Tatort ist essentielles Element der in den Spruch eines Straferkenntnisses nach § 44a Z 1 VStG aufzunehmenden als erwiesen angenommenen Tat. Zu einem Austausch dieses wesentlichen Tatbestandselementes der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist die Berufungsbehörde auch dann nicht berechtigt, wenn sie damit nur einen der Strafbehörde erster Instanz unterlaufenen Irrtum richtigstellen will (VwGH vom 19.9.1996, 96/07/0002).

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Tatort dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies wird bei einem Unternehmer, welchem zur Last gelegt wird, die Sammlung und Behandlung nicht gefährlicher Abfälle durchgeführt zu haben ohne die Aufnahme der Tätigkeit beim Landeshauptmann anzuzeigen, grundsätzlich der Sitz des Unternehmens sein, da im Regelfall von dort aus die entsprechende Anzeige an den Landeshauptmann über die beabsichtigte Tätigkeit erfolgt. Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses enthält allerdings keine Angabe über den Unternehmens­sitz des Berufungswerbers. Die einzige Ortsangabe im Spruch des Straferkenntnis bezieht sich auf den Sitz der W E- und A GmbH in W. Für den Fall, dass dieser Standort von der belangten Behörde als Tatort angenommen wurde, wäre allerdings die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Straferkenntnisses nicht gegeben.

 

In Anlehnung an die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht das gegenständliche Straferkenntnis nicht den Erfordernissen des
§ 44a Z1 VStG, da dieses keinen Tatort enthält. Aus diesen Gründen war daher das gegenständliche Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG zu beheben, da zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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