Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222231/9/Kl/Sta

Linz, 23.12.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn R R-S, P, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28. 3.2008, GZ. 0108117/2007 BzVA, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 2. Oktober 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28.3.2008, GZ. 0108117/2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 114 Abs.1 GewO iVm § 8 Abs.1 und 2 Oö. Jugendschutzgesetz verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der L G GmbH, welche die Diskothek "L L" im Standort L, betrieben hat und somit als nach § 370 GewO verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:

 

Auf Grund einer Anzeige des Stadtpolizeikommandos Linz, PI M, vom 08.07.2007 und der Zeugenaussage der Jugendlichen S C S, geb. 20.04.1990, wurde dem Bezirksverwaltungsamt Linz zur Kenntnis gebracht, dass im Zeitraum 15.06.2007, 23:00 Uhr bis 16.06.2007, 05:00 Uhr, an die Jugendliche S S, im gegenständlichen Lokal, übermäßig Alkohol (7 süße Gespritzte) durch eine Angestellte des Lokales ausgeschenkt wurde.

Gem. § 114 Abs.1 dürfen weder Gewerbetreibende noch die im Betrieb beschäftigten Personen an Jugendliche Getränke ausschenken, wenn diesen Jugendlichen nach den landesgesetzlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Gem. § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz ist es Jugendlichen ab dem 16. Lebensjahr verboten übermäßig Alkohol zu konsumieren. Abs.2 normiert, dass an Jugendliche keine alkoholischen Getränke, welche sie im Sinne des Abs.1 nicht erwerben dürfen, nicht abgegeben werden dürfen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebens­jahr bloß übermäßiger Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten ist und gemäß Abs.2 keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren an Jugendliche abgegeben werden dürfen, welche sie im Sinn des Abs.1 nicht erwerben und konsumieren dürfen. Es werde daher unzweifelhaft das Verbot der Abgabe von alkoholischen Getränken in § 8 Abs.2 normiert, auf welche in § 8 Abs.1 Bezug genommen wird. Es müsse sich dabei um gebrannte alkoholische Getränke, also um harte Alkoholika, wenn auch in Form von Mischgetränken handeln. Es werde aber die Abgabe von 7 süßen Gespritzten an die Jugendliche S zur Gänze bestritten, insbesondere sei nicht dargetan, um welche Getränke es sich dabei handle. Süße Gespritzte können sowohl antialkoholische Getränke sein als auch ein Glas Wein aufgespritzt mit diversen antialkoholischen Getränken. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist jedenfalls davon auszugehen, dass unter einem süßen Gespritzten keinesfalls von einem gebrannten alkoholischen Getränk ausgegangen werden kann. Es ist daher die Abgabe eines solchen Getränkes an die Jugendliche S nicht rechtswidrig. Es wird daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Die Berufungsausführungen wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dahingehend ergänzt, dass § 8 Abs.2 Oö. Jugendschutzgesetz lediglich aussage, dass die Ausgabe von alkoholischen Getränken verboten sei, welche nach Abs.1 nicht erworben oder konsumiert werden dürfen. Nach Abs.1 ist aber nur der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken für die Jugendliche verboten, ansonsten ist nur der übermäßige Konsum verboten. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.8.2007 stelle aber keine genügende Verfolgungshandlung dar. Eine taugliche Verfolgungshandlung sei erst im Straferkenntnis ergangen und werde daher Verfolgungsverjährung eingewendet. Auch könne dem Gewerbetreibenden nicht zugemutet werden, die ausgegebene Menge zu überprüfen sowie auch zu überprüfen, ab wann die Person übermäßig alkoholisiert ist.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2008, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber ist nicht erschienen; er wurde durch seinen Rechtsvertreter vertreten. Die belangte Behörde hat an der mündlichen Verhandlung teilgenommen. Weiters ist die als Zeugin geladene Jugendliche S C S erschienen und einvernommen worden.

 

Auf Grund des Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass die Jugendliche S C S am 16.6.2007 das 16. Lebensjahr vollendet hat und im Zeitraum vom 15.6.2007, 23.30 Uhr bis 16.6.2007, 5.00 Uhr, im Lokal Diskothek "L L" in L, Wegscheiderstraße 3, 7 süße Gespritzte konsumiert hat. Diese süßen Gespritzten waren ein Achtel Weißwein mit einem Achtel Almdudler aufgespritzt. Ob diese süßen Gespritzten alle von der Kellnerin des Lokales abgegeben wurden oder nur einige und einige davon von anderen Gästen der Jugendlichen verabreicht wurden, war nicht mehr festzustellen. Die Jugendliche hat nach ihren Angaben 1 oder 2 süße Gespritzte von anderen Personen bekommen, die übrigen hat sie selbst bei der Kellnerin bestellt und gekauft.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussage der einvernommen Zeugin sowie die im Akt befindliche Zeugenaussage und Anzeige.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 114 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I 116/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen, alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

Gemäß § 367 Z35 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen den Bestimmungen des § 112 Abs.5 oder des § 114 Alkohol ausschenkt.

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 – Oö. JSchG 2001, LGBl. Nr. 93/2001 idF LGBl. Nr. 360/2004, ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und von alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken verboten.

Gemäß § 8 Abs.2 Oö. JSchG 2001 dürfen an Jugendliche keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden, welche sie im Sinn des Abs.1 nicht erwerben oder konsumieren dürfen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen  Anforderungen  wird aus nachstehenden  Gründen  nicht entsprochen:

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber vorgeworfen, durch eine Angestellte des Lokales zu einem bestimmten Tatzeitraum an die Jugendliche S S übermäßigen Alkohol (7 süße Gespritzte) ausgeschenkt zu haben. Dieser Tatvorwurf stimmt mit dem Tatvorwurf in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.8.2007, welche die erste und einzige Verfolgungshandlung innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 32 VStG darstellt, nicht überein. Insbesondere ist dieser Aufforderung weder zu entnehmen, dass dem Berufungswerber durch die Abgabe der süßen Gespritzten übermäßiger Alkoholkonsum der Jugendlichen vorgeworfen wird noch, dass die 7 süßen Gespritzten durch eine Angestellte des Lokales ausgeschenkt wurden. Sowohl der übermäßige Alkoholkonsum als auch die Abgabe durch eine im Betrieb beschäftigte Person sind aber wesentliche Tatbestandsmerkmale und daher innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorzuwerfen. Da das Straferkenntnis erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist (diese ist mit 16.12.2007 abgelaufen) am 28.3.2008 ergangen ist, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Entgegen den Berufungsausführungen ist aber gemäß § 114 GewO der Ausschank von alkoholischen Getränken an Jugendliche verboten, denen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist nach § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz der übermäßige Alkoholkonsum und daher übermäßige Genuss von Alkohol verboten. Es ist daher die Abgabe von jeglichen alkoholischen Getränken, die übermäßigen Alkoholkonsum des Jugendlichen darstellen, verboten und gemäß § 367 Z35 iVm § 114 GewO zu ahnden.

 

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

Beschlagwortung:

Tatkonkretisierung, übermäßiger Alkoholkonsum

 

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