Linz, 30.12.2008
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn A S, T, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28.4.2008, GZ. 0061402/2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Einstellung des Verfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber stets nach dem Sinn des Oö. Jugendschutzgesetzes gehandelt habe. Es sei Verjährung infolge des Zeitverstreichens seit dem Tatzeitpunkt eingetreten. Das Straferkenntnis stütze sich nur auf Vermutungen. Es seien schon zuvor Getränke im Park F konsumiert worden. Diese seien unberücksichtigt geblieben. Es sei unglaubwürdig, dass nach über 1 ½ Jahren eine bessere Erinnerung bestehe als unmittelbar nach der Tat. Der Berufungswerber besitze eine Liste von Datum und Art der Getränke. Es wären daher diese Einwände genauestens zu prüfen.
3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.
Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z 1 VStG.
4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
4.1. Gemäß § 114 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl.Nr. 194/1994 idF BGBl.I Nr. 84/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.
Gemäß § 367 Z 35 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen den Bestimmungen des § 112 Abs.5 oder des § 114 Alkohol ausschenkt.
Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 – Oö. JSchG 2001, LGBl.Nr. 93/2001 idF LGBl.Nr. 360/2004, ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und von alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken verboten.
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
4.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass die namentlich angeführten Jugendlichen, welche das 16. Lebensjahr zum Tatzeitpunkt vollendet haben, im Zeitraum vom 23.9.2006 ca. 21.00 Uhr bis 24.9.2006 ca. 04.00 Uhr übermäßig Alkohol (ca. 20 Bier, Wodka und Wodkamischgetränke) konsumiert haben und diese Getränke "unter anderem auch im gegenständlichen Lokal" verabreicht wurden, obwohl schon merkliche Anzeichen einer übermäßigen Alkoholisierung bei den Jugendlichen auftraten.
Diesen Tatvorwurf enthält auch die Strafverfügung vom 12.3.2007, welche die erste und einzige Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist in diesem Strafverfahren darstellt.
Dieser Tatvorwurf genügt aber dem oben dargelegten Konkretisierungsgebot nicht. Insbesondere genügt es nicht, dass die angeführten Getränke "im gegenständlichen Lokal" verabreicht worden sind. Vielmehr ist wesentliches Tatbestandselement gemäß § 114 GewO 1994, dass der Gewerbetreibende oder die im Betrieb beschäftigten Personen solche alkoholischen Getränke an Jugendliche ausschenken. Dass der Berufungswerber selbst die angeführten alkoholischen Getränke ausgeschenkt hat bzw. die bei ihm beschäftigten Personen die angeführten alkoholischen Getränke ausgeschenkt haben, enthält weder der Tatvorwurf in der Strafverfügung noch im angefochtenen Straferkenntnis. Darüber hinaus genügt auch nicht ein Tatvorwurf, dass die Getränke "verabreicht" wurden, zumal daraus nicht hervorgeht, ob die Getränke vom Gewerbetreibenden oder seinem Personal oder aber von weiteren Gästen ausgeschenkt bzw. abgegeben wurden. Schließlich ist auch der Tatvorwurf insofern nicht konkret, als nicht hervorgeht, ob der übermäßige Alkoholkonsum der genannten Jugendlichen durch den Berufungswerber bzw. sein Personal verursacht wurde oder aber die Jugendlichen erst am Beginn des Alkoholkonsums standen und die weiteren Getränke in der Folge in einem anderen Lokal verabreicht wurden.
Da aber eine entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten und war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ilse Klempt
Beschlagwortung:
Verabreichung durch Gewerbetreibenden, übermäßiger Alkoholkonsum, Tatkonkretisierung