Linz, 23.12.2008
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn K K, geb. geb. , F, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. S T-P, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17.11.2008, Zl. VerkR96-570-2007, zu Recht:
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1Z1 VStG eingestellt;
II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
Rechtsgrundlagen:
Zu I. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 - AVG iVm, § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 - VStG.
Zu II.§ 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
2. Die Behörde erster Instanz führt dazu begründend folgendes aus:
Die Vorschreibung von den Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet"
3. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine Rechtsvertreterin erhobenen Berufung entgegen, wobei Folgendes ausführt wird:
3.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht!
4. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte hier angesichts des an sich unstrittigen Sachverhaltes unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).
5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt dem ein in einer Zeitspanne von zwei Jahren und drei Monaten aufwändig geführtes erstinstanzliches Beweisverfahren zu Grunde lag.
Aber bereits selbst aus der Anzeige vom 17.9.2006 lässt sich nicht konkret nachvollziehen wie es zur Feststellung gekommen ist, dass tatsächlich keine Warneinrichtung mitgeführt wurde und inwiefern den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer dadurch ein Verschulden treffen würde. Es wurde insbesondere dem Berufungswerber auch nicht zur Last gelegt eine Warneinrichtung nicht bereit gestellt zu haben.
6. Der § 103 Abs.1 Z1 u. Z2 besagt über die Pflichten des Zulassungsbesitzers eines KFZ auszugweise:
Der Zulassungsbesitzer
1 hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;
2. hat bei Kraftfahrzeugen dafür zu sorgen, dass für Fahrten a) das im § 102 Abs. 10 angeführte Verbandzeug, b) bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine Warneinrichtung,
….
bereit gestellt ist;
6.1. Eine Übertretung dieser Rechtsvorschriften ist grundsätzlich ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG (vgl. VwGH, Slg. 9180 A/1976). Soweit sich die Behörde erster Instanz auf die Pflicht zum Vorhalt eines Kontrollsystems beruft, übersieht sie dabei, dass sich – soweit überblickbar – die Judikatur diesbezüglich auf den gewerblichen Güterverkehr bezieht wobei in diesem Bereich von einem dadurch gleichsam standardisierten Sorgfaltsanspruch ausgegangen werden kann.
Dem Zulassungsbesitzer obliegt es wohl eine Warneinrichtung bereit zu stellen und die Behörde hat widrigenfalls den Beweis darüber zu erbringen inwiefern ein Verschulden am – hier nicht einmal erwiesenen - Fehlen einer solchen Einrichtung trifft.
Diese Rechtsvorschrift kann jedenfalls nicht so ausgelegt werden, dass ein Zulassungsbesitzer gleichsam immer schuldig wäre, wenn immer irgendwo und wodurch auch immer irgend etwas am Fahrzeug nicht in Ordnung ist.
6.2. In der Zeugenaussage am 10.10.2007 gibt der im Rechtshilfeweg einvernommene Meldungsleger GI R an, dass der Lenker das Warndreieck bei der Kontrolle nicht vorweisen habe können. Der Lenker habe angegeben das Warndreieck befände sich bei seiner Freundin K Kaufmann.
Diese gab schließlich in ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung am 19.2.2008 an, dass dieses Fahrzeug in ihrem Eigentum stünde aber auf ihren Vater zugelassen sei. Der damalige Lenker – welcher offenbar wegen dieses Fehlers verwaltungsstrafrechtlich belangt worden sein dürfte – habe sich von ihr das Fahrzeug ausgeborgt. Das Warndreieck habe sich sehr wohl an der üblichen Stelle im Fahrzeug befunden.
Der damalige Lenker habe ihr niemals das Warndreieck gegeben.
6.2.1. Alleine schon diese Aussagen lassen keinen Beweis erkennen, welcher auf ein schuldhaftes Verhalten des Berufungswerbers in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit und Klarheit schließen lassen könnte. Vielmehr scheint eher wahrscheinlich, dass der Lenker das Pannendreieck einfach nicht gefunden hat.
Es ist auch durchaus nicht lebensfremd bei einem fremden Fahrzeug das Pannendreieck nicht zu finden, weil es an verborgener Stelle im Fahrzeug (etwa am Kofferraumdeckel) mehr oder weniger versteckt angebracht ist. Es kann daher dahingestellt bleiben ob in so gelagerten Fällen nicht alleine in der Bestrafung des Lenkers der Unwertgehalt eines solchen Mangels - insbesondere wenn Lenker und Zulassungsbesitzer mehr oder weniger dem Familienkreis zugehörig sind - gesühnt gelten könnte.
Nicht zuletzt gilt es im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation und demnach unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat, ein solches Ergebnis zu untersagen (VfSlg. 11195/1986). Demnach hat immer noch die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist.
Der § 5 VStG lautet:
"Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft."
Die Anforderungen an objektive Sorgfaltspflichten dürfen aber nicht soweit überspannt werden, dass diese angelegten Maßstäbe zum Ergebnis einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung führen.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt diesbezüglich den Standpunkt (s. Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), dass dieser Maßstab ein objektiv-normativer zu sein hat. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters (hier des Berufungswerbers als Zulassungsbesitzer) versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt ein Täter folglich nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (s. VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).
Dem kann hier noch hinzugefügt werden, dass es darüber hinaus nicht realistisch und dem Kraftfahrgesetzgeber wohl auch kaum zugesonnen werden könnte, auch dem Zulassungsbesitzer im gleichem Umfang auch die den Lenker treffenden Pflichten zu übertragen beabsichtigt gehabt zu haben.
Dies würde letztlich zu einer jedem Strafrechtsverständnis fremden verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung führen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r