Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420559/8/WEI/Ga

Linz, 16.12.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde des E W, G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Abnahme bzw Beschlagnahme eines Schaublattes aus dem EG-Kontrollgerät anlässlich einer Verkehrskontrolle am 5. Juli 2008 durch den Bezirkshauptmann von Linz-Land zurechenbare Polizeibeamte den Beschluss gefasst:

 

 

Die Beschwerde wird samt dem Antrag auf Schadenersatz in Höhe von 3.000,-- Euro als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG); §§ 67c und 79a AVG.

 

 

 

B e g r ü n d u n g :

 

1. Mit der am 11. August 2008 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangten Eingabe vom 5. August 2008 hat der Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) "Maßnahmenbeschwerde nach dem SPG" erhoben und dazu im Wesentlichen folgenden Sachverhalt vorgebracht.

 

Am 5. Juli 2008 gegen 03:00 Uhr früh sei der Bf mit einem 16t-LKW auf das Betriebsgelände der Firma S in H F und dort zur Rampe Nr. .. gefahren, um eine Ladung aufzunehmen. Plötzlich sei ein Golf mit L Kennzeichen mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit (erlaubt seien nur 30 km/h) auf das Betriebsgelände gekommen und habe neben dem LKW gehalten. Die aussteigenden Polizisten in Zivil forderten, von denen er eine Ausweisleistung verlangte, forderten ihn auf Führerschein, Zulassungsschein und Schaublatt des Fahrtschreiber auszuhändigen. Der Polizeibeamte B hätte ihm kurz einen Ausweis für Sekunden gezeigt, aus dem er aber nichts hätte erkennen können. In der Folge hätte er darauf aufmerksam gemacht, dass man sich auf Privatgrund befände und es gefährlich wäre, zwischen LKWs herumzuschleichen. Bergsleiter hätte ihm erklärt, dass er ohnehin das Recht hätte, am Betriebsgelände einzuschreiten

 

Der Bf hätte ihm die verlangten Urkunden ausgehändigt und mit der Ladetätigkeit begonnen. Schließlich habe ihm der Polizeibeamte die ausgehändigten Papiere bis auf das Schaublatt zurückgegeben. Der Bf habe ihn in der Folge mehrmals aufgefordert, das Schaublatt zurückzugeben, und auf die Rechtswidrigkeit der Abnahme aufmerksam gemacht. Der Polizeibeamte hätte gemeint, der Bf möge sich doch nicht aufregen, weil er für das Schaublatt ohnehin eine Abnahmebestätigung erhalte. Zur Frage des Bf nach dem Grund der Abnahme hätte der Beamte auf die Abnahmebestätigung verwiesen. Dort hätte sich B auf diverse Gesetze berufen. Der Bf ersuche daher die einzelnen Behörden (BH Linz-Land, FLD) um Ausstellung von Beschlagnahmebescheiden, damit er Rechtsmittel ergreifen könne. Im Hinblick auf die StPO im Vordruck der Abnahmebestätigung wendete sich der Bf auch das BG Traun.

 

Da sich der Polizeibeamte B (im Wege des Vordrucks) auch auf § 39 VStG berufen habe, wendet sich der Bf auch an den unabhängigen Verwaltungssenat, weil es sich bei der vorläufigen Beschlagnahme um einen Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt handle, der nach dem Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG angefochten werden könne. Die Beschlagnahme könne nur Gegenstände betreffen, welche dem Verfall unterliegen. Ein Schaublatt eines Fahrtschreibers könne nie dem Verfall unterliegen. Der Ordnung halber wird erwähnt, dass das Verwaltungsstrafgesetz eine Beschlagnahme zur Sicherung des Beweisverfahrens nicht vorsehe. Der unabhängige Verwaltungssenat möge daher erkennen, dass die Abnahme des Schaublattes rechtswidrig war. In diesem Fall möge ihm auch ein Betrag in Höhe von 3.000 Euro als Schadenersatz zugesprochen werden.

 

An die Staatsanwaltschaft Linz wendet sich der Bf mit der Behauptung, dass sowohl die Abnahme des Schaublattes als auch das Einschreiten auf einem Betriebsgelände Missbrauch der Amtsgewalt darstellten. Das Landespolizeikommando wird vom Bf verständigt, weil gegen den Polizisten B offensichtlich disziplinäre Maßnahmen einzuleiten wären und eine Verletzung der Richtlinien gemäß § 31 Abs 2 Z 7 SPG vorläge. Sollte das Landespolizeikommando kein Fehlverhalten feststellen, werde in der Folge ein Antrag gemäß § 89 Abs 4 SPG gestellt werden.

 

Das Ausstellen der Abnahmebestätigung wäre auf dem Betriebsgelände der Firma S in H und nicht in P erfolgt. Auch das Geburtsjahr sei mit 1945 falsch angegeben worden, der Bf sei 1951 geboren. Der Ordnung halber werde noch bemerkt, dass der Gesetzgeber auch den Ausdruck "Tachographenscheibe" nicht kenne. Eine Kopie der von B ausgestellten Abnahmebestätigung der Polizeiinspektion (PI) P Block Nr.    , Ftl. Nr. 13, würden alle Behörden und Dienststellen mit gleicher Post erhalten.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat mit Schreiben vom 14. August 2008 der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die eingebrachte Beschwerde zur Kenntnis gebracht und zur Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift aufgefordert.

 

Mit Schreiben vom 8. September 2008, Zl. Präsl-01-96-2008, hat die belangte Behörde zur Beschwerde Stellung genommen eine Sachverhaltsdarstellung des Polizeibeamten B sowie vier von der Polizeiinspektion H angefertigte Lichtbilder vorgelegt, aus denen im Zusammenhalt mit den nachvollziehbaren Ausführungen des Polizeiorgans eindeutig hervorgehe, dass es sich beim Firmengelände der Spedition S um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der gesetzlichen Definition handle.

 

Die belangte Behörde teilt mit, dass das Strafverfahren gegen den Bf an die Bezirkshauptmannschaft Perg als Wohnsitzbehörde abgetreten wurde. Zum Beschwerdesachverhalt wird auf die beigelegte Sachverhaltsdarstellung des beanstandeten Exekutivorgans verwiesen. In ihrer zusammenfassenden Bewertung qualifiziert die belangte Behörde KI B, den Dienststellenleiter der PI P, als äußerst korrekten und gerade im Umgang mit schwierigen Kunden erfahrenen und besonnenen Polizisten, der fest auf dem Boden des rechtsstaatlichen Fundaments unseres Gemeinwesens stehe. Dies sei nicht selten in heiklen Einsatzsituationen bei Bundesligabegegnungen im P Waldstadion unter Beweis gestellt worden. Es bestehe daher nicht der geringste Grund an der Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung Bs zu zweifeln. Diametral entgegen gesetzte Erfahrungen habe man mit dem Bf, auf die aber im gegebenen Rahmen nicht näher eingegangen werden könne. Der Darstellung des Bf im Sinne eines "Rundumschlages gegen die verhasste Obrigkeit" werde wenig Glauben geschenkt. Im Übrigen verliere eine so breit getretene Beschwerde sehr an Substanz, wenn eine Diskussion über marginale Formfehler übrig bleibe.

 

2.2. Im Folgenden werden die für das gegenständliche Beschwerdeverfahren relevanten Passagen der ausführlichen Stellungnahme des Polizeibeamten B vom 1. September 2008, die er offenbar an das Landespolizeikommando als Dienstbehörde erstattete, dargestellt. Dieser Beamte war in der Nacht vom 4. auf 5. Juli 2008 gegen 02:40 Uhr gemeinsam mit BI B in einem schwarzen Zivilstreifenwagen VW Golf auf der B 1 unterwegs, als das Dienstfahrzeug vom LKW des Bf mit ziemlich hoher Geschwindigkeit überholt wurde. Die Polizeibeamten beobachteten in der Folge weitere Verkehrsübertretungen des Bf und hätten sich auf Grund der wahrgenommenen Fahrweise entschlossen, den Lenker einer Verkehrskontrolle zu unterziehen. Sie folgten dem Bf mit ihrem Zivilstreifenwagen auf das Gelände der Firma S, wo dieser eine Laderampe ansteuerte. Als sich der Bf noch im LKW befand, wären die Polizisten mit ihrem Dienstwagen schon 5 Meter neben ihm gestanden und hätten das mitgeführte Magnetblaulicht eingeschaltet. Danach begaben sich die Beamten zur Fahrerkabine und hätten sich als Polizisten ausgewiesen, um eine Fahrzeug- und Lenkerkontrolle durchzuführen. Der Bf habe die Beamten vorerst stehen gelassen und sei zur Rampe gegangen, wo er im Lager verschwand. Als er nach einiger Zeit wieder kam, habe ihn B abermals aufgefordert, Führerschein und Zulassungsschein vorzuweisen. Der Bf hätte den LKW aber noch zurück an die Rampe gefahren und danach die Dokumente mit den Worten "I waß eh, dass i a bisserl zu schnell woar" ausgehändigt. Danach sei er trotz der Aufforderung zu bleiben wieder mit den Worten "I hob a Hockn, i hob ka Zeit" Richtung Lager gegangen und dort verschwunden. Als der Bf zurückkam, sei er aufgefordert worden, das eingelegte Schaublatt und die Schaublätter der der vergangenen Woche vorzuweisen. Darauf sei er in die Fahrerkabine gestiegen, habe das Kontrollgerät geöffnet und gesagt "Auf die hob i heute vergessen" und danach das Kontrollgerät wieder geschlossen. B habe aber gesehen, dass ein Schaublatt eingelegt war und aufgefordert, dieses unverzüglich herauszugeben. Das habe der Bf dann doch getan. Auf die weitere Aufforderung, auch die Schaublätter für die vorangegangenen Tage auszuhändigen, hätte er gemeint: "I bin Pensionist, i bin nur gestern und heute gefahren. I brauch des net. Waunns woits, dann ruafts in da Firma an." Die Verkehrsübertretungen auf den B1 habe der Bf bestritten, weshalb er von der Erstattung einer Anzeige in Kenntnis gesetzt worden sei.

 

Es sei schlichtweg falsch, wenn der Bf behauptet, dass die Beschlagnahme eines Schaublattes rechtswidrig sei. Unabhängig von § 39 Abs 2 VStG gelte in Österreich die EG-VO 3821/85 unmittelbar auf Gesetzesstufe. Der Art 14 Abs 1 dieser Verordnung erlaube die Beschlagnahme der Tachographenblätter zum Zwecke der Beweissicherung.

 

Am Anhalteort sei es dem Polizeibeamten B unmöglich gewesen festzustellen, ob die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten wurden. Es habe auch der begründete Verdacht einer Manipulation am Tachographen bestanden. Es sei zumindest verdächtig, wenn um 03.00 Uhr ein Schaublatt, das angeblich nicht eingelegt war, bis knapp 14.00 Uhr durchgehend beschriftet ist. Das vom Bf erst nach mehrmaliger Aufforderung ausgehändigte Schaublatt hatte bis 14:00 Uhr Aufzeichnungen vermerkt, obwohl es erst 03:00 Uhr war. Mangels ausreichenden Detailwissens habe man zur Klärung die Verkehrsabteilung kontaktiert und die Mitteilung erhalten, sich den Prüfbericht des Tachographen geben zu lassen und den am Schaublatt vermerkten Kilometerstand mit dem Kilometerstand am Tacho zu vergleichen. Deshalb habe der Kollege über die offene Türe des LKWs auf den Tachometer geschaut, um den Tachostand abzulesen. Vom Lager aus bemerkte der Bf dabei offenbar ein Wackeln des LKWs und regte sich auf, als ihm die Beamten erzählten, dass das Tachographenblatt mit dem Kilometerstand am  Tacho verglichen wurde. Er hätte auf seine Privatsphäre und auf den Privatgrund hingewiesen, wo die Beamten nichts zu suchen hätten und verschwinden sollten.

 

Zum Einwand "Privatgrund" berichtet der Polizeibeamte B, dass das Betriebsgelände der Firma S weder als Privatparkplatz gekennzeichnet, noch abgeschrankt sei, noch seien auf Beschränkungen des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln angebracht. Das Betriebsgelände könne von jedermann unter den gleichen Bedingungen genutzt werden. Beispielsweise könne jeder Kunde dort Pakete zustellen oder abholen.

 

2.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat dem Bf mit Schreiben vom 24. September 2008 vom Gang des Verfahrens berichtet, Ablichtungen der Gegenschrift der belangten Behörde samt den Beilagen übermittelt und die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung eingeräumt.

 

Mit Eingabe des Bf vom 10. Oktober 2008, eingelangt am 14. Oktober 2008, wendet sich dieser zunächst gegen die Ansicht des Polizeibeamten B zu Art 14 Abs 1 der EG-VO 3821/85 betreffend die Beschlagnahme von Schaublättern. Deren Abnahme sei lediglich im Rahmen der Strafprozessordnung vorgesehen. Das Verwaltungsrecht sehe eine Abnahme von Gegenständen zur Beweissicherung nicht vor.

 

Beim Betriebsgelände der Firma S handle es sich zweifelsfrei um Privatgrund. Auf den Fotos seien auch abgestellte Wechselaufbauten ersichtlich, von denen hunderte auf dem Betriebsgelände abgestellt wären. Diese müssten sich auf Lafetten mit Kennzeichentafeln befinden, wäre es kein Privatgrundstück. Die für Rangierarbeiten zu und von den Rampen eingesetzten sog. "Wieseln" wären nicht zum Verkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen zugelassen und hätten daher auch keine Kennzeichen montiert. Auf den zur Verfügung gestellten Fotos wäre bei der Einfahrt die Zusatztafel "Rangierfahrzeuge Schienenfahrzeuge Stapler haben Vorrang" ersichtlich. Ein derartiger Vorrang könne nicht unter § 19 StVO subsumiert werden, sondern setze ein Privatgrundstück zwingend voraus.

 

Im Übrigen wäre die Einfahrt zur Firma S an Samstagen von 06:00 Uhr bis Sonntag 24:00 Uhr sowie an Feiertagen mittels Kette und Schloss abgesperrt. Die Überwachung erfolge durch einen Wachdienst und es dürften dann nur Betriebsangehörige in das Werksgelände einfahren, deren Kennzeichen vom Wachpersonal notiert werden. Auch die Behauptung B dass jedermann Paket am Betriebsgelände abholen könne, treffe nicht zu. Vielmehr wäre die Vorgangsweise so, dass Pakete den Kunden an die Lieferadresse zugestellt werden. Nur wenn die Empfänger nicht angetroffen werden, werde eine schriftliche Benachrichtigung hinterlegt. Erst diese erlaube das Befahren des Betriebsgeländes.

 

Entgegen den Behauptungen Bs wäre auch keine Rampenleiter vorhanden, über die der Bf geklettert sein soll. Er hätte auch niemals sehen können, ob ein Schaublatt eingelegt war oder nicht. Auch die Fahrertüre wäre nicht geöffnet gewesen, weil der Bf diese selbstverständlich immer schließe, wenn er das Fahrzeug verlasse. Auch die polemischen Bemerkungen von B ("hüpfte in die Fahrerkabine" und sprang er wieder aus der Führerkabine") würden sich wegen Unsachlichkeit wohl selbst richten.

 

Der Bf nimmt dann noch erstmals Bezug auf abhanden gekommene sog. "Corlettenbestätigungen" (Frachtbriefe), die aus der Fahrerkabine angeblich rechtswidrig entnommen worden wären, wovon aber in der gegenständlichen Beschwerde vom 5. August 2008 noch keine Rede war. Insofern brachte der Bf eine rechtsfreundlich vertretene Strafanzeige gegen BI M B (vgl angeschlossene Sachverhaltsdarstellung vom 2.10.2008 in Kopie) an die Staatsanwaltschaft Linz wegen des Verdachts der Urkundenunterdrückung ein.

 

Die weiteren Ausführungen des Bf beziehen sich auf ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 15. September 2008 im dort gegen den Bf anhängigen Verwaltungsstrafverfahren zu Zl. VerkR96-2892-2008. Sie sind gegenständlich nicht relevant und werden daher nicht wiedergegeben.

 

Das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. September 2008 wird wegen "Lobhudeleien" über B und "dubiosen Andeutungen" hinsichtlich der Person des Bf kritisiert. Zum "einflüsternden Bekanntenkreis" hielt der Bf fest, dass dieser den Beamten der belangten Behörde nichts angehe. Auch dann, wenn er von einem Rechtsanwalt oder von einem seiner Söhne, der Jusstudent sei, beraten werde, habe das den Beamten der belangten Behörde nichts anzugehen. Der Bezirkshauptmann wäre gut beraten zu überdenken, ob er die richtige Leitung des Strafamtes gefunden habe. Das Landespolizeikommando für Oberösterreich, an welches die Stellungnahme des Bf ebenfalls adressiert ist, werde aufgefordert, unverzüglich disziplinäre Schritte gegen die beiden Einschreiter einzuleiten. Nur eine vorläufige Suspendierung könne verhindern, das in Zukunft Urkunden verschwinden bzw durch Gesetzesbruch entnommen werden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen festgestellt, dass die Beschwerde mangels des Vorliegens verfahrensrechtlicher Voraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen ist. Dem Antrag des Bf in seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 2008 auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie Durchführung eines Lokalaugenscheins auf dem Betriebsgelände der Firma S zur Klärung von Veränderungen am Betriebsgebäude und der Eigenart des Geländes (öffentlicher Grund oder Privatgrundstück) wird mangels Relevanz für die Lösung des Falles nicht entsprochen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird gemäß dem § 67d Abs 4 AVG ungeachtet des Parteienantrags abgesehen, weil der unabhängige Verwaltungssenat einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat und die Aktenlage bei richtiger rechtlicher Beurteilung erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt und dem auch Art 6 EMRK nicht entgegensteht.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Zu den begrifflichen Voraussetzungen der Beschwerde

 

Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 610).

 

Im vorliegenden Fall bekämpft der Bf die Abnahme (Beschlagnahme) eines von ihm ausgehändigten Schaublattes aus dem Fahrtschreiber bzw dem EG-Kontrollgerät anlässlich der polizeilichen Lenker- und Fahrzeugkontrolle vom 5. Juli 2008 gegen 03:00 Uhr früh auf dem Betriebsgelände der Speditionsfirma S in H. Er begehrt mit näherer rechtlicher Begründung diese Abnahme des Schaublattes für rechtswidrig zu erkennen.

 

Nach Ansicht des zuständigen Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats handelt es sich bei der Abnahme oder Zurückbehaltung (Beschlagnahme) eines ausgehändigten Schaublattes aus dem Fahrtschreiber bzw EG Kontrollgerät durchaus um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, weil der Betroffene keine reale Möglichkeit hat, sich dem impliziten Duldungsbefehl der Polizei zu widersetzen, ohne die Ausübung von physischer Gewalt zu riskieren.

 

Der für den Fall der Rechtswidrigerklärung ausdrücklich beanspruchte Schadenersatz in Höhe von 3.000,-- Euro kann allerdings nicht Gegenstand eines Verfahrens über eine Maßnahmenbeschwerde sein, weil den unabhängigen Verwaltungssenaten dafür schon die allgemeine Zuständigkeit fehlt. Der Zuspruch von Schadenersatz aus Anlass von rechtswidrigen Amtshandlungen fällt unter das Amtshaftungsgesetz und ist im Zivilrechtsweg vor den ordentlichen Gerichten durchzusetzen.

 

4.2. Betriebsgelände als Straße mit öffentlichem Verkehr

 

Gemäß § 1 Abs 1 KFG 1967 sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, sofern nicht nach der Ausnahmebestimmung des Abs 2 anderes festgesetzt ist, auf Kraftfahrzeuge und Anhänger, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (Hinweis auf § 1 Abs 1 StVO 1960) verwendet werden, und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen anzuwenden.

 

Nach der Legaldefinition des § 1 Abs 1 StVO 1960 gelten als Straßen mit öffentlichem Verkehr solche Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

 

Nach der einschlägigen Kommentarliteratur (vgl näher Pürstl/Somereder, StVO11 [2003] § 1 Anm 3 und Messiner, StVO10 [1999] § 1 Anm 3 und 7) liegt eine Straße mit öffentlichem Verkehr vor, wenn der Verfügungsberechtigte (Straßenerhalter) auf ihr den allgemeinen, wenn auch unter Umständen auf bestimmte Personengruppen (zB Hotelgäste) beschränkten Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr zulässt. Ist die individuelle Zulassung bestimmter Personen zum Verkehr auf der Straße vorbehalten und für jedermann durch Hinweistafeln oder Schranken erkennbar und wird dieser Ausschluss anderer Personen von der Benützung regelmäßig durch Maßnahmen sichergestellt (zB bauliche Hindernisse, Schranken, Bewachung, Einbringung von Besitzstörungs- und Eigentumsfreiheitsklagen), so liegt eine Straße ohne öffentlichen Verkehr vor. Steht demnach eine Straße nicht nur für individuell bestimmte, sondern für nach generellen Kriterien bestimmte Personengruppen zur Benützung frei, so besteht ein Bedürfnis nach Geltung der Verkehrsregeln der StVO und deren öffentlichrechtlicher Überwachung. Es kann sich demnach auch bei einer Privatstraße, einem Fabriks- oder einem Krankenanstaltengelände, bei Wegen auf Friedhöfen, Feld- und Güterwegen, nicht gesperrten Forststraßen oder Waldwegen um Straßen mit öffentlichem Verkehr handeln.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kann von eine Straße mit öffentlichem Verkehr ausgegangen werden, wenn sie weder abgeschrankt, noch als Privatstraße gekennzeichnet, noch auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind. Aus dem bloßen Umstand, dass ein Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmer (zB Anrainer) befahren werden darf, kann nicht auf eine Straße ohne öffentlichen Verkehr geschlossen werden (vgl Pürstl/Somereder, StVO11 [2003] § 1 E7).

 

Eine Straße kann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als eine Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich. Es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, ob etwa die Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht, an. Daher kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine Straße mit öffentlichem Verkehr vorliegt, wenn sie weder abgeschrankt, noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind (vgl Pürstl/Somereder, StVO11 [2003] § 1 E 8; Messiner, StVO10 [1999] E 13 ff weiter VwGH 31.3.2006, Zl. 2006/02/009). Für den Ausschluss des öffentlichen Verkehrs ist ein allgemein sichtbares Benützungsverbot erforderlich (vgl Pürstl/Somereder, StVO11 [2003] § 1 E 10).

 

Im vorliegenden Fall geht aus der Schilderung des Polizeibeamten B (auf der letzten Seite seiner Stellungnahme) und den von der belangten Behörde vorgelegten Lichtbildern betreffend die Zufahrt zum Firmengelände der Spedition S hervor, dass das Betriebsgelände nicht abgeschrankt und auch keine auf Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln angebracht sind. Im Gegenteil ist neben einem Hupverbot eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h mit den Zusatztafeln "Rangierfahrzeuge, Schienenfahrzeuge, Stapler haben Vorrang" und "auf dem Gelände gilt die StVO" durch Verkehrszeichen kundgemacht.

 

Wenn der Bf in seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 2008 abermals betont, dass das Betriebsgelände der Firma S Privatgrund sei, so verkennt er offenbar, dass damit zur entscheidenden Frage des öffentlichen Verkehrs noch nichts ausgesagt wird. Diese Frage hängt auch nicht davon ab, ob nun die Wechselaufbauten auf dem Betriebsgelände richtig abgestellt werden oder nicht. Dass die für Rangierarbeiten eingesetzten "Wieseln" keine Kennzeichen haben und zum Verkehr nicht zugelassen sind, spricht ebenfalls nicht gegen eine Straße mit öffentlichem Verkehr, sind doch nach § 1 Abs 2 KFG 1967 bestimmte Fahrzeuge (zB Kraftfahrzeuge mit Bauartgeschwindigkeit bis 10 km/h oder Transportkarren, selbstfahrende Arbeitsmaschinen etc) von der Anwendung dieses Gesetzes und damit auch der Zulassungsbestimmungen ausgenommen.

 

Auch die Frage der Rechtmäßigkeit des Hinweises auf der Zusatztafel "Rangierfahrzeuge; Schienenfahrzeuge, Staplern haben Vorrang" ist nach der dargestellten Judikatur kein Kriterium für die Einordnung als Straße mit oder ohne öffentlichen Verkehr. Im Übrigen soll damit offenbar nur zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich um bevorzugte Straßenbenützer am Betriebsgelände handelt, was im Hinblick auf die Regelungen im §§ 27 und 28 StVO 1960 zumindest in Analogie vertretbar erscheint.

 

Der Bf bestreitet den Umstand der grundsätzlich freien Zugänglichkeit des Betriebsgeländes nicht. Wenn er die Vorgangsweise bei der Zustellung von Paketen selbst so schildert, dass der Kunde nach einem vergeblichen Zustellversuch an seiner Lieferadresse eine schriftliche Benachrichtigung erhalte und dann das Betriebsgelände zwecks Abholung befahren dürfe, so hat er selbst dargelegt, dass eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der Judikatur vorliegt. Dies bedeutet nämlich, dass ein allgemeiner und nicht von vornherein individuell beschränkter Kundenkreis den Straßengrund auf dem Betriebsgelände der Firma S zu gleichen Bedingungen befahren kann.

 

Auch wenn, wie der Bf vorbringt, das Betriebsgelände der Firma S an Wochenenden von Samstag um 06:00 Uhr bis Sonntag um 24:00 Uhr und an Feiertagen mittels Kette und Schloss abgesperrt und durch einen Wachdienst gesichert sein sollte, so ändert dies nichts daran, dass an Werktagen ein öffentlicher Verkehr zugelassen wird und das Betriebsgelände von jedermann zu gleichen Bedingungen benützt werden kann. Die Einwände des Bf zum Betriebsgelände der Firma S sind demnach im Ergebnis unbegründet.

 

4.3. Zur Beschlagnahme eines Schaublatts zwecks Beweissicherung

 

Das Anliegen des Bf auf Rechtswidrigerklärung der Abnahme des Schaublattes, weil im österreichischen Verwaltungsrecht eine Beschlagnahme (Abnahme von Gegenständen) zur Beweissicherung nicht vorgesehen sei, ist vor dem Hintergrund der nachfolgend dargestellten Rechtsvorschriften zu beurteilen:

 

4.3.1. Rechtslage nach dem Kraftfahrrecht

 

Gemäß § 102 Abs 1a KFG 1967 haben Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg oder von Omnibussen dafür zu sorgen, dass der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und dass im Fahrtschreiber ein geeignetes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist. Es darf pro Person und Einsatzzeit im Sinne des § 16 Arbeitszeitgesetz nur ein Schaublatt im Fahrtschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist. Die Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen und die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus einem digitalen Kontrollgerät der laufenden Woche sowie der dieser vorausgehenden 15 Tage, ab 1. Jänner 2008 des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage sowie die Fahrerkarte sind mitzuführen. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes sowie die mitgeführten Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus dem digitalen Kontrollgerät für Zeiträume, in denen ein Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät gelenkt worden ist, und die Fahrerkarte auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Ist das Fahrzeug mit einem digitalen Kontrollgerät ausgerüstet, so gelten die Bestimmungen des § 102a KFG 1967 über die Fahrerkarte.

 

Nach § 102a Abs 11a KFG 1967 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht die Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hinsichtlich des Mindestalters und der Lenk- und Ruhezeiten (Artikel 5 ff) sowie des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl Nr. 518/1975, in der Fassung BGBl Nr. 203/1993 zu kontrollieren. Zur Feststellung einer Überschreitung der höchstzulässigen Lenkzeit oder Unterschreitung der vorgeschriebenen Ruhezeit können auch Aufzeichnungen der Schaubblätter vom Fahrtschreiber oder vom Kontrollgerät sowie Aufzeichnungen oder Ausdrucke von der Fahrerkarte oder des digitalen Kontrollgerätes herangezogen werden.

 

4.3.2. Unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht

 

Die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr sollte die wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (zunächst die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985, mittlerweile aufgehoben durch die Verordnung (EG) Nr. 561/2006) gewährleisten. In den Begründungserwägungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (vgl insb Erwägungen 3, 15, 17 und 31) wird ausgeführt, dass Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zu allgemein gehalten waren. Die Vorschriften über die Lenkzeiten und Ruhezeiten müssten klarer und einfacher werden, um eine wirksame und einheitliche Durchsetzung mit Hilfe des digitalen Fahrtenschreibers nach der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 432/2004 der Kommission) zu ermöglichen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sollen die sozialen Bedingungen für die Arbeitnehmer sowie die allgemeine Straßenverkehrssicherheit verbessert werden. Die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sollte geändert werden, um die besonderen Verpflichtungen der Verkehrsunternehmen und Fahrer klar herauszustellen, die Rechtssicherheit zu fördern und die Durchsetzung der maximalen Lenk- und Ruhezeiten durch Straßenkontrollen zu erleichtern.

 

Gemäß Art 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sorgen der Unternehmer und die Fahrer für das einwandfreie Funktionieren und die ordnungsgemäße Benutzung des Kontrollgeräts sowie der Fahrerkarte, wenn der Fahrer ein Fahrzeug benutzt, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I B (gemeint: digitales Kontrollgerät) ausgerüstet ist.

 

Nach Art 14 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 händigt der Unternehmer den Fahrern von Fahrzeugen mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I (gemeint: nicht digitales Gerät) eine ausreichende Anzahl Schaublätter aus, wobei dem persönlichen Charakter dieser Schaublätter (gemeint: ein separates Schaublatt für jeden Fahrer), der Dauer des Dienstes und der Möglichkeit Rechnung zu tragen ist, dass beschädigte oder von einem zuständigen Kontrollbeamten beschlagnahmte Schaublätter ersetzt werden müssen. Der Unternehmer händigt den Fahrern nur solche Schaublätter aus, die einem amtlich genehmigten Muster entsprechen und die sich für das in das Fahrzeug eingebaute Gerät eignen.

 

Ist ein Fahrzeug mit einem (digitalen) Kontrollgerät gemäß Anhang I B ausgerüstet, tragen der Unternehmer und der Fahrer dafür Sorge, dass im Fall einer Kontrolle der Ausdruck gemäß Anhang I B unter Berücksichtigung der Dauer des Dienstes auf Anforderung ordnungsgemäß erfolgen kann.

 

Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr. 3821/85 idFd Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verpflichtet den Unternehmer die Schaublätter und allfällige Ausdrucke nach Art 15 Abs 1 der Verordnung (bei Beschädigung, Fehlfunktion oder Nichtvorhandensein der Fahrerkarte) in chronologischer Reihenfolge und in lesbarer Form nach der Benutzung mindestens ein Jahr lang aufzubewahren. Nach dem Schlusssatz sind die Schaublätter, die Ausdrucke und die herunter geladenen Daten jedem befugten Kontrollbeamten auf Verlangen vorzulegen oder auszuhändigen.

 

4.3.3. Zulässigkeit der Abnahme von Schaublättern des EG-Kontrollgerätes

 

Die Zulässigkeit der Abnahme bzw Beschlagnahme von Schaublättern des Kontrollgerätes ergibt sich zwar nicht aus § 102 Abs 1a KFG 1967, weil dort nur von der Pflicht zum Aushändigen die Rede ist. Entgegen der Ansicht des Bf wird die Zulässigkeit aber aus dem Art 14 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 abgeleitet (vgl Grundtner/Pürstl, KFG8 [2008] § 102 Anm 25). Aus dem Regelungszweck der oben unter 4.3.2. dargestellten Bestimmungen dieser Verordnung ist abzuleiten, dass die Abnahme (Beschlagnahme) von Schaublättern zu Beweissicherungszwecken, die an befugte Kontrollbeamte ausgehändigt wurden, als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Dies kommt im Art 14 Abs 1 der zitierten Verordnung zum Ausdruck, indem dem Unternehmer aufgetragen wird, auch die Möglichkeit der Beschlagnahme von Schaublättern durch befugte Kontrollbeamte zu bedenken und seinem Fahrer auch insofern eine ausreichende Zahl von Schaublättern zur Verfügung zu stellen.

 

Da die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht gemäß § 102 Abs 1a KFG 1967 die Aushändigung der Schaublätter des Kontrollgerätes verlangen können, handelt es sich bei diesen Organen um die befugten Kontrollbeamten im Sinne der Art 14 und 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 (vgl Grundtner/Pürstl, KFG8 [2008] § 102 Anm 24 unter Hinweis auf Materialien).

 

Im vorliegenden Fall der Verwendung einer 16t-LKWs zur Güterbeförderung musste nach Art 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ein Kontrollgerät eingebaut und benutzt werden. Eine Ausnahme für Fahrzeuge iSd Art 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 oder Freistellung iSd Art 13 Abs 1 und 3 dieser Verordnung (näher dazu § 24 Abs 2a KFG 1967) kam nicht in Betracht.

 

4.4. Mangelnde Beschwerdelegitimation

 

Für die Beschwerdelegitimation ist nach herrschender Meinung auch die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechts des Bf erforderlich, was dann anzunehmen ist, wenn die Maßnahme in die Rechtssphäre des Bf eingreift. Konnte der Bf durch die Maßnahme in seinen Rechten aber gar nicht verletzt sein, so ist seine Maßnahmenbeschwerde zurückzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn ein objektives Rechtsschutzinteresse von vornherein fehlt (näher zum Ganzen mwN Hengstschläger/Leeb, AVG [3. TB 2007] § 67a Rz 63 ff, 66; Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983] 87; Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde [2006], 65 f)

 

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Bf über Aufforderung des Polizeibeamten B das Schaublatt aus dem nach der Verordnung (EWG) 3821/85 vorgeschriebenen Fahrtschreiber bzw Kontrollgerät des 16t-LKWs schließlich doch noch ausgehändigt hat. In der Folge wurde es ihm allerdings nicht mehr zurückgegeben. Über die Abnahme (Beschlagnahme) des Schaublatts hat der Bf vom Polizeibeamten eine Bestätigung erhalten, weshalb er für allfällige weitere Kontrollen abgesichert war. Der Polizeibeamte B hat in seiner Stellungnahme vom 1. September 2008 – insofern vom Bf unwidersprochen – weiter ausgeführt, dass er wegen der zögerlichen Aushändigung durch den Bf und der Eintragungen am Schaublatt (Vermerk von Aufzeichnungen bis 14:00 Uhr, obwohl es erst 03:00 Uhr früh war) den begründeten Verdacht von Manipulationen hatte und dass er am Anhalteort die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten unmöglich feststellen konnte.

 

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats besteht bei dieser Sachlage vor dem Hintergrund der oben unter Punkt 4.3. dargestellten Rechtslage in Bezug auf das ordnungsgemäße Funktionieren des EG-Kontrollgeräts und die Auswertung seiner Aufzeichnungen ein öffentliches Beweisführungsinteresse, um mittels dieser technischen Aufzeichnungen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr wirksam überwachen zu können und in weiterer Folge auch die Verkehrssicherheit wesentlich zu verbessern. Demgegenüber besteht kein rechtlich geschütztes Privatinteresse des Unternehmers oder des Lenkers eines LKWs am Besitz von Schaublättern oder etwa daran, Schaublätter der Kontrolle durch befugte Organe und der nachfolgenden Analyse und allfälligen sachverständigen Auswertung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens vorzuenthalten. Vielmehr wäre die Fälschung oder Unterdrückung von solchen technischen Aufzeichnungen, die zur Verwendung in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmt sind, gemäß den §§ 293, 295 StGB gerichtlich strafbar. Auch Fahrtenschreiberdiagramme fallen unter den Beweismittelbegriff (vgl dazu Plöchl/Seidl, Wiener Kommentar2 [48. Lfg. 2004] Rz 12 zu § 293 StGB).

 

Die einschlägige Verordnung über das EG-Kontrollgerät geht ganz selbstverständlich von der Beschlagnahme von Schaublättern zu Beweiszwecken durch befugte Kontrollbeamte aus. Eine solche Beschlagnahme des Originals eines Schaublatts kann den Sinn der näheren Auswertung der technischen Aufzeichnung durch eine Lesegerät oder überhaupt der technischen Untersuchung auf Manipulationen haben. Ohne diese Möglichkeit wären Kontrollen durch die Organe der öffentlichen Sicherheit oder der Straßenaufsicht wenig effektiv und damit auch in präventiver Hinsicht nicht hinreichend wirksam, um Missbräuchen im Güter- und Personentransportverkehr vorzubeugen.

 

Weil das Kontrollgerät mit seinen Schaublättern gerade deshalb vorgeschrieben wurde, um dem öffentlichen Beweisführungsinteresse im Dienste einer wirksamen Kontrolle der Personen- und Güterbeförderung im Straßenverkehr zu genügen, hatte der Bf auch kein eigenes rechtlich geschütztes Interesse an der Nichtabnahme bzw Rückgabe des Schaublatts. Der Bf konnte daher nach dem Zweck der einschlägigen Regelungen durch die von ihm bekämpfte Abnahme eines Schaublattes aus dem EG-Kontrollgerät nicht in seinen Rechten verletzt werden. In einem aus diesem Anlass gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren hat er ohnehin das uneingeschränkte Recht auf Parteiengehör und Akteneinsicht. Er kann sich jederzeit eine Ablichtung vom Schaublatt anfertigen und Beweisanträge zu den Aufzeichnungen am Schaublatt stellen oder zu Aussagen von behördlich beigezogenen Sachverständigen Stellung nehmen.

 

4.5. Abschließende Bemerkung

 

Die weiteren Ausführungen des Bf in seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 2008, insbesondere ob B das eingelegte Schaublatt sehen und wie der Kilometerstand am Tacho des LKWs abgelesen werden konnte, sind nicht entscheidungswesentlich und gehen ins Leere. Soweit der Bf erstmals in dieser Stellungnahme von abhanden gekommenen "Corlettenbestätigungen" (angeblich Frachtbriefe der Auftragsfirma) berichtet, die ihm rechtswidrig von den Polizeibeamten entwendet worden wären, ist davon auszugehen, dass dieser Umstand nicht Gegenstand der Maßnahmenbeschwerde vom 5. August 2008 war, in der der Bf nur beantragte, die Abnahme des Schaublattes als rechtswidrig zu erkennen und ihm Schadenersatz in Höhe von 3.000 Euro zuzusprechen.

 

Zur angeblichen Entfremdung dieser Papiere geht der Bf selbst davon aus, dass eine gerichtlich strafbare Urkundenunterdrückung gemäß § 229 StGB vorliege, zumal er gegen BI B eine Anzeige (Sachverhaltsdarstellung vom 02.10.2008) an die Staatsanwaltschaft Linz durch einen Rechtsanwalt einbringen ließ. Eine mit der Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten nicht mehr sachlich zusammenhängende strafbare Handlung eines Kontrollbeamten könnte dem Staat auch nicht zugerechnet werden und damit nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein solches deliktisches Verhalten als der belangten Behörde nicht zurechenbar bezeichnet (vgl VwGH 15.11.1993, Zl. 92/10/0037: Nichtrückgabe eines belichteten Films aus einem als Sicherheit einbehaltenen Fotoapparat).

 

5. Im Ergebnis war daher die Maßnahmenbeschwerde des Bf mangels eines eigenen Rechtsschutzinteresses des Bf bzw deshalb zurückzuweisen, weil der Bf durch die Abnahme des Schaublatts nicht in seinen Rechten verletzt werden konnte.

 

Eine Kostenentscheidung gemäß § 79a AVG zugunsten der obsiegenden Partei war nicht zu treffen, zumal die belangte Behörde in der gegenständlichen Verwaltungssache keinen Antrag auf Aufwandersatz gestellt hat und ein solcher gemäß dem § 79a Abs 6 AVG nur auf Antrag zuzusprechen ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren je von 13,20 Euro für Beschwerde und Stellungnahme und von je 3,60 für 2 Beilagen kurz, insgesamt daher von 33,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

Rechtssätze zu VwSen-420559 vom 16. Dezember 2008

 

§ 67d Abs 4 AVG

 

Absehen von der mündlichen Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrags, wenn die gestellten Beweisanträge bei richtiger rechtlicher Beurteilung irrelevant sind und die Beschwerde durch verfahrensrechtlichen Bescheid mangels Beschwerdelegitimation zurückzuweisen ist.

 

§ 1 Abs 1 KFG iVm § 1 Abs 1 StVO

 

Ein Betriebsgelände ist eine Straße mit öffentlichem Verkehr, wenn es an Werktagen für einen unbestimmten Personenkreis zu gleichen Bedingungen zugänglich ist, was bei einer freien Zufahrt mit kundgemachter Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h und den Zusatztafeln "auf dem Gelände gilt die StVO" und "Rangierfahrzeuge, Schienenfahrzeuge, Stapler haben Vorrang" ohne weiteres anzunehmen ist. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die eine Zusatztafel mit den Vorrangregeln des § 19 StVO nicht ganz vereinbar wäre und auch andere Verkehrsordnungswidrigkeiten am Gelände vom Beschwerdeführer festgestellt worden wären, auf die es begrifflich nicht ankommt.

 

Art 14 Abs 2 Verordnung (EWG) Nr. 3821/85

 

Die Verordnung über das Kontrollgerät (Fahrtschreiber) im Straßenverkehr dient der wirksamen Überwachung der Bestimmungen zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr nach der Verordnung (EG) Nr. 561/2006. Sie geht implizit davon aus, dass eine Beschlagnahme von Schaublättern zu Beweissicherungszwecken durch befugte Kontrollbeamte zulässig ist.

 

§ 67a Abs 1 Z 2 AVG; § 102 Abs 1a und Abs 11a KFG iVm Art 13 ff Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 idFd Verordnung (EG) Nr. 561/2006

 

Am ordnungsgemäßen Funktionieren des EG-Kontrollgeräts und der Auswertung seiner Aufzeichnungen besteht ein öffentliches Beweisführungsinteresse. Hingegen haben weder der Unternehmer noch der Lenker ein rechtlich geschütztes Privatinteresse am Besitz der Schaublätter oder deren Vorenthaltung zur Vermeidung einer beweissichernden Auswertung und von wirksamen behördlichen Kontrollen. Vielmehr fallen Fahrtenschreiberdiagramme als technische Aufzeichnungen, die zur Verwendung in einem behördlichen Verfahren bestimmt sind, unter den Schutz der Beweismitteldelikte nach §§ 293 (Beweismittelfälschung) und 295 (Beweismittelunterdrückung) StGB.

 

Der Bf hat demnach auch kein geschütztes Interesse an der Nichtabnahme bzw Rückgabe eines von ihm ausgehändigten Schaublatts des EG-Kontrollgeräts. Im Verwaltungsstrafverfahren kommen ihm ohnehin das Recht auf Akteneinsicht und Parteiengehör zu. Seine Beschwerde war mangels Beschwerdelegitimation infolge fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückzuweisen.

 

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