Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162586/8/Kei/Ps

Linz, 30.12.2008

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Michael Keinberger, Dr.                                                                                      2B07, Tel. Kl. 15597

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der H L, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. A T, M, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 20. September 2007, Zl. VerkR96-2045-2007, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Juni 2008, zu Recht:

 

I.                 Der Berufung wird im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 180 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 65 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.             Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind
18 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, noch haben Sie den anderen Beteiligten bzw. dem Geschädigten Ihren Namen und Ihre Anschrift nachgewiesen.

Tatort: Gemeinde S.G , Privatstraße Ortsgebiet, Parkplatz UNI-Markt (Kaufhaus ),

Tatzeit: 05.06.2007, 14:40 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 4 Abs. 5 StVO

Fahrzeug:

Kennzeichen, Sonstiges Fahrzeug, Toyota Starlet, weiß

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von      Falls diese uneinbringlich ist,      Gemäß

                            Ersatzfreiheitsstrafe von

200,00                 72 Stunden                             § 99 Abs. 3 lit. b StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

20,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 220,00 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Die Berufungswerberin (Bw) brachte in der Berufung im Wesentlichen vor:

Aufgrund dessen, dass die Bw seit fast 30 Jahren in Vorarlberg lebt, weder die Telefonnummer noch die genaue Adresse der nächstgelegenen Polizeidienststelle kannte, wollte sie zu ihrer Nichte fahren, um dort die nötigen Informationen zu erhalten.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 12. Oktober 2007, Zl. VerkR96-2045-2007, Einsicht genommen und am 3. Juni 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser Verhandlung wurden die Bw befragt und die Zeugen GI G E und I S einvernommen.

 

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der gegenständliche durch die Bw als Lenkerin verursachte Verkehrsunfall ereignete sich auf dem Parkplatz beim UNI-Markt in S. G am 5. Juni 2007 um 14.40 Uhr. Unmittelbar nach dem Unfall hat sich die Bw im Bereich der Unfallstelle umgesehen im Hinblick auf Beschädigungen und auch geschaut, ob jemand, "der zum beschädigten Auto gehörte", im gegenständlichen Bereich war. Es war keine solche Person im gegenständlichen Bereich. Ein Nachweis des Namens und der Anschrift war nicht möglich. Danach hat die Bw den gegenständlichen Bereich verlassen und sie ist zu ihrer Nichte I S nach S gefahren. Die Bw hat ihrer Nichte vom Unfall erzählt und sie ersucht, dass sie der Bw beim Eruieren der Telefonnummer der nächsten Polizeidienststelle behilflich ist. Die Bw, deren Adresse auf B K .., 6... B, lautet, hatte nicht gewusst, dass die nächste Polizeidienststelle nicht weit entfernt war von der gegenständlichen Unfallstelle. Die Suche erfolgte zuerst in einem Telefonbuch und dann im Internet. Im Internet wurde die Telefonnummer gefunden und daraufhin erfolgte um ca. 17.30 Uhr am 5. Juni 2007 die telefonische Verständigung der nächsten Polizeidienststelle – und zwar der Polizeiinspektion S. G– im Hinblick auf den gegenständlichen Unfall. Im Zuge dieses Telefonates hat die Bw auch angeboten, dass sie gleich nach dem Telefonat zur Polizeidienststelle kommt. Es wurde aber ein diesbezüglicher Termin für den nächsten Tag fixiert.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der oben angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen auf Grund der in der Verhandlung gemachten Aussagen der Bw und der Zeugen I S und GI G E. Den in der Verhandlung gemachten Aussagen der Zeugen I S und GI G wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass diese Aussagen unter Wahrheitspflicht gemacht wurden (siehe die §§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG).

 

Die Bw hätte – was die vorgeschriebene Meldung "ohne unnötigen Aufschub" betrifft – effektiver vorgehen müssen. Sie hätte z.B. vor Ort – im Bereich des UNI-Marktes – Erkundigungen im Hinblick auf die nächste Polizeidienststelle einholen können und dann die Meldung erstatten können. Die Fahrt der Bw zu ihrer Nichte nach S war nicht effektiv.

Die gegenständliche Meldung an die nächste Polizeidienststelle ist nach Ansicht des in der gegenständlichen Sache zur Entscheidung zuständigen Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates nicht innerhalb der in § 4 Abs.5 StVO 960 mit der Formulierung "ohne unnötigen Aufschub" umschriebenen Zeitspanne erfolgt.

Es wird auch auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus Pürstl-Somereder, "Straßenverkehrsordnung", 11. Auflage, Manz-Verlag, S. 94, hingewiesen: "Wenn der Beschwerdeführer als Ortsunkundiger nach dem Unfall 'einfach losgefahren' ist, um den Gendarmerieposten 'durch Herumfahren' zu finden, so hat er einen durch die planlose Suche verursachten Zeitaufwand (von insgesamt 2 Stunden) in Kauf genommen, den er vermeiden hätte können, wenn er sich schon vor dem Losfahren auf geeignete Weise nach dem nächsten Gendarmerieposten erkundigt hätte. Dass dies unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, hat er nicht behauptet und kann auch nach der Aktenlage nicht angenommen werden, befand sich doch in unmittelbarer Nähe der Unfallstelle nicht nur eine Telefonzelle, sondern auch ein Kaufhaus. VwGH 25.4.1990, 89/03/0306."

 

Der objektive Tatbestand der der Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden der Bw wird – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

 

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person der Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt (Unterschied zur Beurteilung durch die belangte Behörde). Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Die Bw hat ein Einkommen in der Höhe von ca. 1.500 Euro netto pro Monat, sie ist Eigentümerin einer Wohnung, die ca. 55 groß ist und die sie zur Hälfte abgezahlt hat. Sie zahlt für diese Wohnung monatlich ca. 800 Euro zurück. Sie hat keine Sorgepflicht.

 

Auf den Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Strafe wurde herabgesetzt, weil der Oö. Verwaltungssenat bei der Strafbemessung von für die Bw günstigeren Grundlagen ausgegangen ist, als dies durch die belangte Behörde erfolgt ist.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Der Ausspruch im Hinblick auf die Verfahrenkostenbeiträge (siehe den Spruchpunkt II.) stützt sich auf die im Spruchpunkt II. angeführten Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Keinberger

 

 

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