Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-163744/2/Bi/Se

Linz, 16.01.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J R, L, vertreten durch RAe Dr. K F, Dr. C A, L, vom 3. Dezember 2008 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 19. November 2008, S-33410/08 VP, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrens­­kostenbeiträgen eingestellt. 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 19 Abs.7 iVm 19 Abs.6a  und 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (50 Stunden EFS) verhängt, weil er am 29. Juni 2008, 10.05 Uhr, ein Rennfahrrad, Marke Scott, in Puchenau auf dem Donauradweg entlang der Rohrbacher Straße B127 bei km 6.78 von Ottensheim kommend in Richtung Linz im Bereich der Tankstellenzufahrt gelenkt und als Wartepflichtiger den Vorrang eines Fahrzeuges im fließenden Verkehr verletzt habe, weil der Vorrangberechtigte zum unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges genötigt worden sei, da er – der Bw – als Radfahrer eine Radfahran­lage, nämlich einen Radweg, verlassen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, als Verwaltungsübertretung könne eine Tat nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht gewesen sei. Die Erstinstanz habe die Verordnung betreffend den in Rede steh­en­den Geh- und Radweg beigeschafft. Gemäß § 19 Abs.6a StVO sei ausdrück­liches Tatbestandsmerkmal das Verlassen der Radfahranlage, dh nicht erfasst seien jene Radfahrer, die sich durchgehend auf der Radfahranlage befänden, ohne diese zu verlassen. Nach der Verordnung verlaufe der Radweg entlang der Unfallstelle ununterbrochen, zumal zwischen km 5.940 und km 10.413 die Verordnung keine Unterbrechung vorsehe. Er habe den Radweg durchgehend befahren, weshalb die Vorrangregel des § 19 Abs.6a StVO ausscheide. Das von der Erstinstanz laut Begründung angenommene Hinweiszeichen "Ende des Geh- und Radweges" habe keine Rechtgrundlage und sei verordnungs- und rechts­widrig. Das auf den Fahrbahnbelag aufgetragene "Vorrang geben" lasse sich aus dem Verordnungstext ebenfalls nicht ableiten und könne daher keine gehörige Kundmachung vorliegen. Der ihm zur Last gelegte Tatvorwurf sei damit nicht berechtigt, weshalb Verfahrenseinstellung beantragt werde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw zur Vorfallszeit als Radfahrer auf dem Donau­rad­weg neben der B127 bei km 6.78 in Richtung Linz fuhr. In seiner Fahrt­richtung gesehen befindet sich links eine Tankstelle mit Zu- und Abfahrt über den Radweg auf die B127.

Auf der B127 fuhr zur selben Zeit J A mit dem Pkw     in die Gegenrichtung Ottensheim und beabsichtigte, bei der in seiner Fahrtrichtung gesehen ersten Zufahrt über den Radweg zur Tankstelle zuzufahren. Zwischen dem Bw und dem Pkw kam es zum Zusammenstoß, bei dem der Bw schwer ver­letzt und beide Fahrzeuge beschädigt wurden. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.6a StVO 1960 haben Radfahrer, die eine Radfahranlage ver­lassen, anderen Fahrzeugen im fließenden Verkehr den Vorrang zu geben.

 

Die Verordnung des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 7. Februar 1984, VerkR-03/365-1983 Dr. H/De, lautet: "Gemäß § 43 Abs.1 lit.b Z2 iVm 94b 1960 wird von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als Straßenauf­sichts­be­­hör­de mit Zustimmung des Straßenerhalters der von Straßenkilometer 5.397 bis km 5.804 und von Straßenkilometer 5.940 bis km 10.413 rechts im Sinne der Kilometrierung entlang der Rohrbacher Bundesstraße verlaufende von der Fahrbahn baulich getrennte (erhöhter Leistenstein) Weg zum Geh- und Rad­weg (§ 52 b Z 17 a StVO) erklärt. Gegenständliche Verordnung wird durch die entsprechenden Straßenverkehrszeichen kundgemacht und tritt mit Aufstellung derselben in Kraft."

 

Ein Geh- und Radweg gemäß § 2 Abs.1 Z11a StVO 1960 ist eine Radfahranlage gemäß § 2 Abs.1 Z11b StVO.

 

Die Vorrangregel des § 19 Abs. 6a StVO ist aus der Sicht des UVS deshalb nicht anzuwenden, weil der Bw den Geh- und Radweg weiterhin befahren wollte und zu diesem Zweck die Tankstellenzufahrt im Verlauf des Radweges im Richtung Linz überquert hat. Aus den im Akt befindlichen Fotos der Unfallstelle ist nicht erkennbar, ob und wo, wie behauptet, ein Gebotszeichen "Ende des Geh- und Radweges" im Sinne des § 52 lit.a Z17a lit.b StVO und ein auf dem Fahrbahn­belag des Geh- und Radweges aufgebrachtes Vorschriftszeichen "Vorrang geben" im Sinne des § 52 lit.a Z23 StVO tatsächlich vorhanden war. Beide Straßenver­kehrs­zeichen sind in der oben zitierten (offenbar seit 1984 nicht geänderten)  Verordnung nicht angeführt und haben daher keiner­lei Rechtsgrundlage – der Geh- und Radweg ist laut Verordnung bei km 6,78 der B127 durchgehend und eine gesetzliche Regelung, die beim Queren von Zufahrten ein Ende von Geh- und Rad­wegen vorsieht, existiert nicht. Dem Bw kann daher ein Verlassen des Geh- und Rad­weges nicht unterstellt werden, dh es hat keine Wartepflicht im Sinne des § 19 Abs.6a StVO 1960 bestan­den.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Bw befuhr Radweg – lt. Verordnung keine Unterbrechung bei Trankstellenzufahrt – keine Wartepflicht gemäß § 19 Abs.6a StVO –> Einstellung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum