Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522061/11/Bi/Se

Linz, 15.01.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn F P, A, vertreten durch RA Dr. J P, M, vom 22. August 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/I. vom 12. August 2008, VerkR21-695-2007/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot und Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben und festgestellt wird, dass der Berufungswerber gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B unter der Auflage geeignet ist, dass er sich auf die Dauer von drei Jahren im Abstand von jeweils drei Monaten einer ärztlichen Kontroll­untersu­chung zu unterziehen und zu diesem Zweck der BH Braunau/Inn unaufgefordert und auf seine Kosten seinen aktuellen CD-Test-Wert vorzulegen hat. 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 2, 8 Abs.1 und 2, 32 Abs.1 Z1 FSG und § 3 Abs.1 Z1 FSG-GV die von der BH Braunau/I. am 29. November 2002, VerkR20-3115-2002/BR, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung mangels gesundheit­licher Eignung, gerechnet ab 1.März 2008 für die Dauer der behördlich festge­stellten Nichteignung entzogen und für den gleichen Zeitraum das Lenken von Mo­tor­fahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeu­gen (aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 25. Februar 2008) verboten. Die aufschiebende Wirkung einer allenfalls dagegen eingebrachten Berufung wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausge­schlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 13. August 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei richtig, dass er am 15.11.2007 einen Pkw in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit 0,96 mg/l gelenkt habe, weswegen ihm die Lenkberechtigung für vier Monate entzogen und begleitende Maßnahmen angeordnet worden seien. Die Empfehlung des Ver­kehrs­psychologen, eine 12monatige Abstinenz einzuhalten, hat der Amtsarzt in sein Gutachten übernommen, ebenso die Erstinstanz. Er habe mit der Vorstellung Befunde vom 10.12.2007 und 16.1.2008 vorgelegt, die CDT-Werte von 0,6 und 0,7 bei einem Referenzwert bis 1,3 % auswiesen und seine absolute Alkohol­karenz lückenlos mit entsprechenden Befunden belegt. Es bestehe kein Alkohol­miss­brauch und von einer Alkoholabhängigkeit sei nie die Rede gewesen. Kein Befund liege außerhalb der Norm. Niemand habe die Befunde angeordnet, er habe dies penibel und freiwillig zum Beweis seiner Alkoholkarenz und seiner bestehenden gesund­heitlichen Eignung gemacht. Eine Krankheit im Sinne des § 5 Abs.1 Z4 lit.a und b FSG-GV liege nicht vor, deshalb sei der Vorstellungsbescheid nicht berechtigt. Es sei ungeprüft gelassen worden, ob die gesetzlichen Voraus­setzungen des § 24 Abs.1 Z2 FSG betreffend Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung, etwa in Form der Vorlage von Leberwertbefunden (Code 104) möglich sei.

Im Gutachten von 4.3.2008 spreche der Amtsarzt davon, dass die Gefahr eines neuerlichen Verkehrsdeliktes unter Alkoholeinfluss derzeit und voraussichtlich für mehrere Monate bis zu einem Jahr bestehe und dass die Vorlage von LFP bis August 2008 erforderlich sein würden. Laut Erstinstanz habe ein Gespräch mit dem Amtsarzt ergeben, dass diesem Anfang Juni und Anfang August 2008 ein GGT- und CDT-Wert vorzulegen sei, dann werde er sein Gutachten abschlie­ßen. Er habe auf die dreimonatige Entscheidungsfrist bestanden, weil er beste Aus­sichten gehabt habe, den Führerschein bis August 2008 wiederzubekommen, was sich durch den unberechtigten Vorstellungsbescheid zerschlagen habe.

Er erkläre sich bereit, bis Ablauf des vom Amtsarzt angesprochenen Jahres weiterhin in regelmäßigen Abständen seine Alkoholkarenz durch Vorlage von LFP unter Beweis zu stellen und beantrage die Aufhebung des Vorstellungsbe­scheides, in eventu die Einschränkung der Lenkberechtigung durch die Auflage, bis Februar 2009 in regelmäßigen Abständen LFP vorzulegen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ergibt sich, dass der 1969 geborene Bw bislang fünf Entziehungen seiner Lenkberechtigung hatte, nämlich 1990 (ein Monat), 1993 (sechs Monate), 1996 (18 Monate), 1999 (36 Monate) und zuletzt 2007 (vier Monate über 0,8 mg/l und nun wegen gesundheitlicher Nichteignung); allesamt wegen Alkoholisierung.

Laut verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 4. Dezember 2007 war der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet, wobei eine 12monatige Alkohol­karenz empfohlen wurde, um die "erhöhte Giftfestigkeit zu senken und einmal ein Jahr mit allen seinen möglichen Trinkanlässen ohne Alkohol zu erleben". Nach dieser Zeit werde eine Beibehaltung der Alkoholabstinenz empfohlen, da aus der Vorgeschichte deutlich hervorgehe, dass das sichere Trennen von Alkohol und Autofahren für den Untersuchten nicht möglich sei. Aufgrund des negativen amtsärztlichen Gutachtens Dris B vom 5. Februar 2008 erging der Man­dats­bescheid vom 12. Februar 2008.

Die Leberwertbefunde für GPT, GGT und CDT vom 17. März 2008 sind norm­wer­tig, ebenso die Werte vom 30. Mai 2008 und vom 11. Juli 2008. Laut Stellung­nahme des Amtsarztes der Erstinstanz vom 27. Juli 2008 ist beim Bw eine grundsätzliche Verhaltens- und Einstellungsänderung erforderlich. Zur Wie­der­her­stellung der Eignungsvoraussetzungen sei der Nachweis einer einjährigen Karenz erforderlich, danach könne eine neue VPU abgelegt werden. Aufgrund der bisherigen fünf Alkoholdelikte bestehe ein sehr hohes Gefährdungsmoment für neuerliche Trunkenheitsdelikte, daher werde bis zum Fristende auch eine fach­ärztlich begleitete Psychotherapie dringend angeraten. Daraufhin erging nach Parteiengehör der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

Im Berufungsverfahren hat der Bw bei der Amtsärztin Dr. W am 18. September 2008 eine Untersuchung gemäß § 8 FSG absolviert, die verkehrs­psychologische Stellung­nahme vom 1. Dezember 2008 und die Stellungnahme Dris. M, FA für Psychiatrie, vom 3. November 2008 vorgelegt.

Gemäß den Ausführungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme sei eine latente Neigung zum Alkholmissbrauch nicht auszuschließen, für den Ver­dacht auf Alkoholab­hängigkeit seien in den letzten 12 Monaten keine weiteren Indizien aufgetreten. Der Bw sei bedingt zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B geeignet, wobei eine ausreichende kraftfahrspezi­fische Leis­tungs­fähigkeit ange­nommen werden könne, wegen der Hinweise auf Gefähr­dung für einen unkon­trollierten Umgang mit Alkohol könne aber die Bereitschaft zur Verkehrs­anpassung nur im eingeschränkten Bereich angenommen werden. Es werde eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung vorerst auf ein Jahr mit regelmäßigen Kontrollen der alkoholspezifischen Laborwerte angeraten.

Laut FA-Stellungnahme Dris M lasse die suchtspezifische Anamnese lediglich die Diagnose Alkoholmissbrauch zu. Der Bw negiere Suchtverlangen und Alkohol­miss­b­rauch, die überdurchschnittliche Häufung von Alkoholdelikten spreche aber für die sehr unkritische Verwendung von Alkohol und die Bagatellisierung der Regelmäßigkeit. Dass er mit 1,82 %o ein Fahrzeug in Betrieb setzen habe können und in vier Stunden zehn Flaschen Bier getrunken habe, spreche für Alkohol­gewöhnung und damit für eine Abhängigkeitsproblematik. Er sei zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B geeignet, sofern er weiterhin eine Abstinenz einhalte; jedoch sei eine 0,0 %o-Grenze beim Fahren zu fordern. Die Auflage einer einjährigen Abstinenz habe er erfüllt. Da eine erhebliche Rück­fall­gefahr bestehe, sei eine längerfristige Kontrolle der Abstinenzfähigkeit zu fordern. In den ersten drei Jahren der Führerscheinerteilung sollte vierteljährlich eine Kontrolluntersuchung bzgl unauffällige CDT-Werte erfolgen. Die Vorlage weiterer Werte, nämlich GGT und MCV,  sei nur erforderlich, wenn die CDT-Werte erhöht seien und er Alkoholmissbrauch abstreite. In den Jahren 4 und 5 sollte zweimal jährlich eine CDT-Wert-Untersuchung erfolgen. Da er die Abstinenz ohne zusätzliche Beratungsgespräche eingehalten habe, seien solche auch nicht zu fordern, wohl aber Einzel- und Gruppengespräche im Fall neuerlich erhöhter CDT-Werte.

Die Amtsärztin Dr. W hat im § 8 FSG-Gutachten vom 16. Dezember 2008 den Bw als zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Klassen A und B bedingt geeignet bezeichnet, wobei eine Befristung auf drei Jahre mit Kontrollunter­suchungen alle drei Monate auf CDT-Werte vorge­sehen wurde, außerdem die absolute Alkoholkarenz des Bw mit 0,0 %o-Grenze beim Lenken von Kraftfahr­zeugen.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs hat der Bw sich mit der Vorlage aktueller CDT-Werte alle drei Monate für den Zeitraum von drei Jahren einverstanden erklärt, sich aber gegen eine Eintragung des Codes "05.08" im Führerschein ausgespro­chen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweitdies aufgrund des ärzt­lichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erforder­nissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimm­­ten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG ua gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psy­chi­­sche Gesundheit besitzt... Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erfor­derlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimm­un­gen erfüllen. 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist ua Personen, die alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fach­ärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchun­gen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Kein Zweifel besteht an der bedingten gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeuge der Klassen A und B aufgrund des amsärztlichen Gutachtens. Aus der Sicht des UVS war jedoch zum einen eine Befristung der Lenkbe­rechtigung unter Berücksichtigung der genannten Auflage entbehrlich, weil laut FA-Stellungnahme lediglich für die Diagnose "Alkoholmiss­brauch" Indizien bejaht, aber beim Bw keine Krankheit diagnostiziert wurde, deren Verschlech­terung nach Ablauf von drei Jahren "geradezu zu befürchten ist" (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121, ua) – zum anderen erübrigt sich aus denselben Überlegungen die Auflage, jeglichen Alkoholkonsum beim Lenken eines Kraftfahrzeuges (Code 05.08) zu unterlassen. Der Bw hat die Auflage einer einjährigen Abstinenz erfüllt, was darauf hindeutet, dass er seine grundsätzliche Ein­stellung zu Alkohol, wenn auch zweckgebunden, geändert hat und derzeit weitgehend in der Lage ist, Alkohol­konsum und Straßenverkehr auseinander­zuhalten. Die relativ engmaschi­ge Kontrolle des Bw durch die Auflage, alle drei Monate einen im Hinblick auf erhöhte Trinkmengen aussagekräftigen CDT-Wert vorzu­legen, lässt das einiger­maßen zeitgerechte Erkennen eines allfälligen Auffällig­werdens des Bw erwarten.

Da aber seine Alkoholdelikte bislang eine gewisse Regelmäßigkeit aufgewiesen haben (1990 – 1993 – 6 Monate Entzug – 1996 – 18 Monate Entzug – 1999 – 36 Monate Entzug – Neuerteilung 2002 – 2007 – 4 Monate Entzug), ist eine länger­dauernde "Beobachtung" angebracht und auf der Grund­lage der psychiatrischen FA-Stellungnahme in Verbindung mit dem § 8 FSG-Gutachten ein "Beobach­tungs­­zeitraum" von drei Jahren gerecht­fertigt und hat dem auch der Rechts­vertreter des Bw im Rahmen des Parteiengehörs zugestimmt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Gesundheitliche Eignung unter Auflagen, keine Befristung, kein Code 05.08

 

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