Linz, 12.01.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A R, L, vom 1. Dezember 2008 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 4. November 2008, FE-1196/2008, ua wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gehoben.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24, 25, 29, 30 und 32 FSG die von der BPD Wels am 21. Oktober 1998, GZ 871/98, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 10 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen und für denselben Zeitraum ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge erteilt und das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Weiters wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker bis zum Ablauf der Entziehung angeordnet. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 18. November 2008.
2. Gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw fristgerecht – der angefochtene Bescheid wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 7. November 2008 mit Beginn der Abholfrist am 10. November 2008 hinterlegt; der Bw hat Ortsabwesenheit von Ende Oktober bis 17. November 2008 mit Zeugenanbot glaubhaft gemacht, sodass gemäß § 17 Abs.3 ZustellG nicht mit der Hinterlegung die Zustellung anzunehmen ist, sondern erst mit dem der Rückkehr folgenden Tag, das war der 18. November 2008; die Berufung erfolgte am 1. Dezember 2008 mit Fax – eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, ihm sei am 13. August 2008 in Tschechien die Lenkberechtigung entzogen worden und er habe seit diesem Zeitpunkt kein Fahrzeug mehr gelenkt. Nunmehr habe ihm die Erstinstanz für 10 Monate die Lenkberechtigung entzogen und, da er schon seit drei Monaten kein Fahrzeug mehr lenke, ersuche er um Einrechnung dieser Zeit auf die Entziehungsdauer.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Daraus geht hervor, dass laut Mitteilung des Stadtamtes K vom 27. August 2008 an das Verkehrsministerium der Tschechischen Republik dem Bw am 13. August 2008 in Tschechien wegen Lenken eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss von der Fremdenpolizei Krumau, Dienststelle D D, der Führerschein abgenommen wurde, zumal die sofort durchgeführte Atemprobe einen Wert von 1,45 g/kg und beim Test nach 10 Minuten einen Wert von 1,63 g/kg ergeben habe.
Der Bw hat vor der Erstinstanz ausgeführt, er habe "wegen gesundheitlicher Probleme" unmittelbar vor der Grenze eine Flasche Vodka in der Größe eines Flachmannes gekauft und im Fahrzeug getrunken. Auf der Fahrt zu einem grenznahen Hotel sei ihm 100 m vor der Grenze der Führerschein abgenommen worden. Die zugrundegelegten Alkoholwerte hat der Bw nicht bestritten.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.
Gemäß § 7 Abs.2 FSG sind, wenn es sich bei den im Abs.3 angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße oder strafbare Handlungen handelt, die im Ausland begangen wurden, diese nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.
Aus der Sicht des UVS ist zur Mitteilung des Stadtamtes K zu bemerken, dass die Einheit "g/kg" in Österreich nicht gebräuchlich ist, sodass eine Zuordnung, ob hier ein Blut- (in Österreich in Gramm Ethanol pro Liter Blut gemessen) oder ein Atemwert (in Österreich in Milligramm Ethanol pro Liter Atemluft gemessen) gemeint ist, nicht vorgenommen werden kann. Abgesehen davon ist, obwohl eine "Atemprobe" als Grundlage für die Abnahme des Führerscheins angeführt ist, in keiner Weise ersichtlich, auf welche Weise, mit welchem technischen Gerät dieser durchgeführt wurde und ob Abzüge erfolgt sind, die (im Hinblick auf Mundrestalkohol wohl wesentliche) 15minütige Wartezeit nach Alkoholgenuss eingehalten wurde und wie viele Blasversuche überhaupt durchgeführt wurden. Legt man die schriftlichen Angaben des Stadtamtes K zugrunde, wonach ein Test "sofort" und ein Test 10 Minuten danach durchgeführt wurden, ergäbe das eine Probendifferenz von mehr als 10% und damit die Unverwertbartkeit des Atemalkoholtests.
Für die sich aus der Begründung des angefochtene Bescheides ergebende rechtliche Wertung der Erstinstanz im Sinne des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung gemäß § 99 Abs.1a StVO unter Annahme eines BAG von 1,45 %o bzw eines AAG von 0,75 mg/l ergibt sich kein nachvollziehbarer Anhaltspunkt. Damit fehlt aber jegliche Grundlage für die Feststellung einer Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs.1 Z1 FSG, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Atemprobe in Tschechien iSd § 7 Abs.2 FSG nicht nachvollziehbar -> Aufhebung