Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522150/2/Bi/Se

Linz, 08.01.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau S P, S, vertreten durch J R D & Partner OG, R, vom 12. Dezember 2008 gegen den Bescheid des  Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 10. November 2008, VerkR21-6-2008, wegen Entziehung der Lenkberechti­gung und Lenkverbot, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1, 7 Abs.1 Z2 und 32 Abs.1 Z1 FSG die von der BPD Salzburg am 4.11.2002, GZ. 1579905/02, für die Klasse B erteilte Lenkberechti­gung auf die Dauer von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides – wobei die Haftzeiten nicht einzurechnen seien – entzogen und für den selben Zeit­raum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und In­va­lidenkraftfahrzeugen verboten. Gemäß § 29 Abs.3 FSG wurde die unverzüg­liche Ablieferung des Führerscheins bei der Erstinstanz oder der PI A-P angeordnet.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 1. Dezember 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, das Urteil des  LG Ried/I. wegen §§ 127, 128 Abs.1 und 4, 129 Z1 und 2 und 15 StGB sei insofern abgeändert worden, als die Strafe herabgesetzt und zur Gänze bedingt ausgesprochen worden sei. Eine Verurteilung wegen §§ 131, 142, 143 StGB sei nie erfolgt, sodass sie jedenfalls verkehrszuverlässig sei. Der Annahme der Verkehrsunzu­verlässigkeit stehe entgegen, dass sie lediglich in absolut unterge­ordneter Funktion mitgewirkt habe und ihr Tatbeitrag in Relation zu ihren beiden Brüdern als sehr gering einzuschätzen sei. Motivator und Initiator seien die Brüder gewesen, die auf sie eingewirkt hätten, sie zu fahren. Sie habe aus falsch ver­stan­denem familiären Gehorsam die Vorgaben leider befolgt, ohne wirklich nach­zufragen, was die Brüder jeweils vorgehabt hätten. Sie hätte aufgrund der Umstände auf die Begehung von Straftaten schließen können und habe aus Un­be­sonnenheit und familiären Rücksichten nicht sofort ihre Beteiligung eingestellt. Die Taten hätten zudem vor ca einem Jahr stattgefunden und sie habe sich seit­her wohlverhalten. Die Entziehungsdauer sei außerdem weit überhöht. Beantragt wird Bescheid­behebung, in eventu die Reduktion der Entziehungsdauer auf drei Monate.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass die 1981 geborene Bw mit Urteil des Landesgerichtes Ried/I. vom 29. Mai 2008, 23 Hv 38/08 f, des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs.1 Z4, 129 Z1 und 2 und 15 StGB insofern schuldig erkannt wurde, zusammen mit ihren Brüdern S.C. und N.C. fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Wert anderen durch Einbruch/Ein­steigen oder Ein­dringen in ein Gebäude oder einen abgeschlossenen Raum mit einem wider­rechtlich erlangten Schlüssel und/oder Aufbrechen oder Öffnen eines Behält­nisses mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel durch Leisten von Chauffeur- und Aufpasserdiensten als Beitragstäter namentlich ange­führten Personen mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen ver­sucht zu haben, sich oder Dritte durch Zueignung der Sachwerte unrechtmäßig zu bereichern, und zwar die Bw in der Zeit vom 31.7. bis 17.8.2007 in Mattighofen und anderern Orten in insgesamt zwölf Fällen mit einem Gesamtbeutewert von 24.376 Euro, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb. Die zunächst ausge­sprochene Freiheitsstrafe von 24 Monaten, von der 8 Monate unbedingt verhängt und 16 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, wurde mit Urteil des OLG Linz vom 16. Oktober 2008, 7 Bs 348/07 p, auf ein Jahr herabgesetzt und unter Anwendung des § 43 Abs.1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachge­sehen.

Erschwerend war die mehrfache Qualifikation, die Wiederholung der straf­baren Handlungen und eine einschlägige Vorstrafe (wegen der Vergehen der Ver­un­treuung nach § 133 Abs.1 StGB und der dauernden Sachentziehung gemäß § 135 Abs.1 StGB), mildernd war der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb. Ausdrücklich in der Urteilsbegründung an­ge­führt ist, dass davon, dass die Bw an den Taten bloß in untergeordneter Weise beteiligt gewesen sei, keine Rede sein könne, weil die Ausführung der Diebstähle, bei den sie ihre Komplizen an den Tatort brachte, dort wartete, bis sie die Beute an sich gebracht und in den Pkw eingeladen hatten, sowie anschließend auch den Abtransport bzw Weiter­transport zum nächsten Tatort besorgte, ohne ihre Mit­wir­kung gar nicht möglich gewesen wäre. Allein daraus, dass die Initiative zu den Taten von den Brüdern ausgegangen war, kann für sie nicht der Milderungsgrund der Ein­wirkung eines Dritten abgeleitet werden, zumal keine weitreichende psychische Beeinflussung der Bw erkennbar ist. Die Unbesonnenheit der Tatbe­gehung kann nur dann mildernde Wirkung entfalten, wenn die Tathandlung auf einen Willens­impuls zu­rück­zuführen ist, der aus besonderen Gründen dem ruhigen Denken entzogen ist und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre. Allein die Tatwiederholung und das mehrmalige Fassen eines Tatentschlusses stehen der Annahme dieses Milder­ungs­grundes entgegen. Längeres Wohlverhalten ist nur dann als mildernd zu werten, wenn seit der letzten Tat etwa ein Zeitraum verstrichen ist, der der Rück­falls­verjährung ent­spricht (fünf Jahre). Mildernd war das volle Geständnis. Die Strafherabsetzung erfolgte auch aufgrund des Umstandes der tatsächlich verbüßten 14tägigen Untersuchungshaft.

  

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­­fahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraft­fahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schul­dig machen wird.

Als bestimm­te Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z10 FSG zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung ua gemäß den §§ 131 (räu­­­berischer Diebstahl), 142 und 143 StGB (Raub und schwerer Raub) began­gen hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können auch andere beson­dere Diebstähle dem in § 7 Abs.3 Z10 FSG genannten räuberischen Dieb­stahl an Unrechtsgehalt und Bedeutung gleichgehalten werden und daher eine bestimmte Tatsache gemäß Abs.3 bilden, nämlich als Verbrechen qualifizierte Einbruchsdiebstähle über einen längeren Begehungszeitraum mit zahlreichen Dieb­stahlshandlungen (vgl VwGH 11.4.2000, 99/11/0328).

 

Die von der Bw begangenen strafbaren Handlungen gemäß §§ 127, 128 Abs.1 Z4, 129 Z1 und 2 und 15 StGB in zwölf Fällen (davon drei Versuche) in einem Zeitraum von 18 Tagen sind damit unzweifelhaft als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z10 FSG anzusehen; dass die Begehung gleichartiger straf­barer Handlungen durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischer­weise erleichtert wird, bestehen wohl ebenfalls kein Zweifel.

Die genannte bestimmte Tatsache ist unter Berücksichtigung einer Mindestent­zieh­ungs­dauer von drei Monaten gemäß § 25 Abs.3 FSG einer Wertung zu unter­ziehen, wobei sich der Tatzeitraum bis 17. August 2007 erstreckt, sodass die Verkehrs­unzuverlässigkeit ab diesem Zeitpunkt anzunehmen ist.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG 1997 darf eine Entziehungsdauer von weniger als drei Monaten nicht festgesetzt werden. Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht (mehr) zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht aus­gesprochen bzw. von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden (vgl VwGH 27.3.2007, 2006/11/0273; ua).

Unter Zugrun­de­legung einer Entziehungsdauer laut angefochtenem Bescheid wäre eine Verkehrsunzuverlässigkeit seit August 2007 gegeben und nunmehr ab Rechtskraft des Erkenntnisses für weitere sechs Monate gegeben, dh bei der Bw bestünde eine insgesamt 23mona­tige Verkehrsunzuverlässigkeit. Eine solche ist nach Auffassung des UVS als überzogen anzusehen, zumal der Bw durch die erstmalige tatsächlich verbüßte U-Haft von 14 Tagen die Konsequenzen ihres strafbaren Handelns deutlich vor Augen geführt wurden, sodass von einer deutlich positiveren Zukunftsprognose auszugehen ist. Ein öffentliches Interesse, die Bw wegen Verkehrsunzuverlässig­keit von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, ist aufgrund der seit dem Ende des strafbaren Handelns verstrichenen Zeit nicht mehr begründbar, sodass eine Entziehung der Lenk­berechtigung unterbleiben kann (vgl VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

12 Einbruchsdiebstähle als Beitragstäter (Chauffeur- und Aufpasserdienste) innerhalb von 18 Tagen ist bestätigte Tatsache, 23-monatige Verkehrsunzuverlässigkeit ist überzogen -> Aufhebung

 

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