Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530852/2/Re/Sta

Linz, 09.01.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der B G GmbH & Co. KG. vom 22. Oktober 2008 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 2008, Zl. 0027677/2008 ABA Nord, N084027, betreffend die Verfügung einer Maßnahme nach § 360 Abs.1 zweiter Satz GewO 1994,  zu Recht erkannt:

 

 

         Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid des    Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 2008,          Zl. 0026677/2008 ABA Nord, N084027, wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 360 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bekämpften Bescheid vom 17. Oktober 2008 wurde gegenüber der von der B G GmbH & Co. KG. im Standort L, W, betriebenen gastgewerblichen Betriebsanlage in der Betriebsart einer Cafe-Konditorei als Zwangsmaßnahme die Stapelung und Verkettung der im Gastraum und Schanigarten befindlichen Sitzgelegenheiten verfügt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, durchgeführte Überprüfungen hätten ergeben, dass im Standort L, W, eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung errichtet und betrieben werde. Es handle sich um einen Gastgewerbebetrieb (Cafe-Konditorei) der wegen seiner Betriebsart und Ausstattung geeignet sei, Nachbarn durch Lärm und Geruch zu belästigen. Der mit Verfahrensanordnung vom 29. Juli 2008 ausgesprochenen Aufforderung, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand durch Einstellung der gastgewerblichen Anlage herzustellen, wurde innerhalb offener Frist nicht nachgekommen, weshalb die Zwangsmaßnahme zu verfügen war.

 

Gegen die mit diesem Bescheid verfügte Zwangsmaßnahme hat die Anlageninhaberin innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies mit der Begründung, es handle sich bei der Filiale W nicht um eine gastgewerbliche Betriebsanlage, sondern lediglich um eine weitere Bäckereiverkaufsstelle mit den dazugehörenden Nebenrechten des Bäckergewerbes. Dies sei auch im Gewerbeamt gemeldet. Es gebe keine Lüftungsanlage und somit keine Störung, keine Küchengeräte und keine sonstigen Gastrogeräte. Es gebe lediglich einen kleinen Haushaltskühlschrank, eine kleine Kaffeemaschine und einen kleinen Aufbackofen. Der Schanigarten (4 Sesseln und 2 Tische) sei bereits seit längerem entfernt worden. Im Innenraum befänden sich auch nur 6 Sesseln und 2 Tische sowie ein Stehbord; es werde nur das dem Bäcker zustehende Nebenrecht des Kaffeeausschanks, Frühstücksausgabe sowie Snack/Jausenverkauf angeboten. Beantragt werde die Aufhebung des Bescheides.

 

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm
§ 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  GZ. 0027677/2008 ABA Nord, N084027.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Bei den Übertretungen gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 der GewO 1994 handelt es sich um die Straftatbestände der Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben (Z1), des Errichtens oder Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung (Z2) bzw. des Änderns einer genehmigten Betriebsanlage oder des Betriebes derselben nach einer Änderung ohne erforderlicher Genehmigung(Z3).

 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.  Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139). Dabei darf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen lediglich der "contrarius actus" zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich derer der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gesetzt werden darf. Dabei bedeutet die "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt, also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamten Betriebes, die Einhaltung einer Bescheidauflage etc.

 

Gemäß § 150 Abs.1 GewO 1994 sind Bäcker auch berechtigt, Konditorbackwaren sowie Mehlspeisen (zB Torten) herzustellen. Sie sind weiters berechtigt, in den dem Verkauf gewidmeten Räumen ihre Erzeugnisse – auch garniert als Imbisse – einschließlich der im ersten Satz genannten Produkte zu verabreichen und nichtalkoholische Getränke und Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen auszuschenken. Bei Ausübung der Verabreichungs- und Ausschankrechte muss der Charakter des Betriebes als Erzeugungsbetrieb gewahrt bleiben.

 

 

Die Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt ergibt, dass es sich bei der gegenständlichen Betriebsanlage der Berufungswerberin grundsätzlich um eine Bäckereibetriebsanlage handelt. Vorliegenden Fotoaufnahmen ist zu entnehmen, dass unmittelbar am Gehsteig vor der Bäckereibetriebsanlage zwei bzw. drei kleine Tische mit 4 bzw. 6 Sesseln aufgestellt wurden. Sichtbar sind Kundschaften mit Kaffeetassen. Im Inneren der Anlage sind zwei kleine Tische mit insgesamt max. 6 Verabreichungsplätzen vorgesehen sowie ein Barsessel an einer Theke.

 

Aktenkundig ist, dass die belangte Behörde eine Überprüfung dahingehend eingeleitet hat, ob in der Bäckerei konsenslos genehmigungspflichtige Änderungen vorgenommen wurden. Festgehalten ist weiters, dass für die vor dem Geschäft der B G aufgestellten Tische und Sitzgelegenheiten zwar seit Juni des Jahres ein Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung anhängig sei, eine Genehmigung jedoch bislang nicht erteilt worden sei. Mit Strafverfügung vom 11. Juli 2008 wurde eine Strafe wegen Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne erforderliche Betriebs­anlagen­genehmigung ausgesprochen.

Mit Verfahrensanordnung vom 29. Juli 2008 wurde auf Grund des Vorwurfs der Errichtung und des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung die Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes ausgesprochen. Dies auf Grund des Verdachtes einer Übertretung nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994.

 

Unstrittig blieb, dass die Berufungswerberin offensichtlich am Standort W eine legale Bäckereibetriebsanlage mit Betriebsanlagen­genehmigung betreibt. Umstände, die das Vorliegen der für die Bäckereibetriebsanlage erforderliche Anlagengenehmigung in Zweifel stellen sind nicht hervorgekommen.

 

Nicht mit den erforderlichen Ermittlungsaufträgen bzw. Tätigkeiten klargestellt wurde jedoch der Sachverhalt zur zweifelsfreien Klarstellung dahingehend, ob es sich bei den ergänzenden Einrichtungsgegenständen um solche zur Ausübung der Nebenrechte des Bäckereigewerbetreibenden oder zur zusätzlichen Ausübung des Gastgewerbes in dieser Anlage handelt. Insbesondere unter Berücksichtigung des Inhaltes der oben zitierten Bestimmung des § 150 GewO Abs.1 1994 sind Bäcker berechtigt, Konditorwaren sowie Mehlspeisen herzustellen, ihre Erzeugnisse als Imbisse zu garnieren, und auch zu verabreichen sowie nichtalkoholische Getränke und Bier auszuschenken. Der in der Verfahrensanordnung vom 29. Juli 2008 und im letztlich bekämpften Bescheid vom 17. Oktober 2008 zu Grunde gelegte Vorwurf des Betriebes einer gastgewerblichen Betriebsanlage in der Betriebsart einer Cafe-Konditorei  ist somit mangels ausreichender Ermittlungsergebnisse zur Abgrenzung gegenüber den Nebenrechten des Bäckers nicht aufrecht zu erhalten.

 

Dazu kommt, dass auf Grund dieser Differenzierung davon auszugehen ist, dass im gegenständliche Falle nicht der Verdacht einer Übertretung nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994, somit der konsenslosen Errichtung bzw. des konsenslosen Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung, sondern allenfalls – wenn überhaupt - der Verdacht einer Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994, nämlich der Änderung einer bereits bestehenden und genehmigten Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung oder der Betrieb einer solchen nach der Änderung, vorliegen könnte.

 

Eine Überprüfung, inwieweit insbesondere im Bereich der auf dem Gehsteig befindlichen Sesseln und Tische gastgewerblichen Tätigkeiten betrieben wurden, sind nicht mehr möglich, da die Tische und Sessel offensichtlich in der Zwischenzeit weggeräumt wurden.

 

Unabhängig vom Ergebnis des gegenständlichen Verfahrens, wonach die ausgesprochene Zwangsmaßnahme nicht aufrecht erhalten werden konnte, ist der Anlageninhaber jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er für Änderungen in seiner Anlage, unabhängig davon, ob damit seine dem Bäcker zustehenden Nebenrechte ausübt oder gastgewerbliche Leistungen angeboten werden sollen, mit der Gewerbebehörde I. Instanz die Genehmigungspflicht derselben abzuklären und  erforderlichenfalls die hiefür erforderliche Änderungsgenehmigung nach § 81 GewO 1994 zu beantragen bzw. einzuholen hat, andernfalls er neuerlich mit der Verfügung von Maßnahmen nach § 360 GewO 1994 zu rechnen hat.

 

Insgesamt war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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