Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210530/2/Ste

Linz, 13.01.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des I Ö, vertreten durch Dr. M S, W O, Bezirksstelle W, W, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11. Dezember 2008, GZ BZ-BauR-7121-2008c, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Oö. Bauordnung 1994 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid der Behörde erster Instanz wird bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 290 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11. Dezember 2008, GZ BZ-BauR-7121-2008c, wurde über den Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.450 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt, weil er als Bauherr im August 2008 auf einem genau bezeichneten Grundstück in Wels, eine detailliert umschriebene bewilligungspflichtige Baumaßnahme (geschlossener Zubau) durchgeführt habe, ohne im Besitz einer rechtskräftigen Baubewilligung zu sein. Dadurch habe er § 57 Abs. 1 Z 2 iVm. § 24 Abs. 1 der Oö. Bauordnung 1994 verletzt und wurde er gemäß § 57 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 bestraft.

Begründend führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen an, dass die Durchführung der Baumaßnahme bei einem Augenschein am 21. November 2008 festgestellt wurde. Die Maßnahme werde vom Bw auch nicht bestritten. Er wurde im Zuge der Teilüberdachung in Form eines Flugdachs mehrmals darauf hingewiesen, dass ein geschlossener Zubau nicht zulässig sei und dass eine gänzliche Umschließung des Flugdachs auf jeden Fall zu unterlassen sei. Der Bw habe sich daher in voller Kenntnis der Rechtslage durch ständige Beschwerden seiner Gäste über Zugluft unter dem Flugdach zur Vollendung des Zubaus hinreißen lassen. Von einer Fahrlässigkeit könne daher nicht mehr ausgegangen werden. Im Hinblick auf die angegebenen Familien- und Einkommensverhältnisse wurde ohnehin nur die Mindeststrafe verhängt.

1.2. Dieses Straferkenntnis wurde dem Bw am 18. Dezember 2008 (durch Hinterlegung) zugestellt. Daraufhin erhob der Bw durch seine nunmehrige Vertretung das Rechtsmittel der Berufung, die am 23. Dezember 2008 – und somit rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz einlangte.

Diese Berufung richtet sich ausdrücklich nur „gegen das Strafausmaß“ und wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Bw zwar in Kenntnis der Rechtslage, sich aber über die Folgen nicht bewusst war. Der Bw „wird nach Rechtskraft der Bescheide selbstverständlich den ursprünglichen Zustand des Flugdachs wieder herstellen.“ In weiterer Folge soll jedoch eine Änderung des Bebauungsplans angestrebt werden, „um letztendlich das Bauvorhaben rechtmäßig zu realisieren“. Der Bw habe für zwei minderjährige Kinder zu sorgen und erhebliche Rückzahlungen aus Investitionen in sein Lokal zu leisten. Abschließend wird um „größtmögliche Ermäßigung“ ersucht.

2.1. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Keine Partei stellte einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (§ 51e Abs. 3 VStG).

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.4. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 1.2 dargestellt – rechtzeitig.

2.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und die Berufung.

Daraus ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Der nunmehrige Bw hat als Bauherr zu vertreten, dass auf dem Grundstück in Wels Nr. , EZ, KG L, im August 2008 eine bewilligungspflichtige Baumaßnahme (geschlossener Zubau) ohne rechtskräftige Baubewilligung nach der Oö. Bauordnung 1994 errichtet wurde.

Der Bw ist Gastwirt, verheiratet, sorgepflichtig für zwei minderjährige Kinder und verfügt über ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro im Monat. Er hat darüber hinaus Rückzahlungsverpflichtungen aus Investitionskrediten für sein Unternehmen. Verwaltungsbehördliche Bestrafungen in Bereich des Baurechts sind bisher keine vorgemerkt.

2.6. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Berufung und wird im Übrigen auch vom Bw nicht bestritten.

2.7. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs. 3 Z 2 VStG), der Sachverhalt an sich völlig unbestritten ist und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66/1994, in der zum (vorgeworfenen) Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Landesgesetz, LGBl. Nr. 36/2008, begeht eine Verwaltungsübertretung ua. wer als Bauherr ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausführt; solche Verwaltungsübertretungen sind nach § 57 Abs. 2 Oö. BauO 1994 mit Geldstrafen von 1.450 bis 36.000 Euro zu bestrafen.

Nach § 24 Abs. 1 Z 1 Oö. BauO 1994 bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen, der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden.

Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet (und das Straferkenntnis erster Instanz somit im Übrigen rechtskräftig ist), kann und braucht weder auf die Frage des Tatbestands noch auf das Verschulden der Sache nach näher eingegangen werden.

3.2. Nach § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Behörde erster Instanz hat die gesetzliche Mindeststrafe von 1.450 Euro verhängt. Eine weitere Milderung der Strafe käme daher nur in Anwendung des § 20 VStG in Frage. Danach kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Als wesentlicher (und letztlich entscheidender) Erschwerungsgrund ist im vorliegenden Fall das beträchtliche Verschulden zu werten, hat der Bw doch unwidersprochen in Kenntnis dieses Umstandes und nach mehrmaligen ausdrücklichen Hinweisen die Unzulässigkeit der Bauführung in Kauf genommen und den Zubau errichtet, also vorsätzlich gehandelt. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Strafrahmens bis 36.000 Euro wäre schon in erster Instanz eine erheblich höhere Strafe gerechtfertigt gewesen, die nur unter besonderer Berücksichtigung der Familien- und Einkommensverhältnisse und der bisherigen einschlägigen Unbescholtenheit auf das von der Behörde erster Instanz gewählte Mindestmaß reduziert werden konnte. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe kann daher nicht ausgegangen werden; sie wurde im Übrigen auch in der Berufung nicht behauptet. Eine außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG ist daher nicht möglich.

Im Übrigen hat der Bw auch sonst keine stichhaltigen Gründe vorgebracht, die gegen die Annahmen zur Strafhöhe durch die Behörde erster Instanz sprechen. Das allgemeine „Ersuchen um größtmögliche Ermäßigung“ bleibt in der Berufung unbegründet. Die in der Berufung vorgebrachten Milderungsgründe wurden von der Behörde erster Instanz – wie dargestellt – ohnehin schon ausreichend berücksichtigt. Eine quasi „doppelte“ Berücksichtigung der Milderungsgründe ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats nicht möglich.

Abgesehen davon wären die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd. § 34 Abs. 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde vom Bw auch selbst nicht behauptet. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (Verwaltungsgerichtshof vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086 und vom 20. September 2000, 2000/03/0074).

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

3.3. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 290 Euro, vorzuschreiben.

5. Auf die Möglichkeit der Einbringung eines Antrags auf Bewilligung eines Zahlungsaufschubs oder einer Teilzahlung nach § 54b Abs. 3 VStG bei der Behörde erster Instanz wird hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

Rechtssatz:

 

VwSen-210530/2 vom 13. Jänner 2009

 

(VStG: §§ 19, 20):

 

Keine außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG bei beträchtlichem Verschulden (hier: Vorsatz). Insbesondere auch unter Berücksichtigung des Strafrahmens bis 36.000 Euro wäre schon in erster Instanz eine erheblich höhere Strafe gerechtfertigt gewesen, die nur besonderer Berücksichtigung der Familien- und Einkommensverhältnisse und der bisherigen einschlägigen Unbescholtenheit auf das von der Behörde erster Instanz gewählte Mindestmaß reduziert werden konnte. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe kann daher nicht ausgegangen werden.

Die in der Berufung vorgebrachten Milderungsgründe wurden von der Behörde erster Instanz ohnehin schon ausreichend berücksichtigt. Eine quasi „doppelte“ Berücksichtigung der Milderungsgründe ist nach Ansicht des UVS nicht möglich.

 

 

 

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