Linz, 26.01.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn K P, W, vertreten durch RA Dr. R R, S, vom 17. Juni 2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 19. Mai 2008, VerkR96-23709-2007, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 160 Euro (84 Stunden EFS) verhängt, weil er am 20. Oktober 2007 um 15.11 Uhr in Vöcklabruck, Linzer Straße Höhe Haus Nr.50, Richtung Attnang-Puchheim, mit dem Pkw zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 16 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, ihm sei zunächst vorgeworfen worden, er habe als wartepflichtiger Lenker durch Einbiegen in einen Kreuzungsbereich, vor dem sich das Vorschriftszeichen "Halt" befunden habe, einem im Vorrang befindlichen Fahrzeug den Vorrang nicht eingeräumt und dieses zu unvermitteltem Auslenken genötigt; außerdem habe er zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, wodurch er § 18 Abs.1 StVO verletzt hätte. Er habe den ihm zur Last gelegten Vorrangverstoß nicht begangen und die Erstinstanz habe diesen Vorwurf in weiterer Folge fallen gelassen.
Er habe nach seinem Einbiegemanöver in die Linzer Straße zunächst den rechten von zwei Fahrstreifen befahren; vor ihm sei kein weiteres Fahrzeug gefahren. Dann sei er vom Fahrzeug des Anzeigers überholt worden, der danach auf den rechten Fahrstreifen gewechselt und vor ihm fahrend sein Fahrzeug – wiederholt – unvermittelt abgebremst habe. Er habe sich dem Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt angenähert und den Mindestabstand unterschritten. Über die unbegründeten Bremsmanöver sei er so aufgebracht gewesen, dass er dem Pkw gefolgt sei und den Lenker zur Rede gestellt habe. Aufgrund dessen unflätigen Verhaltens habe er den Polizeinotruf kontaktiert, wobei ihm aber von einer Anzeige abgeraten worden sei.
Der Vorwurf, er sei dem vorausfahrenden Fahrzeug zu knapp aufgefahren und habe den Sicherheitsabstand unterschritten, sei nicht haltbar und durch nichts erwiesen. Der Pkw-Lenker habe mehrmals provokant abgebremst, sodass auch er zum Abbremsen gezwungen worden sei. Ein Grund für dieses schwachsinnige Fahrmanöver sei für ihn nicht nachvollziehbar. Zur Anzeige sei es offenbar gekommen, weil er den Lenker zur Rede gestellt habe. Bei seiner Einvernahme habe der Zeuge S auch überhaupt nichts erwähnt und sich offensichtlich wegen der gleichlautenden Aussage des Lenkers mit diesem abgesprochen. Die Beweiswürdigung der Erstinstanz sei nicht nachvollziehbar. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.
Dem Bw wurde innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungszeit, die mit dem Vorfall am 20. Oktober 2007 begann und am 20. April 2008 endete, lediglich zur Last gelegt, er habe zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Im Tatvorwurf fehlen wesentliche Tatbestandsmerkmale; außerdem ist nicht erkennbar, von welcher Fahrgeschwindigkeit und welchem dabei einzuhaltenden Mindestsicherheitsabstand die Erstinstanz ausgeht; bislang war davon nie die Rede. Diese Umstände sind wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung nicht nachholbar.
Inhaltlich bestehen erhebliche Zweifel, welche der Aussagen, nämlich die des Bw oder die der Zeugen S S und R S, nun tatsächlich der Wahrheit entspricht. Hinsichtlich des Vorwurfs bezüglich Vorrang lagen schließlich schon in örtlicher Hinsicht solche Widersprüche vor, dass das Verfahren diesbezüglich eingestellt wurde. Zum Nachfahrabstand sind im Akt keine objektiven Beweismittel zu finden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei Verfahrenskostenbeiträge naturgemäß nicht anfallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Verfolgungsverjährung wegen fehlendem Tatbestandsmerkmal gemäß § 18 Abs.1 StVO –> Einstellung