Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522028/4/Fra/Bb

Linz, 26.01.2009

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn K B, geb. 1983, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Ing. Mag. K H, L, vom 22. Juli 2008 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. Juli 2008, AZ 08/216379, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung der Klasse B durch Erteilung von Auflagen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8, 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz 1997 – FSG iVm § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten und nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2008 2008, AZ 08/216379, dem Berufungswerber (Bw) die Gültigkeit der mit Führerschein der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. 08/216379 für die Klasse B erteilten Lenkberechtigung eingeschränkt und als Auflage vorgeschrieben, sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen in Abständen von drei Monaten zu unterziehen und bis spätestens 5. September 2008, 5. Dezember 2008, 5. März 2009 sowie 5. Juni 2009 der Behörde persönlich oder per Post im Original ein Facharztgutachten für Labormedizin auf THC, Kokain und CDT vorzulegen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, verkündet am 10. Juli 2008, richtet sich die durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter mit 22. Juli 2008 datierte und bei der Bundespolizeidirektion Linz per Telefax erhobene Berufung.

 

Der Bw wendet sich darin gegen die Auflage der ärztlichen Kontrolluntersuchungen. Begründend hielt er fest, dass sich in den zugrundeliegenden Gutachten kein Hinweis auf einen Missbrauch oder eine Abhängigkeit von Suchtmitteln fände. Auch die beigebrache Drogen-Harnanalyse vom 23. Mai 2008 sei negativ und der CD-Tect Wert läge im Normbereich. Überdies ergäbe sich aus den Gutachten, dass er den Konsum von Drogen bereits vor zwei Jahren eingestellt habe.

 

Es bestünde damit seiner Ansicht nach keinerlei Anlass, seine Eignung zum Lenken von Fahrzeugen als bedingt anzusehen und laufende ärztliche Kontrolluntersuchungen der maßgeblichen Werte anzuordnen.   

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 24. Juli 2008, AZ F 08/216379, dem Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des UVS des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist - am 22. Juli 2008 – bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der UVS Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bundespolizeidirektion Linz.

 

Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Rechtsvertreter des Bw ausdrücklich mit Schriftsatz vom 9. Jänner 2009 verzichtet.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den UVS des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Aus Anlass einer Anzeige vom 18. März 2008 wegen Verdacht der Begehung eines Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz im Zeitraum von Februar 2004 bis nahezu Herbst 2007 wurde der Bw von der Führerscheinbehörde der Bundespolizeidirektion Linz aufgefordert, seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu überprüfen, indem die Behörde zunächst mit einem Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG vorging.

 

Der Bw brachte in der Folge die psychiatrische Stellungnahme vom 2. Juni 2008 bei, die im Ergebnis wie folgt lautet:

"DIAGNOSE:

Gelegenheitskonsum von Cannabis und Kokain.

 

STELLUNGNAHME:

Der Untersuchte gibt an, seit dem 15ten Lebensjahr sporadisch bei Partys Cannabis konsumiert zu haben.

In den Jahren 2003 bis 2006 konsumierte er gelegentlich Kokain, innerhalb dieser Dreijahresfrist etwa an 30 Abenden.

Den Konsum beider Drogen habe er vor zwei Jahren, als erstmals eine Anzeige nach dem Suchtmittelgesetz erfolgte, eingestellt. Die nunmehrige Anzeige beziehe sich auf den damaligen Konsum.

Bezüglich Alkohol wird ebenfalls ein Gelegenheitskonsum – mitunter mit langen Abstinenzintervallen – angegeben.

 

Der psychopathologische und der somatische Befund sind unauffällig.

Die vorliegenden Laborbefunde (CD-Tect, Harn auf Cannabinoide und Kokain-Metaboliten) sind ebenfalls unauffällig.

 

Somit besteht gegenwärtig kein Hinweis auf einen Missbrauch oder eine Abhängigkeit von Suchtmitteln.

Eine Weitererteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B ist deshalb aus psychiatrischer Sicht möglich.

 

Aufgrund der auffallenden Vorgeschichte (zwei Anzeigen nach dem SMG bzw. zwei Führerscheinentzüge – wenngleich auch nur einer im Zusammenhang mit einer psychotropen Substanz nämlich Alkohol) ist hier eine Verlaufsbeobachtung erforderlich.

Es wird zunächst eine Befristung für die Dauer eines Jahres empfohlen. In diesem Zeitraum sollten der Behörde viermalig – jeweils nach kurzfristiger Aufforderung – einschlägige Laborbefunde (CD-Tect, Harnbefund auf Cannabinoide und Kokain-Metaboliten) vorgelegt werden".

 

Darauf aufbauend wurde das Gutachten des Amtsarztes der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. Juni 2008 erstattet, worin der Amtsarzt den Bw zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klasse B, für einen Zeitraum von zwölf Monaten als bedingt geeignet unter der Auflage von ärztlichen Kontrolluntersuchungen auf CD-Tect (CDT), Cannabinoid (THC) und Kokain im Harn durch einen Facharzt für Labormedizin in Abständen von drei Monaten ansah. Der Amtsarzt begründete sein Gutachten wie folgt:

"Beigebrachte Drogenharnanalyse vom 23. Mai 2008 negativ.

CD-Tect im Normbereich.

 

Bei dem Patienten bestand zurückliegend gelegentlich Kokain- sowie Cannabiskonsum.

Aktuell finden sich keine Hinweise auf einen Missbrauch oder eine Abhängigkeit.

 

Aufgrund der auffallenden Vorgeschichte – es liegen zwei Anzeigen nach dem SMG sowie zwei FS-Entzüge nach Alkodelikt vor – erscheint aus amtsärztlicher Sicht eine weitere Observanz der derzeitigen Abstinenzbemühungen dringend notwenig (dies wird auch seitens des Psychiaters gefordert).

 

Es ist von einer bedingten Eignung zum Lenken von KFZ der Gruppe 1, Klasse B für 12 Monate auszugehen.

Beizubringen sind Drogenharnanalysen auf Cannabinoid sowie Kokain sowie CD-Tect nach 3, 6, 9 sowie 12 Monaten.

Bei entsprechender Bewährung kann am Ende des Überwachungszeitraumes eine Aufhebung der Bedingung ins Auge gefasst werden."

 

Die Bundespolizeidirektion Linz erließ daraufhin den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2008 und sprach aus, dass sich der Bw alle drei Monate einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen habe und bis spätestens    5. September 2008, 5. Dezember 2008, 5. März 2009 sowie 5. Juni 2009 der Behörde persönlich oder per Post ein Facharztgutachten für Labormedizin auf THC, Kokain und CDT im Original vorzulegen habe. Gegen diesen Bescheid richtet sich die eingangs dargelegte, rechtzeitig erhobene und begründete Berufung vom 22. Juli 2008.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens brachte der Bw einen aktuellen Laborbefund vom 5. Jänner 2009 bei, wonach eine Drogenharnanalyse auf Cannabinoid (THC) und Kokain negativ verlief und auch der CD-Tect Wert (CDT) im Normbereich liegt.

 

3. Der UVS des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

3.1. Die wesentlichen Bestimmungen des FSG lauten wie folgt:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die  gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller der Behörde vor der Erteilung einer Lenkberechtigung ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: „geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet”.

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Darüber hinaus ist folgende Bestimmung der FSG-GV maßgeblich:

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

3.2. Nach dem zugrundeliegenden amtsärztlichen Gutachten des Dr. F G vom 5. Juni 2008 bestand beim Bw zurückliegend gelegentlich Kokain- sowie Cannabiskonsum. Der Amtsarzt verwertete in seinem Gutachten nach § 8 FSG den Laborbefund vom 23. Mai 2008 (CD-Tect im Normbereich, Harnanalyse auf Cannabinoid und Kokain negativ) und die psychiatrische Stellungnahme des Dr. A M vom 2. Juni 2008. Darin führte der Facharzt aus, dass der Bw seit dem 15. Lebensjahr sporadisch bei Partys Cannabis konsumiert habe. In den Jahren 2003 bis 2006 habe er gelegentlich, etwa an dreißig Abenden, Kokain zu sich genommen. Vor zwei Jahren habe er aber den Konsum beider Drogen eingestellt. Alkohol trinke er gelegentlich ohne jede Regelmäßigkeit. Die vorliegenden Laborbefunde seien ebenso sowie der psychopathologische und der somatische Befund unauffällig gewesen. Gegenwärtig bestehe kein Hinweis auf einen Missbrauch oder eine Abhängigkeit von Suchtmitteln.

 

Ausgehend davon steht damit ein Gelegenheitskonsum des Bw von Cannabis und Kokain in der Vergangenheit außer Streit. Eine in der Vergangenheit gelegene oder gegenwärtige Abhängigkeit des Bw oder einen gehäufter Missbrauch weder von Suchtgift noch von Alkohol wurde dem ungeachtet aber nicht festgestellt, sondern lag im Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides durch die Bundespolizeidirektion Linz im Juli 2008 offensichtlich bereits eine ca. zweijährige Drogenabstinenz des Bw vor. Alkohol werde gelegentlich ohne jede Regelmäßigkeit konsumiert. Dies ergibt sich aus der vorliegenden psychiatrischen Stellungnahme und dem amtsärztlichen Gutachten. Zu anderen Feststellungen gelangten weder der Amts- und Facharzt in ihren sachkundigen Äußerungen noch die belangte Behörde in ihrer Begründung. Es kann - aus den vorliegenden Gutachten – auch kein hinlänglicher Grund abgeleitet werden, einen Rückfall des Bw als wahrscheinlich anzunehmen. Ein Indiz für die gegenwärtige Abstinenz stellt insbesondere der aktuelle, negative Laborbefund vom 5. Jänner 2009 dar.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtssprechung festhält, vermag ein in der Vergangenheit liegender Suchtmittelmissbrauch einer Person im Hinblick darauf, dass diese mittlerweile über einen längeren Zeitraum keinen Suchtmittelmissbrauch mehr begangen hat, die Anwendung des § 14 Abs.5 FSG-GV nicht zu rechtfertigen (VwGH 24. April 2007, 2006/11/0090). Überdies stelle ein nur gelegentlicher Konsum von Cannabis noch keinen gehäuften Missbrauch dar bzw. beeinträchtige ein solcher - sowie auch ein geringfügiger Alkoholgenuss - die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (noch) nicht (VwGH 18. März 2003, 2002/11/0209; 13. Dezember 2005, 2005/11/0191).

Auf Basis der zugrundeliegenden Feststellungen und Beurteilungen sowie vor dem Hintergrund der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes verbleibt damit im gegenständlich Fall kein Raum für eine Auflage im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid zu beheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r   

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum