Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251992/10/BP/DR/Se

Linz, 26.01.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der A N, vertreten durch deren Ehegatten R R N, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. November 2008, GZ.: 0047678/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. Jänner 2009, zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 146,- Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. November 2008, GZ.: 0047678/2008, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil sie als Gewerbeinhaberin und Betreiberin der Firma N T e.U., W, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten habe, dass von dieser Firma zumindest am 29. Mai 2008 Herr S S als LKW-Fahrer beschäftigt worden sei, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Herr S habe in der Gemeinde Pucking, Autobahn-Freiland, A 25, Straßenkilometer 5.850, den LKW mit dem Kennzeichen    , welchen die Bw für die Beförderung von Gütern gemietet habe, gelenkt.

Als Rechtsgrundlagen werden § 33 Abs.1 und 1a iVm § 111 ASVG genannt.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass von einem Organ der Landesverkehrsabteilung bei einer Kontrolle am 29. Mai 2008 um 9.55 Uhr der im Spruch dargestellte Sachverhalt festgestellt worden sei. Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 6. Oktober 2008 habe die Bw in keinster Weise reagiert. Nachdem die Beschuldigte der Aufforderung zur Rechtfertigung ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen sei, habe das Verwaltungsstrafverfahren mit Hinweis auf §§ 40 und 42 VStG ohne ihre Anhörung durchgeführt werden müssen.

Aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens sei für die belangte Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt als erwiesen anzunehmen.

In rechtlicher Würdigung stellt die belangte Behörde nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen fest, dass von der ggst. Firma zumindest am 29. Mai 2008 Herr S als LKW-Fahrer beschäftigt worden sei, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Es sei somit der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt.

Mit Hinweis auf die Regelungen des § 5 Abs.1 VStG geht die belangte Behörde davon aus, dass die Bw im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen habe. Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne dieser Bestimmung habe sie bis zum Entscheidungsdatum nicht erbracht.

Hinsichtlich der Strafhöhe führt die belangte Behörde aus, dass die in Rede stehende Übertretung keinesfalls als geringfügig einzustufen sei und die Folgen nicht unbedeutend wären. Es sei daher die Mindeststrafe nicht zu unterschreiten gewesen. Als strafmildernd sei die bisherige gänzliche Unbescholtenheit der Bw zu werten gewesen. Straferschwerungsgründe lägen keine vor. Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse gehe die belangte Behörde aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von Euro 2.000 aus. Die Bw sei mit Schreiben vom 6. Oktober 2008 aufgefordert worden, ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben, da ansonsten von dem eben dargestellten Einkommen und dem nicht Vorliegen von Sorgepflichten ausgegangen würde. Unter Berücksichtigung sämtlicher in § 19 VStG enthaltenen Bemessungsgründe sei daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden angemessen.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bw fristgerecht Berufung mit 2. Dezember 2008. Darin führt sie u.a. aus, dass ihr eigener LKW am 29. Mai 2008 in die Werkstatt zur Reparatur habe gebracht werden müssen. Deshalb habe sie sich einen Leihwagen von der Firma I genommen. Es stimme nicht, dass Herr S bei der Bw gearbeitet habe. Die Bw habe Herrn S gebeten, dass er den in Rede stehenden Bus zur Firma E fahre, das Auto volltanke und auf sie warte, da sie bei I noch etwas zu erledigen gehabt habe und keine Zeit habe verlieren wollen. Die Bw sei dann ca. 30 bis 40 Minuten später mit dem Privatauto des Herrn S zur Firma E gefahren. Dort hätten sie auch die Autos getauscht und die Bw sei weiter mit dem LKW gefahren.

2.1. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Zusätzlich wurde am 21. Jänner 2009 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat durchgeführt.

2.2. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Die Bw ist Gewerbeinhaberin und Betreiberin der Firma N T e.U., W, deren faktische Tätigkeit vom Ehemann der Bw koordiniert wird. Von dieser Firma wurde zumindest am 29. Mai 2008 Herr S S – in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt – als LKW-Fahrer beschäftigt, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden war. Herr S lenkte in der Gemeinde Pucking, Autobahn-Freiland, A 25, Straßenkilometer 5.850, den Kleinbus mit dem Kennzeichen    .

2.3.1. Hinsichtlich der Beweiswürdigung war zunächst unbestritten, dass die Bw zum Tatzeitpunkt Gewerbeinhaberin und Betreiberin des in Rede stehenden Unternehmens war. Ebenfalls außer Streit gestellt sind die Tatsachen, dass Herr S am 29. Mai 2008 im Rahmen einer Kontrolle im Gemeindegebiet von Pucking angetroffen wurde, als er einen Bus lenkte, in dem sich vom Unternehmen zu befördernde Güter befanden. Herr S war zuvor nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden. 

Die Bw wendete allerdings ein, dass Herr S nicht von ihrem Unternehmen beschäftigt worden sei.

2.3.2. Dazu ist zunächst auf die völlig schlüssige und in keinster Weise bezweifelbare Aussage des zur mündlichen Verhandlung geladenen Zeugen, BI S, zu verweisen. Dieser gab eindeutig und klar an, dass Herr S, der sich alleine im Bus befunden hatte, im Rahmen der Kontrolle angegeben hatte, Pakete im Auftrag der Firma DHL von deren Sitz in Ansfelden abgeholt zu haben, mit dem Zielort Wels und dass der Kontrolltag sein erster Arbeitstag bei der Firma N Transporte Wels sei, weshalb er nicht über die fehlenden Güterbeförderungsdokumente bescheid geben könne, da ihm sein Chef N nichts darüber gesagt habe.

2.3.3. Der Vertreter der Bw präsentierte hingegen eine völlig andere Darstellung, die sich allerdings nur weitgehend mit der des Zeugen S deckt. Im Wesentlichen behauptete er, dass er wegen eines Defekts eines seiner Busse diesen zur Firma I nach Linz zur Reparatur gebracht habe, wo er wegen eines Gesprächs mit Herrn S und dessen jüngeren Sohn hinsichtlich einer Beschäftigung des Sohns zusammengetroffen sei. Er gab auch an, den "Leihwagen", der im Eigentum der Firma P gestanden habe, von der Firma I gemietet zu haben. Diesbezüglich ist festzustellen, dass letzterer Umstand per se nicht glaubwürdig ist, da nach Aussage des Werkstättenleiters der Firma I zum damaligen Zeitpunkt – wie auch sonst nicht – Mietwägen der Firma P bei der Firma I abgestellt seien. Er betonte, dass es auch keinen Mietvertrag bei der Firma I gebe, was ansonsten üblich wäre. Bezeichnend ist hier, dass auch der Vertreter der Bw einräumen musste, keinen Mietvertrag abgeschlossen zu haben, weshalb diese Darstellung abzulehnen ist.

2.3.4. Genauso unglaubwürdig ist, dass Herr S keinerlei - nicht einmal ungefähre - Angaben über den zeitlichen Ablauf geben konnte. In Anbetracht der behaupteten Vorgänge: in die Werkstatt bringen eines defekten Busses, anmieten eines Ersatzautos, umladen von 30 Paketen, eine Gespräch über die Möglichkeiten einer zukünftigen Vertragsbindung und deren Ausgestaltung, Anweisung zur Fahrt nach Wels, dies alles bis ca. 9 Uhr, erscheint die Darstellung auch in zeitlicher Hinsicht nicht realistisch. Weiters ist unglaubwürdig, dass das angebliche Vertragsgespräch nicht in Wels stattgefunden haben soll, da Herr S und sein Sohn dorthin zweifellos einen kürzeren Anfahrtsweg von B aus gehabt hätten, als extra deswegen nach Linz zu fahren, und Herr N noch nicht im vorhinein wissen konnte, dass er sich länger bei der Firma I aufhalten werde.

Zumal die Pakete nach Angaben des Vertreters der Bw im Innviertel ausgeliefert werden sollten, ist die Sinnhaftigkeit anzuzweifeln, Pakete in einen defekten Lkw zu laden, mit diesem nach Linz zu fahren, die Pakete dort in einen Mietwagen umzuladen, dies nur um in der Folge eine Tankstelle in Wels aufzusuchen.

2.3.5. Die dezidierte Aussage des Zeugen S, sein Sohn sei bei der Kontrolle ebenfalls im Bus gewesen, ist in Anbetracht der mehrfach bekräftigten Angabe des Zeugen S, Herr S sei 100%ig allein im Wagen gewesen, unglaubwürdig und entlarvt die übrigen Darstellungen ebenfalls als nicht der Wahrheit entsprechend.

2.3.6. Weiters gab Herr S an, den Firmensitz des in Rede stehenden Unternehmens zu kennen; aber nicht nur das – er gab auch an, dass keinerlei nähere Anweisungen hinsichtlich der Lage der von ihm anzufahrenden Firma E in Wels von Nöten gewesen seien, wobei er dies nur mit der Tatsache rechtfertigte, dass sein Sohn dort für das in Rede stehende Unternehmen schon getankt habe. Bezeichnend ist hier auch, dass der Zeuge zunächst behauptete nicht getankt zu haben und, auf den diesbezüglichen Widerspruch zur Aussage des Vertreters der Bw hingewiesen, vorgab sich nicht mehr genau erinnern zu können. Der Vertreter der Bw hatte als Grund dafür, dass er Herrn S um das Tanken ersucht hatte, angegeben, dass das Tanken schon 40 Minuten dauern könne und er keine Zeit verlieren wollte.

Auch hinsichtlich der Umschreibung der Tätigkeit eines Fahrers des in Rede stehenden Unternehmens machte der Zeuge S relativ konkrete Angaben, was – entgegen seiner Darstellung – wohl nicht nur mit dem Umstand, dass seine Söhne für das Unternehmen Fahrten übernehmen, zu erklären ist.

2.3.7. Dass Herr S und der Vertreter der Bw übereinstimmend behaupteten, Herr S sei nicht bei dem in Rede stehenden Unternehmen gegen Entgelt beschäftigt worden, erscheint im Licht der getroffenen Feststellungen als völlig unglaubwürdig.

 

Herr S war zum Tatzeitpunkt als arbeitslos gemeldet, verfügte also nicht über eine andere – seine Arbeitskraft in Anspruch nehmende - Beschäftigung. Hinsichtlich des Arbeitsortes war er an die Vorgaben seines "Chefs" gebunden und befolgte auch dessen Anweisungen. Diese Feststellungen basieren auf den vom Zeugen S - dem Kontrollorgan gegenüber gemachten – Angaben. Dass BI S in der mündlichen Verhandlung sogar die Firma DHL als Auftraggeber des in Rede stehenden Unternehmens angeben konnte, untermauert die Glaubwürdigkeit seiner Aussage, da dieser Umstand ihm – wenn nicht vom Zeugen S her – nicht bekannt sein hätte können. Bezeichnend ist auch, dass Herr S den Vertreter der Bw dem Kontrollorgan gegenüber als seinen Chef bezeichnete.

Völlig der Realität widersprechend wäre es anzunehmen, dass der Zeuge S die Fahrten unentgeltlich für das in Rede stehende Unternehmen durchgeführt habe, weshalb in Beweiswürdigung von einer Entgeltvereinbarung zweifelsfrei auszugehen ist. 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 33 Abs.1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 31/2007 haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs.1a leg.cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete er Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

3.2. "Zuständiger Krankenversicherungsträger“ i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretungen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Übertretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde i.S.d. § 27 Abs. 1 VStG.

3.3. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass die Bw als Gewerbeinhaberin und Betreiberin des in Rede stehenden Unternehmens grundsätzlich die Anmeldepflicht zur Sozialversicherung von, von ihrem Unternehmen beschäftigten Personen, trifft. Dass ihr Ehemann die faktischen Geschäfte des Unternehmens führt, ändert nichts an dieser Tatsache, da dessen Tun ihr diesbezüglich unbestrittener Maßen zuzurechnen ist.

 

3.4. Für den vorliegenden Fall entscheidend ist, ob Herr S bei der in Rede stehenden Firma tatsächlich beschäftigt war. Dass er beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht angemeldet war, bedarf keiner weiteren Feststellungen.

 

3.4.1. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, Zl. 91/08/0101, knüpft dieser die Anmeldepflicht nach § 33 ASVG an das Vorliegen der Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 ASVG und die dort angeführten Kriterien. Eine Entscheidung nach § 33 iVm § 111 leg. cit. kann demnach nur unter genauer Erörterung dieser Kriterien erfolgen.

Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, [].

3.4.2.1. Was die Merkmale persönlicher Abhängigkeit (also der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre und während ihrer Beschäftigung) anlangt, so sind nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152, nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall auch vorliegender Umstände wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. 

3.4.2.2. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. VwGH vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

Das Angewiesensein dessen, der nicht über die Produktionsmittel verfügt, auf die Ware "Arbeitskraft" erstreckt sich sowohl auf die wirtschaftliche als auch auf die persönliche Sphäre des Arbeitenden (vgl.  VwGH vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0349).

3.4.2.3. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27. November 1990, Zl. 89/08/0178 genügt es für die Annahme persönlicher Abhängigkeit – in Übereinstimmung mit dem zu beurteilenden Gesamtbild der Beschäftigung -, wenn die konkrete – wenn auch nur in Form einer Teilzeitbeschäftigung – übernommene Verpflichtung zu einer ihrer Art nach bestimmten Arbeitsleistung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, so dass er über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und ihre Nichteinhaltung daher einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde.

3.4.2.4. Die Erteilung von Weisungen betreffend die eigentliche Arbeitsleistung kommt im Wesentlichen in zwei (von einander nicht immer scharf zu trennenden) Spielarten in Betracht: in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits, das arbeitsbezogene Verhalten andererseits.

Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren können in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlich eigener Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation und Erfahrung erweitert. Deshalb ist das Fehlen von das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungen in der Regel von geringer Aussagekraft (vgl. VwGH vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032).

Die Erteilung von Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten unterbleibt in der Regel dann, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat (vgl. VwGH vom 25. Februar 1988, Zl. 86/08/0242). In solchen Fällen lässt sich die Weisungsgebundenheit in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten jedoch in Form "stiller Autorität des Arbeitgebers" feststellen (vgl. VwGH vom 25. Mai 1987, Zl. 83/08/0128).

3.4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs u. a. vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, ist wirtschaftliche Abhängigkeit bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.

3.4.4. Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG (vgl. u.a. VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0003). Unter dem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ist unter dem Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit grundsätzlich das entgeltliche (und nicht unentgeltliche) Beschäftigungsverhältnis gemeint, an das Voll- und Teilversicherungspflicht in differenzierender Weise anknüpft (vgl. VwGH vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083). Überdies ist hier wohl auch § 1152 ABGB einschlägig, wonach für den Fall, dass vertraglich kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist, ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.

3.5. Im hier zu beurteilenden Fall liegen die der eben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmenden Kriterien zweifelsfrei vor.

Der Fahrer war hinsichtlich des Betriebsmittels (Bus), der Fahrtroute, der für die Abholung und Zustellung der Pakete vorgegebenen Zeit, hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens (rasche Zustellung im Rahmen der vorbestimmten Route) in persönlicher Abhängigkeit, die bei einer Gesamtbetrachtung auch durch den Umstand, dass er den Vertreter der Bw als seinen Chef angab, untermauert wird, zudem auch in wirtschaftlicher Abhängigkeit (gemäß der unter Punkt 3.4.3. dieses Erkenntnisses angeführten Definition und schlussendlich gegen zweifelsfrei vereinbartes Entgelt von dem in Rede stehenden Unternehmen beschäftigt worden. Es liegen somit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ASVG vor, weshalb grundsätzlich die Anmeldepflicht gemäß § 33 ASVG bestand, zumal auch § 5 ASVG und die dort aufgeführten Ausnahmen von der Pflichtversicherung nicht zur Anwendung gebracht werden können.

Da der Meldepflicht nicht entsprochen wurde, liegt der Tatbestand in objektiver Hinsicht vor.

3.6. Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­läs­siges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Es ist nun zu prüfen, ob sich die Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaub­haft machen zu können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293).

Es wäre der Bw im Lichte dieser Judikatur unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben durchaus zumutbar gewesen sich entsprechend zu orientieren. Im Gegensatz dazu muss im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass das inkriminierte Verhalten bewusst in Kauf genommen wurde, weshalb zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen ist.

Auch die subjektive Tatseite ist somit als erfüllt anzusehen.

3.7. Hinsichtlich der Strafhöhe folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde und erachtet die Verhängung der Mindeststrafe im vorliegenden Fall als angemessen. Die in § 111 ASVG angeführte Möglichkeit zur 50-prozentigen Unterschreitung der Mindeststrafe kam allein schon mangels Vorliegens eines geringfügigen Verschuldens, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat nicht in Betracht.

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß § 64 VStG zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe somit  146 Euro aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

Rechtssatz:

 

VwSen-251992/10/BP/ Se vom 26. Jänner 2009

 

Rechtsnormen:

§ 33 Abs. 1 ASVG, § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG, § 111a ASVG, § 4 Abs. 2 ASVG;

 

Der Fahrer war hinsichtlich des Betriebsmittels (Bus), der Fahrtroute, der für die Abholung und Zustellung der Pakete vorgegebenen Zeit, hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens (rasche Zustellung im Rahmen der vorbestimmten Route) in persönlicher Abhängigkeit, die bei einer Gesamtbetrachtung auch durch den Umstand, dass er den Vertreter der Bw als seinen Chef angab, untermauert wird, zudem auch in wirtschaftlicher Abhängigkeit (gemäß der unter Punkt 3.4.3. dieses Erkenntnisses angeführten Definition und schlussendlich gegen zweifelsfrei vereinbartes Entgelt von dem in Rede stehenden Unternehmen beschäftigt worden. Es liegen somit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ASVG vor, weshalb grundsätzlich die Anmeldepflicht gemäß § 33 ASVG bestand, zumal auch § 5 ASVG und die dort aufgeführten Ausnahmen von der Pflichtversicherung nicht zur Anwendung gebracht werden können.

 

 

Beschlagwortung:

§ 33 ASVG

 

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