Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240655/2/Gf/Mu/RSt

Linz, 21.01.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des W D, W, vertreten durch RA Dr. M F, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Dezember 2008, GZ BZ-Pol-69037-2008, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I.       Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Spruchpunkte 1, 2, 3 und 8 des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit eingestellt sowie hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 5 und 7 angelasteten Übertretungen jeweils von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen – nämlich hinsichtlich der Spruchpunkte 4 und 6 – wird die Berufung hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.     Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 8 Euro; zusätzlich ist ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von insgesamt 16 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 21 Abs. 1 VStG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Dezember 2008, GZ BZ-Pol-69037-2008, wurden über den Rechtsmittelwerber acht Geldstrafen in Höhe von jeweils 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: acht Mal 5 Stunden [insgesamt: 40 Stunden]) verhängt, weil er es als Gewerbetreibender zu verantworten habe, dass er – wie bei einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 16. Juni 2008 in der Zeit von 11.00 Uhr bis 11.38 Uhr festgestellt worden sei – nicht dafür Sorge getragen habe, dass die gesetzlichen Hygienevorschriften eingehalten wurden. Dadurch habe er mehrere Übertretungen des § 90 Abs. 3 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage Teil 2 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 121/2008 (im Folgenden: LMSVG), i.V.m. Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 Abs. 1 und Abs. 4 lit.a der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebens­mittelhygiene, L 139/1, i.d.F. L 226/3 vom 25. Juni 1994 (im Folgenden: LMHV-EG) begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Tat auf Grund entsprechender Wahrnehmungen des einschreitenden Lebensmittelaufsichtsorgans sowie der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei eine einschlägige Verwaltungs­strafe aus dem Jahr 2006 als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien. Die vom Rechtsmittelwerber angegebenen Einkommens‑, Familien- und Vermögensverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 4. Dezember 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. Dezember 2008 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde persönlich eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber zunächst vor, dass die zugrunde liegenden rechtlichen Bestimmungen nach Art. 18 Abs. 1 B-VG verfassungswidrig seien, wesentliche Verfahrensmängel vorlägen, unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden seien sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen worden sei.

Hinsichtlich der in Spruchpunkt 1 angelasteten Übertretung wird festgehalten, dass der Kühlraum immer sauber und stets instand gehalten werde und sohin nicht nachvollziehbar sei, inwiefern damit gegen die LMHV-EG verstoßen worden sei, weil kleinere Rostspuren an den Wänden und an der Decke sowie eine allenfalls kurzzeitige höhere Kühlraumtemperatur keinen Hygienemangel nach dieser Bestimmung darstellen. Im Grunde habe die Erstbehörde nur den Verordnungstext wiedergegeben, ohne konkrete Angaben darüber zu machen, wie die "Sauberkeit" und "stete Instandhaltung" in Betriebsstätten zu erfolgen habe.

Bezüglich Spruchpunkt 2 wird vorgebracht, dass die belangte Behörde nicht im Detail begründet habe, inwiefern sich die vorhandenen Regale im Kühlraum nicht in einem einwandfreien Zustand befunden hätten. Allein der Umstand, dass diese aus Holz gewesen seien, sei – weil es dazu keine eindeutige Vorschrift gebe – für eine solche Beurteilung unzureichend. Zudem würden im gegenständlichen Kühlraum die Lebensmittel nur gelagert, nicht aber zubereitet, behandelt oder verarbeitet.

In Bezug auf Spruchpunkt 3 wird bemängelt, dass die hier von der Behörde gemachten Ausführungen unzutreffend und unzureichend seien, weil nicht klargelegt worden sei, inwieweit "rohe unverpackte Eier" unter die Begriffe "Rohstoffe, Zutaten, Zwischenerzeugnisse und Enderzeugnisse, die die Vermehrung pathogener Mikroorganismen oder die Bildung von Toxinen fördern können", fallen.

Zu Spruchpunkt 4 wird vorgebracht, dass die Lebensmittel (wie gekochter Reis, geschälte Kartoffeln, Geflügelteile o.a.) tatsächlich nicht im Bereich der Abwasch gelagert worden seien; allenfalls sei während den Vorbereitungsarbeiten in der Mittagszeit bloß ein kurzes Abstellen erfolgt. Als Beweis dafür habe die Erstbehörde in deren rechtlicher Beurteilung nur darauf verwiesen, dass das Handwaschbecken als Abwasch benutzt worden sei. Allein deshalb sei aber noch nicht ersichtlich, worin eine konkrete Gefahr einer Kontaminierung bestanden habe, wenn die belangte Behörde dazu keine begründete Feststellung getroffen, sondern wiederum nur den Verordnungstext wiedergegeben habe.

Hinsichtlich Spruchpunkt 5 wird ausgeführt, dass der gegenständliche Sanitär- und Umkleideraum nicht verwendet werde und die Personaltoilette zudem abgeschlossen sei, weshalb die in dieser Räumlichkeit gelagerten Bioabfälle keinerlei Kontamination hervorrufen könnten. Da es sich bei diesem Betrieb um ein Familienunternehmen handle, stehe für das Personal nämlich eine andere Toilette bzw. ein anderer Umkleideraum zur Verfügung. Die belangte Behörde verweist in diesem Zusammenhang nur auf diverse Toilettenartikel, die auf Lichtbildern erkennbar seien. Sie habe aber keine Feststellungen dazu getroffen, inwiefern die Voraussetzung eines Abfallsammelraumes erfüllt und inwieweit dieser nicht sauber gehalten worden sei.

Zu Spruchpunkt 6 wird vorgebracht, dass die Erstbehörde hinsichtlich der Feststellung, dass im Lagerraum mehrere tote Küchenschaben in verschiedenen Wachstumsstadien in einer Kunststoffwanne mit klebriger Flüssigkeit vorgefunden worden seien, weder von dieser klebrigen Flüssigkeit noch von den angeblich vorgefundenen toten Küchenschaben eine Probe genommen habe. Es stehe daher nicht fest, ob tatsächlich tote Küchenschaben vorgefunden worden seien.

Auch die im Spruchpunkt 7 angeführte Anschuldigung sei unrichtig, weil zum fraglichen Zeitpunkt die in der Küche beschäftigte Person nur den Abwasch vorgenommen und nicht mit Lebensmittel hantiert habe. Darüber hinaus sei diese angewiesen gewesen, in der Küche eine Kopfbedeckung zu tragen, falls er dort zu arbeiten hätte. Deren zum Beweis dieses Vorbringens beantragte zeugenschaftliche Einvernahme sei jedoch von der belangten Behörde nicht durchgeführt worden. Davon abgesehen sei in der Bestimmung des Kapitels VIII Z. 1 LMHV-EG keine Strafvorschrift zu erkennen, sondern dabei handle es sich allenfalls um eine bloße Empfehlung.

Betreffend Spruchpunkt 8 sei fraglich, ob die Feststellung, dass keine Unterlagen über ein auf den HACCP-Grundsätzen beruhendes Eigenkontrollsystem vorgelegt werden konnten, nach der Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 und 4 lit. a der LMHV-EG überhaupt strafbar sei. Darüber hinaus sei nicht festgestellt worden, inwieweit entsprechende Nachweise durch die belangte Behörde überhaupt verlangt worden seien.

Ferner wird allgemein darauf hingewiesen, dass wesentliche Beweismittel und sämtliche vom Rechtsmittelwerber gestellten Anträge von der Erstbehörde unbeachtet geblieben seien sowie, dass der gesamte Sachverhalt nicht unter die jeweils im Straferkenntnis angeführten Bestimmungen der LMHV-EG zu subsumieren sei. Zudem habe die belangte Behörde keine Nachweise dafür vorgelegt, dass eine Kontamination von Lebensmittel erfolgt bzw. ein solche zu befürchten sei; vielmehr habe sich die Erstbehörde bei der Feststellung des im Spruch angeführten Sachverhalts nur auf die Stellungnahme des zuständigen lebensmittelpolizeilichen Kontrollorganes gestützt. Damit sei die belangte Behörde auch ihrer Begründungspflicht nach § 58 Abs. 3 AVG nicht nachgekommen, weil sie im gegenständlichen Straferkenntnis keine schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen dazu getroffen habe, inwieweit tatsächlich eine Missachtung von Hygienevorschriften vorliege. Der Spruch sei somit rechtlich unzureichend konkretisiert, weshalb das gegenständliche Straferkenntnis auch gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z. 1 VStG verstoße.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafen beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Wels zu GZ BZ-Pol-69037-2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (vgl. § 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 3 LMSVG i.V.m. Teil 2 der Anlage zu diesem Gesetz begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der den Bestimmungen der LMHV-EG zuwiderhandelt.

Nach Art. 4 Abs. 2 LMHV-EG haben Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die Allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II der LMHV-EG zu erfüllen.

3.2.1. Davon ausgehend legt Kapitel I Z. 1 des Anhanges II zur LMHV-EG fest, dass die Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, sauber und stets instand gehalten sein müssen; Kapitel II Z. 1 des Anhanges II zur LMHV-EG trifft in lit. b und c trifft darüber hinaus nähere Bestimmungen über die Ausgestaltung von Wandflächen und Decken solcher Betriebsstätten.

Aus dem wechselseitigen Zusammenhang dieser beiden Normenkomplexe ergibt sich, dass diese im Verhältnis „lex generalis – lex specialis“ konzipiert sind. Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach Kapitel I Z. 1 des Anhanges II zur LMHV-EG (allenfalls erst und) nur dann erfolgen kann, wenn die spezifischen Tatbestandsmerkmale der Z. 1 des Kapitels II des Anhanges zur LMHV-EG nicht erfüllt sind; Analoges gilt für die Relation zwischen Kapitel I Z. 1 des Anhanges II zur LMHV-EG einerseits und Kapitel I Z. 2 lit. d des Anhanges II zur LMHV-EG (Temperatur in Lagerräumen).

Wenn dem Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang vorgeworfen wird, dass sich an den Wänden und an der Decke des Kühlraumes Rostspuren und an den Türdichtungen Schimmelspuren befunden hätten, die gemessene Temperatur 12,4˚ C betragen habe und der Verdampfer der Tiefkühlzelle vereist gewesen sei, so wird ihm damit der Sache nach eine Übertretung des Anhanges II Kapitel II Z. 1 lit. b und c LMHV-EG einerseits bzw. des Anhanges II Kapitel I Z. 2 lit d zur LMHV-EG andererseits angelastet. Dies jedoch derart, dass die in den beiden letztgenannten Bestimmungen normierten Tatbestandsmerkmale weder in Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses noch in einer sonstigen Verfolgungshandlung in einer den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG entsprechenden Art und Weise konkretisiert wurden.

Im Ergebnis wurde damit dem Beschwerdeführer insoweit eine Tat angelastet, die er so nicht begangen hat.

3.2.2. Kapitel II Z. 1 lit. f LMHV-EG legt fest, dass Flächen in Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird oder mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, in einem einwandfreien Zustand gehalten werden und leicht zu reinigen sein müssen; solche Flächen müssen aus einem glatten, abrieb- und korrosionsfesten sowie nichttoxischem Material bestehen, es sei denn, die Lebensmittelunternehmer können nachweisen, dass andere verwendete Materialien in gleicher Weise geeignet sind.

Diesbezüglich wird dem Rechtsmittelwerber angelastet, dass die Regalböden im Kühlraum zum Teil aus Holz bestehen. Hinsichtlich der entscheidenden Frage, ob es sich dabei um naturbelassenes oder (z.B. durch Lasur oder Lackierung) behandeltes (und damit abriebfestes) Holz gehandelt habe, gesteht die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses selbst zu, dass dies „aufgrund der Lichtbilder  nicht exakt ..... eruiert werden“ konnte – ganz abgesehen davon, dass dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit geboten wurde, nachzuweisen, dass das von ihm verwendete Material i.S.d. Anhanges II Kapitel II Z. 1 lit. f LMHV-EG in gleicher Weise dazu geeignet ist, leicht gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert zu werden.

Bei dieser Sachlage hätte aber nicht – wie seitens der Erstbehörde – „den Ausführungen der Lebensmittelaufsichtsorgane ..... gefolgt“, sonder vielmehr gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK im Zweifel von der Unschuld des Rechtsmittelwerbers ausgegangen werden müssen.

Auch insoweit wurde ihm daher im Ergebnis eine Tat angelastet, die nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen angenommen werden konnte.

3.2.3. Nach Anhang II Kapitel IX Z. 5 LMHV-EG dürfen Rohstoffe, Zutaten, Zwischenerzeugnisse und Enderzeugnisse, die die Vermehrung pathogener Mikroorganismen oder die Bildung von Toxinen fördern können, nicht bei Temperaturen aufbewahrt werden, die einer Gesundheitsgefährdung Vorschub leisten können.

Diesbezüglich enthält Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses weder eine Spezifikation dahin, welcher Rohstoff, welche Zutat, welches Zwischenerzeugnis oder welches Enderzeugnis im gegenständlichen Fall konkret geeignet gewesen wäre, die Vermehrung pathogener Mikroorganismen oder die Bildung von Toxinen zu fördern, noch eine Festlegung dahin, bei welcher konkreten Temperatur dessen Aufbewahrung hätte erfolgen müssen, um keiner Gesundheitsgefährdung Vorschub zu leisten.

Auch Spruchpunkt 3 vermag somit den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG nicht zu genügen.

3.2.4. Gemäß Anhang II Kapitel IX Z. 3 LMHV-EG sind Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.

Diesbezüglich ist aus der Beilage zur Anzeige des Magistrates der Stadt Wels vom 18. Juni 2008, GZ BZ-SanLA-0788-2008, ersichtlich (vgl. Lichtbild Nr. 5), dass sich der Behälter, in dem die geschälten Kartoffeln aufbewahrt wurden, zum Zeitpunkt der Kontrolle unmittelbar unter dem Seifenspender befand. Die Annahme, dass sich aus diesem Spender auch ohne willkürliche Betätigung einige Tropfen der flüssigen Seife lösen und so – allenfalls auch unbemerkt – unter die Kartoffeln gelangen konnten, ist daher nicht unplausibel und kann daher selbst dann, wenn man die Einrede des Beschwerdeführers dahin, dass die Lebensmittel dort nur kurzzeitig abgestellt worden seien, als zutreffend unterstellt, nicht entkräftet werden.

Indem der Rechtsmittelwerber sohin die durchaus realistische Möglichkeit einer Kontamination – weil von einem durchschnittlich sorgfältigen Gastwirt jedenfalls eine andere Form des (insbesondere nur kurzzeitigen) Abstellens erwartet werden kann – zumindest in Kauf genommen hat, hat er sohin im Ergebnis jedenfalls fahrlässig und somit auch schuldhaft gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher insoweit gegeben.

3.2.5. Nach Anhang II Kapitel VI Z. 3 LMHV-EG sind geeignete Vorkehrungen für die Lagerung und Entsorgung von Lebensmittelabfällen, ungenießbaren Nebenerzeugnissen und anderen Abfällen zu treffen; Abfallsammelräume müssen so konzipiert und geführt werden, dass sie sauber und erforderlichenfalls frei von Tieren und Schädlingen gehalten werden.

In diesem Zusammenhang wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten, dass in demselben Raum, in dem in einer gelben Tonne Bioabfälle gelagert wurden, zum Zeitpunkt der Kontrolle u.a. auch eine Duschkabine installiert war sowie ein (angesteckter) Haarfön, eine Haarbürste, eine Zahnbürste, Toilettepapier und zahlreiche Toiletteartikel (wie Haarsprays, Shampoos, Nassrasierer, Rasierschaum, etc.) vorgefunden wurden, wie dies auch in Beilage zur Anzeige des Magistrates der Stadt Wels vom 18. Juni 2008, GZ BZ-SanLA-0788-2008, dokumentiert ist (vgl. die Lichtbilder Nr. 1 bis 3).

Damit liegt es aber auf der Hand, dass ein Raum, hinsichtlich dessen es nach der gegebenen Sachlage keinen vernünftigen Grund gibt, daran zu zweifeln, dass dieser primär als Sanitärraum genützt wird, offensichtlich keine „geeignete Vorkehrung für die Lagerung und Entsorgung von Lebensmittelabfällen“ darstellt.

Da die Lagerung der Abfälle jedoch insgesamt besehen nicht in einer Weise erfolgte, die eine Gefahr für eine unmittelbare Beeinträchtigung von Lebensmitteln bildete, waren sowohl die Folgen dieser Tat als unbedeutend als auch das darauf bezügliche Verschulden des Beschwerdeführers als geringfügig zu qualifizieren, sodass es geboten war, gemäß § 21 Abs. 1 VStG anstelle der Verhängung einer Strafe bloß eine Ermahnung zu erteilen.

3.2.6. Nach Anhang II Kapitel IX Z. 4 LMHV-EG sind geeignete Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen vorzusehen.

Diesbezüglich haben die Lebensmittelaufsichtsorgane festgestellt, dass sich im Lagerraum in einer mit einer klebrigen Flüssigkeit gefüllten Kunststoffwanne mehrere tote Küchenschaben befunden haben.

Wenn der Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang vorbringt, dass erst vor kurzer Zeit ein Fachbetrieb eine umfassende Desinfektion in seinem Unternehmen durchgeführt und dieser ihm garantiert habe, dass in den nächsten zwei Jahren keine Küchenschaben mehr auftreten könnten, so vermag eine derartige Zusicherung allerdings nichts an den tatsächlich eingetretenen gegenteiligen Fakten zu ändern. Denn es kann weder einem Zweifel unterliegen, dass Lebensmittelaufsichtsorgane aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz jedenfalls dazu geeignet sind, Schädlinge – insbesondere Küchenschaben – als solche zu erkennen, noch, dass das Aufstellen eine Kunststoffwanne mit klebriger Flüssigkeit dazu geeignet ist, zuverlässig sämtliche Schädlinge anzulocken und dadurch zu vertilgen.

Im Ergebnis liegt sohin kein geeignetes Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen vor.

Indem der Rechtsmittelwerber damit die Möglichkeit der Ausbreitung von Schädlingen in seinem Betrieb – weil von einem durchschnittlich sorgfältigen Gastwirt jedenfalls eine andere Form der Schädlingsbekämpfung erwartet werden kann – zumindest in Kauf genommen hat, hat er sohin im Ergebnis jedenfalls fahrlässig und somit auch schuldhaft gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher auch insoweit gegeben.

3.2.7. Gemäß Anhang II Kapitel VIII Z. 1 LMHV-EG müssen Personen, die in einem Bereich arbeiten, in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird, ein hohes Maß an persönlicher Sauberkeit halten und insbesondere saubere Arbeitskleidung sowie erforderlichenfalls eine Schutzkleidung tragen.

In diesem Zusammenhang wird dem Beschwerdeführer angelastet, dass ein in der Küche seines Unternehmens beschäftigter Bediensteter keine Kopfbedeckung getragen habe. Dies wird vom Rechtsmittelwerber zwar nicht in Abrede gestellt; allerdings bringt er vor, seinen Bediensteten dahin angewiesen zu haben, in der Küche stets eine Kopfbedeckung tragen zu müssen.

Dieser Einwand ist grundsätzlich nicht geeignet, den Beschwerdeführer zu entschuldigen, weil dieser grundsätzlich auch für das rechtswidrige Verhalten seiner Mitarbeiter einzustehen hat, sofern er nicht eine andere Person als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen bestellt hat (vgl. § 9 Abs. 3 VStG).

Im gegenständlichen Fall waren jedoch offensichtlich sowohl die Folgen dieser Tat als unbedeutend als auch das darauf bezügliche Verschulden des Beschwerdeführers als geringfügig zu qualifizieren, sodass es auch insoweit geboten war, gemäß § 21 Abs. 1 VStG anstelle der Verhängung einer Strafe bloß eine Ermahnung zu erteilen.

3.2.8. Nach Art. 5 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a LMVH-EG haben die Lebensmittelunternehmer ein oder mehrere ständige Verfahren, die auf HACCP-Grundsätzen beruhen, einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten sowie darüber der Behörde einen in einer von dieser verlangten Form erstellten Nachweis zu erbringen.

Strafbar ist nach dieser Bestimmung einerseits, dass der Lebensmittelunternehmer entweder ein solches Verfahren gar nicht eingerichtet oder zwar eingerichtet, aber nicht durchgeführt, oder zwar eingerichtet und durchgeführt, aber nicht aufrechterhalten hat, oder andererseits, dass die erforderlichen Nachweise nicht in jener bestimmten, von der Behörde verlangten Form vorgelegt wurden. Es handelt sich somit um vier unterschiedliche Tatbestände, die jeweils einer entsprechend näheren Spezifikation im Spruch des Straferkenntnisses bedürfen.

An einer derartigen Konkretisierung fehlt es jedoch im vorliegenden Fall, da aus der bloßen Formulierung, dass „keine Unterlagen über ein auf den HACCP-Grundsätzen beruhendes Eigenkontrollsystem vorgelegt werden“ konnten, nicht deutlich wird, die Übertretung welcher der zuvor aufgezeigten vier Alternativen dem Rechtsmittelwerber eigentlich angelastet werden soll.

Auch Spruchpunkt 8 vermag somit den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG nicht zu genügen. 

3.3. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die Spruchpunkte 1, 2, 3 und 8 des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen war und hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 5 und 7 angelasteten Übertretungen von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen und stattdessen eine Ermahnung zu erteilen war; im Übrigen – nämlich hinsichtlich der Spruchpunkte 4 und 6 – war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf insgesamt 8 Euro; davon ausgehend war dem Rechtsmittelwerber zusätzlich noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 16 Euro vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Grof

Rechtssatz:

 

VwSen-240655/2/Gf/Mu/RSt vom 21. Jänner 2009

§ 90 Abs. 1 Z. 3 LMSVG; Anlage zum LMSVG, Teil 2; Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II zur LMHV-EG; Art. 5 LMHV-EG:

Teilweise mangelhafte Spruchkonkretisierung; teilweise Erteilung einer Ermahnung anstelle der Verhängung einer Geldstrafe

 

 

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